Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 07.04.2005
Aktenzeichen: 2 S 371/04
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 3
Zur Gewährung einer Schreibzeitverlängerung, wenn eine schriftliche Prüfung durch Baulärm gestört wird.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: 2 S 371/04

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Dreger, Richter Nokel und Richter Dr. Grundmann am 07.04.2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - 1. Kammer - vom 28.09.2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der er sich gegen das Nichtbestehen der Großen Juristischen Staatsprüfung im ersten Versuch wendet. Im Wiederholungsversuch vom 19.05.2004 hat der Kläger diese Prüfung bestanden.

Mit Bescheid vom 13.05.2003 teilte der Präsident des Gemeinsamen Prüfungsamts dem Kläger mit, dass er die Große Juristische Staatsprüfung nicht bestanden habe. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den der Präsident des Gemeinsamen Prüfungsamts mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2004 zurückwies. Daraufhin hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben.

Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Verwaltungsgericht wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

II.

Die Beschwerde bleibt erfolglos.

Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, weshalb das Verfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). Darauf wird verwiesen. Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass zu abweichender Entscheidung.

Der Kläger ist der Ansicht, während der Klausur am 21.02.2003 sei es zu erheblichen Lärmstörungen gekommen. Diese Störungen hätten nicht durch eine Schreibverlängerung ausgeglichen werden können, vielmehr hätte die Prüfung abgebrochen werden müssen.

Das Verwaltungsgericht hat dafür keine Anhaltspunkte erkennen können. Auch in der Beschwerdebegründung werden substantiiert keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die die Auffassung des Klägers stützen könnten. Nach dem Prüfungsprotokoll hat es am 21.02.2003 in der Zeit bis 10.57 Uhr 8 einminütige Lärmstörungen und sodann um 11.29 Uhr, 11.30 - 11.31 Uhr und 12.28 Uhr Lärmstörungen gegeben; insgesamt hätten die Störungen ca. 13 Minuten gedauert. Dass bei einem solchen Verlauf von einer dauerhaften Störung im Zeitraum von 10.00 Uhr bis 13.30 Uhr auszugehen ist, wie der Kläger meint, kann nicht gesagt werden. Die im Protokoll vermerkten Störungen rechtfertigen nach dem Zeitpunkt ihres Auftretens, ihrer Anzahl und Dauer eine solche Schlussfolgerung nicht.

Soweit der Kläger meint, die vom Verwaltungsgericht zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.08.1993 (Az. 6 C 2/93) sei nicht einschlägig, weil dort "bei einer 27minütigen Störung eine 27-minütige Schreibverlängerung erfolgen" sollte, ist dies nicht zutreffend. In jenem Fall kam es - bei mehreren Aufsichtsarbeiten - ebenfalls zu wiederholten Störungen.

Das Verwaltungsgericht hat die gewährte Schreibzeitverlängerung von 10 Minuten für angemessen gehalten. Es hat dabei im Anschluss an die erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.08.1993 grundsätzlich einen Ausgleich im Verhältnis von 1:1 für ausreichend angesehen. Da die Störungen im vorliegenden Fall zudem nur sehr kurz gewesen seien, sei davon auszugehen, dass die Prüflinge wegen dieser Kürze nicht nachhaltig aus ihrem Gedankengang gerissen worden seien, so dass die zugestandene Schreibverlängerung nicht zu bestanden sei.

Auch dies ist nachvollziehbar. Es entspricht der Überlegung, dass ein angemessener Ausgleich sich nicht "mit mathematischer Präzision", sondern bestenfalls annähernd verwirklichen läßt (vgl. BVerwG, U. v. 11.08.1993, a.a.O.). Der Kläger hat im Beschwerdeverfahren keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine andere rechtliche Beurteilung nahelegen könnten.

Der Kläger hält schließlich den Grundsatz der Chancengleichheit deshalb für verletzt, weil die Prüfungskandidaten aus Hamburg und Bremen unterschiedlich lange Vorbereitungszeiten zwischen dem Ausbildungsende und den schriftlichen Aufsichtsarbeiten hätten. Eine 4 Wochen längere Vorbereitungszeit, die den Prüfungskandidaten aus Hamburg zustehe, habe einen erheblichen Einfluss auf die inhaltliche Vorbereitung der Klausuren, da der praktische Dienst in dieser Zeit ausgesetzt werde.

Auch diese Argumentation vermag keine hinreichende Erfolgsaussicht für die Klage zu begründen. Mit Rücksicht auf das föderalistische Prinzip verstößt es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn das für die Prüfung maßgebliche Landesrecht die Ausbildung und Prüfung anders und strenger regelt als das Recht anderer Bundesländer. Der Landesgesetzgeber ist nur verpflichtet, den Gleichheitssatz innerhalb des Geltungsbereichs der Landesverfassung zu wahren (vgl. BVerwG, B. v. 30.03.2000 - 6 B 8/00 -). Die unterschiedliche Länge der Zeitspanne zwischen der Beendigung der letzten Pflichtstation und der Anfertigung der Aufsichtsarbeiten ergibt sich aus dem Zusammenwirken der Anforderungen der jeweiligen landesrechtlichen Juristenausbildungsordnungen mit dem Staatsvertrag über ein Gemeinsames Prüfungsamt und die Prüfungsordnung für die Große Juristische Staatsprüfung (vom 13.12.1993, BremGBl. S. 357).

Ob der Umstand, dass die Prüflinge der beklagten Länder gemeinsam geprüft werden, ausnahmsweise dazu führen kann, dass erheblich voneinander abweichende Ausbildungsordnungen das Gebot der Chancengleichheit zu verletzen geeignet sind, bedarf - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - im vorliegenden Fall aller Voraussicht nach keiner Entscheidung. Denn bei summarischer Prüfung stellt eine um vier Wochen längere Vorbereitungszeit nach dem Ende der Ausbildung keine derart erhebliche Abweichung dar. Der Kläger übersieht insbesondere, dass nicht nur die Zeit nach dem Ende der Ausbildung, sondern der gesamte Vorbereitungsdienst gerade auch dazu dienen soll, auf die Aufsichtsarbeiten vorzubereiten.

Ende der Entscheidung

Zurück