Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 27.12.2005
Aktenzeichen: 3 M 81/05
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 65 Abs. 2
VwGO § 146 Abs. 1
Die Alleinerbin eines vor Anhängigkeit des Rechtsstreits Verstorbenen, der in Unkenntnis seines Todes vom Verwaltungsgericht beigeladen wird, ist nicht nach § 146 Abs. 1 VwGO beschwerdebefugt.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

Az.: 3 M 81/05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 27. Dezember 2005 in Greifswald durch

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 3.750, 00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten des erstinstanzlichen Verfahrens streiten um die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung.

Der Antragsgegner erteilte am 03.03.2004 dem Beigeladenen, Herrn H., eine Baugenehmigung. Der Beigeladene starb am 31.03.2004 und wurde nach Angaben der Beschwerdeführerin von ihr als Alleinerbin beerbt. Der Antragsteller legte am 13.04.2004 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein, den der Antragsgegner mit Bescheid vom 22.11.2004 zurückwies. Dagegen erhob der Antragsteller am 22.12.2004 Klage. Am 17.02.2005 suchte der Antragsteller um vorläufigen gerichtlichen Rechtschutz nach. Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsteller mit der Eingangsbestätigung mitgeteilt, mit einer Entscheidung sei solange nicht zu rechnen, wie dem Gericht der notwendig beizuladende Nachbarbauherr nicht bekannt sei. Daraufhin hat der Antragsteller dem Gericht mitgeteilt, dass es sich bei dem Bauherrn um Herrn H. handele. Das Verwaltungsgericht hat am 05.04.2005 die Beiladung des Herrn H. beschlossen. Dieser Beschluss ist am 19.04.2005 durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt worden. Am 02.06.2005 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Baugenehmigung angeordnet. Dieser Beschluss ist dem Beigeladenen Herrn H. ausweislich der Zustellungsurkunde am 07.06.2005 persönlich übergeben worden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Frau H.. Zur Begründung führt sie an, sie sei Alleinerbin des Herrn H.. Zum Beleg fügt sie Grundbuchauszüge bei, aus denen sich ergibt, dass sie aufgrund eines Erbscheins des Amtsgerichts W. vom 07.06.2004 als Eigentümerin des vorher im Eigentum des H. stehenden Grundstücks eingetragen ist. Weiter begründet sie ihre Beschwerde damit, das Verwaltungsgericht habe die falsche Person beigeladen, da der Beigeladene vor Anhängigkeit des Eilrechtsschutzverfahrens verstorben sei. Näher ausgeführt wird die aus Sicht der Beschwerdeführerin vorliegende Fehlerhaftigkeit des Beschlusses in der Sache.

Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 01.07.2005 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde hingewiesen. Die Beteiligten des Beschwerdeverfahrens haben zu der aufgeworfenen Rechtsfrage Stellung genommen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Gerichtsakten VG Schwerin 2 A 3358/04 und 2 B 897/03 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdeführerin ist als am erstinstanzlichen Verfahren nicht Beteiligte und als sonst von der Entscheidung nicht Betroffene nicht befugt, ein Rechtsmittel einzulegen.

Gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu (§ 146 Abs. 1 VwGO). Beide Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdeführerin nicht.

Die Beschwerdeführerin ist im erstinstanzlichen Verfahren nicht beigeladen worden. Dies ergibt sich aus dem Beiladungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 05.04.2005, der nur Herrn H. nennt. Die Beiladung des Herrn H. kann auch nicht als rechtlich unschädliche falsa demonstratio im Wege der Rubrumsberichtigung als Beiladung der Beschwerdeführerin verstanden werden. Dem Verwaltungsgericht war nur Herr H. bekannt. Er war vom Antragsteller als Bauherr benannt worden, nachdem das Verwaltungsgericht den Antragsteller aufgefordert hatte, den beizuladenden Nachbarbauherrn zu benennen. Ersichtlich wollte das Verwaltungsgericht den Bauherrn beiladen. Das Verwaltungsgericht hatte keine Kenntnis vom Tod des Bauherrn und noch weniger Kenntnis von der Rechtsnachfolge im Wege der Alleinerbfolge. Aus dem gleichen Grund ist eine Auslegung des Beiladungsbeschlusses dahingehend, dass die Beschwerdeführerin gemeint gewesen sei, ausgeschlossen.

Ist die Beiladung der Beschwerdeführerin unterblieben, gehört sie nicht zum Kreis der Verfahrensbeteiligten und erfüllt damit nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 146 Abs. 1 1. Alternative VwGO. Sie ist auch nicht im Wege der Erbfolge in eine Rechtsposition eingerückt, die bis zu seinem Versterben Herrn H. zustand. An der Alleinerbenstellung der Beschwerdeführerin ernsthaft zu zweifeln hat der Senat keinen Anlass. Die entsprechende Behauptung der Beschwerdeführerin ist zwar nicht durch einen Erbschein belegt, wohl aber durch den vorgelegten Auszug aus dem Grundbuch. Dass ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 07.06.2005 der Beigeladene lebend angetroffen wurde, hält der Senat hingegen für einen Irrtum. Es fehlt allerdings an einer Rechtsposition, die Herr H. an die Beschwerdeführerin hätte vererben können. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Beiladung des Herrn H. ist unwirksam, da dieser im Zeitpunkt der Beiladung bereits verstorben war. Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind nach § 61 Nr. 1 VwGO natürliche Personen. Zu diesen gehören Tote nicht (mehr). Die Beiladung bewirkt allenfalls den Rechtsschein, dass der Verstorbene Verfahrensbeteiligter sei. Dieser Rechtsschein löst aber keine Beschwer aus, die Voraussetzung der zulässigen Einlegung eines Rechtsmittels ist, weil die unwirksame Beiladung nicht die Wirkung hat, dass der unwirksam Beigeladene durch die Entscheidung in seinen Rechten berührt werden kann (vgl. zum Fall der unzulässigen Beiladung BVerwG, U. v. 16.09.1989 - 8 C 1.81 und 8 C 2.81, DVBl. 1982, 73 m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).

Die Beschwerdeführerin ist auch nicht als sonst von der Entscheidung Betroffene beschwerdebefugt. Zu diesem Kreis der Beschwerdebefugten gehören nicht beigeladene Personen nicht, weil sie von der Entscheidung nicht betroffen werden; ihnen gegenüber entfaltet der Beschluss keine Wirkung (VGH Mannheim, B. v. 13.09.1984 - 5 S 2049/84, NVwZ 1986, 141; Meyer-Ladewig/Rudisile in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 146 Rn. 4 mit Fußnote 35; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 65 Rn. 81).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück