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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 17.05.2004
Aktenzeichen: 2 L 120/03
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 124 a Abs. 1
Zu den Anforderungen an die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht (hier: falsche Rechtsmittelbelehrung)
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

Az.: 2 L 120/03

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Rücknahme der Umzugskostenzusage

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 17. Mai 2004 in Greifswald

durch

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - 1. Kammer - vom 14.03.2003 wird abgelehnt.

Die Berufung wird verworfen.

Die Kosten der 2. Instanz trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die 2. Instanz auf 10.391,26 DM (5.312,97 Euro) festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Verwaltungsakts, durch den eine ihm erteilte Umzugskostenzusage zurückgenommen wurde.

Das Verwaltungsgericht hat die durch Urteil vom 14.03.2003 ausge-sprochene Klageabweisung im Wesentlichen damit begründet, dass die angefochtene Rücknahme rechtmäßig sei. Die Umzugskosten seien dem Kläger rechtswidrig zugesagt worden. Der Umzug des Klägers sei nicht durch die Beendigung seiner Abordnung veranlasst worden, sondern schon früher erfolgt und zwar noch bevor die Zusage erteilt worden sei, so dass der Kläger die Kosten seines Umzugs auch nicht im Vertrauen auf die Zusage veranlasst haben könne.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger mit dem Ziel der Aufhebung der angefochtenen Bescheide Berufung eingelegt und beantragt hilfsweise (für den Fall, dass seiner Auffassung, das Verwaltungsgericht habe die Berufung zugelassen, nicht gefolgt werde), die Berufung zuzulassen.

II.

Die vom Kläger eingelegten Rechtsbehelfe bleiben insgesamt ohne Erfolg.

Der Senat entscheidet zugleich über beide Rechtsbehelfe. Diese Verfahrensweise ist zum einen durch das prozessuale Verhalten des Klägers veranlasst, zum anderen dient es der Rechtssicherheit.

Dem Kläger ist in seiner mit Schriftsatz vom 17.03.2004 anklingenden Auffassung zu folgen, dass der Entscheidung über den Zulassungsantrag ein systematischer Vorrang gegenüber der Entscheidung über die Berufung gebührt. Andererseits hat der Kläger aber den Zulassungsantrag nur als Hilfsantrag gestellt, so dass eine Entscheidung darüber nur in Betracht kommt, wenn das Hauptbegehren, d.h. die Berufung ohne Erfolg bleibt. Die gleichzeitige Entscheidung über beide Begehren dient insoweit der Rechtssicherheit, weil - würde die Berufung anhängig bleiben - unklar sein könnte, ob die in § 124 a Abs. 5 Satz 4 bei Ablehnung des Zulassungsantrags vorgesehene Rechtsfolge (Rechtskraft) tatsächlich eintritt. Außerdem ist es zweckmäßig, über die Berufung mitzuentscheiden, weil - wie die folgenden Ausführungen zeigen werden - im Rahmen der Prüfung des Zulassungsantrags ohnehin die sich für die Berufung stellenden Fragen beantwortet werden.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, da es sich dabei um das einzig hier statthafte Rechtsmittel handelt; der Kläger hat den Antrag auch nicht verspätet gestellt. Der Antrag ist aber in der Sache abzulehnen, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

Der Zulassungsantrag ist im vorliegenden Verfahren statthaft; er geht nicht deshalb ins Leere, weil das Verwaltungsgericht selbst die Berufung bereits zugelassen hätte.

Die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO ist grundsätzlich im Tenor der Entscheidung auszusprechen. Enthält dieser über die Zulassung keine Aussage, bedeutet dies jedenfalls in der Regel, dass die Zulassung nicht erfolgt ist. Ob hiervon Ausnahmen zu machen sind, etwa wenn sich aus den Gründen der Entscheidung zweifelsfrei ergibt, dass ein Zulassungsgrund vorliegt und das Verwaltungsgericht die Berufung tatsächlich zulassen wollte, bedarf hier keiner weiteren Prüfung. Um die Zulassung als erfolgt anzusehen, genügt es jedenfalls nicht, wenn das Urteil lediglich eine Rechtsmittelbelehrung enthält, die besagt, dass gegen die Entscheidung die Berufung gegeben sei (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Auflage, § 132 Rdn. 24; Eyermann, VwGO, 11. Auflage, § 132 Rdn. 20; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 132 Rdn. 32; Bader u.a., VwGO, § 132 Rdn. 3 jeweils mwN.). In diesem Fall fehlt es an der für die Berufungszulassung erforderlichen Eindeutigkeit.

Die Anwendung dieser Maßstäbe führt hier zu dem Ergebnis, dass das Verwaltungsgericht die Berufung nicht zugelassen hat. Außer in der Rechtsmittelbelehrung finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht die Absicht gehabt haben könnte, die Berufung zuzulassen. Auch ein Zulassungsgrund im Sinne von §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4, 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt nicht vor, wie noch auszuführen sein wird. Im Übrigen hat der Einzelrichter, der die Entscheidung getroffen hat, mitgeteilt, dass er eine Zulassung nicht beabsichtigt habe und das Urteil auf Grund eines Versehens mit einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen worden sei (zur Befugnis des Einzelrichters, die Berufung zuzulassen vgl. - verneinend - VGH Mannheim, Beschluss vom 15.10.2003 - 7 S 558/03 -, DÖV 2004, 172 f.).

Die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung führt hier dazu, dass der erst mit Schriftsatz vom 20.06.2003, d.h. drei Monate nach Zustellung des angefochtenen Urteils gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung nicht als verspätet zu bewerten ist. Nach § 58 Abs. 2 VwGO ist die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres nach Zustellung zulässig, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig erteilt ist.

Der Zulassungsantrag bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit sachlichen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Die Zulassung ist dagegen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu versagen, wenn die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel sich ohne weiteres ausräumen lassen. So liegt der Fall hier.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der am 07.05.1993 erfolgte Umzug des Klägers nicht - wie in § 4 Abs. 2 Nr. 1 BUKG vorausgesetzt - durch die Beendigung einer Abordnung veranlasst gewesen sei. Im Zeitpunkt der Beendigung der Abordnung des Klägers (Oktober 1995) sei die Familie bereits umgezogen gewesen. Diese Argumentation vermag der Kläger nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen. Sie basiert allein auf der Anwendung des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BUKG. Der Kläger trägt demgegenüber nicht etwa vor, dass der Umzug nicht bereits mehr als fünf Monate vor Beendigung der Abordnung erfolgt sei. Im Übrigen war die Abordnung ursprünglich sogar für den Zeitraum 01.05.1993 bis 30.04.1998 vorgesehen. Der Kläger selbst hat vorgetragen, er habe sich zwar um eine vorzeitige Aufhebung bemüht, dies sei aber noch im Juni 1995, d.h. zu einer Zeit, als der Umzug bereits erfolgt war, ausdrücklich abgelehnt worden. Damit leuchtet es ohne weiteres ein, wenn das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, der Kläger sei aus "familiären Gründen" umgezogen, zumal der Kläger dies nach dem insoweit nicht angegriffenen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils selbst so angegeben haben soll.

Die Erwägungen zur entsprechenden Anwendung des § 3 Abs. 1 BUKG hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich "darüber hinaus" angestellt. Es handelt sich erkennbar um weitere Gesichtspunkte, die der Erteilung der Umzugskostenzusage nach Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegengestanden haben. Ob dem Verwaltungsgericht auch insoweit zu folgen ist, bleibt ohne Einfluss auf das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis. Es wird allein von den oben wiedergegebenen (Haupt-)Erwägungen getragen.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die beiden anderen vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO) nicht vorliegen. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt ist nicht besonders kompliziert, auf die vom Kläger im Zusammenhang mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 BUKG problematisierten Fragen kommt es nicht an. Außerdem ist höchstrichterlich geklärt, dass die Gewährung der Umzugskostenvergütung regelmäßig nicht eine Zusage vor Durchführung des Umzugs voraussetzt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.12.2002 - 10 B 3.02 -, ZBR 2003, 138). Falls das Verwaltungsgericht hiervon abgewichen sein sollte, beruht seine Entscheidung jedenfalls nicht darauf, so dass auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, auf den der Kläger sich im Übrigen nicht berufen hat, nicht vorliegt.

Die Berufung ist zu verwerfen, weil es an der für die Einlegung erforderlichen Zulassung fehlt. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Die Anwendung dieser Vorschrift ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 13 Abs. 2 GKG einschlägig wäre. Denn der Antrag des Klägers betrifft weder eine bezifferte Geldleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt. Die im Streit befindliche Umzugskostenzusage bzw. deren Rücknahme kommt hier aber in ihrer für § 13 Abs. 1 GKG maßgeblichen wirtschaftlichen Bedeutung einem Verwaltungsakt im Sinne von § 13 Abs. 2 GKG nahe, denn der Kläger hat den Betrag, den er geltend zu machen beabsichtigt, wenn es bei der Umzugskostenzusage bleibt, bereits beziffert. Mit Schriftsatz vom 18.01.2002 hat er angekündigt, Umzugskosten in Höhe von 10.391,26 DM (5.312,97 Euro) geltend machen zu wollen.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil das Urteil des Verwaltungsgerichts mit der Ablehnung des Zulassungsantrags gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.04.1999 - 6 B 8.99 -, NVwZ-RR 1999, 439; Beschluss des Senats vom 01.10.1997 - 2 L 170/97 -, DÖV 1998, Seite 82).

Ende der Entscheidung

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