Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 21.05.2003
Aktenzeichen: 4 K 18/02
Rechtsgebiete: VwGO, SchulG M-V


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1
SchulG M-V § 46 Abs. 2
1. Ein Schulträger ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wenn er geltend macht, in seinem sich aus § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V ergebenden subjektiven Recht als Schulträger durch eine Einzugsbereichssatzung verletzt zu sein.

2. Zur Frage der inhaltlichen Bestimmtheit einer Einzugsbereichssatzung. Wird der Einzugsbereich einer Schule von einer bestimmten Schülerzahl abhängig gemacht, ist die Angabe eines Stichtages in der Einzugsbereichssatzung unerlässlich.


wegen Normenkontrolle - Schulrecht (Einzugsbereichssatzung) -

hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung am 14. Mai 2003,

verkündet am 21. Mai 2003 in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

§ 2 der Satzung des Antragsgegners über die Festlegung von Schuleinzugsbereichen für Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen im Landkreis R. in der Fassung der 4. Änderung vom 03. April 2002 (Bekanntmachungen im Amtsblatt des Antragsgegners vom 08. Mai 2002 und 07. Oktober 2002) wird insoweit für nichtig erklärt, als im Anhang der Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule G. "die Haupt- und Realschüler der Klassenstufe 5 der Stadt P. und aller Ortsteile der Stadt falls weniger als 22 Schüler" und der Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule der Stadt P. "die Klassenstufe 5 bei mindestens 22 Schülern" umfasst.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit der Satzung des Antragsgegners über die Festlegung von Schuleinzugsbereichen für Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen im Landkreis R. in der Fassung der am 01. August 2002 in Kraft getretenen 4. Änderungssatzung vom 03. April 2002, soweit die Einzugsbereiche für die Klassenstufe 5 für die Stadt P. und alle Ortsteile der Stadt für das Schuljahr 2002/2003 geändert wurden.

Die Antragstellerin ist Schulträgerin der verbundenen Haupt- und Realschule bzw. Regionalschule (§ 143 Abs. 6 SchulG M-V i.d.F. des 6. ÄndG vom 17.06.2002, GVOBl. 394) in P. Der Kreistag des Antragsgegners beschloss in seinen Sitzungen vom 06. Dezember 2001 (Beschluss KT 258-17./01) und vom 07. März 2002 (Beschluss KT 296-19./02) den Schulentwicklungsplan für die Schuljahre 2001 - 2006 mit einer Prognose bis 2015 (Teil Allgemeinbildende Schulen). In dem Schulentwicklungsplan heißt es unter 3.2 "Veränderungen der Schulstandorte und Änderungen der Einzugsbereiche zum Ende des Prognosezeitraumes im Jahr 2015":

"3.2.3.Stadt P.: - Im Sekundärbereich I werden die Haupt- und Realschüler der Stadt P. dem Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule des Amtes G. zugeordnet, die dadurch eine Zweizügigkeit erreicht."

Mit Bescheid vom 25. März 2002 genehmigte das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur M-V den Schulentwicklungsplan des Kreises R. mit Auflagen. Ziff. 8 dieses Bescheides lautet:

"Die verbundenen Haupt- und Realschulen P. und S. sollen im Planungszeitraum auslaufen. Nach den vorliegenden Schülerzahlen könnte die Mindestschülerzahl von 22 jedoch bereits früher als vorgesehen unterschritten werden. In diesem Fall ist eine rechtzeitige Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes erforderlich."

In seiner Sitzung vom 07. März 2002 beschloss der Kreistag des Antragsgegners die 4. Änderungssatzung zur Satzung des Landkreises R. über die Festlegung von Schuleinzugsbereichen für Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen im Landkreis R. Nach deren Art. 2 wurde der Anhang der Satzung über die Festlegung von Schuleinzugsbereichen vom 19. März 1998 u.a. wie folgt geändert:

"- Amt G., Verbundene Haupt- und Realschule G., G.:

Einzugsbereiche... Haupt- und Realschüler der Klassenstufe 5 der Stadt P. und aller Ortsteile der Stadt falls weniger als 22 Schüler. Stadt P., Verbundenen Haupt- und Realschule P., Einzugsbereiche: Haupt- und Realschüler der Stadt P. und aller Ortsteile der Stadt (Klassenstufen 6-10 sowie Klassenstufe 5 bei mindestens 22 Schülern) . ..."

Vor der Beschlussfassung durch den Kreistag war die Antragstellerin zu der beabsichtigten Satzungsänderung gehört worden. Das staatliche Schulamt Gr. genehmigte die 4. Änderungssatzung unter dem 20. März 2002. Die 4. Änderungssatzung wurde im Amtsblatt des Antragsgegners vom 08. Mai 2002 bekannt gemacht.

Der Kreistag des Antragsgegners beschloss am 13. Juni 2002 eine 5. Änderung der Einzugsbereichssatzung, die am 07. Oktober 2002 im Amtsblatt des Landkreises R. bekannt gemacht wurde.

Die verbundenen Haupt- und Realschulen in P. und G. blieben hiervon unberührt.

Bereits am 06. August 2002 hat die Antragstellerin sowohl einen Normenkontrollantrag gegen den genannten Schulentwicklungsplan als auch gegen die 4. Änderungssatzung des Antragsgegners gestellt. Der Schulentwicklungsplan ist nach Trennung der Verfahren mit Beschluss vom 10. Februar 2003 Streitgegenstand des Verfahrens 4 K 9/03; der dortige Antrag wurde mit Urteil vom 07.05.2003 abgelehnt. Der von der Antragstellerin ebenfalls gestellte Normenkontrollantrag gegen die Verordnung über die Schulentwicklungsplanung in Mecklenburg-Vorpommern vom 04.10.2000 und die Erste Verordnung zur Änderung der Schulentwicklungsplanungsverordnung vom 18.02.2003 (4 K 30/02) wurde gleichfalls mit Urteil vom 07.05.2003 abgelehnt.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die angegriffene Änderungssatzung zur Einzugsbereichssatzung gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoße. Aus der Formulierung "falls weniger als 22 Schüler" sei für Schüler und Eltern nicht ersichtlich, unter welchen Voraussetzungen die Schüler in welche Schule eingeschult werden müssten. Zum einen sei nicht nachvollziehbar, wie viele Real- und Hauptschüler notwendig seien, um den Einzugsbereich der Klassenstufe 5 der Antragstellerin und aller Ortsteile zu definieren. Zum anderen sei nicht klar, in welchem zeitlichen Rahmen 22 Schüler zur Verfügung stehen müssten, um den Einzugsbereich entweder der verbundenen Haupt- und Realschule des Amtes G. oder der verbundenen Haupt- und Realschule in P. festzulegen.

Darüber hinaus sei die 4. Änderungssatzung von der Rechtsgrundlage des § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V nicht erfasst. § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V sehe die Sicherung einer angemessenen Unterrichtsversorgung und einer gleichmäßigen Auslastung der Schulen vor. Hiergegen verstoße die 4. Änderungssatzung. Zum Tatbestandsmerkmal der angemessenen Unterrichtsversorgung habe der Antragsgegner nicht beachtet, dass sie - die Antragstellerin - derzeit einen beispielhaften Versuch unternehme, die Unterrichtsversorgung in der verbundenen Haupt- und Realschule wesentlich zu verbessern.

Ferner sei eine gleichmäßige Auslastung der Schulen nach § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V durch die Änderungssatzung nicht gewährleistet. Die Änderung der Einzugsbereiche führe in dem Fall, dass sich keine 22 Schüler an der verbundenen Haupt- und Realschule P. anmelden, zu einer besseren Auslastung der verbundenen Haupt- und Realschule des Amtes G. Es werde mit der Änderungssatzung also ermöglicht, die verbundene Haupt- und Realschule des Amtes G. nicht mehr einzügig, sondern zweizügig zu gestalten. Ziel des § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V sei es aber nicht, wirtschaftlich ein effizienteres Schulsystem zu schaffen.

Darüber hinaus führe die Änderung der bisherigen Einzugsbereiche zu einer faktischen Schließung der verbundenen Haupt- und Realschule in P.

Die Antragstellerin beantragt,

§ 2 der Satzung des Antragsgegners über die Festlegung von Schuleinzugsbereichen für Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen im Landkreis R. in der Fassung der 4. Änderung vom 03. April 2002 (Bekanntmachungen im Amtsblatt des Antragsgegners vom 08. Mai 2002 und 07. Oktober 2002) insoweit für nichtig zu erklären, als im Anhang der Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule G. "die Haupt- und Realschüler der Klassenstufe 5 der Stadt P. und aller Ortsteile der Stadt falls weniger als 22 Schüler" und der Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule der Stadt P. "die Klassenstufe 5 bei mindestens 22 Schülern" umfasst.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hält den Normenkontrollantrag für unzulässig, da die Antragstellerin nicht antragsbefugt sei. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin als Schulträgerin komme nur als Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht im Zusammenhang mit Organisationsentscheidungen im Sinne des § 108 SchulG M-V in Betracht Der Regelungsgehalt einer Schuleinzugsbereichssatzung gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V beschränke sich jedoch auf die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit einzelner Schulen i.d.S. § 46 Abs. 1 SchulG M-V.

Für eine sachgerechte Auslegung dieser streitigen Einzugsbereichssatzung sei zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses noch die Auffassung vertreten worden sei, die Bildung von Eingangsklassen zum Schuljahr 2002/2003 sei durch den Erlass "Unterrichtsversorgung an den allgemeinbildenden Schulen für das Schuljahr 2002/2003" vom 11. Januar 2001 geregelt. Durch die Angabe der Mindestschülerzahl werde ersichtlich an die für die Bildung einer Eingangsklasse als Voraussetzung angesehene Schülerzahl angeknüpft. Die Satzung habe also lediglich regeln wollen, welche Schule im Falle einer demnach nicht möglichen Bildung einer Eingangsklasse an der Schule örtlich zuständig ist. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Satzung selbst eine Regelung über die Klassenbildung habe treffen wollen. Hierfür ergebe sich aus dem Schulgesetz ersichtlich keine Rechtsgrundlage, zumal Anforderungen an die Bildung von Klassen nach § 46 Abs. 2 SchulG M-V nicht Gegenstand der Satzung seien.

Auch sei nichts dafür ersichtlich, dass mit den Regelungen der Schuleinzugsbereichssatzung Einfluss auf eine Entscheidung über die Schulorganisation im Sinne des § 108 SchulG M-V genommen werde.

Solange eine Eingangsklasse gebildet werde, falle die Entscheidung über die Aufnahme in die Klasse in den Zuständigkeitsbereich des Schulleiters, die Festsetzung der Aufnahmekapazität als auch die Zuweisung von Schülern im Einzelfall falle nach § 5 bzw. § 6 SchPflVO M-V in den Aufgabenbereich der unteren Schulaufsicht. Eine in diesem Zusammenhang relevante Entscheidung der Antragstellerin werde erst mit einer Entscheidung über die Schließung der Schule oder die Nichtbildung einer Eingangsklasse vorliegen, die jedoch durch eine Schuleinzugsbereichssatzung nicht bewirkt werde. Daher regele die Einzugsbereichssatzung lediglich die sich an eine derart getroffene Entscheidung anknüpfenden Folgen hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses bei dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern erklärte mit Schriftsatz vom 21. August 2002 seine Beteiligung am Verfahren.

Er teilt die Rechtsauffassung des Antragsgegners, dass der Normenkontrollantrag unzulässig sei. Die von der Antragstellerin befürchtete Schulschließung sei keine unmittelbare Folge der Einzugsbereichssatzung, sondern erfordere einen Beschluss nach § 108 SchulG M-V.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie der Normenkontrollverfahren 4 K 30/02 und 4 K 9/03 einschließlich der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.)

I. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG für eine Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht sind erfüllt.

Das Passivrubrum wurde von Amts wegen geändert, da eine Satzung des Antragsgegners angegriffen wird.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Normenkontrollverfahren geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, indem sie vorträgt, in ihrem Recht als Schulträgerin verletzt zu sein. § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V vermittelt der Antragstellerin als Schulträgerin ein subjektives Recht. Dies folgt aus dem Zusammenspiel der Sätze 1 und 2 in § 46 Abs. 2 SchulG M-V. Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 SchulG M-V ist der Einzugsbereich einer Schule grundsätzlich das Gebiet des Schulträgers. Erfolgt hiervon abweichend eine Festlegung der Einzugsbereiche, wird in den vom Gesetzgeber als Grundsatz vorgesehenen Regelungsgehalt eingegriffen. Zwar wird durch die angegriffene Einzugsbereichssatzung allein eine Schulschließung mangels einer Organisationsentscheidung des Schulträgers nach § 108 SchulG M-V erkennbar nicht getroffen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil sich die angegriffene Regelung zum einen "lediglich" zur Jahrgangsstufe 5 der verbundenen Haupt- und Realschule der Antragstellerin verhält und zum anderen keine Entscheidung zur (Nicht-)Bildung der Eingangsklasse getroffen wird.

Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass die Antragstellerin als Schulträgerin jedenfalls konkret in Erwägung zu ziehen hat, ob eine Eingangsklasse (Jahrgangsstufe 5) gebildet werden kann. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Verordnung über die Unterrichtsversorgung an den allgemein bildenden Schulen und beruflichen Schulen für das Schuljahr 2002/2003 vom 23. Juli 2002, GVOBl. 595 ff. Nach § 2 Abs. 7 UnterrichtsversorgungsVO gelten für die Bildung von Eingangsklassen bei Einzügigkeit 22, bei Mehrzügigkeit 14 Mindestschüler. Hinzu kommt, dass die Festlegung der Schuleinzugsbereiche für den gesetzlichen Aufnahmeanspruch eines schulpflichtigen Kindes an der örtlich zuständigen Schule entscheidend ist (§§ 45 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 46 Abs. 2 SchulG M-V). Die "Anmeldung" erfolgt gemäß § 2 Abs. 1 und 3 Schulpflichtverordnung in der Regel bis zum 31. März für den Besuch einer weitergehenden Schule bei der örtlich zuständigen Schule. Aufgrund der angegriffenen Satzungsregelung besteht die Möglichkeit, dass die Verbundene Haupt- und Realschule in P. wegen Unterschreitens der Mindestschülerzahl nicht die örtlich zuständige Schule ist. In diesem Fall dürfte sich die Entscheidung des Schulträgers über die (Nicht-)Bildung einer 5. Klasse unter Berücksichtigung der Unterrichtsverordnung verdichten. Diese Umstände rechtfertigen es, in § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V unter Berücksichtigung des § 46 Abs. 2 Satz 1 SchulG M-V ein subjektives Recht der Antragstellerin als Schulträgerin zu sehen.

Gegen das (besondere) Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin spricht auch nicht, dass gegen die Verordnung über die Unterrichtsversorgung vom 23.07.2002 kein Normenkontrollantrag erhoben wurde. Im vorliegenden Verfahren besteht die Besonderheit, dass zwischen den Beteiligten Unklarheiten darüber bestehen, in welchem Verhältnis die Regelungen in der angegriffenen Einzugsbereichssatzung des Antragsgegners zu § 108 SchulG M-V stehen.

Schließlich ist der Normenkontrollantrag auch innerhalb der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangen.

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Denn die angegriffene Regelung der Satzung genügt mangels jeglicher Festlegung in zeitlicher Hinsicht nicht dem Bestimmtheitsgebot.

Die Festlegung der Einzugsbereiche durch den Antragsgegner findet ihre Ermächtigung in § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V.

Zwar ist in der genannten Vorschrift nicht die Form der Festlegung genannt. Dass die Festlegung von Einzugsbereichen in der Form einer Satzung ergehen kann, folgt jedoch aus § 92 Abs. 1 KV M-V. Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 KV M-V können die Landkreise die Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises durch Satzung regeln, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen. Gemäß § 89 Abs. 1 KV M-V regeln die Landkreise in ihrem Gebiet die gemeindeübergreifenden Angelegenheiten in eigener Verantwortung, soweit die Gesetze nicht etwas anderes bestimmen. Bei der Festlegung von Einzugsbereichen nach § 46 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V handelt es sich um gemeindeübergreifende Angelegenheiten, da es sich gerade um eine Ermächtigung für eine Ausnahmeregelung von dem in § 46 Abs. 2 Satz 1 SchulG M-V geregelten Grundsatz handelt.

Der streitgegenständlichen Satzung ist nicht zu entnehmen, zu welchem Stichtag die in dem Anhang zu § 2 der Satzung genannten Schülerzahlen vorliegen müssen, um den Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule in G. bzw. den Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule in P. zu begründen. Damit lässt sich für die Beteiligten nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, wann welche Schule tatsächlich zuständig ist. Der Festlegung eines solchen Zeitpunktes bedarf es aber, weil Folgeentscheidungen zu treffen sind (z.B. Lehrerzuweisung u.a.).

Ein solcher Stichtag lässt sich auch nicht eindeutig durch Auslegung ermitteln. Als Stichtag kommt der 1. August in Betracht, da zu diesem Zeitpunkt die Schulpflicht beginnt (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SchulG M-V). Denn gemäß § 45 Abs. 1 SchulG M-V besteht mit Beginn der Schulpflicht ein Anspruch auf Aufnahme in die örtlich zuständige Schule. Als weiterer möglicher Stichtag könnte aber auch der 31. März angesehen werden. Ein solcher ist in § 2 Abs. 3 der SchulpflichtVO vom 23. Dezember 1996 genannt. Danach ist der Antrag nach Absatz 1 ("Die Wahl des weiterführenden Bildungsganges nach dem Besuch des Primärbereichs erfolgt durch einen formlosen schriftlichen Antrag der Erziehungsberechtigten bei der örtlich zuständigen Schule des Sekundarbereichs.") in der Regel bis zum 31. März zu stellen. Ebenso könnte § 9 der UnterrichtsversorgungsVO herangezogen werden. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist Stichtag für die Klassenbildung an allgemein bildenden Schulen der erste Unterrichtstag des neuen Schuljahres.

Welcher dieser möglichen Stichtage für die Frage nach dem Vorliegen der Mindestschülerzahl im Sinne der Einzugsbereichssatzung maßgeblich sein soll, ist ungeklärt. Im Hinblick auf die Rechtsfolgen, die sich aus der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit einer Schule ergeben, ist die Angabe eines entsprechenden Stichtages in einer Einzugsbereichssatzung unerlässlich, wenn - wie hier - ein Einzugsbereich einer Schule von der Zahl der dortigen Schüler abhängig gemacht wird.

Der Senat brauchte daher über die Frage, ob die angegriffene Regelung auch in sachlicher Hinsicht dem Bestimmtheitsgebot nicht genügt, nicht abschließend zu entscheiden. Zweifel ergeben sich insofern, als der streitgegenständlichen Satzung nicht zu entnehmen ist, ob es sich bei der Zahl der dort genannten Schüler um "angemeldete" Schüler im Sinne der Schulpflichtverordnung handeln muss.

Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 711, 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück