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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 14.09.2007
Aktenzeichen: S2 B 305/07
Rechtsgebiete: SGG


Vorschriften:

SGG § 86 Abs. 2 S. 2
Zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung bei der Prüfung von Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: S2 B 305/07

In dem Rechtsstreit

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat für Sozialgerichtssachen - durch Richterin Dreger, Richter Dr. Grundmann und Richter Dr. Bauer am 14.09.2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - 1. Kammer für Sozialgerichtssachen - vom 16.07.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Antragsteller sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller bezogen Leistungen nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 19.06.2007 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.06.2007 auf, weil der Antragsteller zu 1. Einkommen aus einer Abfindung i. H. v. 29.000 € erzielt habe.

Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller Widerspruch ein.

Zugleich beantragten sie beim Verwaltungsgericht - Kammer für Sozialgerichtssachen - den Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die die vorläufige Weiterzahlung der Leistungen sichergestellt werden sollte. Sie führten aus, die Abfindung sei durch Rückzahlung von Schulden verbraucht worden.

Das Verwaltungsgericht - 1. Kammer für Sozialgerichtssachen - hat den Antrag durch Beschluss vom 16.07.2007 abgelehnt.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller Beschwerde eingelegt.

Sie beantragen,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16.07.2007 aufzuheben und den Antragstellern vorläufig weiter Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende in gesetzlicher Höhe zunächst als Darlehen zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hält den Beschluss des Verwaltungsgerichts für zutreffend und verteidigt ihre Entscheidung.

II.

Die Beschwerde bleibt erfolglos.

Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten Regelungsanordnung nach § 86 Abs. 2 S. 2 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Darauf wird verwiesen.

Die Antragsteller haben auch im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht, dass sie hilfebedürftig sind, womit es sowohl an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes als auch eines Anordnungsanspruchs (vgl. § 9 SGB II) fehlt.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Antragsteller zu 1. eine Abfindung i. H. v. 29.000 € erhalten hat. Ausweislich des in den Akten befindlichen Kontoauszuges der Bremer Bank ist dieser Betrag am 10.11.2006 auf dem Konto des Antragstellers zu 1. eingegangen.

Diese Abfindung, über die die Antragsteller die Antragsgegnerin erst im Mai 2007 nach mehrfacher Aufforderung unterrichtet haben, soll nach dem Vorbringen der Antragsteller im Wesentlichen durch Rückzahlung von Schulden an Herrn Cengiz Y. , den Schwager des Antragstellers zu 1. und Bruder der Antragstellerin zu 2., verbraucht worden sein.

Zur Stützung dieses Vortrags haben die Antragsteller zwei mit "Schuldenabkommen" überschriebene Schriftstücke (datiert auf den 07.07.1997 über 25.000 DM und datiert auf den 30.06.2001 über 15.000 DM) vorgelegt sowie eine Bestätigung über die "Rückzahlung der Beträge vom Schuldenabkommen vom 07.07.1997 und 30.06.2001" vom 30.04.2007.

Die vorgelegten Schriftstücke sind nicht geeignet, den behaupteten Verbrauch der Abfindung hinreichend glaubhaft zu machen. Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 24.05.2006 (Az.: B 11a AL 7/05R) ausgeführt, dass bei der Prüfung von Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen der Grundsatz gelte, dass ein Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten, also dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen müsse (unter Hinweis auf BFH, U. v. 07.02.1988 - III R 234/84 -; BFH, B. v. 25.06.2002 - X B 30/01 - , jeweils veröffentlicht in juris). Dem werden die vorgelegten Schriftstücke nicht gerecht.

Ungereimt ist bereits, dass alle drei Schriftstücke nachträglich erstellt wurden und dies auch nicht auf den Schriftstücken vermerkt wurde, sondern erst im Laufe des Verfahrens festgestellt worden ist. Darüber hinaus fehlt es in den "Schuldenabkommen" an den üblichen Vereinbarungen über Zinsen und Laufzeit des Darlehens. Das ruft Zweifel daran hervor, dass rechtlich verbindliche Schuldverpflichtungen begründet werden sollten.

Hinzu kommt, dass die eingereichte Rückzahlungsbestätigung das Datum vom 30.04.2007 trägt. Nach den vorgelegten Kontoauszügen der Bremer Bank wurden 20.000 € bereits am 16.11.2006 vom Konto des Antragstellers zu 1. abgehoben. Wie es zu dieser großen zeitlichen Differenz kommt, wird nicht erklärt.

Auch dass Herr Y. den behaupteten Rückzahlungsbetrag bekommen hat, ist zweifelhaft. Nach dem Vortrag der Antragsteller im Schriftsatz vom 11.07.2007 hat Herr Y. versichert, dass er das vom Antragsteller zu 1. erhaltene Geld sowie angespartes Vermögen für die Eröffnung eines Sparkontos bei der Postbank genutzt hat. Vorgelegt wurde dem Verwaltungsgericht zur Glaubhaftmachung ein auf den Namen des Herrn Y. ausgestellter, nicht unterschriebener Antrag vom 09.01.2007 auf Eröffnung eines Postsparkontos. Ein Nachweis über Einzahlungen ist auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt worden, obgleich bereits das Verwaltungsgericht dies beanstandet hatte.

Soweit die Antragsteller unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B. v. 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -) meinen, sie hätten ihre Möglichkeiten der Glaubhaftmachung erschöpft, bei weiteren Zweifeln seien die Antragsteller zu 1. und 2. persönlich anzuhören oder dem Antrag im Rahmen einer Folgenabwägung zu entsprechen, kann dem nicht gefolgt werden. Es ist nicht zu erkennen, dass die angesprochenen Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags der Antragsteller, die in wesentlichen Teilen schon im verwaltungsgerichtlichen Beschluss angesprochen worden sind (vgl. insbesondere S. 4 des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses) nicht durch einen nachvollziehbaren, detaillierten und vollständigen Vortrag ausgeräumt werden können. Von einer Erschöpfung der Möglichkeiten der Glaubhaftmachung oder unzumutbaren Anforderungen an die Antragsteller kann daher nicht gesprochen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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