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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 2 L 126/08
Rechtsgebiete: BGB, VwVfG


Vorschriften:

BGB § 133
VwVfG § 35
Behördenerklärungen sind entsprechend § 133 BGB nach dem sogenannten objektiven Empfängerhorizont auszulegen; dies gilt auch, wenn es darum geht, ob eine behördliche Erklärung als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG oder als einfaches behördliches Handeln, etwa als ein Hinweis, eine Mitteilung, eine Empfangsbestätigung oder eine Information zu bewerten ist.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

2 L 126/08

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Rundfunkgebühren

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 17. Dezember 2008 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 29.04.2008 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 124,32 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Klägerin wendet sich dagegen, Rundfunkgebühren zahlen zu müssen. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage durch Urteil vom 29.04.2008 abgewiesen. Auch der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie denn gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt sind, nicht vor.

Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln an ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers als nicht tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können zwar schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist aber zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne weiteres ausräumen lassen (vgl. Beschl. des Senats v. 22.07.2008 - 2 L 123/05 -, m.w.N.).

Dies zugrunde gelegt, liegen die Voraussetzungen einer Zulassung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung nicht vor.

Sofern die Begründung des Zulassungsantrags bezüglich des erstinstanzlichen Hauptbegehrens der Klägerin so zu verstehen ist, dass das Schreiben der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) vom 15.02.2007 einen die Klägerin begünstigenden Verwaltungsakt in Form eines negativen Gebührenfestsetzungsbescheides (vgl. Seite 9 der Begründung des Zulassungsantrags) beinhalten und das Schreiben der GEZ vom 21.05.2007 als ein die Klägerin belastender Verwaltungsakt anzusehen sein soll, durch den der - vermeintlich - begünstigende Verwaltungsakt zurückgenommen bzw. widerrufen worden sei, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Zutreffend arbeitet die Klägerin allerdings heraus, dass Behördenerklärungen entsprechend § 133 BGB nach dem sogenannten objektiven Empfängerhorizont auszulegen sind (vgl. Urt. des Senats vom 15.06.2005 - 2 L 169/03 -, m.w.N., zit. nach juris; Beschl. des Senats v. 22.05.2008 - 2 M 58/08 -, m.w.N., AuAS 2008, 211). Dies gilt auch, wenn es darum geht, ob eine behördliche Erklärung als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG oder als einfaches behördliches Handeln, etwa als ein Hinweis, eine Mitteilung, eine Empfangsbestätigung oder eine Information zu bewerten ist.

Die Anwendung dieser Maßstäbe führt hier zu dem Ergebnis, dass mit dem Schreiben vom 15.02.2007 kein die Klägerin begünstigender Verwaltungsakt erlassen worden ist. Dafür spricht bereits die äußere Erscheinungsform, nämlich die Bezeichnung als "Abmeldebestätigung", die Verwendung des Begriffs "Informationen" und das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung. Der Inhalt des Schreibens bestätigt diese Bewertung. Offensichtlich handelt es sich, wie auch die Klägerin nicht verkennt (sh. Seite 7 der Begründung des Zulassungsantrags) um einen standardisierten Text, in dem die Klägerin über die Folgen ihrer Abmeldung informiert wird, so u.a. darüber, wann die Gebührenpflicht aufgrund der Abmeldung endete. In der Begründung des Zulassungsantrags heißt es insofern zutreffend, der Klägerin sei "lediglich mitgeteilt" worden, dass "die Gebührenpflicht mit Ablauf des Monats Oktober 2006" ende (sh. Seite 5).

Der Klägerin ist aber auch unabhängig von der rechtlichen Bewertung der "Abmeldebestätigung" nicht in ihrer Auffassung zu folgen, dass das Schriftstück geeignet war, ein Vertrauen darauf zu begründen, dass der Beklagte künftig ihr gegenüber keine Gebühren geltend machen würde. Der von der GEZ im Schreiben vom 15.02.2007 erkennbar zugrunde gelegte Sachverhalt weicht in auffälliger Weise von dem ab, den die Klägerin in ihrem als "Kündigung" bezeichneten Schreiben vom 24.10.2006 mitgeteilt hatte. Darin hatte sie sich lediglich darauf berufen, dass die "GEZ-Kosten" bereits in den "Betriebskosten" ihrer Vermieterin enthalten seien. Dass die Klägerin künftig nicht mehr Rundfunkteilnehmerin sein werde, ergibt sich daraus gerade nicht. Hiervon geht aber das Schreiben der GEZ vom 15.02.2007 offensichtlich aus. Es heißt darin u.a. "Sie melden Ihre Rundfunkgeräte ab... Bitte beachten Sie, dass ohne erneute Anmeldung keine Berechtigung besteht, Geräte bereitzuhalten, die zum Empfang von Rundfunksendungen geeignet sind". Was Rundfunkgeräte sind, wird unter der Überschrift "Wichtige Informationen" näher erläutert. Außerdem findet sich ein besonders hervorgehobener Hinweis auf die Möglichkeit, das unangemeldete Bereithalten von Rundfunkgeräten als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von 1.000,- Euro zu ahnden. Danach hätte es für die Klägerin nahe gelegen, dass bei der GEZ ein Versehen passiert ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Klägerin zutreffend darauf hinweist, dass es in der "Abmeldebestätigung" keine "ausdrückliche Bezugnahme auf das Schreiben der Klägerin vom 24.10.2006" gibt (sh. Seite 8 der Begründung des Zulassungsantrags).

Danach hatte die Klägerin keine Veranlassung, darauf zu vertrauen, dass die GEZ sie künftig weiterhin als Rundfunkteilnehmerin ansehen, sich wegen der fälligen Gebühren aber ausschließlich an ihre Vermieterin halten würde.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die Sache bezüglich des Hauptbegehrens der Klägerin keine besonderen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.

Auch im Hinblick auf den in erster Instanz gestellten Hilfsantrag (Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien) ist die Berufung nicht zuzulassen.

Nach den bereits beschriebenen Maßstäben bietet die Begründung des Zulassungsantrags auch insoweit keine Veranlassung, an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu zweifeln.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung der Klägerin von der Rundfunkgebührenpflicht gemäß § 6 Abs. 3 RGebStV nicht vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann die Rundfunkanstalt unbeschadet der Gebührenbefreiung nach Abs. 1 in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat teilt, führt die bloße Einkommensschwäche als solche nicht mehr zur Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Angesichts des Normzwecks, der in § 6 RGebStV klar zum Ausdruck komme, könne die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheide nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit nicht dadurch umgangen werden, dass einkommenschwache Personen, die keine Sozialhilfe erhielten, weil sie deren Voraussetzungen (noch) nicht erfüllten oder weil sie diese Leistung nicht in Anspruch nehmen wollten, dem Härtefalltatbestand des § 6 Abs. 3 RGebStV zugeordnet werden (BVerwG, Beschl. v. 18.06.2008 - 6 B 1.08 -, zit. nach juris). Hiervon abzuweichen bietet die Begründung des Zulassungsantrags keine Veranlassung. Dies gilt auch für die von der Klägerin zitierte Passage aus der Drucksache 4/1435 des Landtags Mecklenburg-Vorpommern. Aus dieser ergibt sich nicht, dass der Landesgesetzgeber damit einkommenschwachen Personen die Möglichkeit eröffnen wollte, die nach § 6 Abs. 1, 2 RGebStV vorgesehene Bindung an einen Leistungsbescheid zu umgehen. Es kommt lediglich zum Ausdruck, dass die Befreiungsmöglichkeiten in § 6 Abs. 1 RGebStV nicht abschließend geregelt sein sollen, sondern dass "eine vergleichbare Bedürftigkeit" über die Härtefallklausel des § 6 Abs. 3 RGebStV zu berücksichtigen ist. Dass die von § 6 Abs. 1 RGebStV erfassten Fälle identischer Bedürftigkeit ohne den erforderlichen Bescheid nachweisbar sein sollen, ergibt sich daraus dagegen nicht.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist und die hier relevanten Fragen zur Auslegung des § 6 Abs. 3 RGebStV durch die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind, sodass auch eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 52 Abs. 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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