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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 06.07.2005
Aktenzeichen: 2 A 85/04
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
1. Das Rechtsschutzinteresse für eine Klage auf Abänderung einer dienstlichen Beurteilung entfällt nicht dadurch, dass der Beamte zwischenzeitlich erneut beurteilt worden ist.

2. Für die dienstliche Beurteilung eines Beamten ist das Beurteilungssystem maßgebend, das zum Beurteilungsstichtag gegolten hat.

3. Eine dienstliche Beurteilung ist nicht schon allein deshalb rechtsfehlerhaft, weil ein in den Beurteilungsrichtlinien vorgesehenes Formerfordernis (z. B. Schriftform für Beurteilungsbeiträge) nicht beachtet worden ist. Maßgebend ist die Verwaltungspraxis der Behörde.

4. Eine dienstliche Beurteilung muss nicht notwendigerweise auf persönlichen Eindrücken des beurteilenden Beamten aus einer unmittelbaren Zusammenarbeit beruhen.


Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Im Namen des Volkes! Urteil

OVG: 2 A 85/04

Niedergelegt auf der Geschäftsstelle in abgekürzter Fassung am 19.07.2005

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch die Richter Dr. Grundmann, Nokel und Alexy sowie die ehrenamtlichen Richter E. Hollmann und G. Petersen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 07.08.2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - 6. Kammer - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine bessere Regelbeurteilung zum Stichtag 01.06.2000.

Der 1962 geborene Kläger ist Regierungsamtmann (Bes.Gr. A 11) und seit 1993 beim ..., Außenstelle Bremen, als Einzelentscheider tätig.

In den dienstlichen (Regel-) Beurteilungen zu den Stichtagen 01.10.1996 und 01.10.1997 hatte der Kläger jeweils eine Gesamtnote erhalten, die über dem Durchschnitt lag ("übertrifft die Anforderungen").

Zum Stichtag 01.06.2000 wurde der Kläger für den Beurteilungszeitraum 01.10.1997 bis 31.05.2000 nach einer neunstufigen Notenskala mit der Gesamtnote "6" (= entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht, wobei gelegentlich herausragende Leistungen erbracht werden) beurteilt. Die Beurteilungen hatten ORR L. (Erstbeurteiler) und LtRD B. (Zweitbeurteiler) abgegeben. ORR L. der die Referatsleitung der Außenstelle Bremen erst ab 01.09.1998 wahrgenommen hat, hat für den Zeitraum vom 01.10.1997 bis zum 31.08.1998 telefonisch einen Beurteilungsbeitrag des LtRD B. eingeholt und dessen Bewertungen in einem Telefonvermerk festgehalten.

Der Kläger, der vor Fertigstellung der Beurteilung bereits mit Schreiben vom 05.07.2000 eine persönliche Ausarbeitung "Beurteilungsgespräch 05.07.2000" und Aufstellungen seiner besonderen Leistungen und seiner Entscheidungen im Beurteilungszeitraum eingereicht hatte (vgl. Blatt 10 ff. der Personalakte Teil C), legte gegen diese Beurteilung Widerspruch ein und begehrte eine neue dienstliche Beurteilung mit der Gesamtnote 8, hilfsweise der Gesamtnote 7. Er rügte sowohl formelle als auch materielle Fehler.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2001 wies das ... den Widerspruch zurück. Auf den Inhalt der Widerspruchsbegründung vom 15.12.2000 und des Widerspruchsbescheides wird verwiesen.

Schon am 15.06.2001 hat der Kläger Klage erhoben. Zu deren Begründung hat er u. a. vorgetragen, die Beurteilung erfasse den Zeitraum vom 01.10.1997 bis zum 31.05.2000. In der Zeit vom 01.10.1997 bis zum 31.08.1998 sei Frau B. seine unmittelbare Vorgesetzte gewesen und diese hätte den Beurteilungsbeitrag erstellen müssen. Frau B. habe in einem persönlichen Gespräch mit dem Kläger erklärt, sie habe immer auf die Anforderung eines Beurteilungsbeitrags durch das ... gewartet. Frau B. schätze die Leistungen und Befähigungen des Klägers höher ein als Herr L. und Herr B., was aus einem Zwischenzeugnis deutlich werde, das sie dem Kläger unter dem 13.09.1996 erteilt habe und das der Kläger vorgelegt hat (Blatt 57 GA).

Zudem sei es unzulässig, wenn Herr B. für den gleichen Beurteilungszeitraum sowohl als Erst- als auch als Zweitbeurteiler auftrete. Herr B., der seinen Dienstsitz in Hamburg bzw. Nürnberg habe, habe sich keinen eigenen Eindruck von den Leistungen und Befähigungen des Klägers verschaffen können. Auffällig sei auch, dass die Bewertungen des Herrn B. durchgängig mit den Bewertungen des Erstbeurteilers, ORR L., übereinstimmten.

Nicht nachvollziehbar sei, nach welchen Kriterien einigen Leistungsmerkmalen besonderes Gewicht beigemessen worden sei.

Seine Beurteilung mit 6 Punkten (Gesamtnote) liege nicht über der Durchschnittsleistung. Obwohl er zuvor stets besser als der Durchschnitt beurteilt worden sei, sei im vorangegangenen Personalführungsgespräch oder dem Beurteilungsgespräch eine Leistungsverschlechterung nicht angesprochen worden. Auch sei er bei allen Befähigkeitsmerkmalen herabgestuft worden, ohne dass dafür Gründe genannt worden seien.

Die negative Bewertung im Beurteilungsmerkmal "Umgang mit Konfliktsituationen" (4 Punkte) sei nicht gerechtfertigt. Sie sei darauf zurückzuführen, dass ORR L. sich als Vorgesetzter des Klägers durch sachlich begründete Kritik des Klägers verletzt gefühlt habe. Mit anderen Vorgesetzten oder Mitarbeitern habe der Kläger keine Schwierigkeiten gehabt.

Nicht ausreichend gewürdigt sei in der Beurteilung, dass der Kläger z. B. im Jahre 1998 über mehrere Monate hinweg teilweise sogar originär und eigenständig typische "Juristenaufgaben" wahrgenommen habe. Auch sei der Kläger von ORR L. zum "Sonderbeauftragten für Qualitätssicherung" ernannt worden, wobei diese Aufgabe - wegen ihrer Bedeutung - in den Außenstellen des ... grundsätzlich von Mitarbeitern des höheren Dienstes wahrgenommen werde.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der dienstlichen Beurteilung des Klägers zum Stichtag 01.06.2000 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 20.06.2001 zu verpflichten, den Kläger für den Regelbeurteilungszeitraum vom 01.10.1997 bis zum 31.05.2000 (Beurteilungsstichtag 01.06.2000) eine neue dienstliche Beurteilung mit einer Gesamtnote "8", hilfsweise mit einer Gesamtnote "7" zu erteilen

hilfsweise,

den Kläger nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zum Stichtag 01.06.2000 neu zu beurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend u. a. vorgetragen, Herr B. sei als nächst höherer Vorgesetzter der damaligen Referatsleiterin B. zur Erstellung eines Beurteilungsbeitrags für den Zeitraum 01.10.1997 bis 31.08.1998 zuständig gewesen. Frau B. sei zum Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilung, auf den es ankomme, krank gewesen.

Die Gewichtung der Leistungsmerkmale für Einzelentscheider sei für alle Einzelentscheider im Bundesgebiet einheitlich vorgenommen worden, so dass sich hieraus für den Kläger keine Nachteile ergeben könnten.

Soweit der Kläger beanstande, dass er sei im Vergleich zur vorherigen Beurteilung wesentlich schlechter beurteilt worden, müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass es eine systembedingte Veränderung (veränderte Beurteilungsrichtlinien) gegeben habe, die alle beurteilten Beamten gleichermaßen treffe und nicht zwangsläufig eine Verschlechterung ihrer individuellen Leistungen bedeute.

Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 07.08.2003 hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid vom 20.06.2001 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt, für die Klage bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Auch wenn ein Beamter zwischenzeitlich erneut dienstlich beurteilt worden sei, bestehe das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Änderung einer früheren dienstlichen Beurteilung fort.

Die Klage sei auch begründet, soweit die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2001 begehrt werde. Der Widerspruchsbescheid sei rechtswidrig, weil die Behörde sich im Widerspruchsverfahren auf eine Rechtmäßigkeitsprüfung beschränkt und es versäumt habe, auch eine Zweckmäßigkeitsprüfung vorzunehmen.

Die dienstliche Beurteilung bliebe davon jedoch unberührt. Sie sei rechtlich nicht zu beanstanden. Für eine Einengung des Beurteilungsermessens dahingehend, dass eine neue Beurteilung nur mit einem Gesamturteil von "8" bzw. "7 Punkten" rechtmäßig sein könnte, bestünden keinerlei Anhaltspunkte. Der Kläger habe auch keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer neuen Regelbeurteilung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts. Die (eingeschränkte) gerichtliche Kontrolle der Beurteilung lasse keine Rechtsfehler erkennen. Verfahrensfehler lägen nicht vor. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, einen Beurteilungsbeitrag von Frau B. einzuholen. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass Herr B. seine Beurteilungen als Erst- und Zweitbeurteiler auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage erstellt habe.

Ein Verstoß gegen allgemeine Wertmaßstäbe sei durch die Vergabe von 6 Punkten nicht ersichtlich. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Beklagte ihren Beurteilungsspielraum bei der Bewertung in einzelnen Beurteilungsmerkmalen überschritten habe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil verwiesen.

Der Senat hat die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil durch Beschluss vom 02.03.2004 zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger u. a. vor, Frau B., die vom 04.01.1999 bis zum 30.06.1999 (erneut) an das ... abgeordnet worden sei, hätte vor ihrem Wechsel zum ... zum 04.01.1999 nach den Beurteilungsrichtlinien vom 01.07.1997 eine Anlassbeurteilung über den Kläger erstellen oder einen Beurteilungsbeitrag über den Kläger abgeben müssen. Zudem sei auch aufgrund des Ausscheidens von Frau RR'in O. aus dem ... zum 01.10.1998 eine Anlassbeurteilung des Klägers nach den Beurteilungsrichtlinien von 1997 erforderlich gewesen.

Herr B. hätte seinen Beurteilungsbeitrag für den Beurteilungszeitraum vom 01.10.1997 bis zum 31.08.1998, in dem er als Erstbeurteiler tätig geworden sei, jedenfalls schriftlich erstellen müssen. Es sei nicht ausreichend, dass Herr L. die Bewertungen des Herrn B. in einen Telefonvermerk aufgenommen habe.

Hinsichtlich der besonderen Gewichtung einzelner Beurteilungsmerkmale hätte das Verwaltungsgericht die "allgemeine Vorgabe" für Einzelentscheider nicht ungeprüft übernehmen dürfen. Die Auswahl und Gewichtung der Schwerpunktmerkmale sei nicht nachvollziehbar.

Nach welchem Beurteilungsmaßstab er von einem überdurchschnittlichen zu einem durchschnittlichen Bediensteten herabgestuft worden sei, könne er - auch bei Berücksichtigung der Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil - ebenfalls nicht nachvollziehen.

Angesichts des Umstandes, dass Erst- und Zweitbeurteiler in allen 14 Einzelmerkmalen der Leistungsbewertung und in allen 11 Einzelmerkmalen der Befähigungsbeurteilung exakt übereinstimmten, hätte das Verwaltungsgericht Anlass gehabt, den Sachverhalt etwa durch Befragung der Beurteiler weiter aufzuklären.

Wegen des Klägervorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren (einschließlich des Zulassungsverfahrens) eingereichten Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten des Klägers verwiesen.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verpflichten, die dienstliche Beurteilung des Klägers zum Stichtag 01.06.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für den Regelbeurteilungszeitraum vom 01.10.1997 bis zum 31.05.2000 (Beurteilungsstichtag: 01.06.2000) eine neue dienstliche Beurteilung mit einer Gesamtnote "8", hilfsweise mit einer Gesamtnote "7" zu erteilen, hilfsweise den Kläger nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zum Stichtag 01.06.2000 neu zu beurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im verwaltungsgerichtlichen Urteil Bezug.

Ergänzend trägt sie vor, die dienstliche Beurteilung sei nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil für den Beurteilungszeitraum vom 01.10.1997 bis zum 31.08.1998 kein schriftlicher Beurteilungsbeitrag von der damals für den Kläger zuständigen Referatsleiterin ORR'in B. eingeholt worden sei. Auch aus Anlass der Abordnung von Frau B. zum ... sei keine Anlassbeurteilung nach den Beurteilungsrichtlinien vom 01.07.1997 zu erstellen gewesen. Herr B. sei in rechtlich nicht zu beanstandender Weise als zuständiger Erstbeurteiler für den Zeitraum 01.10.1997 bis 31.08.1998 ermittelt worden.

Die angegriffene Beurteilung sei auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil Herr B. seinen Beurteilungsbeitrag für den Zeitraum vom 01.10.1997 bis zum 31.08.1998 nicht unter Verwendung des in den Beurteilungsrichtlinien vom 01.03.2000 genannten Beurteilungsbogens (Ziff. 3.4) erstellt hat. Die Beurteilungsrichtlinien seien am 01.03.2000 und damit nach dem hier maßgeblichen Zeitraum für den Beurteilungsbeitrag (01.10.1997 bis 31.08.1998) in Kraft getreten. Für Zeiträume vor Inkrafttreten der Beurteilungsrichtlinien seien jedoch förmliche Beurteilungsbeiträge nicht erforderlich gewesen.

Ungeachtet dessen sei vorliegend ein Beurteilungsbeitrag erstellt worden, der dem Sinn und Zweck der Regelung in Ziff. 3.4 BRL 2000, dem Erstbeurteiler eine vollständige Erkenntnisgrundlage zu verschaffen, restlos gerecht werde. Ein solch ausführlicher Telefonvermerk habe dem ... für Beurteilungsbeiträge zum Stichtag 01.06.2000 genügt.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte - einschließlich der Sitzungsniederschrift vom 06.07.2005 - verwiesen. Die Personalakte des Klägers hat dem Senat vorgelegen. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, soweit er im Urteil verwertet worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das verwaltungsgerichtliche Urteil hält einer rechtlichen Überprüfung stand, soweit die Klage abgewiesen und das Urteil vom Kläger mit der Berufung angegriffenen worden ist.

I.

Die Klage ist zulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ist gegeben.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil den Widerspruchsbescheid vom 20.06.2001 aufgehoben. Insoweit ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig geworden. Die Beklagte muss deshalb über den Widerspruch des Klägers erneut entscheiden. Zwar hat die Widerspruchsbehörde gemäß § 68 Abs. 1 VwGO grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Erstbehörde. Sie ist nicht - wie die Gerichte - auf eine Rechtskontrolle beschränkt (vgl. BVerwGE 108, 274 m.w.N.). Dadurch ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Fortführung dieses Klageverfahrens jedoch nicht entfallen. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die angegriffene dienstliche Beurteilung zum Stichtag 01.06.2000 keine Rechtsfehler enthalte und den Klagantrag auf Neubescheidung abgewiesen. An der Überprüfung und ggf. Aufhebung dieser Entscheidung hat der Kläger ein rechtlich schutzwürdiges Interesse.

Das Rechtsschutzinteresse entfällt auch nicht dadurch, dass es sich um eine ältere Beurteilung handelt und der Kläger zwischenzeitlich erneut beurteilt worden ist. Für Auswahlentscheidungen sind zwar in erster Linie aktuelle Beurteilungen maßgebend, die den gegenwärtigen Leistungsstand wiedergeben. Ältere dienstliche Beurteilungen können aber daneben als zusätzliche Erkenntnismittel berücksichtigt werden. Sie stellen keine Hilfskriterien für eine zutreffende Auswahlentscheidung dar. Es handelt sich vielmehr um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben und die deswegen gegenüber Hilfskriterien vorrangig heranzuziehen sind (vgl. BVerwG, U. v. 19.12.2002 - 2 C 31/01 - = DVBl. 2003, 1545).

II.

Die Klage ist jedoch - soweit sie im Berufungsverfahren zu überprüfen ist - nicht begründet.

Hinsichtlich des Überprüfungsmaßstabes gilt, dass dienstliche Beurteilungen nach ständiger Rechtsprechung von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt nachprüfbar sind. Ausschließlich der Dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden -zahlreichen sachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen der Laufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (vgl. z. B. Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 11.11.1999 - 2 A 6.98 - Buchholz 236.11 § 1 a SLV Nr. 7 S. 9 und vom 02.03.2000 - 2 C 7.99 - Buchholz 237.8 § 18 RhPLBG Nr. 1 S. 2 m.w.N.; BVerwG, U. v. 19.12.2002, a.a.O.).

Darüber hinaus ist zu beachten, dass Beurteilungsrichtlinien als Verwaltungsvorschriften wie Willenserklärungen der Verwaltung und nicht wie Rechtsnormen auszulegen sind. Sie entfalten Außenwirkung gegenüber dem Beamten nur mittelbar über den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Entscheidend für die Auslegung ist die vom Urheber der Richtlinien gebilligte oder geduldete tatsächliche Verwaltungspraxis. Der einzelne Beamte kann (nur) verlangen, dass von einer ständigen Verwaltungspraxis nicht zu seinem Nachteil abgewichen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.1997 - 2 C 38.95 - und vom 02.02.1995 - 2 C 19.94 - m.w.N.; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Auflage, Teil B Rdnr. 151 ff. m.w.N.).

1.

Für das Begehren des Klägers, ihm eine neue dienstliche Beurteilung mit einer Gesamtnote 8, hilfsweise mit einer Gesamtnote 7 zu erteilen, fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergibt sich, dass der der Beklagten zustehende Beurteilungsspielraum derart eingeschränkt war, dass nur die Vergabe der Gesamtnote 8 oder 7 rechtmäßig sein konnte.

2.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer neuen dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 01.06.2000 nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO analog).

2.1

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte der angefochtenen Regelbeurteilung des Klägers die Beurteilungsrichtlinien vom 01.03.2000 (im Folgenden: BRL 2000) zugrundegelegt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgebend allein, welches Beurteilungssystem zum Beurteilungsstichtag gegolten hat (vgl. BVerwG, U. v. 02.03.2000 - 2 C 7/99 - = NVwZ-RR 2000, 621; BVerwGE 86, 240). Zum Beurteilungsstichtag am 01.06.2000 galten die BRL 2000.

Durchgreifende Bedenken dagegen, dass diese Beurteilungsrichtlinien auch für Zeiträume gelten, die vor Inkrafttreten der Beurteilungsrichtlinien liegen, bestehen nicht. Soweit diese Richtlinien einen anderen Weg zur Gewinnung eines Urteils über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des zu Beurteilenden vorsehen als die vorhergehenden Richtlinien vom 01.07.1997 wird nicht belastend in Rechtspositionen des Klägers eingegriffen. Seine Rechts- und Pflichtenstellung ergibt sich nicht aus den Vorschriften über die dienstliche Beurteilung, sondern aus dem materiellen Beamtenrecht (vgl. BVerwG, U. v. 02.03.2000, a.a.O.).

Das von der Beklagten angeführte Urteil des OVG Münster vom 29.08.2001 (Az. 6 A 3374/00 = IÖD 2001, 254) steht dieser Sichtweise nicht entgegen. In jenem Fall ergaben sich Besonderheiten aufgrund der Regelungen in den Beurteilungsrichtlinien für den Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen.

2.2

Es steht in Einklang mit den BRL 2000, dass ORR L. für den Zeitraum vom 01.10.1997 bis zum 31.08.1998 den LtRD B. als weiteren Vorgesetzten beteiligt hat.

Aus § 2 Abs. 1 der Dienstvereinbarung zwischen dem ... und dem Gesamtpersonalrat beim ... über die Regelungstatbestände der Nummern 4.3, 5.1.3 und 5.4.1/5.4.2 der Richtlinien über die Beurteilung der Beamten/Beamtinnen im nachgeordneten Geschäftsbereich des ... (ohne ...) vom 01.07.1997 i.d.F. vom 01.03.2000 (im Folgenden: Dienstvereinbarung 2000) und der Anlage 1 zu dieser Dienstvereinbarung ergibt sich, dass für Beamte des gehobenen Dienstes der Referatsleiter die Erstbeurteilung zu fertigen hat, sofern ihm der Mitarbeiter mindestens sechs Monate unterstellt war. Bei Erkrankung und sonstiger Abwesenheit ist der Vertreter des Referatsleiters unter bestimmten Voraussetzungen mit der Beurteilungserstellung beauftragt. Kann ein Vertreter nicht ermittelt werden, ist die Beurteilung durch den nächsthöheren Vorgesetzten des Beurteilers zu erstellen (vgl. § 2 Abs. 4 der Dienstvereinbarung 2000).

Hier war Frau B. in der Zeit vor dem 01.07.1998 Leiterin des für den Kläger zuständigen Referats. Vom 01.07.1998 bis 23.12.1998 und vom 04.01.1999 bis zum 30.06.1999 war Frau B. an das ... abgeordnet; vom 01.07.1999 bis 30.06.2000 war sie beurlaubt und ab 01.07.2000 bis 01.11.2000 erkrankt (vgl. Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts vom 07.08.2003, Blatt 74 GA).

ORR L. hatte vom 01.09.1998 bis zum 01.11.2000 kommissarisch die Referatsleitung der Außenstelle Bremen wahrgenommen (Blatt 37 GA).

In der Zeit, in der die Regelbeurteilung zum Stichtag 01.06.2000 zu erstellen war (2 Monate nach dem Beurteilungsstichtag, vgl. Ziff. 5.1.7 des Leitfadens) war Frau B. beurlaubt bzw. erkrankt und damit nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen von ihrer Dienstpflicht, zu der auch die Mitwirkung an dienstlichen Beurteilungen gehört, entbunden (zur Beurlaubung vgl. BVerwGE 111, 231).

Die damalige Vertreterin der Frau B., Frau O., kam als bei der Beurteilung zu beteiligende weitere Vorgesetzte nicht in Betracht, da sie mit Wirkung vom 01.10.1998 aus dem Dienst beim ... ausgeschieden war und sie zudem die Vertretung zum Beurteilungsstichtag nicht mindestens sechs Monate ausgeübt hatte (vgl. § 2 Abs. 4 S. 1 Dienstvereinbarung 2000). Konnte demnach für den Zeitraum vom 01.10.1997 bis 31.08.1998 ein Vertreter i.S.d. § 2 Abs. 4 S. 1 Dienstvereinbarung 2000 nicht ermittelt werden, so fiel die Erstbeurteilungskompetenz dem nächsthöheren Vorgesetzten und damit dem Gruppenleiter LtRD B. zu. Dass Herr B. auch als Zweitbeurteiler an der Beurteilung mitzuwirken hatte, widerspricht nicht allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen, zumal sich die Erstbeurteilungskompetenz auf etwa 1/3 des Gesamtbeurteilungszeitraums beschränkt.

Der Kläger kann demgegenüber nicht mit Erfolg vorbringen, für den Teilbeurteilungszeitraum vom 01.10.1997 bis zum 31.08.1998 hätte eine Anlassbeurteilung nach Ziff. 3.2 der Richtlinien für die Beurteilung der Beamten/Beamtinnen im nachgeordneten Geschäftsbereich des ... (ohne ...) vom 1. Juli 1997 (im Folgenden: BRL 1997) erfolgen müssen. Nach den BRL 1997 war eine Anlassbeurteilung beim Wechsel oder Ausscheiden des Erstbeurteilers (Ziff. 3.2.1.3) zu erstellen, allerdings nur, sofern die letzte Beurteilung mehr als 12 Monate zurücklag (Ziff. 3.2.1.6).

Hier hatte der Kläger eine dienstliche Beurteilung zum 01.10.1997 erhalten. Frau B. war mit Wirkung vom 01.07.1998 zum ... abgeordnet worden und ist seit diesem Zeitpunkt - im Beurteilungszeitraum -nicht mehr als Referatsleiterin in die Außenstelle Bremen zurückgekehrt. Zwar war die Abordnung zum ... zunächst bis zum 23.12.1998 befristet. Sie ist jedoch bereits vor ihrem Ablauf mit Verfügung vom 14.12.1998 für die Zeit ab dem 04.01.1999 erneut ausgesprochen worden. In der Zwischenzeit (24.12.1998 bis 03.01.1999) hatte Frau B. Urlaub. Nach dem glaubhaften, in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigten Vortrag der Beklagten ist Frau B. in dieser Zeit nicht in der Außenstelle des ... gewesen und hat keine Vorgesetztenfunktion ausgeübt. Wenn die Beklagte bei dieser Sachlage annimmt, Frau B. sei bereits zum 01.07.1998 als Erstbeurteilerin i.S.v. Ziff. 3.2.1.3 der BRL 1997 ausgeschieden, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Da zum 01.07.1998 die letzte Beurteilung des Klägers vom 01.10.1997 nicht mehr als 12 Monate zurücklag, war eine Anlassbeurteilung für den Zeitraum 01.10.1997 bis 31.08.1998 anläßlich des Ausscheidens von Frau B. nach den BRL 1997 nicht zu erstellen.

Auch anläßlich des Ausscheidens von Frau RR'in O. aus dem ... zum 01.10.1998 war für den Kläger keine Anlassbeurteilung zu fertigen. Denn Frau O. war nicht Erstbeurteilerin des Klägers i.S.v. Ziff. 3.2.1.3 der BRL 1997. Dazu wäre erforderlich gewesen, dass der Kläger Frau O. im maßgeblichen Beurteilungszeitraum mindestens sechs Monate unterstellt war, woran es hier fehlt (vgl. § 2 Abs. 1 der Dienstvereinbarung über die Regelungstatbestände der Nrn. 4.3, 5.1.3 und 5.4.2 der BRL 1997).

2.3

Die Beurteilung des Klägers ist auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil Herr B. seien Beurteilungsbeitrag, den er als weiterer Vorgesetzter für den Erstbeurteiler abzugeben hatte, nicht schriftlich auf dem Beurteilungsformular verfasst hat.

Zwar ist in Ziff. 3.4 der BRL 2000 vorgesehen, dass die Beurteilungsbeiträge durch den zuständigen Erstbeurteiler unter Verwendung des Formulars für dienstliche Beurteilungen erstellt werden. Der Vertreter der Beklagten hat jedoch vorgetragen, dass im Fall des Klägers Besonderheiten vorlagen, die in der Verwaltungspraxis - auf die es ankommt - zu einer Abweichung von dieser Vorschrift geführt haben. Der Beklagtenvertreter hat vor dem Senat (sinngemäß) erklärt, die BRL 2000 seien erst kurze Zeit vor ihrem Inkrafttreten bekannt gemacht worden. Da die BRL 2000 sich auch auf zurückliegende Zeiträume bezögen und nach den vorherigen Richtlinien von 1997 die Beurteilungsbeiträge nicht schriftlich zu erstellen gewesen seien, hätte eine Lösung für eine Übergangszeit gefunden werden müssen. Das Personalreferat, das nach Ziff. 5.1.3.2 des Leitfadens eine andere Regelung treffen könne, habe entschieden, dass in den Fällen, in denen zum Stichtag 01.06.2000 Beurteilungsbeiträge zu erstellen waren, grundsätzlich ein Telefonvermerk ausreichte. In jedem Fall hätte ein ausführlicher Telefonvermerk, wie er im vorliegenden Verfahren gefertigt worden sei, genügt.

Für den Senat ist diese Darstellung nachvollziehbar und glaubhaft. Der Leitfaden sieht vor, dass das Personalamt vom besonderen Schriftlichkeitserfordernis Abweichungen zulassen kann (Ziff. 5.1.3.2). Die Abweichung beschränkt sich auch auf das besondere Schriftlichkeitserfordernis. Im Übrigen ist der Telefonvermerk wie ein schriftlicher Beurteilungsbeitrag als Anlage zur dienstlichen Beurteilung genommen und dem Kläger mit der Beurteilung eröffnet worden. Der Vertreter der Beklagten hat seinen Erklärungen hinzugefügt, er sei seinerzeit Mitarbeiter in dem zuständigen Justiziariat gewesen und könne aus seiner Erfahrung sagen, dass ein Telefonvermerk der hier vorliegenden Art als unproblematisch angesehen worden wäre. Auch aufgrund des Eindrucks aus der mündlichen Verhandlung hat der Senat keinen Anlass, die Angaben des Beklagtenvertreters zu bezweifeln.

2.4

Der Kläger kann nicht mit Erfolg vorbringen, Herr B. sei mangels hinreichender Kenntnis der Person und der Leistungen des Klägers nicht in der Lage gewesen, den Kläger dienstlich zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss eine dienstliche Beurteilung nicht notwendigerweise auf persönlichen Eindrücken des beurteilenden Beamten aus einer unmittelbaren Zusammenarbeit beruhen. Dieser kann sich die erforderlichen Kenntnisse auf andere Weise - z. B. durch Studium der schriftlichen Arbeiten des Beurteilten oder schriftliche oder mündliche Auskünfte des Vorgesetzten - verschaffen (vgl. BVerwGE 62, 135, 139).

Hier läßt sich der Stellungnahme des Herrn B. vom 07.02.2001 (Blatt 41 GA) entnehmen, dass er neben eigenen Erkenntnissen auch die ihm zur Verfügung stehenden weiteren Erkenntnisquellen genutzt hat. Er habe u. a. mit Herrn L. und Frau B. über die Leistungen des Klägers gesprochen. Die Außenstelle Bremen sei die mit Abstand kleinste Außenstelle in der von ihm geleiteten Gruppe, so dass ein derartiger Informationsaustausch problemlos möglich gewesen sei. Begründeter Anhalt, Herrn B. diesen Vortrag nicht abzunehmen, besteht nicht.

Daraus, dass die Noten des Herrn B. als Erst- und Zweitbeurteiler mit denen des Herrn L. übereinstimmen ergibt sich kein hinreichender Anhalt für eine rechtsfehlerhafte Beurteilung des Herrn B. Es ist nicht sachwidrig, wenn Herr B. den Angaben des ORR L. als dem unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers für die dienstliche Beurteilung des Klägers als Erst- und Zweitbeurteiler erhebliches Gewicht beimißt. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Bewertung des Herrn B. auf sachwidrigen Beweggründen beruhen könnte, haben sich nicht ergeben.

2.5

Die Vergabe von 6 Punkten an den Kläger verstößt nicht gegen allgemeine Wertmaßstäbe. Das hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, so dass darauf Bezug genommen werden kann (Ziff. III 3 der Entscheidungsgründe).

Der Kläger kann auch nicht darauf verweisen, dass die Beurteilung deshalb rechtsfehlerhaft sei, weil nicht erkennbar sei, nach welchem Beurteilungsmaßstab er von einem überdurchschnittlichen zu einem durchschnittlichen Bediensteten herabgestuft worden sei und weil man ihn nicht vorher auf eine drohende Verschlechterung seiner Leistungen hingewiesen habe.

Nach der "Erläuterung", die Bestandteil der angefochtenen Regelbeurteilung ist, wurde in der Regelbeurteilungsaktion 2000 erstmals nach den Beurteilungsrichtlinien vom 01.03.2000 beurteilt. Mit den neuen Beurteilungsrichtlinien sei beim ... einheitlich ein strengerer Beurteilungsmaßstab angewandt worden als dies bei vorangegangenen Beurteilungen der Fall gewesen sei. Die Anwendung des neuen Beurteilungsmaßstabes habe insgesamt dazu geführt, dass sich der Notendurchschnitt im Vergleich zu den vorangegangenen Beurteilungsaktionen nach unten korrigiert habe. Der Vertreter der Beklagten hat zudem vor dem Senat glaubhaft ausgesagt, nach den BRL 2000 hätten sich die Noten vor allem im oberen Bereich deutlich verschlechtert.

Damit sind der veränderte Beurteilungsmaßstab und dessen Auswirkungen plausibel erklärt.

Selbst wenn eine geringfügige Verschlechterung der Beurteilung des Klägers vorläge, hätte es keines vorherigen Hinweises auf eine absehbare Verschlechterung oder einer Begründung durch Anführen von konkreten Umständen in der dienstlichen Beurteilung bedurft (vgl. BVerwG, U. v. 11.11.1999 - 2 A 6/98 -= ZBR 2000, 269).

2.6

Hinsichtlich der besonderen Gewichtung einzelner Beurteilungsmerkmale hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass diese für Einzelentscheider allgemein vorgegeben war. Dies entspricht Ziff. 4.3 des erwähnten Leitfadens, wonach die Zweitbeurteiler für bestimmte Funktionen - wie etwa Einzelentscheider - eine einheitliche Gewichtung der Leistungsmerkmale vereinbaren können und die Beurteiler sich dann an die vorgegebene einheitliche Gewichtung halten müssen. Dass durch diese Verfahrensweise Rechte des Klägers verletzt sein könnten, ist nicht zu erkennen. Angesichts des Entscheidungsspielraums, der dem Dienstherrn bei der Auswahl der für die Aufgabenerfüllung besonders wichtigen Leistungsmerkmale zusteht, kommt es nicht darauf an, ob es gleichermaßen oder eher sachgerecht gewesen wäre, wenn der Dienstherr andere Leistungsmerkmale ausgewählt hätte (z. B. "Eigenständigkeit" und "Initiative" statt "Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln").

2.7

Dass die Beklagte bei der Bewertung der einzelnen Beurteilungsmerkmale ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten hat, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt (vgl. Ziff. III.3 der Entscheidungsgründe).

Soweit der Kläger die unterschiedliche Benotung des Leistungsmerkmals "Initiative" einerseits und des Befähigungsmerkmals "Ideenreichtum" andererseits beanstandet, ist festzustellen, dass "Initiative" nach der Anlage 1 zu den BRL 2000 bedeutet, dass Aufgaben "eigeninitiativ begonnen und zu Ende geführt" werden, während "Ideenreichtum" nach der Anlage 2 zu den BRL 2000 besagt, dass neue Ideen in die Arbeit eingebracht werden. Die Merkmale sind demnach nicht kongruent und können unterschiedlich beurteilt und benotet werden.

Zur Benotung des Beurteilungsmerkmals "Umgang mit Konfliktsituationen" ist zu sagen, dass ORR L. nach seiner Stellungnahme vom 18.01.01 aufgefallen ist, dass der Kläger in Konfliktsituationen teilweise deutlich überzogen und emotional bestimmt reagiere. Dies Problem habe er (ORR L.) mit dem Kläger mehrfach besprochen. Ausfluss dieser Besprechungen sei u. a. gewesen, dass im Personalführungsgespräch vom 05.05.2000 eine Fortbildungsmaßnahme in diesem Bereich (Kooperation und Teamfähigkeit) vereinbart worden sei.

Daran, dass ORR L. diese Ausführungen wahrheitsgemäß gemacht hat, hat der Senat keine ernstlichen Zweifel. In der Niederschrift über das Personalführungsgespräch vom 05.05.2000 ist (zudem) vermerkt, dass die Teilnahme des Klägers an einem Seminar "Kooperation und Teamfähigkeit" befürwortet wird. An seinem solchen Seminar hat der Kläger auch teilgenommen. Die Benotung des Beurteilungsmerkmals "Umgang mit Konfliktsituationen" ist hiernach plausibel gemacht. Rechtsfehler sind insoweit nicht zu erkennen.

Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass die vom Kläger vertretungsweise wahrgenommene Tätigkeit im Prozessbereich in der dienstlichen Beurteilung nicht angemessen berücksichtigt worden ist. Die Beklagte hat dazu - unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des ORR L. vom 18.01.01 - glaubhaft vorgetragen, die Außenstelle Bremen habe seit dem 01.10.1998 zwar über keinen Prozessreferenten vor Ort verfügt. Bei schwieriger Sach- oder Rechtslage seien die Akten jedoch zur Bearbeitung an den zuständigen Referenten in der Außenstelle Oldenburg abgegeben worden. Im Übrigen seien in der Außenstelle Bremen auch zwei Prozesssachbearbeiter im Einsatz gewesen, so dass die vertretungsweise Tätigkeit des Klägers keinen Schwerpunkt seiner Dienstleistungen im Beurteilungszeitraum dargestellt habe.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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