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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: P A 1/06.PVL
Rechtsgebiete: BremRiG, BremPersVG


Vorschriften:

BremRiG § 39
BremRiG § 23
BremRiG § 19
BremPersVG § 58
Die Übertragung der Dienstaufsicht über das richterliche Personal des Sozialgerichts Bremen durch Verfügung vom 28.05.2003 des Senators für Justiz und Verfassung auf die Präsidentin des Landessozialgerichts unterliegt nicht der Mitbestimmung.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: P A 1/06.PVL

Verkündet am 17.01.2007

In der Personalvertretungssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - Fachsenat für Personalvertretungssachen - durch die Vorsitzende Richterin Dreger sowie die ehrenamtlichen Richter Beamtin K. Buhr, Beamter K. Burmeister, Angestellte U. Fischer und Beamter W. Hinners am 17.01.2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts - Fachkammer für Personalvertretungssachen - vom 10.11.2005 aufgehoben.

Die Anträge der Antragsteller zu 1. und 2. werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Senator für Justiz und Verfassung (Beteiligter zu 2.) übertrug durch die "Allgemeine Verfügung zur Übertragung der Dienstaufsicht über das Sozialgericht Bremen" die allgemeine Dienstaufsicht über das Sozialgericht Bremen mit Wirkung vom 1. April 2002 auf die Direktorin des Sozialgerichts Bremen (Beteiligte zu 1.).

Mit Schreiben vom 27.03.2003 an die Beteiligte zu 1. teilte der Beteiligte zu 2. mit, es sei beabsichtigt, die Allgemeine Dienstaufsicht über das Sozialgericht Bremen wieder auf die Präsidentin des Landessozialgerichts zu übertragen. Er bitte dazu um die Stellungnahme der Beteiligten zu 1. Gleichzeitig bitte er sie, die Beschäftigten des Sozialgerichts und deren Vertretungen zu beteiligen.

Die Antragsteller äußerten Bedenken gegen die beabsichtigte Übertragung der Dienstaufsicht auf die Präsidentin des Landessozialgerichts. Der Beteiligte zu 2. übermittelte ihnen mit Schreiben vom 23.05.2003 die von ihm vorgesehene Fassung der beabsichtigten Allgemeinen Verfügung und teilte ihre Bedenken nicht.

Der Beteiligte erließ unter dem 28.05.2003 die "Allgemeine Verfügung zur Übertragung der Dienstaufsicht über das Sozialgericht Bremen" mit folgendem Inhalt:

"Nach § 9 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit der Verordnung über die Dienstaufsicht in der Sozialgerichtsbarkeit vom 15. August 1972 (BremGBl. S. 185-33-a-2) wird die allgemeine Dienstaufsicht über das Sozialgericht Bremen mit Ausnahme der Dienstaufsicht über die bei dem Sozialgericht Bremen beschäftigten Richterinnen und Richter auf die Direktorin des Sozialgerichts Bremen übertragen. Die Dienstaufsicht über die bei dem Sozialgericht Bremen beschäftigten Richterinnen und Richter wird auf die Präsidentin des Landessozialgerichts übertragen.

Diese Allgemeine Verfügung tritt am 1. Juni 2003 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Allgemeine Verfügung zur Übertragung der Dienstaufsicht über das Sozialgericht Bremen vom 1. April 2002 außer Kraft".

Die Antragsteller zu 1. und 2. haben am 12.06.2003 beim Verwaltungsgericht - Kammer für Personalvertretungssachen - das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Es handele sich um eine gemeinsame Angelegenheit, denn die Allgemeine Verfügung vom 28.05.2003 regele sowohl die Dienstaufsicht über das nichtrichterliche Personal als auch über das richterliche Personal beim Sozialgericht Bremen.

Das Verfahren der Richterrätin wurde als Verfahren vor der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts (1 K 1225/03) geführt, das Verfahren des Personalrats bei der Kammer für Personalvertretungssachen (P K 1027/03.PVL).

Das Verfahren der 1. Kammer wurde im August 2005 an die Fachkammer für Personalvertretungssachen abgegeben.

Mit Beschluss vom 24.08.2005 hat die Personalvertretungskammer die beiden Verfahren verbunden unter dem Aktenzeichen P K 1027/03.PVL.

Die Antragsteller haben vorgetragen, bei der Allgemeinen Verfügung vom 28.05.2003 handele es sich um eine mitbestimmungspflichtige organisatorische Maßnahme. Das Mitbestimmungsrecht nach dem Bremischen Personalvertretungsgesetz bestehe auch gegenüber dem Beteiligten zu 2. als entscheidungsbefugte Stelle.

Die Antragsteller haben beantragt,

festzustellen, dass der Erlass der Allgemeinen Verfügung vom 28.05.2003 zur Übertragung der Dienstaufsicht über das Sozialgericht Bremen der Mitbestimmung unterliegt,

hilfsweise,

den Beteiligten zu 2. zu verpflichten, die Beteiligte zu 1. anzuweisen, die Zu -stimmung zu der Allgemeinen Verfügung vom 28.05.2003 zu beantragen,

hilfsweise,

die Beteiligte zu 1. zu verpflichten, die Zustimmung zu der Allgemeinen Verfügung vom 28.05.2003 bei den Antragstellern zu beantragen.

Die Beteiligte zu 1. hat keinen Antrag gestellt.

Der Beteiligte zu 2. hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 2. hat die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht der Antragsteller bestehe grundsätzlich nur gegenüber dem Leiter ihrer Dienststelle. Ein Ausnahmefall, der die Mitbestimmung auch ihm gegenüber eröffne, liege nicht vor.

Das Verwaltungsgericht - Fachkammer für Personalvertretungssachen - hat durch Beschluss vom 10.11.2006 festgestellt, dass der Erlass der Allgemeinen Verfügung des Senators für Justiz und Verfassung vom 28.05.2003 zur Übertragung der Dienstaufsicht über das Sozialgericht Bremen der Mitbestimmung unterliegt.

Es hat den Beschluss wie folgt begründet:

Es liege eine Rechtsstreitigkeit aus der gemeinsamen Beteiligung von Richterrat und Personalrat vor, die gemäß § 39 Abs. 3 BremRiG in die Zuständigkeit der Fachkammer gehöre.

Der Antrag sei auch begründet. Die Verfügung unterliege der Mitbestimmung. Es handele sich um eine organisatorische Angelegenheit i.S.d. § 66 BremPersVG. Das Mitbestimmungsverfahren bei der beabsichtigten Maßnahme sei gemäß § 58 Abs. 1 BremPersVG vom Leiter der Dienststelle einzuleiten. Der Leiter der Dienststelle i.S.d. § 58 Abs. 1 BremPersVG sei nicht nur der Leiter der Dienststelle, bei der der Personalrat gebildet sei, sondern könne auch der jeweilige Leiter der Dienststelle sein, die eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme beabsichtige, hier der Beteiligte zu 2. Die frühere anders lautende Rechtsprechung der Kammer für Personalvertretungssachen werde aufgegeben.

Die systematische Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 03.10.1983 - 6 P 26.81 - (Anm.: Der Beschluss hat folgende Leitsätze: Auch im Lande Bremen gilt der Grundsatz der Partnerschaft zwischen Dienststelle und dem bei ihr gebildeten Personalrat. Die Beteiligung des Personalrats durch eine andere entscheidungsbefugte Stelle findet nur ausnahmsweise in den im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen statt. Grundsätzlich hat die Dienststelle die von der entscheidungsbefugten Stelle beabsichtigte Maßnahme dem Personal mitzuteilen und dessen Zustimmung zu beantragen) überzeuge nicht.

Die durch die bisherige Rechtsprechung bewirkte faktische Mitbestimmungslücke könne nicht dadurch geschlossen werden, dass der Leiter der dem Personalrat zugeordneten Dienststelle anstelle der höheren Dienststelle das Mitbestimmungsverfahren einleite, da ein solches Stellvertreterverfahren in Bremischen Personalvertretungsgesetz nirgendwo geregelt und auch nicht durchgängig praktiziert werde.

Der Beschluss, auf den im Übrigen verwiesen wird, wurde dem Beteiligten zu 2. zugestellt am 24.11.2005.

Am 23.12.2005 hat er Beschwerde eingelegt, und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 24.02.2006 am 23.02.2006 wie folgt begründet:

Dem Antragsteller zu 1. fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da er von der Verfügung vom 28.05.2003 nicht betroffen werde. Allein der Wunsch nach einer einheitlichen Regelung begründe keine gemeinsame Angelegenheit.

Zweifelhaft sei auch, ob eine gerichtsverfassungsrechtliche Angelegenheit, wie die Regelung der Dienstaufsicht, überhaupt der Mitbestimmung zugänglich sei.

Die bisherige langjährige personalvertretungsrechtliche Rechtsprechung gehe davon aus, dass der Leiter der Dienststelle i.S.d. § 58 Abs. 1 BremPersVG nur der Leiter der Dienststelle sei, bei der der Personalrat gebildet sei. Die nunmehr davon abweichende Entscheidung des Verwaltungsgerichts überzeuge nicht. Vielmehr sei die Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 03.10.1983 zutreffend. Es bleibe deshalb festzuhalten, dass im Ergebnis ein Mitbestimmungsrecht der Antragsteller jedenfalls deshalb nicht bestehe, weil die Maßnahme - Allgemeine Verfügung vom 28.05.2003 - nicht von dem Leiter der Dienststelle getroffen worden sei, bei der der Personalrat/Richterrat gebildet sei. Für die vom Verwaltungsgericht über eine Auslegung hinausgehende Rechtsfortbildung sei kein Raum.

Der Beteiligte zu 2. und Beschwerdeführer beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen - Fachkammer für Personalvertretungssachen - vom 10.11.2005 - Az.: P K 1027/03.PVL - die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen vom 10. November 2005 (Az.: P K 1027/03.PVL) zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Sache dem Staatsgerichtshof vorzulegen, weiter hilfsweise,

die Rechtsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zuzulassen.

Die Beteiligte zu 1. stellt keinen Antrag.

Die Antragsteller halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend und erwidern:

Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2. fehle dem Antragsteller zu 1. nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Für die Annahme einer gemeinsamen Angelegenheit sei erforderlich, dass beide Gruppen gleichermaßen von der Regelung betroffen würden, was vorliegend nach dem Gesamtzusammenhang der Allgemeinen Verfügung vom 28.05.2003 der Fall sei. Die Änderung liege in der Aufspaltung der Dienstaufsicht, die bei gemeinsamen Angelegenheiten nicht mehr einheitlich wahrgenommen würde mit der Folge getrennter Mitbestimmungsverfahren bei gemeinsamen Angelegenheiten organisatorischer Art z. B. bei Einführung eines neuen EDV-Programms. Im Übrigen seien auch wiederholende Maßnahmen beabsichtigte Maßnahmen im Sinne des Gesetzes. Die Frage, ob eine gerichtsverfassungsrechtliche Angelegenheit der Mitbestimmung zugänglich sei, stelle sich nicht, weil im Unterschied zu anderen Ländern gesetzliche Regelungen in Bremen fehlten. Damit verbleibe es bei der Regelung des Bremischen Personalvertretungsgesetzes, das in organisatorischen Fragen das Mitbestimmungsverfahren eröffne.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend entschieden, dass unter dem Begriff des Leiters der Dienststelle i.S.d. § 58 Abs. 1 BremPersVG auch der jeweilige Leiter der Dienststelle zu verstehen sei, die die mitbestimmungspflichtige Maßnahme beabsichtige. Die langjährige entgegenstehende Rechtsprechung, insbesondere der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.10.1983 - 6 P 26.81 -, überzeuge nicht. Er lasse sich mit der Systematik und der Entstehungsgeschichte des Bremischen Personalvertretungsgesetzes nicht in Einklang bringen.

Wegen der Einzelheiten des weiteren Vorbringens der Antragsteller und des Beteiligten zu 2. wird im Übrigen ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1.

Die Anträge, mit denen die Antragsteller die Mitbestimmung in gemeinsamen Angelegenheiten von Richtern und anderen Bediensteten des Sozialgerichts bei dem Erlass der Allgemeinen Verfügung des Beteiligten zu 2. vom 28.05.2003 zur Übertragung der Dienstaufsicht über das Sozialgericht Bremen, also eine "gemeinsame Beteiligung" der beiden Antragsteller erreichen wollen, ist zulässig, namentlich hat der Fachsenat von seiner funktionalen Zuständigkeit auszugehen.

Nach §§ 70 Abs. 1 c, 71 BremPersVG vom 05.03.1974 (SammBremR 2044-a-1) entscheiden die beim Verwaltungsgericht gebildete Fachkammer und der beim Oberverwaltungsgericht gebildete Fachsenat für Personalvertretungssachen über Streitigkeiten aus der Zuständigkeit und Geschäftsführung der Personalvertretungen. Nach § 39 Abs. 1 BremRiG vom 15.12.1964 (SammBremR 301-a-1) steht für Rechtsstreitigkeiten aus der Bildung oder Tätigkeit der Richtervertretungen der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen. Nach § 39 Abs. 3 BremRiG entscheidet das Verwaltungsgericht bei Rechtsstreitigkeiten aus der gemeinsamen Beteiligung von Richterrat und Personalrat (§ 23) nach den Verfahrensvorschriften des § 69 Abs. 2 des Bremischen Personalvertretungsgesetzes und in der Besetzung des § 70 des Bremischen Personalvertretungsgesetzes, d. h. nach Aufhebung und Ersetzung des Bremischen Personalvertretungsgesetzes vom 03.12.1957 durch das nunmehr in Kraft befindliche Bremische Personalvertretungsgesetz vom 05.03.1974 nach dessen einschlägigen Vorschriften der §§ 70 Abs. 2 und 71.

Dementsprechend hat die Fachkammer von den Beteiligten unbeanstandet die Zuständigkeit nach § 71 BremPersVG angenommen. Daran ist der Fachsenat gebunden, so dass sich weitere Erörterungen zu seiner Zuständigkeit erübrigen (§§ 48 ArbGG, 17 a GVG, 65, 88 ArbGG, vgl. insoweit auch schon den Beschluss des Fachsenats vom 13.07.1993 - OVG P V-B 1/93 - und OVG Hamburg, Beschlüsse vom 08.11.1999 - 8 Bs 368/99.PVL - und vom 02.04.2001 - 8 Bs 1/01.PVL - juris).

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von einem Fortbestand des Feststellungsinteresses der Antragsteller ausgegangen, indem es angenommen hat, dass bei ihrem Obsiegen Raum für die Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens ist. Denn die umstrittene Allgemeine Verfügung des Beteiligten zu 2. lässt sich ungeachtet ihres zwischenzeitlichen Inkrafttretens jederzeit ändern oder für die Zukunft rückgängig machen.

Der Auffassung des Beteiligten zu 2., wonach in dem vorliegenden Verfahren dem Antragsteller zu 1. das Rechtsschutzinteresse fehle, weil sich durch die umstrittene Allgemeine Verfügung für die von ihm repräsentierten Beschäftigten nichts ändere und er die Richter und Richterinnen des Sozialgerichts nicht repräsentiere, vermag der Fachsenat nicht zu folgen.

Der Antragsteller zu 1., der aus einem Mitglied besteht und die Antragstellerin zu 2., die ebenfalls aus einem Mitglied besteht, klagen vorliegend in ihrer Eigenschaft als (erweitertes/gemeinsames) Personalvertretungsgremium für gemeinsame Angelegenheiten. Sie nehmen für sich ihre Zuständigkeit in gemeinsamen Angelegenheiten nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 BremRiG i. V. m. § 23 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BremRiG in Anspruch, wonach in gemeinsamen Angelegenheiten Richterrat und Personalrat gemeinsam mitbestimmen (§ 19 Abs. 1 Nr. 2) und der aus einem Richter bestehende Richterrat zum Personalrat hinzutritt (§ 23 Abs. 2 S. 2) und bei gleicher Zahl der Mitglieder des Personalrats und des Richterrats beide Vertretungen zusammentreten (§ 23 Abs. 2 S. 3). Die Antragsteller wollen entsprechend den vorgenannten Gesetzesvorschriften die gemeinsame Beteiligung zur Ausübung des Mitbestimmungsrechts in gemeinsamen Angelegenheiten erreichen. Dementsprechend besitzt der Antragsteller zu 1. ebenso wie die Antragstellerin zu 2. ein sich aus dem geltend gemachten Recht auf gemeinsame Beteiligung ergebendes Rechtsschutzinteresse an der Klärung der Mitbestimmungspflichtigkeit der vom Beteiligten zu 2. erlassenen Allgemeinen Verfügung.

2.

Die Anträge sind jedoch unbegründet.

a)

Die Antragsteller zu 1. und 2. als erweitertes/gemeinsames Personalvertretungsgremium besitzen keinen Anspruch auf eine Mitbestimmung in gemeinsamen Angelegenheiten in Bezug auf den Inhalt der umstrittenen Allgemeinen Verfügung des Beteiligten zu 2. vom 28.05.2003.

Nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 BremRiG haben die Antragsteller die Aufgabe gleichberechtigt mitzubestimmen in allen sozialen und organisatorischen Angelegenheiten, die sowohl Richter als auch andere Bedienstete des Gerichts betreffen (gemeinsame Angelegenheiten). Bei der Allgemeinen Verfügung vom 28.05.2003 handelt es sich nicht um eine gemeinsame Angelegenheit im Sinne der genannten Vorschrift, an der der Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 2. gemeinsam mitzubestimmen haben. Nur um die Klärung des Mitbestimmungsrechts der Antragsteller nach dieser Vorschrift geht es in dem vorliegenden Verfahren. Nur insoweit hat das Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit angenommen, nachdem die Antragstellerin zu 2. sich ausdrücklich gegen die anfängliche Führung ihres Rechtsstreits vor der allgemeinen Kammer des Verwaltungsgerichts gewandt hatte.

Für die Frage der Abgrenzung, ob eine gemeinsame Angelegenheit nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 BremRiG oder lediglich eine Angelegenheit der Gruppe der Richter i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 BremRiG vorliegt, ist es gerechtfertigt auf die Grundsätze zurückzugreifen, die in der personalvertretungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur zur Abgrenzung der Gruppenangelegenheiten im Rahmen des Personalvertretungsrechts aufgestellt worden sind. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht von vornherein eine homogene Einheit darstellen, sondern aufgrund der Gliederung in Beamte, Angestellte und Arbeiter verschiedene Interessen bestehen oder doch bestehen können, unterscheidet das Personalvertretungsrecht in Bund und Ländern die einzelnen Gruppen des öffentlichen Dienstes. Entsprechend verfährt der Gesetzgeber im Recht der Richtervertretungen und der Vertretungen der übrigen Bediensteten des Gerichts, wobei hier die Grenzziehung allerdings noch "schärfer akzentuiert" (so BVerwG, B. v. 08.07.1977 - VII P 6.75 - juris) ist infolge der organisatorischen Gestaltung und Verselbstständigung der Gruppe der Richter in einer eigenen Richtervertretung.

Angelegenheiten, die nur die Angehörigen einer Gruppe betreffen, sind nach der dem Bundespersonalvertretungsgesetz zugrunde liegenden Begrifflichkeit solche, die unmittelbar die Interessen einer Gruppe - und die der übrigen im Personalrat vertretenen Gruppe allenfalls mittelbar - angehen (so BVerfG, B. v. 19.12.1994 - 2 BvR 8/88 - juris mit Nachweis aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Literatur; ebenso Lorenzen/Faber, BPersVG, Kommentar, § 38 Rn 13). Regelungen, die sich ausdrücklich oder erkennbar nur auf einzelne Beschäftigungsgruppen beziehen, zählen nicht zu den gemeinsamen Angelegenheiten (Lorenzen/Faber, a. a. O., Rn 15).

Räumt das Gesetz einzelnen Beschäftigungsgruppen Sondervertretungen ein, so bringt es damit zum Ausdruck, dass die Interessen der in dieser Sondervertretung repräsentierten Bediensteten grundsätzlich von denen der anderen Bediensteten abweichen, so dass gemeinsame Angelegenheiten eine Ausnahme bilden (BVerwG, B. v. 08.07.1977, a. a. O.). Eine gemeinsame Angelegenheit zwischen in Sondervertretungen repräsentierten Staatsanwälten und übrigen Beschäftigten der Staatsanwaltschaft liegt nur dann vor, wenn die Staatsanwälte und die anderen Bediensteten der Staatsanwaltschaft gleichermaßen von einer Regelung betroffen sind, nicht aber schon dann, wenn eine Regelung für eine Gruppe getroffen wird, die sich auf die Belange der anderen auswirkt (so OVG Schleswig-Holstein, B. v. 02.04.1993 - 12 L 1/93 - juris).

In Anwendung dieser Grundsätze liegt in der Übertragung der Dienstaufsicht über die Richter des Sozialgerichts Bremen auf die Präsidentin des Landessozialgerichts durch die Allgemeine Verfügung des Beteiligten zu 2. vom 28.05.2003 keine Angelegenheit vor, die unmittelbar die Interessen des Antragstellers zu 1. bzw. des von ihm repräsentierten Personals berührt wie umgekehrt die Antragstellerin zu 2. bzw. die von ihr repräsentierten Richter und Richterinnen nicht unmittelbar davon berührt werden, dass die Dienstaufsicht über das nichtrichterliche Personal des Sozialgerichts von der Direktorin ausgeübt wird.

Allein schon deshalb, weil die Ausgestaltung der Dienstaufsicht über das richterliche Personal aufgrund ihrer besonderen Rechtsstellung (vgl. Art. 97 und 98 GG) besonderen und anderen Vorgaben unterliegt (vgl. § 26 DRiG) als die Dienstaufsicht über das nichtrichterliche Personal, ist es ausgeschlossen, den Regelungstatbestand der Dienstaufsicht über das richterliche und das nichtrichterliche Personal als eine Angelegenheit anzusehen, die die Richter und die übrigen Bediensteten des Gerichts gleichermaßen betrifft. Die noch zu unterschiedliche Regelung der Dienstaufsicht über richterliches und nichtrichterliches Personal eines Gerichts ist keine gemeinsame Angelegenheit von Richterrat und Personalrat.

Soweit die Antragsteller eine gemeinsame Wahrnehmung der Dienstaufsicht beim Sozialgericht anstreben, schafft dieses Ziel und diese Absicht der Antragsteller noch keine gemeinsame Angelegenheit.

Nicht überzeugen kann auch der Einwand der Antragsteller, wonach die durch die Allgemeine Verfügung vom 28.05.2003 erfolgte Aufspaltung der Dienstaufsicht bei gemeinsamen Angelegenheiten organisatorischer Art, z. B. bei der Einführung eines neues EDV-Programms am Gericht, zu getrennten Mitbestimmungsverfahren mit unterschiedlichen Partnern und u. U. widersprüchlichen Ergebnissen führe, was nicht sachgerecht sei.

Für die Frage, ob eine organisatorische Maßnahme, wie z. B. die Einführung einer neuen Arbeitsmethode am Sozialgericht für richterliches und nichtrichterliches Personal, eine gemeinsame Angelegenheit i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 2 BremRiG ist mit der Folge der Mitbestimmung durch den erweiterten Personalrat/Richterrat, ist er nicht von Bedeutung, welcher Stelle jeweils die Dienstaufsicht über das richterliche und das nichtrichterliche Personal des Gerichts übertragen ist.

Maßgeblich ist insoweit allein, ob Richter und nichtrichterliches Personal gleichermaßen von der Maßnahme betroffen werden (vgl. oben). Wer Partner des Mitbestimmungsverfahrens ist, ergibt sich im Übrigen aus § 58 BremPersVG und ist ebenfalls unabhängig davon, wer über wen die Dienstaufsicht auszuüben hat.

b)

Die Anträge (Haupt- und Hilfsanträge) müssen zum zweiten auch aus einem weiteren Grunde erfolglos bleiben: Die Allgemeine Verfügung vom 28.05.2003 enthält keine mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen.

Ein Mitbestimmungsrecht der Antragsteller ergibt sich nicht aus § 66 Abs. 1 a - d BremPersVG, denn die in Rede stehende Allgemeine Verfügung des Beteiligten zu 2. betrifft keine der in dieser Vorschrift genannten Beispielsfälle für die Mitbestimmung des Personalrats in organisatorischen Angelegenheiten.

Die Antragsteller können sich auch nicht darauf berufen, dass die in § 66 BremPersVG aufgeführten Einzeltatbestände nur Beispielsfälle organisatorischer Angelegenheiten darstellen und das Gesetz von der in § 52 normierten Allzuständigkeit des Personalrats ausgeht. Nach § 52 BremPersVG hat der Personalrat die Aufgabe, für alle in der Dienststelle weisungsgebundenen tätigen Bediensteten in allen sozialen, personellen und organisatorischen Angelegenheiten gleichberechtigt gemäß den Bestimmungen der §§ 58 bis 62 mitzubestimmen. Gleichwohl bedeutet die Vorschrift nicht, dass der Personalrat an jeder sozialen, personellen oder organisatorischen Tätigkeit der Dienststelle mitzubestimmen hat. Dass dem Personalrat zustehende umfassende Mitbestimmungsrecht nach § 52 BremPersVG unterliegt vielmehr rechtlichen Einschränkungen, die sich teils aus der gemäß § 94 BPersVG für die Länder geltenden Rahmenvorschrift des § 104 BPersVG, teils aber auch aus dem Zusammenhang der Mitbestimmungsvorschriften des BremPersVG selbst ergeben (so ausdrücklich schon BVerwG, B. v. 17.07.1987 - 6 P 13.85).

Nach § 58 BremPersVG setzt die Mitbestimmung voraus, dass eine der Mitbestimmung des Personalrats unterliegende Maßnahme beabsichtigt ist, wobei eine Maßnahme im Sinne der Vorschrift diejenige Tätigkeit der Dienststelle ist, die den Rechtsstand der Bediensteten oder den eines einzelnen Bediensteten berührt und bloß vorbereitende Tätigkeiten, die nicht bereits eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme festlegen oder beeinflussen, die Voraussetzungen nicht erfüllen, die der Begriff der Maßnahme i.S.d. § 58 Abs. 1 BremPersVG verlangt (BVerwG, B. v. 10.01.1983 - 6 P 11.80).

Eine weitere Eingrenzung erfährt die umfassende Mitbestimmung aus § 52 BremPersVG aus den beispielhaft aufgezählten Mitbestimmungstatbeständen des Gesetzes, denen aus verfassungsrechtlichen Gründen die Bedeutung zukommt, dass sie die Richtung der möglichen Gegenstände der Beschlussfassung erkennen lassen, (BVerfGE 9, 268/289).

Hierbei geht es nicht nur darum, die innerdienstlichen von den außerdienstlichen, die Allgemeinheit berührenden Angelegenheiten abzugrenzen. Den ausdrücklich geregelten Beispielstatbeständen muss vielmehr der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, dass andere (organisatorische) Maßnahmen des Dienststellenleiters der Mitbestimmung des Personalrats nur dann unterliegen sollen, wenn sie in ihren Auswirkungen auf die Dienststelle und die Beschäftigten den geregelten Maßnahmen in etwa gleichkommen (vgl. BVerwG, a. a. O.).

Insoweit sind auch die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 24.05.1995 - 2 BvR 1/92 - NVwZ 96, 574, zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Personalvertretung zu beachten (ergangen zum Mitbestimmungsgesetz des Landes Schleswig-Holstein). Die Schutzzweckgrenze verbietet eine Generalklausel und gebietet jede Beteiligung an bestimmte, genau umrissene Tatbestände zu binden. Dem trägt das Bremische Personalvertretungsgesetz Rechnung durch die dort ausdrücklich normierten Beispielsfälle. Weitere Tatbestände sind nur in engen Grenzen mitbestimmungspflichtig, nämlich wenn sie durch die umrissenen Beispielsfälle vorgegeben sind.

Die Allgemeine Verfügung des Beteiligten zu 2. enthält keine Maßnahmen i.S.d. § 58 BremPersVG, legt sie auch nicht schon mehr oder weniger fest und ist daher auch nicht mitbestimmungspflichtig.

Eine Maßnahme im Sinne des Personalvertretungsrechts muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahmen müssen die Beschäftigungsverhältnisse oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (vgl. BVerwG, B. v. 28.03.2001 - 6 P 4.00 - BVerwGE 114, 103/105; B. v. 14.10.2002 - 6 P 7.01 - Buchholz 250, § 75 BPersVG Nr. 104, Seite 33; B. v. 18.05.2004 - 6 P 13/03 - juris).

Durch die Allgemeine Verfügung vom 28.05.2003 verändern sich der Rechtsstand oder die Arbeitsbedingungen der Bediensteten des Sozialgerichts nicht.

Für das nichtrichterliche Personal bleibt alles so wie bisher, auch die Dienstaufsicht bei der Direktorin des Sozialgerichts.

Für das richterliche Personal wird die Dienstaufsicht nunmehr statt wie bisher von der Direktorin des Sozialgerichts, von der Präsidentin des Landessozialgerichts wahrgenommen.

Es ist nicht erkennbar, inwiefern sich diese Veränderung auf die Arbeits- oder Wirtschaftsbedingungen der am Sozialgericht tätigen Richterinnen und Richter auswirkt. Die Arbeitsabläufe verändern sich da - durch nicht. Weder werden Aufgaben ausgesondert, neu gegründet noch umverteilt.

Die Wahrnehmung der Dienstaufsicht über die Bediensteten des Sozialgerichts begründet sich aus dem öffentlichen Dienstrecht und steht dem Beteiligten zu 2. Kraft Übertragung durch den Senat zu.

Nach § 9 Abs. 2 SGG wird die für die Allgemeine Dienstaufsicht und die sonstigen Geschäfte zuständige Stelle durch Landesrecht bestimmt. Nach Art. 118 Abs. 2 BremLV ist der Senat Dienstvorgesetzter aller im Dienste der Freien Hansestadt Bremen stehenden Personen. Er kann nach Art. 118 Abs. 3 BremLV seine Befugnisse als Dienstvorgesetzter ganz oder teilweise übertragen. Dies hat er für die Bediensteten des Sozialgerichts getan mit der Verordnung über die Dienstaufsicht in der Sozialgerichtsbarkeit vom 15. August 1972 (SammBremR 33-a-2) indem er dort bestimmt hat, dass der Senator für Justiz und Verfassung die der Landesregierung nach § 9 Abs. 3 SGG zustehenden Befugnisse wahrnimmt, womit der Senat dem Senator für Justiz und Verfassung zugleich die Befugnis einräumte, die Dienstaufsicht weiter zu delegieren auf die Direktorin des Sozialgerichts oder die Präsidentin des Landessozialgerichts entsprechend der in Bezug genommenen früheren Fassung des § 9 Abs. 3 SGG (vgl. zu deren Inhalt Lüdtke, Sozialgerichtsgesetz, Handkommentar, 2. Auflage, § 9 Rn 4). Von dieser Ermächtigung zur Delegation der Dienstaufsichtsbefugnisse wiederum hat der Senator für Justiz und Verfassung durch die Allgemeine Verfügung vom 28.05.2003 Gebrauch gemacht. Darin liegt keine personalvertretungsrechtliche Maßnahme des Beteiligten zu 2., die der Mitbestimmung nach § 58 Abs. 1 BremPersVG unterliegt, sondern eine Weiterübertragung seiner dienstrechtlicher Befugnisse auf die Präsidentin des Landessozialgerichts.

c)

Die Frage, ob das Mitbestimmungsverfahren nach § 58 Abs. 1 S. 1 BremPersVG nach dem Prinzip der Partnerschaft zwischen Personalrat und Dienststelle bei Entscheidungen anderer Stellen vom Leiter der dem Personalrat zugeordneten Dienststelle durchgeführt wird (so die bisherige Rechtsprechung der bremischen Verwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts) oder von der zur Entscheidung befugten Stelle (so das Verwaltungsgericht in seinem angegriffenen Beschluss) ist nach allem nicht entscheidungserheblich. Die von den Antragstellern angeregte Vorlage an den bremischen Staatsgerichtshof nach Art. 142 BremLV kommt nicht in Betracht. Der vorliegende Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Fragen der Unvereinbarkeit einer Vorschrift des BremPersVG mit Art. 47 der bremischen Landesverfassung auf.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 BremPersVG i. V. m. § 92 Abs. 1 und § 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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