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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 03.02.2009
Aktenzeichen: P A 496/08.PVL
Rechtsgebiete: BremBG, BremPersVG


Vorschriften:

BremBG § 93e Abs. 2 Satz 1
BremPersVG § 52 Abs. 1 Satz 1
BremPersVG § 53 Abs. 3 Satz 1
BremPersVG § 54 Abs. 3 Satz 1
BremPersVG § 58 Abs. 1
BremPersVG § 63 Abs. 1
BremPersVG § 65 Abs. 1
Der Leiter der Dienststelle ist nicht berechtigt, die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats zur Ernennung einer Beamtin auf Probe zur Beamtin auf Lebenszeit unter Anrechnung von Dienstzeiten bei einem anderen Dienstherrn als unbeachtlich anzusehen, wenn der Personalrat die Verweigerung damit begründet, ihm sei die für seine Entscheidung erforderliche Beurteilung der Beamtin nicht vorgelegt worden.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: P A 496/08.PVL

In der Personalvertretungssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - Fachsenat für Personalvertretungssachen - durch

den Richter Göbel, den ehrenamtlichen Richter Baumgart, die ehrenamtliche Richterin Buhr und die ehrenamtlichen Richter Disselhoff und Esters

am 03.02.2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen - Fachkammer für Personalvertretungssachen - vom 05.09.2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Beteiligte streiten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes darüber, ob eine Beamtin auf Probe ohne Zustimmung des Personalrats zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt werden darf.

Die Beamtin ist seit dem 01.08.2006 als Senatsrätin auf Probe (A 16) bei der Beteiligten beschäftigt und mit der Leitung eines Referats betraut. Sie war zuvor u.a Leitende Gesamtschuldirektorin in einem anderen Bundesland und Kirchenrätin als Kirchenbeamtin auf Lebenszeit.

Die Beteiligte bat den Antragsteller am 14.07.2008 um Zustimmung zur Ernennung der Beamtin zur Senatsrätin auf Lebenszeit. Dabei nahm sie Bezug auf eine bereits früher übermittelte "Bewährungsfeststellung", die von der zuständigen Abteilungsleiterin verfasst worden war. Danach hatte sich die Beamtin "insgesamt" in der Erfüllung ihrer Aufgaben bewährt. Ferner war dem Personalrat bereits früher mündlich mitgeteilt worden, dass die Beamtin eine dienstliche Beurteilung mit der Note " 3 - entspricht voll den Anforderungen" erhalten hatte.

Der Antragsteller teilte der Beteiligten mit Schreiben vom 22.07.2008 mit, allein aufgrund der "Bewährungsfeststellung" könne er keine sachgerechte Entscheidung treffen. Sie enthalte keine Aussage zum Führungsverhalten der Beamtin. Er erwarte die Vorlage einer Beurteilung, die den Anforderungen der Bremischen Beurteilungsverordnung entspreche, damit er über den Antrag entscheiden könne. Mit einem weiteren Schreiben vom 25.07.2008 erneuerte er sein Verlangen. Die dienstliche Beurteilung sei für ihn auch deshalb wichtig, weil die Probezeit durch Anrechnung von Vordienstzeiten verkürzt werden solle. Er bat um Fristverlängerung für die beantragte Zustimmung um eine Woche; "hilfsweise" stimme er dem Antrag nicht zu.

Mit Schreiben vom 11.08.2008 erklärte die Beteiligte, die Beurteilung der Beamtin gehöre nicht zu den Unterlagen, die für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers erforderlich seien. Außerdem habe die Beamtin der Einsichtnahme des Antragstellers in die Beurteilung nicht zugestimmt. Die Beteiligte bitte nunmehr um Entscheidung bis zum 14.08.2008; sollte der Antragsteller die Zustimmung wegen der Nichtvorlage der Beurteilung ablehnen, werde sie eine derart begründete Nichtzustimmung als unbeachtlich ansehen und die Ernennung der Beamtin durch den Senat beschließen lassen.

Der Antragsteller ließ die Beteiligte daraufhin mit Schreiben vom 14.08.2008 wissen, er habe seinen Beschluss, der Ernennung nicht zuzustimmen, noch einmal bestätigt. Die Beteiligte antwortete mit Schreiben vom 15.08.2008, da die Verweigerung der Zustimmung unbeachtlich sei, werde sie jetzt die Ernennung der Beamtin auf Lebenszeit vom Senat beschließen lassen.

Der Antragsteller hat daraufhin am 22.08.2008 einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht beantragt. Er hat vorgetragen:

Er bestreite nicht, dass die Beurteilung der Beamtin allein dem Dienstherrn obliege. Er habe aber das Recht zur Prüfung, ob die Dienststellenleitung dabei die anzuwendenden Begriffe oder den gesetzlichen Rahmen ihres Handelns verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt angenommen, allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt habe, um daraus eventuell Versagungsgründe ableiten zu können. Dazu sei die Vorlage der Beurteilung erforderlich. Auf keinen Fall sei die Beteiligte aber berechtigt, die Verweigerung der Zustimmung unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach unzureichende Begründung als unbeachtlich anzusehen. An die Begründung dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Die Beteiligte sei deshalb gehalten, das Mitbestimmungsverfahren durch Einleitung des Schlichtungs- und Einigungsstellenverfahrens fortzuführen.

Der Antragsteller hat beantragt, im Rahmen einer einstweiligen Verfügung vorläufig festzustellen, dass die Ernennung der Senatsrätin auf Probe zur Beamtin auf Lebenszeit im Amt einer Senatsrätin (BesGr A 16) ohne weitere Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens mit dem Antragsteller dessen Mitbestimmungsrechte verletzt.

Die Beteiligte hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Die Vorlage der dienstlichen Beurteilung sei nicht erforderlich. Der Kenntnis ihres Inhalts bedürfe es nicht. Der Antragsteller habe kein Recht, die Feststellung der Bewährung durch den Dienstherrn anzuzweifeln. Die Vorlage der Beurteilung gegen den Willen der Beamtin könne im Übrigen deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen, das seinen Niederschlag auch in den Vorschriften des Bremischen Beamtengesetzes über Auskünfte aus den Personalakten an Dritte gefunden habe.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss des Vorsitzenden der Fachkammer für Personalvertretungssachen vom 05.09.2008 die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss (Bl. 30-34 GA) Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte innerhalb der gesetzlichen Frist Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie fristgerecht vor:

Die Mitbestimmung des Antragstellers beschränke sich bei der Ernennung von Beamten auf Lebenszeit auf die Prüfung, ob die Beamtin das 27. Lebensjahr vollendet habe, ob die allgemeinen Ernennungsvoraussetzungen vorlägen und ob der Dienstherr die Bewährung festgestellt habe. Letzteres sei dem Antragsteller mitgeteilt worden; damit sei er ausreichend informiert gewesen. Da der Antragsteller bei der Feststellung der Bewährung selbst weder ein Mitbestimmungs- noch ein Überprüfungsrecht habe, könne er auch keine Begründung dieser Feststellung, etwa durch Offenlegung der Beurteilung, verlangen. Die Beurteilung dürfe im Übrigen auch nicht vorgelegt werden, da sie materiell Gegenstand der Personalakten sei und die Beamtin der Vorlage nicht zugestimmt habe. Da der Antragsteller die wesentlichen Informationen erhalten habe, habe er die Zustimmung nicht wegen mangelhafter Information verweigern dürfen. Habe er sich gleichwohl nicht ausreichend informiert gefühlt, habe ihn das nicht zur Ablehnung der Maßnahme berechtigt; er habe vielmehr eine Erörterung verlangen müssen. Da er der Zustimmung aus Gründen verweigert habe, die sich nicht auf die personelle Maßnahme bezögen hätten, müsse die Zustimmung als erteilt gelten.

Die Beteiligte beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bremen vom 05.09.2008 den Antrag abzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend vor: Es gehe nicht um die Vorlage der Personalakte, sondern allein um die Vorlage der anlassbezogenen Beurteilung. In Rechtsprechung und Literatur bestehe Einigkeit darüber, dass der Dienststellenleiter berechtigt ist, Auskünfte aus der Personalakte auch ohne Zustimmung der Beamtin zu erteilen, wenn diese Informationen für die Beschlussfassung des Personalrats objektiv geboten erschienen und unter Beachtung der Interessen der Beamtin vertretbar seien. Dem Antragsteller sei keineswegs untersagt, die Beurteilung - selbstverständlich unter Beachtung des Beurteilungsermessens und der Einschätzungsprärogative des Dienstherrn - zu überprüfen. Das Recht auf Vorlage der Beurteilung und deren Überprüfung sei hier umso bedeutsamer, als die Beamtin nicht nach Ablauf der regulären Probezeit, sondern vorzeitig unter Abkürzung der Probezeit ernannt werden solle. Eine Erörterung mit der Dienststelle könne der Personalrat verlangen, er müsse dies aber nicht.

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene einstweilige Verfügung zu Recht erlassen.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde fehlt es nicht an einem Verfügungsanspruch für die getroffen Feststellung. Die Ernennung der Beamtin auf Probe zur Beamtin auf Lebenszeit verletzt das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers, solange das Mitbestimmungsverfahren nicht fortgesetzt und die vom Antragsteller verweigerte Zustimmung ersetzt worden ist.

1.

Die Ernennung der Beamtin auf Probe zur Beamtin auf Lebenszeit unterliegt, wie auch die Beteiligte nicht bestreitet, der Mitbestimmung des Antragstellers. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 BremPersVG hat der Personalrat die Aufgabe, in allen personellen Angelegenheiten der in der Dienststelle weisungsgebunden tätigen Personen mitzubestimmen. Wie sich aus § 65 Abs. 1 Buchstabe a) BremPersVG ergibt, erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht insbesondere auch auf die Einstellung, Anstellung und Beförderung von Beamten. Zwar gilt dieses Recht nur, soweit eine gesetzliche Regelung nicht besteht (§ 65 Abs. 1 i. V. m. § 63 Abs. 1 BremPersVG). Diese Einschränkung steht aber einer Mitbestimmung an normvollziehenden Maßnahmen nicht entgegen. Bei personellen Maßnahmen kommt sie nur dann zum Tragen, wenn ein Sachverhalt unmittelbar, ohne dass es weiterer Ausführungsakte bedarf, durch das Gesetz selbst geregelt ist. Das gilt auch dann, wenn das Gesetz der Dienststelle keinen Ermessensspielraum beim Vollzug des Gesetzes einräumt. Auch in diesen Fällen besteht das Mitbestimmungsrecht als eine zusätzliche Kontrolle der Richtigkeit der Entscheidung der Dienststelle (vgl. für den entsprechenden Vorbehalt einer tariflichen Regelung bei der korrigierenden Höhergruppierung: BVerwG, Beschl. v. 13.02.1976 - VII P 24.75 - , LS in Buchholz 238.33 § 58 BremPersVG Nr. 1, vollständig in juris).

Der Antragsteller hat die Zustimmung zu der Ernennung innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen unter Angabe von Gründen verweigert. Die Verweigerung genügt den formellen Anforderungen des § 58 Abs. 1 Sätze 2 und 4 BremPersVG.

2.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten ist die Verweigerung der Zustimmung des Antragstellers nicht unbeachtlich.

a)

Das Bremische Personalvertretungsgesetz enthält keinen Katalog von Gründen, auf die das Recht des Personalrats, die Zustimmung zu verweigern, beschränkt wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, ist die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats aber auch ohne gesetzliche Bestimmung von Verweigerungsgründen unbeachtlich, wenn die von dem Personalrat angegebenen Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung liegen. Eine derart unbeachtliche Zustimmungsverweigerung kann insbesondere nicht die Verpflichtung der Dienststelle begründen, das Verfahren vor der Schlichtungs- und Einigungsverfahren einzuleiten. Vielmehr gilt die beabsichtigte Maßnahme in diesen Fällen nach Ablauf der gesetzlichen Frist als gebilligt. Daraus folgt, dass der Personalrat die Zustimmung zu der personellen Maßnahme grundsätzlich aus jedem sachlichen Grund verweigern darf, der nicht offensichtlich außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes liegt (BVerwG, Beschl. v. 06.09.1995 - 6 P 41.93 - BVerwGE 99, 201 <203> = NVwZ 1997, 76).

An die Offensichtlichkeit sind dabei strenge Maßstäbe anzulegen. Das Merkmal der Offensichtlichkeit soll sicherstellen, dass sich der Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens durch die Leitung der Dienststelle trotz rechtzeitiger Verweigerung der Zustimmung des Personalrats auf Fälle beschränkt, in denen der Personalrat seine durch den jeweiligen Mitbestimmungstatbestand begrenzten Kompetenzen eindeutig überschreitet (BVerwG, Beschl. v. 30.04.2001 - 6 P 9.00 - Buchholz 251.2 § 87 Bln PersVG Nr. 6). Eine weitergehende Überprüfung der Ablehnungsgründe steht der Leitung der Dienststelle nicht zu. Eine dem Einigungsverfahren vorgeschaltete Vorprüfungskompetenz der Leitung der Dienststelle, die die Schlüssigkeit der angeführten Verweigerungsgründe zum Gegenstand hätte, wäre mit dem Grundsatz der gleichberechtigten Mitbestimmung des Personalrats (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BremPersVG) nicht zu vereinbaren und daher systemwidrig. Die Verweigerung der Zustimmung ist - auch darin folgt der Senat dem Bundesverwaltungsgericht - daher nur dann unbeachtlich, wenn ein Verweigerungsgrund von vornherein und eindeutig nicht vorliegen kann, weil er nach keiner vertretbaren Betrachtungsweise als möglich erscheint (stRspr, vgl. z. B. Beschl. v. 07.12.1994 - 6 P 35.92 - Buchholz 251.8 § 80 RhPfPersVG Nr. 10; zuletzt Beschl. v. 15.11.2006 - 6 P 1.06 - BVerwGE 127, 142 <155> = NVwZ 2007, 472 <474>).

b)

Die Antragstellerin hat die Zustimmung zu der Ernennung hier aus einem sachlichen Grund verweigert, der nicht offensichtlich außerhalb des Mitbestimmungstatbestands liegt.

Nach § 53 Abs. 3 Satz 1 BremPersVG hat der Personalrat die Aufgabe, darüber zu wachen, dass alle in der Dienststelle tätigen Personen nach Recht und Billigkeit behandelt werden. Dieser Überwachungsauftrag greift auch bei Maßnahmen, durch die eine Bedienstete begünstigt wird. Im Interesse aller Bediensteten muss auch verhindert werden, dass durch eine mehr oder minder wohlwollende Beurteilung im Rahmen von Maßnahmen einzelne Bedienstete bevorzugt, andere hingegen benachteiligt werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in dem bereits zitierten Beschluss vom 13.12.1976 zur Mitbestimmung bei einer korrigierenden Höhergruppierung nach dem BremPersVG entschieden, und für die Mitbestimmung bei einer Ernennung einer Beamtin auf Probe zum Beamtin auf Lebenszeit unter Anrechnung von Dienstzeiten bei einem anderen Dienstherrn gilt nichts anderes:

Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 der Bremischen Laufbahnverordnung (BremLVO) beträgt die Probezeit bei Beamten des höheren Dienstes drei Jahre. Entsprechende Dienstzeiten bei einem anderen Dienstherrn im öffentlichen Dienst sollen, entsprechende Dienstzeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes können bis zu einem Umfang von höchstens zwei Jahren angerechnet werden (§ 6 Abs. 3 Satz 3 BremLVO).

Der Personalrat hat darauf zu achten, dass die Anrechnung solcher Dienstzeiten nach einheitlichen Maßstäben, das heißt ohne Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Bediensteter erfolgt.

Grundlage für die Entscheidung über die Ernennung auf Lebenszeit bildet die dienstliche Beurteilung der Beamtin. Das ergibt sich nicht nur aus der allgemeinen Regel des § 4 Abs. 1 Satz 2 der Bremischen Beurteilungsverordnung (BremBeurtV), sondern auch aus § 8 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 BremBeurtV. Danach gehört zu den besonderen Anlässen, aus denen die Beamtin zu beurteilen ist, weil es die dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse erfordern, auch das Ende der laufbahnrechtlichen Probezeit.

Ist aber die anlassbezogene dienstliche Beurteilung der Beamtin die wesentliche Grundlage für das Ob und Wann ihrer Ernennung auf Lebenszeit, ist es nicht sachfremd, wenn der Personalrat vor seiner Zustimmung zur Ernennung Kenntnis von dieser Entscheidungsgrundlage begehrt. Jedenfalls dann, wenn eine Ernennung auf Lebenszeit vor Ablauf der nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BremLV vorgesehenen Probezeit erfolgen soll, bewegt sich der Personalrat nicht offensichtlich außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes, wenn er sich nicht mit der Gesamtnote als Endergebnis der Beurteilung begnügt, sondern Kenntnis von der vollständigen dienstlichen Beurteilung zu haben wünscht. Mit ihrer Hilfe kann er feststellen, ob die Beamtin nicht nur im arithmetischen Durchschnitt befriedigende Leistungen erzielt, sondern sich hinsichtlich aller relevanten Leistungsmerkmale bewährt hat.

c)

Entgegen der Auffassung der Beteiligten bestehen keine rechtlichen Hinderungsgründe, dem Antragsteller die vollständige Beurteilung der Beamtin zur Kenntnis zu geben.

Ein solches Hindernis ergibt sich insbesondere nicht, wie die Beteiligte meint, aus § 93 e Abs. 2 Satz 1 BremBG. Danach dürfen Auskünfte aus den Personalakten an Dritte nur mit Einwilligung der Beamtin gegeben werden. Wenn und soweit der Personalrat an einer personellen Maßnahme zu beteiligen ist, ist er nicht "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift (für die entsprechende Vorschrift des Bundesrechts: BVerwG, Beschl. v. 26.01.1994 - 6 P 21.92 - BVerwGE 95, 73 <80> = NVwZ 1995, 91 <93>). Die beamtenrechtlichen Einschränkungen werden insoweit durch die Spezialregelungen des Personalvertretungsgesetzes überlagert. Danach sind dem Personalrat die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 54 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 BremPersVG).

Eine Einschränkung enthält das Gesetz lediglich insoweit, als Personalakten dem Personalrat nur mit Zustimmung der Bediensteten vorgelegt werden dürfen (§ 54 Abs. 3 Satz 4 BremPersVG). Die Beurteilung ist zwar Bestandteil der Personalakte im materiellen Sinn (§ 93a Abs. 1 Satz 2 BremBG). Gleichwohl ist zweifelhaft, ob § 54 Abs. 3 Satz 4 BremPersVG ihrer Vorlage an den Personalrat entgegensteht. Gegen eine Erstreckung der Vorschrift auch auf die Vorlage einer einzelnen Beurteilung könnte eine systematische Erwägung sprechen, die sich aus einem Vergleich mit anderen Personalvertretungsgesetzen ergibt. Sowohl das Bundespersonalvertretungsgesetz als auch die Personalvertretungsgesetze vieler Länder schließen nämlich an eine dem § 54 Abs. 3 Satz 4 BremPersVG entsprechende Regelung für die Personalakten eine besondere Regelung für dienstliche Beurteilungen an (vgl. z. B. § 68 Abs. 2 Satz 3 und 4 BPersVG). Das spricht dafür, dass personalvertretungsrechtlich zwischen der Vorlage der Personalakten allgemein und der Vorlage von Beurteilungen differenziert werden soll: Obwohl dienstliche Beurteilungen Bestandteil der Personalakten sind, gilt für sie eine Sonderreglung (vgl. Gräfl, in: Richardi/Dörner/Weber, Bundespersonalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, Rn 107 zu § 68). Das Fehlen einer solchen Sonderregelung für Beurteilungen in § 54 Abs. 3 BremPersVG muss dann nicht zwangsläufig bedeuten, dass die für die Vorlage von Personalakten geltende Einschränkung unverändert auch für Vorlage von Beurteilungen gelten soll. Es könnte vielmehr auch so zu verstehen sein, dass eine Einschränkung für die Vorlage von Beurteilungen gerade nicht getroffen werden soll. Das bedarf hier indes keiner Entscheidung, denn § 54 Abs. 3 Satz 4 BremPersVG steht jedenfalls der Vorlage der Beurteilung aus anderen Gründen nicht entgegen:

Wie das Bundesverwaltungsgericht in dem zitierten Beschluss vom 26.01.1994 zu § 68 Abs. 2 Satz 3 und 4 BPersVG entschieden hat, betreffen beide Regelungen nur die vollständige Einsicht in Personalakten und Beurteilungen; sie sind nicht, auch nicht entsprechend, anzuwenden, soweit es um einzelne Informationen und Auskünfte geht, die teilweise mit den Inhalten der Personalakten und Beurteilungen übereinstimmen. Soweit solche Informationen für den Schutz der Persönlichkeit der Bediensteten relevant sind, ist zu prüfen, ob sie für die Erfüllung der Aufgaben und die Wahrnehmung der Befugnisse des Personalrats unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich sind und ob dem Schutzinteresse der Bediensteten bei der Form der Vorlage (Überlassung, vorübergehende Aushändigung oder bloße Einsichtnahme) Rechnung zu tragen ist (BVerwGE 95, 73 <81> = NVwZ 1995, 91 <92>).

Ist die Erforderlichkeit der begehrten Information nicht offensichtlich zu verneinen, macht der Antragsteller vielmehr zumindest sachlich vertretbare Gründe für sein Informationsbegehren geltend, kann das Mitbestimmungsverfahren, wie dargelegt, nicht durch einseitige Entscheidung der Beteiligten beendet werden. Hält die Beteiligte daran fest, dem Personalrat die begehrte Information vorzuenthalten, muss sie hinnehmen, dass der Antragsteller deshalb seine Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme verweigert, und das Schlichtungs- und Einigungsverfahren einleiten. Es ist dann ihre Sache, die Schlichtungs- oder Einigungsstelle davon zu überzeugen, dass die Zustimmung des Antragstellers zur Ernennung der Beamtin auf Lebenszeit auch ohne Kenntnis der Beurteilung ersetzt werden soll. Gelingt ihr dies nicht, verbleibt ihr die Möglichkeit, eine Entscheidung des Senats nach § 61 Abs. 4 Satz 3 BremPersVG herbeizuführen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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