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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 05.03.2004
Aktenzeichen: 2 M 248/03
Rechtsgebiete: LBG M-V, RundfG M-V


Vorschriften:

LBG M-V § 9 Abs. 1
RundfG M-V § 50 Abs. 1
RundfG M-V § 51 Abs. 1 Nr. 7
RundfG M-V § 55 Abs. 1
RundfG M-V § 55 Abs. 2
Zum Konkurrentenrechtsschutz bei der Vergabe der Stelle des Direktors der Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern.

Zur gerichtlichen Überprüfung der Sachkunde eines Bewerbers im Rundfunkwesen.


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

Az.: 2 M 248/03

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Recht der Landesbeamten

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 05. März 2004 in Greifswald

durch beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerden der Antragsgegnerin und des Beigeladenen zu 1. wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin - 1. Kammer - vom 26.11.2003 teilweise geändert.

Der Antrag wird insgesamt abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 33.919,86 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antragsteller wendet sich gegen die beabsichtigte Ernennung des Beigeladenen zu 1. zum Direktor der Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern.

Auf die öffentliche Ausschreibung der mit B 3 besoldeten Stelle gingen 41 Bewerbungen ein, unter denen die vom Landesrundfunkausschuss, dessen Vorsitzende die Antragsgegnerin ist, eingesetzte Findungskommission 11 vorauswählte. Tatsächlich führte der Landesrundfunkausschuss mit 10 Bewerbern, darunter auch der Antragsteller und die Beigeladenen, Vorstellungsgespräche durch. Nach mehreren fehlgeschlagenen Wahlgängen wählte der Landesrundfunkausschuss den Beigeladenen zu 1. Der Antragsteller legte gegen die ihm mündlich eröffnete Ablehnung seiner Bewerbung Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

Durch Beschluss vom 26.11.2003 hat das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin untersagt, vor einer unanfechtbaren Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers den Beigeladenen zu 1. zum Direktor der Landesrundfunkzentrale zu ernennen. In der Begründung heißt es unter anderem, der Beigeladene zu 1. verfüge bei summarischer Prüfung über keine ausreichende Sachkunde im Rundfunkwesen. Soweit sich das Begehren des Antragstellers gegen weitere Mitbewerber - die Beigeladenen zu 2. und 3. - gerichtet hat, ist der Antrag (als unzulässig) abgelehnt worden.

Die von der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen zu 1. eingelegten Beschwerden haben Erfolg. Die Beschwerdebegründungen machen zu Recht geltend, dass das Verwaltungsgericht dem Beigeladenen zu 1. die erforderliche Sachkunde nicht hätte absprechen dürfen. Die erstinstanzliche Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt, aufgrund dessen das Verwaltungsgericht seine Erwägungen angestellt hat: Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RundfG M-V muss der Direktor über "ausreichende Sachkunde im Rundfunkwesen und der Verwaltung verfügen". Dabei handelt es sich um ein Eignungsmerkmal, das sich als Voraussetzung für die Übertragung des Amtes darstellt. Erfüllt ein Bewerber die Voraussetzung nicht, darf er vom Landesrundfunkausschuss nicht gewählt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 7 RundfG M-V) und von dessen Vorsitzendem auch nicht ernannt (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 2 RundfG M-V) werden. Mit der Beschreibung der erforderlichen Sachkunde konkretisiert der Gesetzgeber einen Teilaspekt der persönlichen bzw. fachlichen Eignung, die auch allgemein bei einer Beamtenernennung gegeben sein muss (vgl. § 9 Abs. 1 LBG M-V). Der übergangene Bewerber kann sich im Konkurrentenverfahren darauf berufen, dem ausgewählten Bewerber fehle die erforderliche Eignung.

Die Beachtung der Regelung des § 55 Abs. 1 Satz 1 RundfG M-V obliegt primär dem Landesrundfunkausschuss und der Antragsgegnerin. Ob deren Auffassung, einen bestimmten Bewerber für ausreichend sachkundig zu halten, richtig ist, hat das Verwaltungsgericht nicht umfassend zu prüfen, insbesondere darf es die Sachkunde nicht eigenständig feststellen. Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn bzw. der für ihn handelnden Stellen zu bestimmen, welche konkreten Anforderungen an die Sachkunde eines Bewerbers zu stellen sind. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich im Wesentlichen darauf, ob der Landesrundfunkausschuss bzw. die Antragsgegnerin den Begriff der Sachkunde verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe außer Acht gelassen, von einem falschen Sachverhalt ausgegangen oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. allgemein zu Eignungsüberprüfungen: Beschlüsse des Senats vom 11.07.2001 - 2 M 64/01 - und vom 19.09.2002 - 2 M 45/02 -).

Die gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten könnten allerdings dadurch erschwert sein, dass - wie erwähnt - der Ernennung eine Wahl vorausgeht. Ob sich der Rechtsschutz damit auf die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Wahlverfahrens, worauf auch noch einzugehen sein wird, beschränkt (vgl. zur Richterwahl: OVG Schleswig, Beschluss vom 16.11.1998 - 3 M 50/98 -, NVwZ RR 1999, 420; vgl. zu kommunalen Wahlbeamten: OVG Frankfurt, Beschluss vom 21.03.1996 - 2 B 2/96 -, LKV 1997, 173), kann aber hier offen bleiben, da sich Fehler in dem oben beschriebenen Sinne bei der Bejahung der Sachkunde des Beigeladenen zu 1. nicht feststellen lassen.

Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin bzw. der Landesrundfunkausschuss den Begriff der Sachkunde verkannt hätte. Dass - wie das Verwaltungsgericht besonders hervorgehoben hat - ein Zusammenhang zu den Aufgaben des Direktors (vgl. § 55 Abs. 2 RundfG M-V) besteht, liegt auf der Hand. Danach hat sich die Frage nach der Sachkunde im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 RundfG M-V an allen in § 55 Abs. 2 RundfG M-V genannten Aufgaben zu orientieren. Dies ist ersichtlich im Bewerbungsverfahren nicht übersehen worden. Der Fragenkatalog, der den Vorstellungsgesprächen zugrunde lag, befasst sich in mehreren Punkten hiermit, unter anderem geht es um die "Ausgestaltung" der Direktorenstelle und deren "Verantwortungsbereich", aber auch direkt um die Eignung der Bewerber. Zusätzlich wird noch nach deren Wissen "zu den dualen Strukturen des Rundfunks in Deutschland und den Besonderheiten des Rundfunkgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern" gefragt. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang lediglich, dass der Gesetzgeber die Entscheidungsfreiheit der für die Vergabe des Amts zuständigen Stellen ersichtlich nicht allzu stark begrenzen wollte. Er verlangt nur "ausreichende Sachkunde", nicht etwa "berufliche Erfahrung" oder gar "hervorragende Bewährung". Ersichtlich sollte der Bewerberkreis für dieses besondere Amt möglichst groß gehalten werden. So muss - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - der Bewerber auch nicht die Befähigung zum Richteramt besitzen. Dass der Beigeladene zu 1. nicht Volljurist, sondern (u. a.) promovierter Sozialwissenschaftler ist, steht daher der Bejahung seiner Sachkunde nicht entgegen. Wie dargelegt bezieht sich die Sachkunde jedenfalls auch auf die "Verwaltung". Dass der Beigeladene zu 1., der etliche Jahre hervorgehobene Ämter im höheren Verwaltungsdienst inne hatte, über ausreichende Sachkunde in der Verwaltung verfügt, kann ohnehin nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden.

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Landesrundfunkausschuss die Sachkunde der Bewerber im Rundfunkwesen nicht nur anhand der Aktenlage, sondern auch aufgrund von Vorstellungsgesprächen festgestellt hat. Zum einen ist es ein übliches und anerkanntes Verfahren bei der Besetzung von Spitzenämtern, dass sich die für die Entscheidung zuständigen Stellen einen eigenen Eindruck von der persönlichen und fachlichen Eignung der Bewerber verschaffen. Zum anderen war bei der besonderen Eigenart der hier zu vergebenden Stelle auch nicht allgemein zu erwarten, dass besonders aussagekräftige schriftliche Unterlagen über die Sachkunde im Rundfunkwesen präsentiert werden könnten. Etwas anderes mag für solche Bewerber gelten, die - wie der Antragsteller - bereits bei einer Landesrundfunkzentrale tätig waren. Eine derart einschlägige Berufserfahrung hat der Gesetzgeber - wie bereits gesagt - aber nicht vorausgesetzt. Außerdem sieht § 18 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung der Landesrundfunkzentrale (im Folgenden: HS) ausdrücklich die "Anhörung" vor der Wahl vor.

Dass der Landesrundfunkausschuss oder die Antragsgegnerin bei der Beurteilung der Sachkunde des Beigeladenen zu 1. einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt hätte, lässt sich nicht feststellen. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene zu 1. (schriftlich oder mündlich) falsche Angaben gemacht und so die entscheidenden Stellen über seine Sachkunde getäuscht hätte. Dem Antragsteller mag zwar allgemein in seiner Einschätzung, journalistische Tätigkeit vermittle nicht notwendiger Weise ausreichende Kenntnisse im Rundfunkwesen, zu folgen sein. Dass Berufserfahrung als Journalist die ausreichende Sachkunde nicht vermitteln kann, lässt sich daraus aber gerade nicht ableiten. Es widerspricht auch nicht allgemeinen Bewertungsgrundsätzen oder Denkgesetzen, wenn der Landesrundfunkausschuss bzw. die Antragsgegnerin nach der Anhörung des Beigeladenen zu 1. zu dem Ergebnis gelangt ist, dass dieser sich - sei es durch seine Ausbildung, seine beruflichen Tätigkeiten oder wie auch immer sonst - die erforderliche Sachkunde verschafft hat.

Dass der Beigeladene zu 1. dem Antragsteller vorgezogen worden ist, hält ebenfalls der gerichtlichen Überprüfung stand.

Die Auswahl unter mehreren Bewerbern liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende vergleichende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein (prognostischer) Akt wertender Erkenntnis. Die gerichtliche Nachprüfung von Personalauswahlentscheidung ist inhaltlich darauf beschränkt, die Einhaltung ihrer Grenzen zu kontrollieren, insbesondere darauf, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn bleibt es überlassen, welchen (sachlichen) Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst bzw. ob er den Kreis der Bewerber aus sachlichen Gründen einengt (vgl. Beschluss des Senats vom 23.07.2002 - 2 M 15/02 -, NVwZ-RR 2003, 577, mwN.).

Die Überprüfung der vorliegenden Auswahlentscheidung nach diesen Maßstäben führt zu dem Ergebnis, dass ein Rechtsfehler nicht festzustellen ist. Entscheidend für die Auswahl war der persönliche Eindruck, den die Bewerber bei ihrer Anhörung durch den Landesrundfunkausschuss gemacht haben. Dafür, dass die daraus resultierende (Wahl-)Entscheidung fehlerhaft im Sinne der beschränkten gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten gewesen wäre, finden sich keine Anhaltspunkte. Auf die obigen Ausführungen zur Eignung des Beigeladenen zu 1. kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Auch zu diesem Punkt kann danach offen bleiben, ob die gerichtliche Kontrolle deshalb noch weiter eingeschränkt ist, weil die Auswahlentscheidung durch eine Wahl getroffen worden ist.

Die vom Antragsteller am Wahlverfahren geübte Kritik führt nicht zu einer für ihn günstigeren Entscheidung.

Er kann sich zunächst nicht darauf berufen, dass die Findungskommission die Bewerbung des Beigeladenen zu 1. im Gegensatz zu zahlreichen anderen Bewerbungen zugelassen hat. Eine den Antragsteller belastende Entscheidung der Findungskommission wäre möglicherweise anzunehmen gewesen, wenn er selbst die Vorauswahl nicht überstanden hätte; so liegt der Fall aber - wie ausgeführt - nicht. Im Übrigen kann nach den obigen Ausführungen keine Rede davon sein, dass die Bewerbung des Beigeladenen zu 1. etwa wegen offenbarer Ungeeignetheit des Bewerbers aussichtslos gewesen wäre.

Der Landesrundfunkausschuss hat auch nicht gegen den Grundsatz der geheimen Wahl (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 HS) verstoßen, indem er bei der Wahl nicht alle, sondern nur einige der persönlich angehörten Bewerber zur Abstimmung gestellt hat.

Die Geheimhaltungsregelung dient nicht - wie der Antragsteller meint - dem Schutz des einzelnen Mitglieds des Landesrundfunkausschusses davor, dass die anderen Mitglieder erfahren, welchem Bewerber es den Vorzug gibt. Dies folgt bereits daraus, dass vor der Wahl eine "Aussprache" stattzufinden hat (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 5 HS). Sinn einer solchen Aussprache ist es offensichtlich, dass in dem Gremium die Anhörung ausgewertet wird, das heißt, es soll darüber beraten werden, welcher Bewerber gewählt werden soll. Eine solche Aussprache ist kaum anders sinnvoll vorstellbar, als dass die Mitglieder des Landesrundfunkausschusses einander offenlegen, wem sie aus welchen Gründen den Vorzug geben wollen. Bei dieser Beratung in Personalangelegenheiten ist allerdings die Öffentlichkeit auszuschließen (vgl. § 10 Abs. 5 Nr. 1 HS). Der Schutzzweck der Geheimhaltungsregelung des § 18 Abs. 1 Satz 1 HS besteht vielmehr in der Entscheidungsfreiheit der Mitglieder nach außen hin. Sie sollen nicht gegenüber der Öffentlichkeit oder den Organisationen, die sie für den Landesrundfunkausschuss benannt haben (vgl. § 50 Abs. 1 RundfG M-V) unter Rechtfertigungsdruck geraten. Zumindest auch diesem Zweck dient die Regelung des § 5 Abs. 1 HS, wonach die Mitglieder des Landesrundfunkausschusses in vertraulichen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu wahren haben. Sollte dagegen verstoßen worden sein, indem in diesem Verfahren offen gelegt worden ist, welche Bewerber wieviele (und auch welche keine) Stimmen erhalten haben, so wäre dies gleichwohl unbeachtlich, da die Auswahlentscheidung, um die es hier nur geht, darauf nicht beruhen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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