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Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 04.07.2007
Aktenzeichen: S1 B 235/07
Rechtsgebiete: SGB II, SGB VIII
Vorschriften:
SGB II § 21 Abs. 3 Nr. 1 | |
SGB VIII § 33 | |
SGB VIII § 39 Abs. 1 |
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss
OVG: S1 B 235/07
In dem Rechtsstreit
hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat für Sozialgerichtssachen - durch die Richter Stauch, Göbel und Alexy am 04.07.2007 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - 3. Kammer für Sozialgerichtssachen - vom 18.05.2007 wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren sind erstattungsfähig.
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin T. Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Gründe:
Die Beteiligten streiten darüber, ob für die alleinstehende Antragstellerin, die zwei Pflegekinder erzieht und dafür ein Pflegegeld nach §§ 33, 39 SGB VIII erhält, der Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II anzuerkennen ist. Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zur darlehensweisen Zahlung eines entsprechenden Zuschlags auf den Regelsatz verpflichtet. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene einstweilige Anordnung zu Recht erlassen. Die Antragstellerin kann verlangen, dass in ihrem Falle der Mehrbedarf für Alleinerziehende anerkannt wird.
Gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II ist für Personen, die mit einem Kind unter 7 Jahren oder zwei und mehr Kindern unter 16 Jahren zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ein Mehrbedarf i. H. v. 36 % der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgeblichen Regelsätze anzuerkennen. Der Gesetzgeber gesteht diesen Mehrbedarf zu, weil Alleinerziehende wegen ihrer verringerten Beweglichkeit weniger Gelegenheit zu einem preisbewussten Einkauf haben und zusätzliche Aufwendungen für Kontaktpflege und gelegentliche Dienstleistungen Dritter entstehen (vgl. Kalhorn in: Hauck/Noftz, SGB II § 21 Rn. 18). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend auf diesen Gesetzeszweck hingewiesen.
Der Ansicht der Antragsgegnerin, der Mehrbedarf entfalle, wenn Kinder und Jugendliche bei einer Pflegeperson in Vollzeitpflege leben (§ 33 SGB VIII) und die Pflegeperson dafür einen Ausgleich enthält (§ 39 Abs. 1 SGB VIII), vermag das Oberverwaltungsgericht nicht zu folgen. Leistungen nach § 39 SGB VIII (Unterhaltsleistung und Erziehungsbeitrag) dienen der Deckung des Lebensbedarfs des Kindes in einem umfassenden Sinn und schließen auch seinen erzieherischen Bedarf ein (vgl. LSG Sachsen, B. v. 28.07.2006 - L 3 B 107/06 AS ER -, Rn. 107). Sie werden unabhängig davon gewährt, ob die Pflegeperson alleinerziehend ist oder nicht. Ein Mehrbedarf, der sich für die Pflegeperson dadurch ergibt, dass sie alleinerziehend ist, berücksichtigen sie deshalb nicht. Zwischen den Leistungen nach § 39 Abs. 1 SGB VIII und dem Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II besteht, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, in dieser Hinsicht keine Zweckidentität.
Das bedeutet, dass die Antragstellerin einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II beanspruchen kann. Anderenfalls wäre sie gegenüber Personen, die Vollzeitpflege gemeinsam übernommen haben, benachteiligt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 202 SGG i. V. m. § 114 ZPO.
Ende der Entscheidung
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