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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 27.07.2009
Aktenzeichen: OVG 2 B 166/09
Rechtsgebiete: GG, BremBG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
BremBG § 9
BremBG § 41a
1. Auch bei der Besetzung der Stelle des Direktors/der Direktorin bei der Bremischen Bürgerschaft sind die sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BremBG ergebenden Auswahlkriterien zu beachten.

2. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Vorstand der Bürgerschaft einen Bewerber/eine Bewerberin um die Stelle des Direktors/der Direktorin der Bürgerschaft deshalb für besser geeignet als einen Mitbewerber/eine Mitwerberin hält, weil er/sie "über einen längeren Zeitraum und in noch größere Nähe zu einem Parlament" gearbeitet hat.

3. Die Leistungen in einem höheren Statusamt können durch eine bessere Eignung für das ausgeschriebene Amt übertroffen werden. Dabei kann nach den Umständen des Einzelfalls auch ein Unterschied von mehreren Besoldungsstufen überwunden werden.


Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: 2 B 166/09

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Meyer, Richter Dr. Grundmann und Richter Dr. Bauer am 27.07.2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - 6. Kammer - vom 27.04.2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Dazu gehören nicht die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung für die erste und zweite Instanz auf jeweils 51.142,98 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin möchte erreichen, dass die Stelle des Direktors/der Direktorin bei der Bremischen Bürgerschaft, auf die sie sich beworben hat und die die Antragsgegnerin mit dem Beigeladenen besetzen will, vorläufig freigehalten wird.

Im Juli 2007 schrieb die Antragsgegnerin die nach Bes.Gr. B 7 bewertete Stelle eines Direktors/einer Direktorin bei der Bremischen Bürgerschaft aus.

Im Ausschreibungstext heißt es u. a.:

"Gesucht wird eine Persönlichkeit, die

- die Befähigung zum höheren allgemeinen Verwaltungsdienst (wünschenswert Befähigung zum Richteramt) besitzt,

- über langjährige Leitungserfahrung verfügt,

- Kenntnisse im Staats- und Verfassungsrecht nachweisen kann. Erfahrungen im Gesetzgebungsverfahren sind erwünscht.

Die unterschiedlichen Interessenlagen der im parlamentarischen Entscheidungsprozess Beteiligten erfordern ein hohes Maß an Fähigkeit zur Kommunikation, Teamarbeit, Durchsetzungsvermögen und Verhandlungsgeschick. Insbesondere soll neben der Stärkung der Kommunikation nach innen und außen daran mitgewirkt werden, die Transparenz des parlamentarischen Geschehens zu erhöhen.

Frauen werden bei gleichwertiger Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorrangig berücksichtigt."

Auf die Ausschreibung bewarben sich 36 Personen, darunter die Antragstellerin und der Beigeladene.

Die 1954 geborene Antragstellerin war nach Ablegung der 2. juristischen Staatsprüfung zunächst bei der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. und in der Privatwirtschaft tätig. Nach kurzzeitiger Wahrnehmung vereinigungsbedingter Sonderaufgaben nahm sie im Januar 1991 eine Tätigkeit im Bundesministerium für Verkehr auf und wurde im Januar 1995 zur Ministerialrätin befördert. Mit Wirkung vom 01.11.1997 wurde sie in eine Planstelle der Bes.Gr. B 3 eingewiesen. Im Bundesministerium für Verkehr war die Antragstellerin bis zum 31.03.2004 tätig und leitete dort verschiedene Referate.

Vom 01.04.2004 bis August 2007 war die Antragstellerin Staatsrätin beim Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa der Freien Hansestadt Bremen (Bes.Gr. B 7) sowie Aufsichtsratsmitglied verschiedener städtischer Gesellschaften und Vorsitzende des Aufsichtsrats der Bremer Straßenbahn AG.

Der 1950 geborene Beigeladene war nach der 2. juristischen Staatsprüfung zunächst beim Deutschen Juristentag und beim Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin tätig. Zum 01.03.1983 nahm er eine Tätigkeit bei der Senatsverwaltung für Inneres Berlin auf. Seit dem 01.07.1985 ist er in der Senatskanzlei Berlin tätig, ab 01.01.1995 stellv. Leiter der Senatskanzlei - Grundsatzabteilung - und seit 2006 stellv. Leiter der Senatskanzlei Abt. Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Leiter des Referats für Bundesangelegenheiten und Ministerpräsidentenkonferenz. Die letzte Beförderung des Beigeladenen zum Leitenden Senatsrat (Bes.Gr. B 3) erfolgte im Juli 2002.

Mit Schreiben vom 24.09.2007 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihre Bewerbung nicht habe berücksichtigt werden können.

Den gegen die Ablehnung ihrer Bewerbung eingelegten Widerspruch der Antragstellerin wies der Vorstand der Bremischen Bürgerschaft durch Widerspruchsbescheid vom 08.11.2007 als unbegründet zurück.

Daraufhin erhob die Antragstellerin Klage und beantragte zudem, die Stelle im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig freizuhalten (Az. VG Bremen 6 K 3531/07 und 6 V 2696/07).

Mit Bescheid vom 11.07.2008 hob die Antragsgegnerin die "Auswahlentscheidung gem. Schreiben vom 24.09.2007" und den Widerspruchsbescheid vom 08.11.2007 auf. Zudem lehnte sie die Bewerbung der Antragstellerin wiederum ab und teilte der Antragstellerin mit, dass der Beigeladene erneut für das Amt des Direktors der Bremischen Bürgerschaft ausgewählt worden sei.

Die Aufhebung der vorangegangenen Bescheide wurde damit begründet, dass sich der Vorstand der Bremischen Bürgerschaft im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Bremen entschlossen habe, die Personalakten der Antragstellerin und des Beigeladenen sowie aktuelle Beurteilungen anzufordern und anhand dieser Unterlagen eine neue Auswahlentscheidung zu treffen.

Zur Begründung der Auswahlentscheidung wurde u. a. ausgeführt, der Vorstand der Bremischen Bürgerschaft habe seine Auswahlentscheidung letztendlich daran orientiert, welche beruflichen Erfahrungen die Bewerber für die ausgeschriebene Stelle mitbringen und in der ausgeschriebenen Stelle nutzbar machen können. Der Beigeladene sei seit mehr als 20 Jahren in der Senatskanzlei Berlin tätig. Er arbeite an der Schnittstelle zwischen Exekutive und Legislative. Auch wenn die Antragstellerin zeitweise parlamentsnah gearbeitet habe, so sei die parlamentsnahe Arbeit des Beigeladenen doch über einen längeren Zeitraum und in einer noch größeren Nähe zu einem Parlament erfolgt.

Die Beteiligten erklärten daraufhin sowohl das Eilverfahren als auch das Klageverfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt, so dass beide Verfahren eingestellt wurden (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 21.08.2008).

Gegen die Ablehnung ihrer Bewerbung legte die Antragstellerin am 11.08.2008 Widerspruch ein, den der Vorstand der Bremischen Bürgerschaft mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2008 als unbegründet zurückwies.

Daraufhin hat die Antragstellerin am 10.10.2008 Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, sie - die Antragstellerin - unter Berufung in das Beamtenverhältnis zur Direktorin der Bremischen Bürgerschaft zu ernennen (Az. 6 K 3281/08).

Zudem hat die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, es zu unterlassen, die bei der Bremischen Bürgerschaft ausgeschriebene Stelle eines/r Direktors/Direktorin bei der Bürgerschaft zu besetzen und das Amt auf einen Mitbewerber zu übertragen, solange das Hauptsacheverfahren nicht rechtskräftig, hilfsweise in erster Instanz, abgeschlossen ist.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, auch die erneute Auswahlentscheidung sei fehlerhaft. Dem Beigeladenen fehle die in der Ausschreibung geforderte langjährige Leitungserfahrung und die diesbezüglichen Erfahrungen des Beigeladenen seien auch im Vergleich zur Leitungserfahrung der Antragstellerin geringerwertig. Insbesondere im Hinblick auf das höhere Statusamt einer Staatsrätin (Bes.Gr. A 7) sei sie dem Beigeladenen bei einem Leistungsvergleich vorzuziehen. Da der Beigeladene jedenfalls nicht deutlich besser qualifiziert sei, sei sie auch im Hinblick auf § 4 Abs. 1 LGG vorrangig zu berücksichtigen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 27.04.2009, auf dessen Inhalt verwiesen wird, abgelehnt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Zur Begründung der Beschwerde führt sie u. a. aus, der Beigeladene erfülle nicht alle wesentlichen Ausschreibungsbedingungen, insbesondere habe er keine "langjährige Leitungserfahrung" im Sinne der Ausschreibung. Seine Leistungen seien aufgrund seiner deutlich niedrigeren Besoldungsgruppe nicht als gleichwertig anzusehen. Das letztlich als ausschlaggebend angesehene Kriterium des "längeren Zeitraums" und der "noch größeren Nähe zum Parlament" sei rechts- und ermessensfehlerhaft. Da keine überwiegenden Gesichtspunkte für den Beigeladenen sprächen, hätte die Antragstellerin im Rahmen der Frauenförderung dem Beigeladenen vorgezogen werden müssen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung im Schriftsatz vom 28.05.2009 Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen vom 27.04.2009 aufzuheben und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, es zu unterlassen, die bei der Bremischen Bürgerschaft ausgeschriebene Stelle eines/r Direktors/Direktorin bei der Bürgerschaft zu besetzen und das Amt auf einen Mitbewerber zu übertragen, solange das Hauptsacheverfahren nicht rechtskräftig, hilfsweise in erster Instanz, abgeschlossen ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Antragstellerin habe keine Gründe dargelegt, aufgrund derer die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern sei.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, deren Überprüfung der Senat allein vorzunehmen hat (vgl. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

1.

Das Amt des Direktors/der Direktorin der Bremischen Bürgerschaft gehört zum gesetzlich bestimmten Katalog der sog. politischen Beamten. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Bremischen Beamtengesetzes vom 18.06.1969 (Brem.GBl. S. 65) bestimmt, dass u. a. § 41a BremBG auf den Direktor bei der Bürgerschaft entsprechende Anwendung findet. Nach § 41a BremBG kann der Senat "im Hinblick auf die Notwendigkeit eines besonderen Vertrauensverhältnisses" zwischen den einzelnen Mitgliedern des Senats und ihren leitenden Beamten einen Beamten auf Lebenszeit jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn ihm das Amt eines Staatsrats oder eines Sprechers des Senats übertragen worden ist.

Die Notwendigkeit eines besonderen Vertrauensverhältnisses ändert nichts daran, dass die sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BremBG ergebenden Auswahlkriterien bei der Auswahlentscheidung zu beachten sind. Zwar kann der Vorstand der Bürgerschaft den Direktor bei der Bürgerschaft nach Maßgabe des § 41a BremBG jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen und er ist auch nicht gehalten, den Dienstposten des Direktors einem leistungsstarken Bewerber zu übertragen, zu dem das - zusätzlich erforderliche - besondere Vertrauensverhältnis nicht besteht. Dies ändert aber nichts daran, dass jeder Bewerber einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung unter Beachtung der Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG hat. Aus § 41a BremBG kann nicht etwa gefolgert werden, die Auswahl für den Dienstposten des Direktors/der Direktorin bei der Bürgerschaft sei nicht am "Prinzip der Bestenauslese", sondern an politischen Zweckmäßigkeitserwägungen zu orientieren.

Objektive Defizite in Bezug auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung können nicht durch "politisches Vertrauen" kompensiert werden (vgl. BVerwG, B. v. 25.04.2007 - 1 WB 31/06 - zu § 50 SG).

Demgemäß gelten auch im vorliegenden Fall die für den beamtenrechtlichen Konkurrentenstreit maßgebenden Grundsätze. Danach liegt die Auswahl unter mehreren Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist es auch überlassen, welchen (sachlichen) Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu dem Beförderungsamt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt wird (st. Rspr. des Senats, vgl. B. v. 05.07.1995 - 2 B 74, 75/95 - m.w.N.; B. v. 19.02.1999 - 2 B 11/99 - NordÖR 1999, 249 = DÖD 1999, 238 = ZBR 2001, 221, B. v. 09.01.2002 - 2 B 68/01 -, B. v. 20.01.2004 - 2 B 444/02 m.w.N., B. v. 22.03.2005 - 2 B 431/04 -, B. v. 08.10.2007 - 2 B 268/07 -, B. v. 07.04.2008 - 2 B 453/07 - und B. v. 28.01.2009 - 2 B 479/08 -).

Maßgeblich für die Überprüfung der Auswahlentscheidung ist nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (st. Rspr. des Senats, vgl. u. a. B. v. 18.10.1997 - 2 B 66/97 -, B. v. 22.03.2005 - 2 B 431/04, B. v. 31.08.2005 - 2 B 206/05 -, B. v. 07.04.2008 - 2 B 453/07 - und B. v. 28.01.2009 - 2 B 479/08 -).

2.

Bei Beachtung dieser Rechtslage greifen die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe nicht durch.

a)

Die Antragstellerin macht zunächst geltend, die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht hätten Begriff und Bedeutung der geforderten "langjährigen Leitungserfahrung" verkannt und dem Beigeladenen zu Unrecht eine langjährige Leitungserfahrung zugesprochen.

Nach dem Ausschreibungstext wird für die ausgeschriebene Stelle eine Persönlichkeit gesucht, die u. a. "über langjährige Leitungserfahrung verfügt". Dieses Kriterium gehört damit zum sog. Anforderungsprofil der Stelle. Die Festlegung des Anforderungsprofils für eine Stelle liegt, wie der Senat bereits im Beschluss vom 28.01.2009 (Az. 2 B 479/08) ausgeführt hat, im organisatorischen Ermessen des Dienstherrn. Dabei ist der Text einer Stellenausschreibung entsprechend § 133 BGB nach dem objektiven Erklärungsinhalt und dem Willen des Erklärenden auszulegen (vgl. OVG Bremen, B. v. 16.02.2009 - 2 B 598/08 - m.w.N.).

Berücksichtigt man dies, ist von Bedeutung, dass sich der vorliegende Ausschreibungstext auf die Anforderung einer "langjährigen Leitungserfahrung" beschränkt und nicht etwa - wie die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung meint - mindestens die Leitung einer mittleren oder größeren betrieblichen oder dienstlichen Einheit mit Haushaltsverantwortung fordert. Wäre dies gewollt gewesen, hätte es in der Stellenausschreibung seinen Niederschlag gefunden, so wie das z. B. bei der 2004 erfolgten Ausschreibung der Stelle des Direktors/der Direktorin der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen der Fall war. Dort wurde nach dem Ausschreibungstext eine Bewerberin/ein Bewerber gesucht mit "mehrjähriger Leitungserfahrung in hervorgehobener Position an einer großen wissenschaftlichen Bibliothek" (vgl. dazu OVG Bremen, B. v. 31.08.2005 - 2 B 206/05 -). Der Vorstand der Bürgerschaft hat hier in seinem Ausschreibungstext von solch zusätzlichen Anforderungen an die Leitungserfahrung abgesehen und damit den Bewerberkreis insoweit nicht weiter einengen wollen.

Welche Art der Leitungserfahrung noch als ausreichend im Sinne des Ausschreibungstextes angesehen werden kann, braucht nicht abschließend geklärt zu werden. Denn es ist jedenfalls nicht zweifelhaft, dass Beamte, die wie der Beigeladene seit mehreren Jahren das Amt eines Leitenden Senatsrats (Bes.Gr. B 3) innegehabt und Mitarbeiter geführt haben, das Kriterium der "langjährigen Leitungserfahrung" erfüllen. In den vorliegenden dienstlichen Beurteilungen des im Juli 2002 zum Leitenden Senatsrat beförderten Beigeladenen, die die Beurteilungszeiträume vom 24.08.2001 bis 31.12.2005 und vom 01.01.2006 bis Februar 2008 umfassen, ist das nur bei Führungskräften zu beurteilende Führungsverhalten des Beigeladenen in den dazu gehörenden Beurteilungsfeldern - mit den besten oder zweitbesten Noten - beurteilt worden und wird der Beigeladene als "verbindlicher Mitarbeiter und Vorgesetzter" bezeichnet.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann auch nicht angenommen werden, die von der Antragstellerin wahrgenommene Leitung einer senatorischen Behörde mit mehreren zugeordneten Ämtern, Gesellschaften und Betrieben sowie der personellen Verantwortung für über 500 Mitarbeiter sei ermessensfehlerhaft nur unzureichend berücksichtigt worden. Im Widerspruchsbescheid vom 12.09.2008 werden zunächst die Tätigkeiten der Antragstellerin und des Beigeladenen für die Zeit bis zum 31.03.2004 miteinander verglichen und als gleichwertig eingestuft. Sodann wird die Tätigkeit der Antragstellerin als Staatsrätin erwähnt und u. a. ausgeführt, der Vorstand der Bremischen Bürgerschaft verkenne nicht, dass es sich bei der Behörde des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr um eine "personell und von den Aufgaben her sehr große Behörde handelt". Weiter wird im Widerspruchsbescheid erwähnt, dass der Vorsitz der Antragstellerin in Gremien (u. a. BSAG, GPV, Deutscher Verkehrsgerichtstag) im Rahmen der Bewertung der langjährigen Leitungserfahrung berücksichtigt worden sei. Damit hat der Vorstand der Bürgerschaft die für die Antragstellerin sprechenden Umstände zur Kenntnis genommen und in seine Abwägung einbezogen. Er hat gleichwohl im Ergebnis an der Bewertung im Bescheid vom 11.07.2008 festgehalten. Ein Ermessensfehler ist insoweit nicht ersichtlich.

b)

Soweit die Antragstellerin weiter meint, die Antragsgegnerin habe bei der Auswahlentscheidung nicht entscheidend darauf abstellen dürfen, dass der Beigeladene "über einen längeren Zeitraum als die Antragstellerin berufliche Erfahrungen an der Schnittstelle zwischen Exekutive und Legislative und in einer größeren Nähe zum Parlament habe sammeln können", vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen.

aa)

Die Annahme der Antragstellerin, sie und der Beigeladene seien von der Antragsgegnerin hinsichtlich der Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung als gleichwertig eingestuft worden, ist nicht zutreffend. Im Widerspruchsbescheid heißt es, anhand der genannten Auswahlkriterien halte der Vorstand der Bremischen Bürgerschaft den Beigeladenen "für besser qualifiziert". Soweit im Ablehnungsbescheid festgestellt worden sei, dass es sich "bei beiden Bewerbern nach der Beurteilungslage um zwei gleichermaßen hoch qualifizierte Beamte handelt", sei damit nicht gemeint, dass die Antragstellerin und der Beigeladene aufgrund der Beurteilungslage gleich hoch für die ausgeschriebene Stelle qualifiziert seien. Dadurch ist klargestellt, dass die Antragsgegnerin sowohl die Antragstellerin als auch den Beigeladenen für sehr qualifizierte Beamte hält, dem Beigeladenen jedoch für die ausgeschriebene Stelle nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG einen Vorrang einräumt.

Dem Ablehnungsbescheid vom 11.07.2008, auf dessen Begründung im Widerspruchsbescheid Bezug genommen wird, ist zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin für die Auswahl maßgeblich abgestellt hat auf die umfangreichen Erfahrungen, die der Beigeladene in seiner mehr als 20-jährigen Tätigkeit auf herausgehobenen Dienstposten in der Senatskanzlei Berlin gesammelt hat und auf die Leistungen, die der Beigeladene dort erbracht hat. (In den letzten beiden dienstlichen Beurteilungen, die die Zeit ab 24.08.2001 umfassen, hat der Beigeladene im Gesamtergebnis jeweils die beste Note (A) erhalten.) Die Antragsgegnerin hält den Beigeladenen aus diesen Gründen für die ausgeschriebene Stelle für besser geeignet als die Antragstellerin. Ihr gegenüber habe der Beigeladene "über einen längeren Zeitraum und in noch größerer Nähe zu einem Parlament" parlamentsnah gearbeitet.

Diese an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG orientierte Abstufung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie ist an den Anforderungen, die das Amt eines Direktors der Bürgerschaft stellt, orientiert.

Auf einen längeren Erfahrungszeitraum abzustellen, ist - entgegen der Ansicht der Antragstellerin -nicht sachwidrig.

Auch greift ihr Einwand, der Begriff "noch größere Nähe zum Parlament" sei völlig substanzlos, nicht durch. Im Ablehnungsbescheid vom 11.07.2008 heißt es zur Tätigkeit des Beigeladenen in der Senatskanzlei Berlin:

"Er arbeitet an der Schnittstelle zwischen Exekutive und Legislative. Innerhalb der Senatskanzlei hat er verschiedene Aufgaben wahrgenommen und zwar als Referent, Referatsleiter und stellvertretender Abteilungsleiter. Die über zehnjährige Tätigkeit für die Konferenz der Chefs der Staats- und Senatskanzleien und die Ministerpräsidentenkonferenz, die ihm übertragene Vorbereitung der Länder-Gruppenkoordinierung, die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung des Berliner Vorsitzes in der Ministerpräsidenten- und Kanzleichefskonferenz 2004/2005 qualifiziert ihn in besonderem Maße für die Tätigkeit eines Direktors bei der Bremischen Bürgerschaft in der Konferenz der Landtagsdirektoren und für die Vorbereitung und Teilnahme an Konferenzen der Landtagspräsidenten. Er war tätig in der Abteilung Politische Koordination. Zu dieser Abteilung gehört die Leitstelle zum Abgeordnetenhaus (Geschäftsstelle des Senats von Berlin, über die sämtliche Aktivitäten zwischen Abgeordnetenhaus und Senat laufen und koordiniert werden). Die Tätigkeit dort bedingte in Abhängigkeit von den Sachgegenständen die Teilnahme an Ausschuss- und Plenarsitzungen des Abgeordnetenhauses von Berlin, die Vorbereitung des Regierenden Bürgermeisters und des Kanzleichefs dafür, sowie die Kontaktpflege mit Vertretern der Fraktionen, aber auch die Beratung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses, zuletzt im Zusammenhang der Positionierung der Landtagspräsidentenkonferenz zur Förderalismusreform."

Diese Darstellung, deren Richtigkeit zu bezweifeln der Senat keinen Anlass hat, macht nachvollziehbar deutlich, in welcher Weise der Beigeladene als Beamter der Senatskanzlei Berlin Erfahrungen gesammelt hat, die für die ausgeschriebene Stelle bedeutsam sind und auf welche Weise er parlamentsnah gearbeitet hat.

Die Nähe zum Parlament wird noch dadurch unterstrichen, dass die Senatskanzlei nach der Geschäftsordnung des Senats von Berlin den Regierenden Bürgermeister und den Senat bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützt und der Regierende Bürgermeister - und damit die Senatskanzlei - bei allen Angelegenheiten zu beteiligen ist, die für die Richtlinien der Regierungspolitik von Bedeutung sind, sowie stets bei Entwürfen von Gesetzen und Rechtsverordnungen sowie Vorlagen an das Abgeordnetenhaus (vgl. § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Senats von Berlin vom 26.09.2006).

Auch die Geschäftsordnung des Senats der Freien Hansestadt Bremen (vom 29.06.2007, Brem.GBl. S. 735) enthält eine Grundregel, wonach der Schriftverkehr mit der Bürgerschaft über den Präsidenten des Senats - und damit die Senatskanzlei - geführt wird, sofern nicht durch Rechtsvorschrift oder Vereinbarung zwischen der Bürgerschaft und dem Senat oder die Geschäftsordnung des Senats etwas anderes bestimmt ist (vgl. § 23 Abs. 2). Die Kontakte zur Bürgerschaft verlaufen also auch in Bremen regelmäßig über die Senatskanzlei und nicht über die Leitung einer senatorischen Behörde, zu der die Antragstellerin zählte.

Die Antragsgegnerin hat nicht übersehen, dass der Antragstellerin aufgrund ihrer Vortätigkeit als Staatsrätin das bremische Landesrecht und die Beratungen der Bürgerschaft besser bekannt sein dürften und die Antragstellerin auch während ihrer Tätigkeit im Bundesverkehrsministerium parlamentarisch gearbeitet hat. Die gleichwohl von der Antragsgegnerin getroffene Feststellung, der Beigeladene habe in "noch größerer Nähe zum Parlament" als die Antragstellerin gearbeitet, ist jedoch vor dem dargestellten Hintergrund sachlich begründet. Auch in der Beschwerdebegründung werden keine (konkrete) Umstände vorgetragen, die diese Feststellung fehlerhaft erscheinen lassen könnten.

bb)

Die Antragstellerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie hätte deshalb dem Beigeladenen vorgezogen werden müssen, weil sie ein deutlich höheres Statusamt (Bes.Gr. A 7) als der Beigeladene (Bes.Gr. A 3) innegehabt habe.

Zwar trifft es zu, dass an den Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amtes höhere Erwartungen zu stellen sind als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 20.06.2000 - 10 B 11025/00 - m.w.N.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Inhaber des höheren statusrechtlichen Amtes stets vorzuziehen ist. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. BVerfG, B. v. 20.03.2007 - 2 BvR 2470/06 -). Die Leistungen in einem höheren Statusamt können durch eine bessere Eignung für das ausgeschriebene Amt übertroffen werden, wobei die Gewichtung der erheblichen Umstände nach der erwähnten Rechtsprechung des Senats im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn - hier des Vorstandes der Bremischen Bürgerschaft - liegt. Berücksichtigt man dies, so ist festzustellen, dass es der Antragsgegnerin nach den angefochtenen Bescheiden maßgeblich auf die langjährigen Erfahrungen des Beigeladenen in parlamentsnaher Arbeit ankam, die er in der ausgeschriebenen Stelle nutzbar machen könne. Dass solche Erfahrungen für die Wahrnehmung der Aufgabe eines Direktors bei der Bremischen Bürgerschaft von nicht unerheblichem Nutzen sein können, ist ohne weiteres nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin legt ihnen ein besonderes Gewicht bei und bewertet den diesbezüglichen Vorsprung des Beigeladenen gegenüber der Antragstellerin für "eindeutig" (vgl. S. 11 des Ablehnungsbescheids vom 11.07.2008). Sie hält sich damit im Rahmen des ihr zustehenden Ermessensspielraumes, so dass die Auswahlentscheidung auch wegen des höheren Statusamtes der Antragstellerin nicht als rechtsfehlerhaft angesehen werden kann.

c)

Die Antragstellerin beanstandet ferner, dass ihre einschlägigen Erfahrungen in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bundesministerium für Verkehr nicht berücksichtigt worden seien, obwohl es im Ausschreibungstext heiße, dass neben der Stärkung der Kommunikation nach innen und außen daran mitgewirkt werden solle, die Transparenz des parlamentarischen Geschehens zu erhöhen.

Auch damit dringt die Antragstellerin nicht durch. Im Ablehnungsbescheid vom 11.07.2008 heißt es:

"Die Tätigkeit von Frau ... als Leiterin des Referats "Presse" und als Pressesprecherin des Verkehrsministeriums sowie als Leiterin des Referates "Öffentlichkeitsarbeit" bestätigt die Fähigkeit zur Kommunikation, und zwar nach innen und außen. In der dienstlichen Beurteilung vom 21.11.2000 heißt es hierzu, dass Frau ... es in hervorragender Weise versteht, die fachlichen Belange und auch politischen Interessen des BMVBW intern, in den politischen Gremien und in der Öffentlichkeit überzeugend und eloquent zu vertreten."

Diese Ausführungen zeigen, dass die Erfahrungen und Fähigkeiten der Antragstellerin im Bereich der Kommunikation vom Vorstand der Bürgerschaft gesehen und bei der Entscheidung bedacht worden sind. Dass ihnen bei der Auswahlentscheidung nicht das Gewicht beigemessen worden ist, das ihnen nach Auffassung der Antragstellerin zukommt, macht die Entscheidung nicht ermessensfehlerhaft.

d)

Schließlich kann der Antragstellerin auch nicht darin zugestimmt werden, dass sie aufgrund des § 4 Landesgleichstellungsgesetzes (LGG vom 20.11.1990, Brem.GBl. S. 433) vorrangig zu berücksichtigen war.

Nach § 4 Abs. 2 S. 1 LGG sind bei der Übertragung einer Tätigkeit in einer höheren Lohn-, Vergütung- und Besoldungsgruppe Frauen bei gleicher Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber vorrangig zu berücksichtigen, wenn sie unterrepräsentiert sind, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Wie oben ausgeführt, ist die Auffassung der Antragsgegnerin, der Beigeladene sei für die ausgeschriebene Stelle besser qualifiziert, an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG orientiert und rechtlich nicht zu beanstanden. Es kann auch nicht gesagt werden, es handele sich um zu vernachlässigende Qualifikationsunterschiede von nur geringem Ausmaß (vgl. dazu OVG Bremen, B. v. 29.08.2003 - 2 B 285/03 -). Nach den Ausführungen im Ablehnungsbescheid überwiegen die in der Person des Beigeladenen liegenden Gründe "eindeutig". Dass diese der Antragsgegnerin vorbehaltene Gewichtung sich im Rahmen des ihr zustehenden Ermessensspielraums hält, wurde bereits ausgeführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Anlass, etwaige außergerichtliche Kosten des Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeit der Antragstellerin aufzuerlegen, besteht nicht.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich §§ 40, 47 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 i. V. m. § 52 Abs. 5 S. 2 GKG. Danach ist der Streitwert auf die Hälfte des 13-fachen Betrages des Grundgehalts der Bes.Gr. B 7 festzusetzen, wobei für die Wertberechnung zum Zeitpunkt der Antragstellung im Oktober 2008 ein Grundgehaltsatz von 7.868,15 Euro anzunehmen ist (vgl. Anlage IV zum BBesG i. d. F. vom 29.07.2008, BGBl. I 2008, 1588 - 1590). Die abweichende erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ändert der Senat nach § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen ab.

Ende der Entscheidung

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