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Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 15.09.2004
Aktenzeichen: 1 L 214/02
Rechtsgebiete: GG, KV M-V, KAG M-V


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
KV M-V § 22 Abs. 3 Nr. 11
KAG M-V § 8
1. Der Begriff der öffentlichen Einrichtung bzw. Anlage im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen ist ein rechtlicher. Er wird lediglich insoweit von technischen, d.h. tatsächlichen Gegebenheiten bestimmt, als sich eine vom Ortsgesetzgeber gewählte Umschreibung der öffentlichen Einrichtung dann als rechtsfehlerhaft, weil willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG darstellen kann, wenn technisch selbstständige öffentliche Einrichtungen zu einer rechtlichen öffentlichen Einrichtung zusammengefasst werden, obwohl sie in Arbeitsweise und Wirkung schlechthin nicht vergleichbar sind.

2. Wird bei einer bestehenden Einrichtung ein Teil der Abwasserbeseitigung wieder ausgegliedert, ist lediglich das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG der anzulegende Prüfungsmaßstab. Vor diesem Hintergrund hält im vorliegenden Fall die Organisationsentscheidung des Beklagten, die Anlagen, Anlagenanteile bzw. Anteile der Anlagen, die der Entsorgung des Schmutzwassers eines Großeinleiters dienen, auszugliedern, einer rechtlichen Überprüfung stand.

3. Wenn sich eine ortsgesetzgeberische Entscheidung, für die Entsorgung der Industrieabwässer eines Großeinleiters eine eigenständige (zweite) öffentliche Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung zu schaffen, im Rahmen des ortsgesetzgeberischen Ermessens gehalten hätte, ist es dem Beklagten im Grundsatz auch nicht verwehrt, stattdessen diesen atypischen Sonderfall aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zu regeln.

4. Die Benutzer der öffentlichen Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung können sich in einem solchen Fall nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der öffentlich-rechtliche Vertrag mit einem Dritten, der - rechtlich gesehen - nicht Mitbenutzer der kommunalen Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung ist, rechtsfehlerhaft ist.

5. Zur Aufteilung der Kosten einer Kläranlage, die nur teilweise der öffentlichen Einrichtung dient.

6. Zur Berücksichtigung von Fördermitteln im Rahmen der Kalkulation eines Kanalbaubeitrages.


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 1 L 214/02

Verkündet am: 15.09.2004

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Schmutzwasserbeitrag

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 15. September 2004 in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15. Mai 2002 - 3 A 1139/99 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erhebung eines Schmutzwasserkanalbaubeitrages für das Grundstück der Klägerin P. 50 in S. (Flurstück 13 der Flur 1 in der Gemarkung P. zur Größe von 34.186 m2).

Im Oktober 1997 erstellte der Beklagte eine Beitragskalkulation für die zentrale Schmutz- und Regenwasserbeseitigung.

Die Zweckverbandsversammlung des Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 11. Dezember 1997 sowohl die Satzung über die zentrale Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage vom 11. Dezember 1997 - AS 97 - als auch die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung - ABS 97 -. Die Anschlusssatzung 97 sieht in § 1 Abs. 1 eine Sonderregelung für die Fa. B. GmbH & Co. KG - im Folgenden: Fa. B. - vor.

Durch Bescheid vom 22. Oktober 1998 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Schmutzwasserkanalbaubeitrag für das genannte Grundstück in Höhe von 17.653,03 DM heran. Der Beklagte legte dabei zugrunde, dass das 34.186 m2 große Grundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liege sowie eine beitragsfähige Fläche von 3.901 m2 aufweise, und brachte einen Nutzungsfaktor von 0,25 und einen Beitragssatz von 18,10 DM/m2 zur Anwendung.

Am 23. November 1998 erhob die Klägerin Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass eine tatsächliche Nutzung der öffentlichen Abwasseranlage für sie nicht gegeben sei, da zwischen Haus- und Straßenanschluss eine Entfernung von 35 Metern bei einem Gefalle von nur zirka einem Zentimeter bestehe. Der Straßenkanal hätte tiefer verlegt werden müssen.

Die Zweckverbandsversammlung des Beklagten beschloss in nichtöffentlicher Sitzung am 30. November 1998, eine Sondervereinbarung mit der Fa. B. zu schließen. Ein wesentlicher Inhalt der Vereinbarung sollte sein, dass die Fa. B. 4 Millionen DM für Investitionskosten zahle.

Durch Widerspruchsbescheid vom 27. April 1999 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Es sei zwar unstrittig, dass das Gefalle vom Haus zum Anschlusskanal nur minimal und daher die Einleitung des Schmutzwassers in die öffentliche Abwasseranlage im freien Gefalle nicht ganz unproblematisch sei. Die Herstellung einer Hebeanlage sei aber Obliegenheit des Anschlussberechtigten, d.h. der Klägerin.

Am 27. Mai 1999 hat die Klägerin Klage erhoben und am 28. Dezember 1999 um die Gewährung vorläufigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht.

Bereits am 07. Juli 1999 hat der Beklagte die Sondervereinbarung mit der Fa. B. unterzeichnet. Nach deren § 5 hat die Fa. B. einen Betrag von 4 Millionen DM als Fixkostenvorauszahlung für die Erweiterung der Kläranlage zu leisten.

Durch Beschluss vom 11. September 2000 - 3 B 3127/99 - hat das Verwaltungsgericht den Aussetzungsantrag der Klägerin abgelehnt.

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen:

Die angegriffenen Bescheide seien rechtswidrig, da die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden sei. Gemäß § 4 Abs. 1 ABS 97 entstehe die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die öffentliche Einrichtung angeschlossen werden könne. Ein solcher Anschluss sei vom Grundstück der Klägerin derzeit nicht möglich, da der Beklagte bei der Planung bzw. Verlegung des Anschlusskanals fehlerhaft vorgegangen sei. Das Gefalle vom Haus zum Anschlusskanal sei nicht ausreichend. Es liege eine Fehlplanung bzw. Fehlverlegung vor. Sie - die Klägerin - habe keinen wirtschaftlichen Vorteil, der dem vollen Beitrag entspreche, sondern lediglich einen geringeren bzw. geringen Vorteil.

Die dem Beitragsbescheid zugrunde liegende Satzung sei nichtig, weil der Beklagte einen Teil der beitragspflichtigen Grundstücke aus der Beitragskalkulation herausgenommen habe. Der Beklagte zähle rechtswidrig, d.h. ohne rechtliche Grundlage, gemäß § 1 Abs. 1 AS 97 die Anlagen, Anlagenteile oder Anteile an Anlagen, die der Entsorgung des Schmutzwassers der Fa. B. dienten, nicht zur öffentlichen Einrichtung. Ausweislich der Beitragskalkulation entsorge die Fa. B. in die Kläranlage in S.. Es sei nicht ersichtlich, welches dabei die Kostenanteile an der Kläranlage sein sollten, die nach der Kalkulation abgezogen würden. Bei der Schmutzwasserkalkulation tauche insoweit überhaupt kein Anteil der Fa. B auf.

Eine Abgabenerhebung dürfe nur nach Maßgabe der Gesetze und nicht abweichend von den gesetzlichen Regelungen auf Grund von Vereinbarungen zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner erfolgen. Daher verstoße der mit der Fa. B. geschlossene Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot, was die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge habe. In der Vereinbarung mit der Fa. B. könne auch keine zulässige Ablösungsvereinbarung gesehen werden. Eine solche führe nicht dazu, dass die betreffenden Grundstücke bei der Kalkulation des Beitrages herausfielen. Für die Beitragskalkulation seien Ablösungsvereinbarungen irrelevant. Sowohl auf der Kostenseite als auch auf der Seite der beitragspflichtigen Grundstücke hätte daher die Fa. B. berücksichtigt werden müssen. Insoweit liege ein erheblicher methodischer Fehler bei der Beitragskalkulation vor. Derart schwerwiegende Fehler mache die gesamte Satzung unwirksam.

Der Beklagte habe eine Vielzahl von Kläranlagen zu einer einheitlichen öffentlichen Anlage zusammengezogen. Die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung zu einer rechtlichen Einheit seien wohl nicht gegeben.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 1998 - Az. BB 9600002822 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 1999 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat erwidert: Entgegen der Auffassung der Klägerseite bestehe eine Anschlussmöglichkeit für die Klägerin. Die unstreitig als gering anzusehende Gefällehöhe sei bereits im Oktober 1997 durch ein Nivellement bestätigt und der Klägerin mitgeteilt worden. Aus diesem Grunde habe er - der Beklagte - eine Stellungnahme einer Fachfirma zu der Frage einholen lassen, ob sich der Anschlusskanal an der Grundstücksgrenze tiefer legen lasse. Diese Frage sei verneint worden, weil neben dem Schmutzwasserkanal ein Regenwasserkanal liege, der nicht zur öffentlichen Einrichtung des Beklagten gehöre. Mit der beschriebenen Vorgehensweise habe er - der Beklagte - mit der größtmöglichen Sorgfalt gehandelt. Somit müsse die Klägerin die Anschlussmöglichkeit ggf. durch die Installation einer Hebeanlage wahrnehmen. Der Mehraufwand für die Hebeanlage stehe der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides nicht entgegen.

Bei der kalkulatorischen Ermittlung der künftigen Investitionskosten der Kläranlage S. seien die Investitionen, die der Behandlung der Abwässer der Fa. B. dienten, unberücksichtigt geblieben, gleichermaßen die beitragsfähigen Flächen des Werksgeländes der Fa. B.. Die nicht unerhebliche Kostenbeteiligung der Firma an der Kläranlage sei in einem gesonderten Vertrag geregelt. Dieser sei im Übrigen Voraussetzung für die Gewährung der Fördermittel gewesen.

Es liege in dem ihm - dem Beklagten - zustehenden Organisationsermessen, die technisch selbstständigen Abwasserbeseitigungsanlagen rechtlich zu einer einheitlichen öffentlichen Anlage zusammenzufassen. Die technische Ausgestaltung und die Reinigungsleistung der Kläranlagen seien vergleichbar.

Durch Urteil vom 15. Mai 2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Rechtsgrundlage des Bescheides, der gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V nur auf Grund einer Satzung erlassen werden dürfe, sei die ABS 97 in Verbindung mit der AS 97. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Satzungen bestünden nicht.

Der Umfang der öffentlichen Anlage sei wirksam bestimmt worden. Hierbei stehe dem Satzungsgeber ein weites Organisationsermessen zu, das gerichtlich nur beschränkt überprüfbar sei. Der Beklagte habe nach § 1 Abs. 1 Satz 3 AS 97 den Umfang der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage dahingehend definiert, die der Fa. B. dienenden Anlagen, Anlagenteile und Anteile der Anlage aus der öffentlichen Einrichtung heraus zu nehmen. Diese Regelung sei hinreichend bestimmt und lasse keinen Verstoß gegen die Grenzen des Organisationsermessens erkennen.

Die mit § 1 Abs. 1 Satz 3 AS 97 erfolgte Ausgrenzung der der Entsorgung der Fa. B. dienenden Anlagen, Anlagenteile oder Anteile an Anlagen sei nicht zu beanstanden. Mit den "Anteilen an Anlagen", die ebenfalls nicht zur öffentlichen Einrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 3 AS 97 gehörten, seien, wie der Hinweis auf die Entsorgungsfunktion für die Fa. B. zeige, Auslastungsanteile gemeint.

Die genannte Organisationsentscheidung des Beklagten lasse inhaltliche Fehler nicht erkennen. Zwar handle der Beklagte, auch insoweit er die Behandlung der B.-Abwässer wahrnehme, in Erfüllung der ihm gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 LWaG M-V obliegenden öffentlichen Aufgaben der Abwasserbehandlung. Dies stehe jedoch einer nur beschränkten Widmung der öffentlichen Einrichtung nicht entgegen. Die Frage der Anlagenbildung sei keine technische, sondern eine Rechtsfrage. Es bestünden durchaus sachliche Gründe, die die vom Beklagten getroffene Organisationsentscheidung rechtfertigten.

Rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Beitragssatzung ergäben sich auch nicht im Hinblick auf die Beitragskalkulation. Die Kostenseite der Kalkulation sei nicht zu beanstanden. Die Kammer habe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlung der auf die Fa. B. entfallenden Belastungsanteile fehlerhaft wäre und als Folge davon die aus der Beitragskalkulation ausgenommenen anteiligen Kosten der Entsorgung der Abwässer der Fa. B. zu niedrig angesetzt worden wären. Entsprechendes werde von der Klägerin auch nicht behauptet.

Die vom Beklagten vorgenommene Beitragskalkulation sei auch nicht deshalb methodisch fehlerhaft, weil sie die Höhe des von der Fa. B. gezahlten Betrages und der in der Vergangenheit vereinnahmten Fördermittel nicht ausweise.

Die Einwände der Klägerin gegen die Nichtberücksichtigung der Fa. B. auf der Flächenseite in der Kalkulation griffen ins Leere, weil die Firma - wegen der beschränkten Widmung - nicht an die vorliegend abgerechnete öffentliche Anlage angeschlossen sei.

Ebenfalls nicht zu beanstanden sei, dass der Beklagte eine Vielzahl technisch selbstständiger Abwasseranlagen rechtlich zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung zusammengefasst habe.

Die Anwendung der satzungsrechtlichen Bestimmungen sei rechtsfehlerfrei erfolgt. Das Grundstück der Klägerin habe die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit eines Anschlusses. Dies gelte auch im Hinblick darauf, dass der Einbau einer Hebeanlage notwendig werde.

Die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft sei nicht gehalten, einen neuen Straßenkanal so tief zu verlegen, dass anfallende Abwässer von jedem bestehenden Hausanschluss aus im freien Gefalle abgeleitet werden könnten.

Das Urteil ist der Klägerin am 23. Juli 2002 zugestellt worden. Am 26. Juli 2002 hat die Klägerin die zugelassene Berufung eingelegt und am 20. September 2002 begründet.

Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen im Hinblick auf die Fehlplanung, die den Einbau einer Hebeanlage notwendig mache; sie hält daran fest, dass die ABS 97 unwirksam sei, weil der Beklagte in unzulässiger Weise in § 1 Abs. 1 AS 97 bestimmt habe, dass zur öffentlichen Einrichtung nicht die Anlage, Anlagenteile und Anteile von Anlagen gehörten, die der Entsorgung der Schmutzwasser der Fa. B. dienten (unzulässiger Anlagenbegriff). Daher seien die in § 7 ABS 97 enthaltenen Beitragssätze fehlerhaft kalkuliert.

Ein Organisationsermessen bestehe nicht dahingehend, ein technisch einheitliches - nur insgesamt funktionierendes - System in einzelne Teile aufzuspalten. Es sei rechtlich unzulässig, einen Teil der kommunalen Abwasserbeseitigung durch die Aufspaltung einer technisch einheitlichen Anlage praktisch aus dem Beitragsrecht herauszunehmen. Durch die Aufspaltung habe der Beklagte gegen § 8 Abs. 1 KAG M-V verstoßen, wonach Beiträge zu erheben seien (Beitragserhebungspflicht). Mit der gesetzlichen Verpflichtung zur Erhebung von Beiträgen korrespondiere das gesetzliche Verbot, Investitionskosten der beitragsfähigen Maßnahmen durch vertragliche Vereinbarungen auf Grundstückseigentümer abzuwälzen. Die in der Satzung des Beklagten vorgenommene Aufspaltung der öffentlichen Anlage diene gerade dazu, die Beitragspflicht im vorliegenden Fall für die Fa. B. zu umgehen und eine unzulässige vertragliche Lösung vorzunehmen.

Nach dem bisherigen Vortrag des Beklagten sei unklar, welchen Anteil tatsächlich der Anlagenanteil an der Gesamtanlage habe, der der Fa. B. zuzuordnen sei. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2002 habe der Beklagte ausgeführt, dass im Ergebnis von den Gesamtkosten etwa die Hälfte auf die Industrieabwasseranlage und die andere Hälfte auf die kommunale Abwasseranlage entfielen. Aus der Anlage BB2 gehe hervor, dass der auf 250.000 Einwohnergleichwerte ausgelegten Anlage 143.000 Einwohnergleichwerte Abwasser der Fa. B. und 81.000 Einwohnergleichwerte sonstiges Abwässer zuflössen. Demgegenüber werde in der Anlage BB3 dargestellt, dass der beitragsfähige Aufwand ohne die Fa. B. 69.563.685,35 € sein solle und der beitragsfähige Aufwand der Fa. B. 15.210.933,57 €.

Es sei daher nicht nachvollziehbar, wie eine solche Regelung für die Beitragspflichtigen besonders günstig sein solle. Zudem ergäbe sich aus der Anlage BB6, dass offensichtlich die kommunalen Abwässer auch in einer Kläranlage mit einer Kapazität von 45.000 Einwohnergleichwerten hätten gereinigt werden können (Überdimensionierung der Kläranlage). Der überwiegende Teil der Investitionskosten der Kläranlage dürfte daher der Fa. B. zuzurechnen sein.

Es spreche einiges dafür, dass § 5 des Vertrages des Beklagten mit der Fa. B. als Vorausleistungsvereinbarung auszulegen sei. Diese Auffassung führe dazu, dass die zugrunde gelegte Satzung nichtig sei, da der Beitragssatz nicht ordnungsgemäß kalkuliert worden sei. Die Beitragspflicht der Fa. B. habe zur Folge, dass die beitragsfähige Fläche des Werksgeländes bei der Kalkulation zu berücksichtigen gewesen wäre. Nach Angaben des Beklagten handele es sich dabei um eine Fläche von ca. 80.000 m2 modifizierter Grundstücksfläche. Bei der Ermittlung des Beitragssatzes sei somit ein grundlegender methodischer Fehler aufgetreten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15. Mai 2002 - 3 A 1139/99 - abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 1998 - Az. BB 9600002822 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, die Klage sei bereits unzulässig. Ihr fehle es schon an der Klagebefugnis bzw. am Rechtsschutzinteresse. Durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte werde die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Ausklammerung des Großeinleiters durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag führe zu günstigeren Beiträgen für die Beitragspflichtigen, als dies bei einer Einbeziehung der Fa. B. der Fall gewesen wäre. Daher fehle es der Klägerin bereits an einer Beschwer.

Das Ergebnis werde durch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, wonach die Gerichte - insbesondere bei der Inzidentkontrolle kommunaler Satzungen - die diesbezügliche Prüfung am Rechtsschutzinteresse auszurichten hätten; eine selbstständige Fehlersuche sei ihnen aus Gewaltenteilungsgesichtspunkten verwehrt.

Die Klage sei auch unbegründet. Unzutreffend gehe die Klägerseite davon aus, es handele sich bei der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage nach § 1 Abs. 1 AS 97 und den Anlagen der Fa. B. um ein technisch einheitliches und nur insgesamt funktionierendes Abwasserentsorgungssystem. Vielmehr bestünden die Leitungen der Fa. B. sowie die Einrichtungen der Vorklärung unabhängig von der öffentlichen Einrichtung. Ein Einstellen der Abwasserbeseitigung der Fa. B. hätte keinen Einfluss auf die Abwasserbeseitigung bei den Beitragspflichtigen, sodass von einer Autarkie der Anlage der Fa. B. auszugehen sei.

Er - der Beklagte - habe das ihm zustehende Organisationsermessen, das seine Grenze lediglich im Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG finde, nicht überschritten. Dies gelte sogar für den Fall, dass es sich um ein technisch einheitliches System handele. Es bestehe ein normatives Ermessen des Satzungsgebers bei der Frage, welche Einrichtung er zur öffentlichen Einrichtung widme. Vor diesem Hintergrund sei die Organisationsentscheidung über die rechtliche Einordnung der auf dem Flurstück des Großeinleiters befindlichen Anlagen beziehungsweise Anlagenteile rechtlich nicht zu beanstanden. Die Ausgrenzung der Klärung der Abwässer des Großeinleiters erscheine vor dem Hintergrund des vorliegenden Sachverhalts nicht ermessensfehlerhaft und insoweit einer darüber hinausgehenden Überprüfung nicht zugänglich.

Im Bereich der Vorklärung bestehe ein eindeutiger Zusammenhang der abgrenzbaren Abwässer zu einem bestimmten Einleiter. Im Bereich der Endklärung bestehe immerhin die Möglichkeit einer kalkulatorischen Zuordnung: So könne durchaus eine kalkulatorische Differenzierung dahin vorgenommen werden, dass bestimmte Kostenanteile der Anlage hypothetisch wegzudenken wären, wenn der Großeinleiter B. nicht hinzugekommen wäre. Im Ergebnis könne somit mit Blick auf die Ausübung des Organisationsermessens nicht von der Unzulässigkeit der Ausklammerung ideeller Anlagenanteile ausgegangen werden, da diese sich jedenfalls hinreichend bestimmt zuordnen ließen.

Betrachte man das Klärwerk S. nach Einwohnergleichwerten, so zeige sich bei getrenntem Ausweis der B.-Anteile und der Kommune eine noch deutlichere Abschichtung. Die Ausbaugröße der Kläranlage einschließlich B.-Abwasser-Vorbehandlung betrage zurzeit tatsächlich ca. 225.000 Einwohnergleichwerte. Wenn die Ausbaugröße bestimmt werde, nachdem die B.-Abwässer in den eigens dafür vorgesehenen Anlagen behandelt worden seien und der "eigentlichen Kläranlage" zugeführt würden, beziffere diese sich nur auf 109.000 Einwohnergleichwerte. Beziehe man, was technologisch notwendig sei, funktional die so genannte "Bypass-Wirkung" ein, reduziere sich die tatsächliche Anlagengröße für den öffentlichen Betrieb auf 90.000 Einwohnergleichwerte ohne Bypass. Die Kostenersparnis für den kommunalen Bereich durch den Bypass des B.-Abwassers (Kohlenstoffquelle) belaufe sich auf 300-900 €/Tag je nach eingesetztem Präparat.

Sachliche Gründe trügen die vorliegende Ausübung des Ermessens. Mit der Widmungsbeschränkung sei eine spürbare Entlastung der Beitragspflichtigen einhergegangen, die als sachlicher Grund die Bestimmung der öffentlichen Anlage trage. So hätte der Beitragssatz statt der kalkulierten 22,98 DM (11,75 €) im Falle der Hineinnahme der Anlage der Fa. B. 24,64 DM (12,52 €) betragen. Diese Gegenüberstellung ergäbe demgemäß einen deutlich höheren Beitragssatz pro m2 für die Beitragspflichtigen, wenn die zusätzlichen Kosten bei der Kalkulation Berücksichtigung gefunden hätten.

Auch der Einwand, er - der Beklagte - hätte gegen das Verbot verstoßen, Investitionskosten für beitragsfähige Maßnahmen durch vertragliche Vereinbarung auf den Grundstückseigentümer abzuwälzen, sei unzutreffend. Denn die Beitragsfähigkeit einer Maßnahme setze gerade voraus, dass diese der Herstellung einer öffentlichen Anlage diene; eine solche liege aber in Bezug auf die Einrichtung der Fa. B. gerade nicht vor.

Auch gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Beitragserhebung werde nicht verstoßen. Die Fa. B. habe im Vertrag eine adäquate Gegenleistung erbracht; sie werde auch nicht unzulässig begünstigt, denn der im Falle der Beitragspflicht zu zahlende Abwasserbeitrag für die Werke wäre wesentlich geringer ausgefallen als das im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung festgesetzte Entgelt.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei darüber hinaus von ausschlaggebender Bedeutung gewesen, dass kalkulatorische Mindereinnahmen durch eine mögliche nachträgliche Überkapazität der Kläranlage im Falle eines Standortwechsels von B. hätten entstehen können.

Durch die öffentlich-rechtliche Vereinbarung (§ 9 Abs. 1) habe eine langfristige Bindung des Großeinleiters erreicht werden können, die über die Erhebung von Gebühren und Beiträgen nicht hätte gesichert werden können.

Die Auslegung des Vertrages mit der Firma B. ergebe, dass die Bestimmung des § 5 dahingehend zu verstehen sei, dass ein vorab zu zahlender Betrag habe geleistet werden sollen, welcher so bemessen worden sei, dass das Investitionsvorhaben damit habe durchgeführt werden können. Vergleiche man die Vorausleistung mit einem fiktiv kalkulierten, ggf. noch zu erhebenden Beitrag des Großeinleiters, so müsse zum einen der Teil der Investition abgezogen werden, der überhaupt nicht die öffentliche Anlage betreffe und der als betriebliche Vorkläranlage nicht beitragsrelevant sei. Zudem müssten die Fördermittel in den Blick genommen werden. Hierbei handele es sich auch um eine privatnützige Förderung für die Fa. B.. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Förderbescheid des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 28. Mai 1998, den dazu gehörigen Änderungsbescheiden sowie aus dem diesbezüglichen Verwaltungsverfahren. Die Förderbescheide, denen deutlich der Wille zur Förderung der konkret gewählten Vorgehensweise zu entnehmen sei, seien bestandskräftig.

Der Inhalt der beklagtenseitig vorgelegten Anlage BB3 "Gegenüberstellung höchstzulässiger Beitragssätze mit und ohne B.-Werke" werde verkannt. Diese Anlage weise den beitragsfähigen Aufwand für die öffentliche Einrichtung mit 84.774.618,82 € aus. Dieser Aufwand betreffe die gesamte öffentliche Einrichtung, einschließlich des gesamten Leitungsnetzes aller Kläranlagen sowie aller Grundstücksanschlüsse. Die Gegenseite ziehe fehlerhaft die Schlussfolgerung, der genannte Aufwand beziehe sich nur auf die Kläranlage im engeren Sinne.

Nach Abzug der Zuschüsse ergebe sich ein umlagefähiger Aufwand von insgesamt 53.765.940,64 €.

Von dem gesamten Aufwand seien allein 15.210.933,47 € B. zuzuordnen. Der umlagefähige Aufwand für B. betrage - wiederum nach Förderung - 4.573.280,04 €. Der höchstzulässige Beitragssatz ohne B.-Werke betrage dementsprechend 11,75 €. Hätte man B. sowohl kosten- als auch flächenmäßig in die Kalkulation einbezogen, wäre - wie oben erwähnt - ein höchstzulässiger, für den Beitragszahler ungünstigerer Beitragssatz von 12,52 € entstanden.

Von dem genannten beitragsfähigen Aufwand, nämlich 84.774.618,82 € entfielen nur ca. 30.000.000 € auf die Kläranlage in S.. Nur von diesem relevanten Teilbetrag sei bei der klägerseitig ausgesprochenen Bitte um Mitteilung, in welchem Verhältnis der B.-Anteil zur gesamten Kläranlage stehe, auszugehen. Von diesen zuletztgenannten Teilkosten für die Kläranlage trage B. 50% ausweislich der Anlage BB3. Diese 50% seien aufgeführt in der ersten Zeile unter dem beitragsfähigen Aufwand und betrügen die vorerwähnten 15.210.933,47 €. Davon seien die Zuschüsse abzuziehen gewesen in Höhe von 10.647.653,43 €, sodass ein umlagefähiger Aufwand von 4.563.280,04 € übrig bliebe. Dementsprechend sei auch in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 15. Mai 2002 ausgeführt worden, dass im Ergebnis von den Gesamtkosten (für die Kläranlage) etwa die Hälfte auf die Industrieabwasseranlage entfalle. Insofern sei das von der Gegenseite dargestellte Verhältnis 69.563.685,35 € zu 15.210.933,57 € falsch, da es die gesamte öffentliche Anlage ins Verhältnis zu den Kosten für die Abwasserbeseitigung B. setze.

Allerdings könne bei folgender Hilfsbetrachtung der Klägerseite, wenn man dies im Rahmen des bestehenden Organisationsermessens überhaupt für zulässig hielte, noch die neuerlich versuchte Kritik an der Höhe der Sonderzahlung festgemacht werden. Setze man nämlich - sehr hypothetisch - ohne die notwendige technische Betrachtung der hydraulischen und anderen Schmutzwasserparameter isoliert die Anteile Schmutzwasser in Höhe von 143.000 Einwohnergleichwerten zu 81.000 Einwohnergleichwerten ins Verhältnis, so könnte man zu der Annahme kommen, dass eine Beteiligung von 50% von B. zu niedrig sei. Diese Betrachtung verkenne aber, dass die Auslastung nicht nur frachtmäßig, sondern auch mengenmäßig erfolge, da mengenmäßig B. lediglich ein Viertel der Kläranlage auslaste, sei insgesamt eine Verteilung im gemittelten Verhältnis 50 zu 50 angemessen.

Die Gegenseite meine schließlich, einen Widerspruch darin finden zu können, dass in der Anlage BB6 von einer Kapazität von 45.000 Einwohnergleichwerten statt der tatsächlichen 81.000 Einwohnergleichwerte die Rede gewesen wäre. Die geringere Zahl habe sich aber lediglich auf den Istzustand zum damaligen Zeitpunkt bezogen, ohne weitere noch ausstehende Ansiedlungen für Gewerbe zu berücksichtigen.

Die satzungsrechtlichen Bestimmungen seien auch rechtsfehlerfrei angewendet worden. Er - der Beklagte - habe die störende Regenwasserleitung weder hergestellt, betrieben noch unterhalte er diese. Das Regenwassersystem, das sich vor dem Grundstück der Klägerin befinde, sei Eigentum der Gemeinde. Bei der Herstellung des Schmutzwasserhausanschlusses für das Grundstück der Klägerin sei die Regenwasserleitung als Bestand vorgefunden worden.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat seine Beteiligung am Verfahren erklärt, sich aber in der Sache nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der weiteren Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Greifswald 3 A 756/99 und 3 B 3127/99 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich als zutreffend.

A. Die Klage ist zulässig. Für den Senat stellt sich im Rahmen der Zulässigkeit nicht die Rechtsfrage, ob - wäre die Kalkulation unrichtig - sich bei ordnungsgemäßer Ermittlung des Abgabensatzes ein höherer oder ein niedrigerer höchstzulässiger Beitragssatz ergeben würde. Insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung eines eine Zahlungspflicht begründenden Bescheides auch dann, wenn sich die Kalkulation des Schmutzwasserkanalbaubeitrages deshalb als fehlerhaft erwiese, weil die für die Fa. B. getätigten Investitionen und die Grundstücke der Firma hätten mit eingestellt werden müssen und in Folge dadurch sich der höchstzulässige Beitragssatz sogar erhöhen würde. Wegen der gesetzlichen Regelung in § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V ist zur Ausübung des ortsgesetzgeberischen Ermessens eine fehlerfreie Kalkulation bei dem Beschluss der Zweckverbandsversammlung über die Beitragssatzung erforderlich (ständige Rechtsprechung des Senates; anders zuletzt für das Landesrecht von Sachsen-Anhalt: OVG Magdeburg, Beschluss vom 06. April 2004 - 1 L 433/02 -, DVBl 2004, 1050).

B. Die Klage ist unbegründet; das Verwaltungsgericht hat sie zu Recht abgewiesen.

1. Bedenken an der Wirksamkeit des Ortsrechtes des Beklagten sieht der Senat nicht. Die Beitrags- und Gebührensatzung - Abwasser - des Beklagten - ABS 97 - und die mit ihr korrespondierende Abwasserbeseitigungssatzung - AS 97 - bilden somit eine Rechtsgrundlage für den Erlass des streitigen Heranziehungsbescheides.

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Frage, ob das Ortsrecht des Beklagten sich im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Satz 3 AS 97 als wirksam erweist; diese Vorschrift, die den Begriff der öffentlichen Einrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 KAG M-V definiert, lautet:

Zu den öffentlichen Einrichtungen gehören nicht die Anlagen, Anlagenteile oder Anteile an Anlagen, die der Entsorgung des Schmutzwassers der Firma B.-Werke GmbH & Co. KG S., gelegen auf den Grundstücken Sch.-Straße 37, Flur 5, Flurstücke 167/3 und 167/4, dienen.

a) Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass diese Regelung keinen unzulässigen Anlagenbegriff verwendet. Nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Greifswald ist der Begriff der öffentlichen Einrichtung bzw. Anlage im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen ein rechtlicher. Er wird lediglich insoweit von technischen, d.h. tatsächlichen Gegebenheiten bestimmt, als sich eine vom Ortsgesetzgeber gewählte Umschreibung der öffentlichen Einrichtung dann als rechtsfehlerhaft, weil willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG darstellen kann, wenn technisch selbstständige öffentliche Einrichtungen zu einer rechtlichen öffentlichen Einrichtung zusammengefasst werden, obwohl sie in Arbeitsweise und Wirkung schlechthin nicht vergleichbar sind (so bereits OVG Greifswald, Urteil vom 15. März 1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114; zuletzt OVG Magdeburg, Urteil vom 12. Februar 2004 - 1 K 516/02 -, DVBl 2004, 1050).

Die gerichtliche Kontrolle, ob vom Ortsgesetzgeber ein zulässiger Anlagenbegriff gewählt wird, ist somit auf das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt. Anders gesagt: Dem Ortsgesetzgeber steht ein sehr weites satzungsgeberisches Ermessen bei der Bestimmung der öffentlichen Einrichtung zu. Dieses ist hier nicht verletzt.

Soweit durch den Beklagten verschiedene öffentliche Einrichtungen zu einer rechtlichen Einrichtung zusammengefasst worden sind, ist vonseiten der Klägerin dies nicht substanziell in Zweifel gezogen worden. Der Senat hat daher keine Bedenken, dass der Beklagte - mit Ausnahme der Fa. B. - von einer öffentlichen Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung ausgeht.

Auch bei der Konstellation, dass bei einer bestehenden Einrichtung ein Teil der Abwasserbeseitigung wieder ausgegliedert wird, ist lediglich das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG der anzulegende Prüfungsmaßstab. Vor diesem Hintergrund hält auch die Organisationsentscheidung des Beklagten, die Anlagen, Anlagenanteile bzw. Anteile der Anlagen, die der Entsorgung des Schmutzwassers der Fa. B. dienen, auszugliedern, einer rechtlichen Überprüfung stand. Dies gilt sowohl für den rechtlichen Ansatz im Allgemeinen wie auch für seine Umsetzung im Besonderen. Nach Auswertung der vorliegenden Akten lassen sich sachliche Gesichtspunkte finden, die das Vorgehen des Beklagten bei Abschluss der Vereinbarung mit der Fa. B. und die bereits antizipierte Umsetzung dieses Konzepts in der Abwasserbeseitigungssatzung 97 rechtfertigen.

Es ist ein durchaus sachgerechter Gesichtspunkt - wegen der latent bestehenden Gefahr eines Standortwechsels der Fa. B. - die Refinanzierung der benötigten Anlagen zur Abwasserbeseitigung dieser Firma bereits im Vorfeld durch eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung sicherzustellen. Aus diesem Gesichtspunkt ist die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 3 AS 97 sachlich gerechtfertigt. Daher hat der Beklagte die Kosten für die Fa. B. und ihre Grundstücksflächen unberücksichtigt lassen können.

b) Hiergegen lässt sich im vorliegenden Fall weder einwenden, es liege ein Verstoß gegen die Beitragserhebungspflicht vor, eine unzulässige Begünstigung eines Privaten oder eine unzulässige Flucht ins Privatrecht. Auch ist die vorliegende Konstellation im Hinblick auf die Fa. B. nicht mit einem Sachverhalt vergleichbar, in dem zum Beispiel in einem Entsorgungsgebiet eine (größere) Anzahl von Gewerbebetrieben von einer Beitragserhebung ausgenommen werden soll. Vielmehr ist der vorliegende Sachverhalt dadurch gekennzeichnet, dass er als atypischer Ausnahmefall angesehen werden muss.

Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, ist das Abwasser der Fa. B. von seiner Menge her größer als das Abwasser, das durch die Benutzer der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Beklagten anfällt. Dies gilt auch für den CSB-Bedarf. Bei einer Konstellation wie der vorliegenden hätte sich eine ortsgesetzgeberische Entscheidung, für die Entsorgung der Industrieabwässer der Fa. B. eine eigenständige öffentliche Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung zu schaffen, gleichfalls im Rahmen des ortsgesetzgeberischen Ermessens gehalten. Weil im vorliegenden Fall eine solche zweite öffentliche Einrichtung hätte zulässigerweise geschaffen werden können, ist es dem Beklagten im Grundsatz auch nicht verwehrt, stattdessen diesen Sonderfall aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zu regeln.

Die Benutzer der öffentlichen Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung können sich in einem solchen Fall nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der öffentlich-rechtliche Vertrag mit einem Dritten, der - rechtlich gesehen - nicht Mitbenutzer der kommunalen Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung ist, rechtsfehlerhaft ist. Daher sieht der Senat sich nicht veranlasst, im Einzelnen auf den Inhalt und die Wirksamkeit des mit der Fa. B. geschlossenen Vertrages (Sondervereinbarung) einzugehen.

Nach alledem ist für die Entscheidung des Senates nicht rechtlich erheblich und kann daher offen bleiben, ob es sich bei dem mit der Fa. B. vertraglich vereinbarten Betrag um eine "Vorausleistung" handelt, um eine Ablösung oder wie genau die Zahlung aus dem Vertrag rechtlich einzuordnen ist. Diese Frage stellt sich deshalb nicht, weil eine Beitragserhebungspflicht des Beklagten gegenüber der Fa. B. nicht hat entstehen können, weil diese wegen § 1 Abs. 1 Satz 3 AS 97 nicht beitragspflichtig geworden ist. Daher geht der klägerische Hinweis auf eine Beitragserhebungspflicht insoweit ins Leere.

Auch wenn es für die Entscheidung rechtlich nicht erheblich ist, weist der Senat darauf hin, dass der Rechtsauffassung des Beklagten zu folgen ist, wonach die vertragliche Vereinbarung mit der Fa. B. auf eine adäquate Gegenleistung abzielt. Auch insoweit kann offen bleiben, ob es sich hierbei um eine Ablösung usw. handelt. Eine Nichtigkeit der Regelung drängt sich keineswegs auf. Aber: Selbst wenn der Vertrag zwischen der Fa. B. und dem Beklagten unwirksam wäre, würde das nicht automatisch dazu führen, dass die Fa. B. Beitragspflichtige würde. § 1 Abs. 1 Satz 3 AS 97 steht dem entgegen. Diese Regelung ist selbstständig zu bewerten. Eine Nichtigkeit des Vertrages schlüge nicht automatisch auf die Wirksamkeit der Abwassersatzung durch. Gegebenenfalls könnte und müsste ein neuer Vertrag mit der Fa. B. geschlossen werden. Alternativ könne eine weitere öffentliche Einrichtung geschaffen werden.

c) Soweit die Klägerin vorträgt, die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 3 AS 97 sei deshalb rechtsfehlerhaft, weil eine Trennung der Abwässer der Fa. B. und der kommunalen Abwässer tatsächlich nicht möglich sei, gilt nach Auffassung des Senates Folgendes:

Bezüglich der Vorklärung besteht eine technische Trennung. Im Hinblick auf die Endklärung ist eine tatsächliche Trennung zwar nicht möglich, eine rechtliche Zuordnung aber sehr wohl. Ein solches fiktives Zuordnen von Kosten ist dem Beitragsrecht keineswegs fremd. In den Fällen, in denen z.B. ein Regenwasserkanal sowohl der Grundstücksentwässerung als auch der Straßenentwässerung dient, ist eine fiktive Trennung der Kosten für die Gemeinschaftseinrichtung in der Regel geboten. Auch in seinen Urteilen vom 30. Juni 2004 - 1 L 189/01 und 1 L 240/01 - hat der Senat entschieden, dass eine Trennung der Kosten einer Straße in Betracht kommt, wenn wegen unterschiedlicher Sanierungsgebiete im Sinne der §§ 152, 154 BauGB eine in der Örtlichkeit einheitliche Verkehrsanlage von Rechts wegen in zwei Anlagen zerfällt. Schließlich ist in der Rechtsprechung des OVG Greifswald geklärt, dass auch die Kosten für die Aufbereitung von Klärschlamm, der aus den dezentralen (Klär-)Anlagen der zentralen Kläranlage zugeführt wird, kostenmäßig in der Kalkulation der Beiträge abzusetzen sind. Gleiches gilt für Kosten, die z.B. für das Durchleiten von Abwässern aus Nachbargemeinden in die kommunale Kläranlage entstehen (vgl. insoweit OVG Greifswald, Urteil vom 15. November 2000 - 4 K 8/99 -, ZKF 2001, 160 = KStZ 2001, 174 = LKV 2001, 516 = DÖV 2001, 610 = DVBl 2001, 1376 = Überblick 2001, 249). In gleicher Weise kann (und muss) hier im Hinblick auf eine Aufteilung der Kosten der Kläranlage S. vorgegangen werden, da diese nur teilweise der öffentlichen Einrichtung dient.

d) Die Ermittlung der Beitragssätze ist von der Klägerin lediglich im Hinblick auf die Nichteinbeziehung der Fa. B. und die Zuordnung der Kosten, die von der Fa. B. einerseits und von der Beseitigung des kommunalen Abwassers andererseits verursacht werden, und der Fläche der Fa. B. beanstandet worden. Das Vorgehen des Beklagten ist insoweit von Rechts wegen nicht zu beanstanden; andere Fehler sind in diesem Zusammenhang weder vorgetragen noch sonst für den Senat ersichtlich.

Die Kalkulation vom Oktober 1997 weist "schon um Zuschüsse bereinigte Kosten" aus. Die weitgehende Gleichheit des in der Kalkulation vom Oktober 1997 ermittelten höchstzulässigen Beitragssatzes mit dem, der in der Gegenüberstellung in der Anlage BB3 enthalten ist, legt nahe, dass die Größenordnung der Zuschüsse zutreffend beurteilt worden ist. Daher kann auch dieses nachträglich erstellte, erläuternde Zahlenwert in die rechtliche Bewertung mit einbezogen werden. Im Ergebnis sind erhebliche methodische Fehler der Kostenansätze der Beitragskalkulation von Oktober 1997 für den Senat insoweit nicht erkennbar.

Der Zuwendungsbescheid vom 28. Mai 1998 - und die hierzu ergangenen Ergänzungsbescheide - zielen wesentlich auf die Förderung einer Kläranlage zur Beseitigung der Abwässer der Fa. B. ab. Die Kläranlage als solche hat Investitionskosten von gut 30 Millionen € verursacht. Die Zuwendungssummen beliefen sich zunächst auf ca. 20 Millionen € und letztendlich auf 31.008,678,18 €. Wenn nun der Beklagte davon ausgeht, dass die Kosten für die Erweiterung der Kläranlage zu je 50 % der Fa. B. und der Entsorgung der kommunalen Abwasser anzulasten seien, andererseits aber auch Fördermittel von mehr als 20 Millionen € der öffentlichen Einrichtung zuzurechnen seien, so hat der Beklagte bei der Ermittlung des höchstzulässigen Beitragssatzes eine rechnerische Kostenzuordnung gewählt, die sich noch im Rahmen des ihm zustehenden Bewertungsspielraumes hält. In diesem Zusammenhang wäre sogar eine Berechnung denkbar gewesen, die sich für die Beitragspflichtigen im Ergebnis als noch ungünstiger dargestellt hätte. Da ein wesentliches Förderungsziel gerade gewesen ist, die industriellen Abwässer der Fa. B. schadlos zu entsorgen, hätte gegebenenfalls es auch noch dem ortsgesetzgeberischen Ermessen entsprochen, wenn der Beklagte den auf die Fa. B. entfallenden Anteil als zu 100 % durch die Fördermittelbescheide gefördert angesehen hätte. Daher ist es für den Senat rechtlich nicht entscheidend, ob die Menge des kommunalen Abwassers z.B. nur 47 % im Vergleich zu den Abwässern der Fa. B. ausmacht, die nach der entsprechenden Aufstellung einen Anteil von 53 % erreichen sollen.

Auch das Argument, dass der weitaus überwiegende Teil des CSB-Bedarfes auf die industriellen Abwässer der Fa. B. zurückzuführen sei, führt alleine nicht zu einer anderen Einschätzung. Insoweit ist das technische Gesamtsystem (insbesondere das Bypasssystem) mit in den Blick zu nehmen. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang überzeugend dargelegt, dass dies wiederum auch den Nutzern der kommunalen Anlage zugute kommt.

Der Hinweis der Klägerin darauf, dass die Kläranlage überdimensioniert sei, ist von dem Beklagten mit dem Argument aus dem Feld geschlagen worden, die Zahl von 45.000 Einwohnergleichwerten sei zwischenzeitlich überholt. Dem ist die Klägerseite nicht substanziiert entgegengetreten.

2. Der Beklagte hat das Ortsrecht zutreffend auf den vorliegenden Einzelfall angewandt, sodass sich der streitige Heranziehungsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides als rechtmäßig erweist. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Fall ersichtlich eine Hebeanlage nötig ist. Die Notwendigkeit einer Hebeanlage beruht darauf, dass der Regenwasserkanal, der nicht vom Beklagten betrieben wird, eine dem Beklagten wirtschaftlich zumutbare andersartige Verlegung des Schmutzwasserkanals seinerzeit verhindert hat. Dies geht nicht zulasten des Beklagten. Er ist in einem solchen Fall nicht verpflichtet, mit erheblichem Aufwand den öffentlichen Schmutzwasserkanal tiefer zu verlegen. Vielmehr ist hier die Situationsgebundenheit, in der sich das Grundstück der Klägerin befindet, zu berücksichtigen. Es ist daher Obliegenheit der Klägerin, mittels einer Hebeanlage anzuschließen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 VwGO), liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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