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Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 02.06.2004
Aktenzeichen: 4 K 38/02
Rechtsgebiete: GG, VwGO, VZOG, BauNVO, KAG M-V, KV M-V


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
VwGO § 47
VwGO § 86 Abs. 1
VZOG § 8 Abs. 1
BauNVO § 14
BauNVO § 20 Abs. 4
BauNVO § 21a Abs. 5
KAG M-V § 2 Abs. 1 Satz 2
KAG M-V § 8 Abs. 7 Satz 2
KAG M-V § 8 Abs. 10
KV M-V § 22 Abs. 3 Nr. 11
1. Der Bürgerschaft (Gemeindevertretung) muss - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-)Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge. Weitergehende Anforderungen an die vorzulegenden Unterlagen sind aber nicht zu stellen.

2. Die gerichtliche Überprüfung einer Abgabenkalkulation bezieht sich nicht nur auf eine bloße rechnerische "Ergebniskontrolle"; es ist der so genannten Ergebnisrichtigkeitstheorie zu folgen.

3. Die Ungültigkeit einer Abgabensatzung ist dann anzunehmen, wenn erstens in erheblichem Umfang nicht beitragsfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, oder zweitens, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht.

4. Bei einer - in ihrer Methodik fehlerfreien - Kalkulation ist dem Ortsgesetzgeber ein Spielraum einzuräumen, innerhalb dessen Schreibfehler, die auch den Deckungsgrad beeinflussen, in gewissem Umfang noch als unbeachtlich angesehen werden können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Auswirkungen auf den Deckungsgrad nur "gering" sind und der beschlossene Beitrag noch weit von dem höchstzulässigen Beitrag entfernt ist.

5. An der ständigen Rechtsprechung des OVG Greifswald zu § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG M-V, wonach es für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht auf das In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung ankommt, ist festzuhalten.

6. Die Verwendung unterschiedlicher Beitragssätze für "altangeschlossene11 bzw. "neu anschließbare" Grundstücke ist im Grundsatz willkürlich und somit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Es ist daher rechtlich geboten, so genannte altangeschlossene Grundstücke mit Herstellungsbeiträgen zu belasten.

7. Ein Beitragsmaßstab (Schmutzwasser), nach welchem in überplanten Gebieten auf die festgesetzte Geschossfläche abgestellt wird und im unbeplanten Innenbereich in einer Tabelle eine gebietsbezogene Geschossflächenzahl festgelegt wird, ist dem Grundsatz nach nicht zu beanstanden.

Die konkret im vorliegenden Fall gewählten Maßstabsregelungen für den Schmutzwasserkanalbaubeitrag verstoßen aber gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil - wird auf die durchschnittliche Bebauung abgestellt - die Auswertung der örtlichen Verhältnisse ergibt, dass die Grundstücke im unbeplanten Innenbereich durchschnittlich ohne sachlichen Grund stärker belastet werden als die in überplanten Gebieten.

8. Bei der technischen Ausgestaltung der öffentlichen Einrichtung (z.B. der Dimensionierung einer Kläranlage) besteht für den Betreiber ein weiter Ermessensspielraum.

9. Zur gerichtlichen Überprüfung von Prognoseentscheidungen des Satzungsgebers.

10. Ein Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO dient nicht nur dem subjektiven Rechtsschutz, sondern auch der objektiven Rechtskontrolle. Daher prüft der Senat im Wege der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) wichtige Eckpunkte der Beitragskalkulation, wenn sich ihm hierfür - ohne gezielte "Fehlersuche" - Anhaltspunkte bieten.


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 4 K 38/02

Verkündet am: 02.06.2004

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Gültigkeit der Beitragssatzung für die Abwasserbeseitigung der Hansestadt Wismar

hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2004, verkündet am 02. Juni 2004 in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

§ 4 Abs. 3 und § 6 Satz 1 Buchst. a) der am 29. November 2001 beschlossenen Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Hansestadt Wismar - Beitragssatzung für die Abwasserbeseitigung -, ausgefertigt am 10. Dezember 2001, veröffentlicht im "Stadtanzeiger der Hansestadt Wismar" 22/01, 10. Jahrgang, 22. Dezember 2001, werden für nichtig erklärt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt 1/3, die Antragsgegnerin trägt 2/3 der Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin ist Eigentümerin von mehreren Grundstücken, die im Gebiet der Antragsgegnerin belegen sind. Sie liegen - nach Angaben der Antragstellerin - im unbeplanten Innenbereich und sind sämtlich fünfgeschossig bebaut.

Am 29. November 2001 beschloss die Bürgerschaft der Antragsgegnerin unter TOP 10 (Drucksache 0495-28/01) die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Hansestadt Wismar, im Folgenden Beitragssatzung genannt. Im Rahmen der Sitzung der Bürgerschaft wurden nicht nur die Satzung, sondern auch die Anlagen 3 und 4 beschlossen. Die Anlage 3 enthält die Beitragskalkulation, die von der F. GmbH am 29. Juni 2000 erstellt worden ist. Die Kalkulation enthält Vorbemerkungen, die zeigen, von welchen rechtlichen Erwägungen die kalkulierende GmbH ausgegangen ist. Die Anlage 4 beinhaltet die so genannten wesentlichen Festlegungen. Nach Nr. 6 dieser wesentlichen Festlegungen haben sämtliche Unterlagen zur Flächenseite bei der Beratung vorgelegen. Unter Nr. 8 wird den gemachten Prognosen zugestimmt. Unter Nr. 11 wird als Ergebnis festgestellt:

"11.1 Der höchstzulässige umlagefähige Aufwand für den erstmaligen Anschlussbeitrag Schmutzwasserbeseitigung beträgt 120.479.072,09 DM.

11.2 Der höchstzulässige erstmalige Anschlussbeitrag Schmutzwasserbeseitigung beträgt 9,37 DM/m2 zulässiger Geschossfläche.

11.3 Der höchstzulässige umlagefähige Aufwand für den erstmaligen Anschlussbeitrag Niederschlagswasserbeseitigung beträgt 45.884.326,94 DM.

11.4 Der höchstzulässige erstmalige Anschlussbeitrag Niederschlagswasserbeseitigung beträgt 7,57 DM/m2 überbaubarer Grundstücksfläche."

Nr. 12 der wesentlichen Festlegungen lautet:

"Im Ergebnis der Diskussion über die Ergebnisse und den o.g. Festlegungen beschließt die Bürgerschaft, dass nur 70 % des höchstzulässigen umlagefähigen Aufwandes für die Schmutzwasser- bzw. Regenwasserentsorgung über Beiträge finanziert werden. Die Differenz zwischen dem beitragsfinanzierten umlagefähigen Aufwand und dem höchstzulässigen umlagefähigen Aufwand wird über Abwassergebühren rückfinanziert."

Die Beitragssatzung wurde am 10. Dezember 2001 ausgefertigt, am 22. Dezember 2001 im Stadtanzeiger veröffentlicht und trat am 01. Januar 2002 in Kraft.

Mit ihrem am 19. November 2002 erhobenen Normenkontrollantrag wendet die Antragstellerin sich gegen die Beitragssatzung; sie hält die Satzung für nichtig.

Zur Begründung hatte die Antragstellerin zunächst gerügt, ihr sei keine Akteneinsicht gewährt worden. Soweit Zuschüsse unter Berücksichtigung von Zahlungen aus Erschließungsverträgen berücksichtigt worden seien, sei unklar, wie mit den von Erschließungsträgern aufgewandten Kosten umgegangen worden sei. Auch sei nicht nachvollziehbar, ob die Zuschusszahlung aus dem Zuwendungsbescheid vom 28. Dezember 1995 in Höhe von 41.912.418,- DM ordnungsgemäß berücksichtigt worden sei. Dieses Vorbringen hat die Antragstellerin später nicht aufrechterhalten.

Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Einzelnen vor, die Beitragssatzung leide an formellen Mängeln: Die Ladungsfrist zu der Sitzung, auf der die Satzung beschlossen worden sei, sei zu kurz gewesen; sie habe nur ca. eine Woche betragen. Dass eine Vorbereitung der Beitragssatzung in den Ausschüssen und Fraktionen erfolgt sei, ersetze eine angemessene Ladungsfrist nicht. Nicht jedes Bürgerschaftsmitglied sei in den ständigen Ausschüssen vertreten oder in den einzelnen Fraktionen in Vorberatungen mit einbezogen gewesen. Zudem seien am Sitzungstag zu viele Tagungsordnungspunkte behandelt worden.

Bei der Sitzung hätten nur unvollständige Unterlagen vorgelegen. Zum Beweis hierfür werde auf das Zeugnis des Professors G. verwiesen. Die Unterlagen zur Flächenermittlung seien unvollständig vorgelegt worden. Dies gelte insbesondere für die Ziffern 6 und 8 der Anlage 4 (Flächenseite und zukünftige Aufwendungen). Zudem hätten bei der Beschlussfassung nicht die Originalflurkarten, sondern allenfalls digitalisierte Karten vorgelegen, die sich ohne die Originalflurkarten nicht lesen ließen. Es sei daher eine Flächenabweichung von 5 bis 10 % anzunehmen. Alles in allem bestünden somit Ungenauigkeiten bei der Flächenermittlung.

Auch die der Bürgerschaft vorgelegten Unterlagen zum Nachweis der kalkulierten Kosten seien unvollständig gewesen. Den Bürgerschaftsmitgliedern sei nicht einmal die Möglichkeit eingeräumt worden, insoweit im Vorfeld der Beschlussfassung Einsicht zu nehmen. Damit fehle es im vorliegenden Fall an einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung über die Beitragssatzung.

Die Entscheidung des Vertretungsgremiums im Hinblick auf den Verteilungsmaßstab sei widersprüchlich. Einerseits sei auf die Anlage 4 "wesentliche Festlegungen" zu verweisen. Danach habe das Vertretungsgremium jedenfalls im Hinblick auf den Beitragsmaßstab keine Entscheidung getroffen.

Die Satzung sei auch materiell rechtswidrig:

Es wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die so genannten Altanschließer gemäß § 3 Abs. 4 Beitragssatzung ebenfalls zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen würden. Dies verstoße entgegen der anders lautenden Rechtsprechung des OVG Greifswald zu dieser Problematik gegen Art. 3 GG.

Zudem sei - sowohl für den Schmutzwasser- als auch für den Regenwasserbeitrag - zu beachten, dass die Bürgerschaft exakt 70 % des höchstzulässigen Beitrages festgesetzt habe. Daher seien im vorliegenden Fall die 100 % der höchstzulässigen Kosten überschritten und gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen worden.

Die Beitrags- und die Gebührenkalkulation seien aufeinander abgestimmte Kalkulationswerke. Dies führe dazu, dass sich Fehler der Beitragskalkulation (z.B. bei der Niederschlagswasserkalkulation im Hinblick auf die Turmstraße) auf beide Satzungen auswirkten.

Die Regelung des § 7 Abs. 2 Beitragssatzung, wonach ein Verfügungsbefugter nach § 8 Abs. 1 Vermögenszuordnungsgesetz zum Beitragspflichtigen erklärt werde, stehe nicht mit § 8 Abs. 10 KAG M-V in Einklang. Insoweit sei die Regelung unwirksam. Dies führe zur Gesamtnichtigkeit der Satzung.

Der verwendete Einrichtungsbegriff sei problematisch. Nach der Satzung bestünden Zweifel am Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht. Dieser sei nicht konkret bestimmt. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die unklare Regelung über die Grundstücksanschlüsse. Die Satzung selbst treffe keine eindeutige Regelung zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht. Die von der Antragsgegnerin gewählte Auslegung zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht decke sich zwar u.a. mit der Rechtsprechung des OVG Lüneburg. Andererseits gehe jedoch das OVG Münster davon aus, dass die Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Einrichtung bereits dann bestehe, wenn das Grundstück am öffentlichen Kanal liege, auch wenn der Grundstücksanschluss Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sei. Aufgrund der unterschiedlichen Auslegungen bedürfe es einer unmissverständlichen Formulierung in der Satzung.

Des Weiteren hätte die Satzung im vorliegenden Falle mit einer Rückwirkung auf den Zeitpunkt der ersten Beitragssatzung im Jahre 1992 belegt werden müssen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des OVG Münster und des OVG Frankfurt/Oder (OVG Münster, Urt. vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, 534; OVG Frankfurt/Oder, Urt. vom 08. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE -, LKV 2001, 132) entstehe die sachliche Beitragspflicht frühestens mit der ersten in Kraft getretenen Satzung. Es komme nicht auf die formelle und materielle Wirksamkeit des Satzungsrechts an; die gegenteilige Auffassung des OVG Greifswald sei bekannt.

Der Beitragsmaßstab für Schmutzwasser verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG. Es bestünden Unterschiede je nachdem, ob ein Bebauungsplan vorliege oder nicht. Unzulässig sei es, unterschiedliche Maßstäbe zu verwenden, nämlich einerseits den Vollgeschossmaßstab, andererseits den Geschossflächenmaßstab. Dies führe - wie die Antragstellerin im Einzelnen schriftlich und anhand von Karten darlegt - dazu, dass die Grundstücke im unbeplanten Innenbereich ohne sachlichen Grund durchschnittlich stärker belastet würden als Grundstücke in überplanten Gebieten. Die bauliche Ausnutzbarkeit, die die Beitragssatzung für Grundstücke im unbeplanten Innenbereich ansetze, werde bei weitem nicht erreicht.

Es bestünden Bedenken daran, wie die Antragsgegnerin die festgesetzten Geschossflächenzahlen ermittelt habe. Im unbeplanten Innenbereich gebe es zahlreiche Grundstücke, bei denen die in der Satzung zugewiesene Geschossflächenzahl im Verhältnis zur tatsächlichen Geschossfläche unverhältnismäßig hoch sei. Zudem seien Grundstücke im unbeplanten Innenbereich mit durchschnittlich ca. 1000 m2 größer als überplante Grundstücke. Dies verschärfe den Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz noch zusätzlich.

Ihre Rechtsauffassung, dass insbesondere die Festsetzungen des § 4 Abs. 3 Nr. 8a Buchst. aa) und ab) Beitragssatzung unzutreffend seien, werde insbesondere durch die örtlichen Verhältnisse in den Gebieten Dargetzow, Hoher Damm, Dammhusen, Eiserne Hand und in Wismar-Süd belegt.

Eine willkürliche Ungleichbehandlung dürfte im Ergebnis auch darin zu sehen sein, dass die Veranlagung mit der Geschossflächenzahl als gerechtere Bewertung zweifelsfrei eine Besserstellung der Grundstücke nach sich ziehe, die im Bebauungsplangebiet lägen.

Die Satzung führe dazu, dass der Sache nach ein Artzuschlag für Gewerbe eingeführt werde. Grundstücke in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten würden mit einem höheren Beitrag belastet als Grundstücke außerhalb dieser Gebiete. Zu beachten sei dabei, dass die Großzahl der Gewerbebetriebe in der Hansestadt Wismar nicht abwasserintensiv sei. Andererseits wiesen diese Grundstücke häufig eine Größe von mehreren 10.000 m2 auf. Die Gleichstellung der Gewerbe- und Kerngebiete sei rechtlich unzulässig. Eine unterschiedliche Behandlung von Wohnhäusern in Kleinsiedlungsgebieten einerseits und in Misch- und Ferienhausgebieten andererseits bei Geschossen über drei dürfte nicht gerechtfertigt sein.

Des Weiteren bestünden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Tiefenbegrenzungsregelung in § 4 Abs. 2 Buchstabe 4b, 4ba Beitragssatzung. Sie - die Antragstellerin - erkenne durchaus, dass hier der Übergang in den Außenbereich in Rede stehe. Sie meine allerdings, dass die 50-m-Linie für das Veranlagungsgebiet der Antragsgegnerin einen Verstoß gegen Art. 3 GG darstelle. Die Tiefenbegrenzung gelte im vorliegenden Fall lediglich für Grundstücke, die vom Innen- in den Außenbereich übergingen. Dies sei nicht zulässig. Die Tiefenbegrenzung müsse im vorliegenden Fall der Hansestadt Wismar entweder auch auf Grundstücke bezogen werden, die vollumfänglich im unbeplanten Innenbereich lägen, oder aber es müsste für jedes Grundstück eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden, d.h., die Tiefenbegrenzungsregelung müsste aus der Satzung gestrichen werden. Die Satzungsregelungen der Antragsgegnerin führten dazu, dass die zufällig vom Innen- in den Außenbereich übergehenden Grundstücke ohne sachlichen Grund gegenüber den Grundstücken bevorzugt würden, die in vollem Umfange im unbeplanten Innenbereich lägen, aber wegen baurechtlicher Vorschriften gleichwohl nur im vorderen Grundstücksbereich baulich nutzbar seien. Diese Grundstücke müssten gleich behandelt werden mit den Grundstücken, die vom Innen- in den Außenbereich übergingen.

Zudem benennt die Antragstellerin Berufungsfälle, die zu einer unsachgerechten Veranlagung führten. Die gewählte Tiefenbegrenzungsregelung sei auch und gerade deshalb für das Gebiet der Antragsgegnerin unzulässig, weil - wie die aufgezählten Beispielsfälle ergäben - besonders tiefe Grundstücke für das Stadtgebiet - insbesondere auch im unbeplanten Innenbereich - typisch seien.

Die Ermittlung des Herstellungsaufwandes beruhe nach den Verwaltungsvorgängen im Wesentlichen auf den Auskünften der Entsorgungs- und Verkehrsbetriebs (EVB). Eine Kostenaufschlüsselung oder eine Erläuterung der Zusammensetzung des Beitrages werde zu keiner der angefragten Positionen vorgenommen.

Die Herstellungskosten für die Kläranlage Bauabschnitt I seien anzuzweifeln. Eine substanziierte Kostenaufschlüsselung gebe es auch nicht für den zweiten und dritten Bauabschnitt. Zweifelhaft seien auch die Beiträge für "Neubau Kläranlage Planung für 1999" sowie die Kostenaufschlüsselung für die Jahre 1996, 1998 und 1999 als "aktivierte Eigenleistungen" und "aktivierte Zinsen". Auch für die Herstellungskosten Kläranlage Bauabschnitt 2 und für das Jahr 2000 sei die gewünschte Kostenaufschlüsselung nicht vorgenommen worden.

Bei der Kapazität des Klärwerkes habe die Antragsgegnerin den ihr zustehenden Ermessensspielraum überschritten; das Klärwerk sei überdimensioniert. Die Kalkulation gehe hier von einem Zuwachs an Einwohnerwerten von insgesamt 11.000 aus. Es dürfte zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kalkulation im November 2001 für die beschließenden Bürgerschaftsmitglieder feststellbar gewesen sein, dass diese geschätzte Kapazität zu hoch angesetzt sein dürfte. Die Zahl der Einwohner sei von 1991 bis 2001 in der Hansestadt Wismar um ca. 10.000 auf derzeit ca. 47.000 zurückgegangen. Der der Kalkulation zugrunde gelegte erhebliche Zuwachs an Gewerbe dürfte zu hoch angesetzt sein. Gegebenenfalls müsse zur Überprüfung der Gesamtkapazität ein Sachverständiger hinzugezogen werden. Überdies ergebe sich aus der Kalkulation, dass 50 % des Herstellungsaufwandes für das Klärwerk zugunsten der Gewerbetreibenden ausgerichtet worden sei. Vor diesem Hintergrund hätten zwei Beitragssätze kalkuliert werden müssen.

Die Überlegungen, die bei Ermittlung der beitragsfähigen Fläche für den Schmutzwasserkanalbaubeitrag im unbeplanten Innenbereich zum Verstoß gegen Art. 3 GG Art. 3 GG geführt hätten, seien sinngemäß auch für den Regenwassermaßstab gültig.

§ 5 Abs. 4 Ziff. 2 Beitragssatzung sei gleichheitswidrig, weil für Wohn-, Dorf-, Misch- und Ferienhausgebiete die festgelegte Grundflächenzahl von 0,4 nicht der Realität entspreche. Im unbeplanten Innenbereich weise die vorhandene Bebauung für eingeschossige Wohnbebauung eine Grundflächenzahl von nicht einmal 0,1 auf. Der Maßstab sei auch unter Berücksichtigung des Art. 3 Abs. 1 GG willkürlich im Vergleich zu dem Maßstab für Bebauungsplangebiete. Aus den ausgewerteten Bebauungsplänen ergebe sich eine Festsetzung der Grundflächenzahl in der Regel von 0,3 bis 0,35.

Der im Rahmen der Beitragskalkulation im Hinblick auf die Turmstraße aufgetauchte Fehler führe zu einer Unrichtigkeit der Kalkulation der Niederschlagswasserbeiträge. Es sei in erheblichem Umfang nicht beitragsfähiger Aufwand in die Kalkulation eingestellt worden. Daher komme es nicht darauf an, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot verletzt sei. Ein solcher Fehler sei immer beachtlich. Im Übrigen bedeute dieser Fehler, dass sich der Beitragssatz um 0,13 DM/m2 erhöhe. Für sie - die Antragstellerin - bedeute der Fehler eine Mehrbelastung von ca. 10 000 Euro.

Die Antragstellerin beantragt,

die am 29. November 2001 beschlossene Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Hansestadt Wismar, ausgefertigt am 10. Dezember 2001, veröffentlicht im "Stadtanzeiger der Hansestadt Wismar" 22/01, 10. Jahrgang, 22. Dezember 2001, mit Ausnahme der Regelungen über die Ordnungswidrigkeiten für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie erwidert, die Ladungsfrist zu der Sitzung der Bürgerschaft, auf der die Beitragssatzung beschlossen worden sei, habe eine Woche betragen und entspreche der Geschäftsordnung der Hansestadt Wismar (§ 8 Abs. 4). Die Beitragssatzung sei bereits im Vorfeld der Beschlussfassung in den Ausschüssen (Betriebsausschuss am 12. Juni 2001 und 06. November 2002) und in den einzelnen Fraktionen ausführlich beraten worden, sodass jedes Bürgerschaftsmitglied schon im Vorwege über die Beitragssatzung informiert gewesen sei oder sich mindestens hätte informieren können. Daher sei die Ladungsfrist von einer Woche angemessen und ausreichend.

Während der Bürgerschaftssitzung und damit auch bei der Beschlussfassung hätten die in Anlage 3 aufgeführten gesonderten Anlagen (Kartenmaterial) zur Einsicht ausgelegen. Im Vorfeld habe die Möglichkeit bestanden, das Kartenmaterial der EVB einzusehen. Während der Sitzung habe kein Bürgerschaftsmitglied (auch nicht der als Zeuge genannte Professor G.) in die Pläne Einsicht nehmen wollen. Es sei daher von der protokollierten Beschlussfassung auszugehen, dass Punkt 6 der Anlage 4 Seite 1 erfüllt worden sei und somit sämtliche Unterlagen zur Flächenseite zur Beratung vorgelegen hätten.

Ergänzend zu diesen Überlegungen stelle sich zur Ordnungsgemäßheit einer Beitragskalkulation ganz grundsätzlich die Frage, ob bei der Beschlussfassung über den in der Satzung aufzunehmenden Beitragssatz neben der Globalkalkulation, die alle für die Beitragskalkulation maßgeblichen Berechnungen und Daten auf der Aufwands- und Flächenseite enthalte, auch noch zusätzlich zum Nachweis der Kosten alle Daten aus dem Anlagevermögen und sämtliche Unternehmerrechnungen aus der Vergangenheit sowie zum Nachweis der Ermittlung der Gesamtbeitragsflächen das gesamte Kartenmaterial vorzuhalten seien.

Die Beschlüsse der Bürgerschaft seien nicht dahingehend auszulegen, dass ausschließlich ein Beitragssatz von genau 70 % habe festgeschrieben werden sollen.

Die Satzung sei nicht nur formell, sondern auch materiell rechtmäßig: Die Antragsgegnerin habe einen ordnungsgemäßen Einrichtungsbegriff gewählt. § 1 Abs. 2 der Abwassersatzung mache deutlich, dass die Antragsgegnerin unter anderem eine öffentliche Einrichtung "zur zentralen Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung" betreibe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 1 Beitragssatzung.

Zur Person der Beitragspflichtigen sei auszuführen: Die Antragsgegnerin räume ein, dass die Bestimmung des § 7 Abs. 2 Beitragssatzung von § 8 Abs. 10 KAG M-V nicht gedeckt sei. Sie habe die Regelung in die Satzung aufgenommen, da sich in der Praxis die Notwendigkeit ergeben habe, auch für solche Fälle eine Regelung zu treffen, damit auch diese Grundstücke zu Beiträgen herangezogen werden könnten. Komme man zu dem Ergebnis, dass diese Sonderregelung mangels gesetzlicher Ermächtigungen unzulässig sei, so könne das nur die Nichtigkeit des § 7 Abs. 2 Beitragssatzung zur Folge haben. Weitergehende Auswirkungen ergäben sich nicht.

§ 8 Abs. 7 Satz 2 KAG M-V bestimme, dass bei leitungsgebundenen Einrichtungen die sachliche Beitragspflicht entstehe, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden könne, frühestens jedoch mit In-Kraft-Treten der Satzung. Nach § 2 Nr. 5b Abwassersatzung gehörten die Anschlusskanäle bis zur Grenze der anzuschließenden Grundstücke zur öffentlichen Abwasseranlage. Damit ergebe sich zwingend, dass die Einrichtungen zur zentralen Abwasserbeseitigung bis zur Grundstücksgrenze betriebsfertig hergestellt sein müssten, da erst dann das Grundstück an die öffentliche Einrichtung der Antragsgegnerin angeschlossen werden könne. Darauf stelle auch § 8 Nr. 2 Beitragssatzung ab. Die weiteren Bestimmungen in § 8 Beitragssatzung beträfen Altfälle beziehungsweise Außenbereichsgrundstücke.

Der von der Antragsgegnerin verwendete Geschossflächenmaßstab sei grundsätzlich zulässig. Zu besonderen Schwierigkeiten führe der Geschossflächenmaßstab im unbeplanten Innenbereich, da dort die tatsächlichen Geschossflächen nur mit außerordentlichen Schwierigkeiten zu ermitteln seien. Daher habe sie sich aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität dazu entschieden (§ 4 Abs. 3 Nr. 8 Beitragssatzung), im unbeplanten Innenbereich eine nach Zahl der Vollgeschosse und der unterschiedlichen Nutzungsart differenzierende Geschossflächenzahl anzuordnen. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich zulässig. Der von der Antragstellerin gerügte Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehe nicht.

Aus der Bebauungsplanauflistung sei ersichtlich, dass für 85,3 % der durch Bebauungspläne erfassten Baulandflächen eine Geschossflächenzahl von 0,5 und höher festgesetzt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei der Ansatz einer Geschossflächenzahl von 0,5 im unbeplanten Innenbereich gerechtfertigt. Grundstücke im ungeplanten Innenbereich einerseits und in beplanten Gebieten andererseits hätten - bei der in den mündlichen Verhandlungen überwiegend diskutierten eingeschossigen Bauweise - eine identische Ausnutzbarkeit.

Es sei zwar einzuräumen, dass bei überschlägiger Feststellung rein tatsächlich bei eingeschossiger Bauweise im unbeplanten Innenbereich eine Geschossflächenzahl von 0,5 nach den tatsächlich vorhandenen Geschossflächen weitgehend nicht erreicht werde. Es komme aber auf die zulässige Geschossfläche an. Die von der Antragstellerin in der ersten mündlichen Verhandlung erörterten Wohngebiete Dargetzow und Hoher Damm seien untypisch.

§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Beitragssatzung enthalte eine Tiefenbegrenzungsregelung, die die Grundstücke betreffe, die von ihrer Fläche vom Innen- in den Außenbereich übergingen. Hier erweise sich eine Tiefenbegrenzungsregelung als zulässig, denn sie diene der Abgrenzung des durch die Inanspruchnahmemöglichkeit bevorteilten Baulands zu der im Außenbereich liegenden Fläche, die mangels Baulandqualität nicht fähig sei, von der Anschlussmöglichkeit an die Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung bevorteilt zu werden. Die durchschnittlich bebaute Tiefe sei mit 42 m ermittelt worden. 124 Grundstücke im Bereich der Antragsgegnerin unterfielen dieser satzungsmäßigen Tiefenbegrenzungsregelung.

Die Entscheidung über die Klärwerksgröße sei bereits 1996 getroffen worden. Dabei habe sich die Antragsgegnerin auf Sachverständigengutachten gestützt. Unter Berücksichtigung der 1996 bekannten Umstände, sowohl was die Einwohnerzahl als auch was die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe beträfe, sei von dem Gutachter Professor Dr. K., Technische Universität B., einschließlich einer angemessenen Kapazitätsreserve ein Ausbau auf 100.000 Einwohnergleichwerte empfohlen worden. Die Anlage sei entsprechend dieser Empfehlung realisiert worden. Diese Größe stelle auf Jahre hinaus gesehen den Endausbau dar. Die Kapazitätsreserve betrage - bezogen auf das Jahr 2002 - etwa 20 Prozent. Eine zu knapp kalkulierte Klärwerkskapazität würde dazu führen, dass ansiedlungswilligen Gewerbebetrieben - trotz erschlossener Gewerbegebiete - abgesagt werden müsste.

Bei der Ermittlung des Niederschlagswasserbeitragsmaßstabes habe sich die Antragsgegnerin bei der Festsetzung der Grundflächenzahl an § 17 Abs. 1 BauNVO gehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Normenkontrollklage ist zulässig (§ 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V), aber nur teilweise begründet. Die Regelungen über Ordnungswidrigkeiten (§ 14 Beitragssatzung) unterliegen nicht der Normenkontrolle (BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1995 - 7 BN 1/95 -, BVerwGE 99, 88 ff.); die Antragstellerin ficht diese im Übrigen auch nicht an.

Die Regelungen der angefochtenen Beitragssatzung über den Schmutzwasserbeitragssatz und den Schmutzwasserbeitragsmaßstab (§ 4 Abs. 3 und § 6 Satz 1 Buchst. a) Beitragssatzung) und infolge davon die Regelungen über den Schutzwasserbeitrag insgesamt erweisen sich als nichtig. Demgegenüber haben die Regelungen, die den Niederschlagswasserbeitrag betreffen, Bestand.

A. Die Beitragssatzung ist in einem ordnungsgemäßen Verfahren zustande gekommen.

1. Die formellen Anforderungen an die Ladung zur Bürgerschaftssitzung sind erfüllt. Das Einladungsschreiben zur Bürgerschaftssitzung vom 29. November 2001, auf der die angefochtene Beitragssatzung beschlossen worden ist, datiert vom 20. November 2001 und ist unverzüglich über die Fraktionen an die Mitglieder verteilt worden. Zudem ist am 24. November 2001 die Tagesordnung noch einmal im Stadtanzeiger öffentlich bekannt gemacht worden. Die Hauptsatzung trifft zwar im Hinblick auf die Ladungsfrist keine Aussage. Eine Regelung ist aber in der Geschäftsordnung der Bürgerschaft enthalten. Nach § 8 Abs. 4 der Geschäftsordnung i.d.F. vom 26. September 1996 beträgt die Ladungsfrist einer Woche. Diese ist eingehalten.

Nach Auffassung des Senates reicht eine Ladungsfrist von einer Woche im Grundsatz aus. Dies gilt auch, wenn es in der Bürgerschaft fraktionslose Mitglieder geben sollte, die bislang nicht durch ihre Fraktion oder durch die Mitarbeit in Ausschüssen von den Beschlussgegenständen Kenntnis erlangt haben sollten. Auch im vorliegenden Fall ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die nach der Geschäftsordnung vorgesehene Ladungsfrist als zu kurz erwiesen hätte. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass die Tagesordnung der maßgeblichen Bürgerschaftssitzung umfangreich gewesen ist. In einem solchen Fall ist es Sache der Bürgerschaft, selbst zu beschließen, dass der eine oder andere Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung abgesetzt wird. Dies ist im vorliegenden Fall erkennbar nicht geschehen.

2. Die Argumentation der Antragstellerin, die Unterlagen, die der Bürgerschaft bei ihrer Beschlussfassung vorgelegen hätten, seien unvollständig gewesen, greift nicht durch. Zwar geht auch der Senat davon aus, dass nicht sämtliche mit der Kalkulation im Zusammenhang stehenden Unterlagen der Bürgerschaft bei ihrer Beschlussfassung vorgelegen haben. Dies ist aber auch nicht erforderlich.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates muss der Bürgerschaft - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-) Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können (st. Rspr. des OVG Greifswald, vgl. z.B. Urteil vom 15. November 2000 - 4 K 8/99 -, VwRR MO 2001, 175 = ZKF 2001, 160 = KStZ 2001, 174 = LKV 2001, 516 = DÖV 2001, 610 = DVBl 2001, 1376 = FiWi 2002, 251 = Überblick 2001, 249; Urteil vom 25. Februar 1998 - 4 K 8/97 -, 1998 NordÖR 1998, 256 = VwRR MO 1998, 227 = KStZ 2000, 12 = NJ 1998, 609 = NVwZ-RR 1999, 144 = ZKF 1999, 111 = GemH 1999, 234 = Überblick 1998, 518; Urteil vom 15. März 1995 - 4 K 22/94 -, RAnB 1995, 229 = FiWi 1995, 259 = KStZ 1996, 114 = NJ 1995, 448 = MDR 1995, 972 = ZKF 1995, 230 = DVBl 1995, 1146 = Überblick 1995, 324; ebenso VGH Mannheim, Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 2 S 1019/02 -, NVwZ-RR 2004, 286, 289, Urt. vom 04. Dezember 2003 - 2 S 2669/02 -, NVwZ-RR 2004, 293 ff.).

Weitergehende Anforderungen, wie sie die Antragstellerin erhebt, sind nach Auffassung des Senates nicht zu stellen. Die inhaltlichen Anforderungen an das der Bürgerschaft vorzulegende Material würden überspannt, wenn neben der Kalkulation selbst auch noch sämtliche Berechnungsunterlagen, die der Erstellung der Kalkulation zugrunde gelegen haben, bei der Beschlussfassung vorliegen müssten. Fühlt sich ein Mitglied der Bürgerschaft nicht hinreichend informiert, wird es mit den kommunalverfassungsrechtlich insoweit vorgesehenen Mitteln für eine hinreichende Information zu sorgen haben. Es ist Sache der Bürgerschaft, sich - auf welche Weise und in welcher Tiefe auch immer - zu informieren und sachkundig zu machen. Daher mag eine Beschlussfassung durchaus vertagt werden, wenn eine Mehrheit der Abgeordneten der Auffassung ist, die ihnen vorgelegten Unterlagen reichten für eine hinreichende Information und damit für eine ordnungsgemäße Ausübung des satzungsgebenden Ermessens nicht aus.

Die vorgelegten Unterlagen (Beschlussvorlage und Anlagen) sind ausreichend gewesen. Im Rahmen der Beschlussfassung in der Bürgerschaft sind die Satzung sowie die Anlagen 3 und 4 ausdrücklich beschlossen worden. Die Anlage 3 enthält die sehr umfängliche, sorgfältige und aktuelle Beitragskalkulation, die von der F & F GmbH am 29. Juni 2000 erstellt worden ist. Die Kalkulation enthält Vorbemerkungen, die zeigen, von welchen rechtlichen Erwägungen die Kalkulation ausgeht. Die Anlage 4 beinhaltet so genannte wesentliche Festlegungen.

3. Zu Unrecht rügt die Antragstellerin, die Entscheidung des Vertretungsgremiums sei widersprüchlich, und zwar im Hinblick auf den Verteilungsmaßstab.

Soweit die Antragstellerin eventuell eine Abweichung zwischen dem Protokoll der Bürgerschaftssitzung und dem Inhalt der Satzung rügt, ist entscheidend auf das abzustellen, was die Bürgerschaft als Satzung beschlossen hat. Sofern in diesem Zusammenhang ein Irrtum der Beschließenden vorgelegen haben sollte, z.B. im Hinblick auf die Höhe des Deckungsgrades, ist ein solcher Irrtum unbeachtlich.

Eine Widersprüchlichkeit lässt sich auch nicht im Hinblick auf die Nummer 12 der Anlage 4 (wesentliche Festlegungen) begründen. Die Tatsache, dass die Bürgerschaft zusätzlich zur Satzung in der Anlage 4 beschlossen hat, nur 70 % des höchstzulässigen umlagefähigen Aufwandes für Schmutz- beziehungsweise Regenwasser über Beiträge zu refinanzieren, hat nach Auffassung des Senates im vorliegenden Fall keine entscheidende Bedeutung. Der Zustimmung zur Anlage 4 kommt lediglich klarstellender Charakter zu. Durch die Nummer 12 haben sich die Bürgerschaftsmitglieder vergewissert, dass die festgesetzten Beiträge deutlich unterhalb der höchstzulässigen Beiträge bleiben. Einen substanziellen Inhalt hat dieser Beschluss aber nicht. Eine Punktlandung bei 70 % hat nicht vollzogen werden sollen. Auch ist dem Willen des Ortsgesetzgebers nicht zu entnehmen, dass er eine Sperre hat beschließen wollen, keinen Beitrag von mehr als 70 % zu erheben. Entscheidend für den Ortsgesetzgeber ist vielmehr gewesen, dass die Beitragssätze mit 9,37 bzw. 7,57 DM/m2 haben festgelegt werden sollen. Das Kostendeckungsprinzip ist somit auch dann nicht verletzt, wenn diese beschlossenen Beitragssätze - wegen eventueller Fehler der Kalkulation -prozentual die 70 %-Grenze übersteigen.

Ein Vorrang des Satzungsbeschlusses gegenüber dem Beschluss über die Feststellung der Höhe des Deckungsgrades ergibt sich auch, wenn der bundesrechtliche Grundsatz der Normerhaltung mit einbezogen wird. Auch danach wird der Beschlussfassung über die Satzung als solcher (d.h. über den Beitragssatz) Priorität einzuräumen sein. Der Beschluss über den Deckungsgrad ist zweitrangig. Selbst bei einer Divergenz zwischen der Satzung als solcher und dem vorgestellten Deckungsgrad wird vorrangig der beschlossene Beitragssatz, mithin die Beitragssatzung selbst, Geltung beanspruchen.

B. Die angefochtene Satzung erfüllt die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V, der die Mindestinhalte einer Abgabensatzung umschreibt.

1. Der Anlagenbegriff, der zugrunde gelegt wird, ist von Gerichts wegen nicht zu beanstanden. Der Anlagenbetreiber kann im Kanalbaubeitragsrecht den Umfang der von ihm betriebenen öffentlichen Einrichtung bestimmen. Dabei ist vorrangig auf die Entwässerungssatzung abzustellen (OVG Greifswald, Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 24/99 -, NordÖR 2002, 171 = LKV 2002, 380 = DVBl 2002, 643 = ZKF 2002, 180). Die Entwässerungssatzungen der Antragsgegnerin korrespondieren mit der Beitragssatzung. Dies gilt für die aktuelle Entwässerungssatzung der Antragsgegnerin, die am 30. Mai 2002 beschlossen, am 10. Juni 2002 ausgefertigt und am 22. Juni 2002 im Stadtanzeiger bekannt gemacht worden ist (In-Kraft-Treten am 23. Juni 2002). In § 2 Nr. 5 ist die Regelung enthalten, dass die Antragsgegnerin (nur) eine öffentliche Entwässerungseinrichtung betreibt. Die seinerzeit geltende Abwassersatzung vom 14. November 1996, beschlossen am 26. September 1996, veröffentlicht im Stadtanzeiger vom 23. November 1996, war inhaltsgleich.

Auch die Beitragssatzung spricht von einer öffentlichen Einrichtung. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden und ggf. sogar geboten, dass für die beiden Teileinrichtungen (Schmutz- und Niederschlagswasser) jeweils selbstständige Teilbeiträge mit unterschiedlichen Beitragsmaßstäben geregelt werden.

2. Der Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht ist klar umschrieben. Dies gilt auch für die in diesem Zusammenhang bedeutsame Frage der Zuordnung der Grundstücksanschlüsse zur öffentlichen Einrichtung bzw. zu den privaten Einrichtungen. Die Satzung regelt diesen Punkt hinreichend bestimmt und rechtlich vertretbar. Der diesbezügliche Einwand der Antragstellerin greift daher nicht durch.

Die Beitragssatzung sieht vor, dass die Grundstücksanschlüsse Teil der öffentlichen Einrichtung sind. Dies folgt mittelbar aus der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Beitragssatzung, wonach mit dem Anschlussbeitrag auch der Aufwand für die Herstellung des jeweils ersten Grundstücksanschlusses abgegolten ist. Diese Regelung korrespondiert mit der Abwassersatzung (siehe § 2 Nr. 5 b der aktuellen Abwassersatzung sowie der insoweit inhaltsgleichen alten Anschlusssatzung vom 14. November 1996).

Weil die Grundstücksanschlussleitung Teil der öffentlichen Einrichtung ist, kann diese erst betriebsfertig hergestellt sein, wenn auch der entsprechende Grundstücksanschluss erstellt worden ist. Soweit in der Rechtsprechung Abweichendes vertreten wird, ist dem für Mecklenburg-Vorpommern nicht zu folgen.

Schließlich sei betont, dass der Senat an der ständigen Rechtsprechung des OVG Greifswald zu § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG M-V festhält, wonach es für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht auf das In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung ankommt (OVG Greifswald, Beschluss vom 02. Dezember 2003 - 1 M 72/00 -; Beschluss vom 08. April 1999 - 1 M 41/99 -; siehe auch Urteil vom 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, KStZ 2002, 132 = NVwZ-RR 2002, 687 = NordÖR 2002, 138 = DVBl 2002, 644 = DÖV 2002, 626 = Überblick 2002, 83; Becher, KStZ 2001, 181; Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 8 Anm. 2.10.2; andere Ansicht die beiden von der Antragstellerin angeführten Entscheidungen des OVG Münster und des OVG Frankfurt/ Oder).

3. Der Einwand der Antragstellerin, es sei rechtlich unzulässig, so genannte altangeschlossene Grundstücke mit Herstellungsbeiträgen zu belasten, greift nicht durch. Vielmehr ist an der ständigen Rechtsprechung des OVG Greifswald festzuhalten (Beschluss vom 21. April 1999 - 1 M 12/99 -, NordÖR 1999, 302 = VwRR MO 2000, 60 = LKV 2000, 161 = KStZ 2000, 118 = DVBl 1999, 1669 = Überblick 1999, 471). Danach gilt: Allen Grundstückseigentümern wird durch die Möglichkeit des Anschlusses an eine (Schmutzwasser-)Kanalisation erstmalig ein rechtlich gesicherter Vorteil geboten. Die Verwendung unterschiedlicher Beitragssätze für altangeschlossene bzw. neu anschließbare Grundstücke ist im Grundsatz willkürlich und somit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Dies gilt auch dann, wenn der Betreiber der Abwasserbeseitigung eine Altanlage "übernommen" hat (vgl. auch OVG Greifswald, Beschluss vom 04. April 2001 - 1 M 21/00 -, NordÖR 2002, 43; Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 16/00 -, KStZ 2002, 132 = NVwZ-RR 2002, 687 = NordÖR 2002, 138 = DVBl 2002, 644 = DÖV 2002, 626 = Überblick 2002, 83). Das abweichende Urteil des OVG Magdeburg vom 04. Dezember 2003 - 1 L 226/03 - beruht auf einer anderen landesrechtlichen Lage; eine § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA vergleichbare Regelung fehlt im Kommunalabgabengesetz M-V.

4. Die Beitragssatzung ist auch nicht im Hinblick auf die Person der Beitragspflichtigen unwirksam. Angegriffen wird von der Antragstellerin im Wesentlichen § 7 Abs. 2 Beitragssatzung, der Folgendes regelt:

In den Fällen, in denen für Grundstücke und Gebäude im Grundbuch noch als Eigentümer "Eigentum des Volkes" eingetragen ist, tritt anstelle des Eigentümers der Verfügungsberechtigte im Sinne des § 8 Abs. 1 Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG -.

§ 7 Abs. 2 Beitragssatzung ist mit § 8 Abs. 10 KAG M-V vereinbar. Nach der zuletzt genannten Vorschrift können lediglich Eigentümer, zur Nutzung des Grundstücks dinglich Berechtigte oder Inhaber eines Gewerbebetriebes sowie Erbbauberechtigte und Gebäudeeigentümer zu Beitragspflichtigen erklärt werden. Ein Verfügungsberechtigter nach § 8 Abs. 1 VZOG kann, wenn nicht als "Eigentümer", so aber als "zur Nutzung des Grundstücks dinglich Berechtigter" im Sinne des Kommunalabgabengesetzes angesehen werden.

Der federführende Rechtsausschuss hat im Gesetzgebungsverfahren zum Erlass des Vermögenszuordnungsgesetzes in seiner Beschlussempfehlung ausgeführt (BT-Drs. 12/449, Seite 18 zu § 4b): Die Verfügungsbefugnis solle in der Art einer gesetzlichen Vollmacht neben das sich aus den Zuordnungsregelungen des Einigungsvertrags ergebende Eigentum oder die hieraus folgende treuhänderische Verwaltung treten. Sie solle vor allem den Gemeinden, Städten und Kreisen und Ländern ermöglichen, sofort eine Verkaufstätigkeit zu beginnen.

Ziel der Vorschrift ist es also, die Zeit bis zum Erlass der Zuordnungsbescheide zu überbrücken. Das Rechtsinstrument hierzu ist eine gesetzliche Verfügungsermächtigung (Schmidt-Räntsch/Hiestand in: Handbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, § 8 VZOG Rn. 3). Von Anfang an gewollt war keine echte Vertretungs- oder Vollmacht, sondern eine gesetzliche Verfügungsermächtigung, also eine gesetzliche Ermächtigung, im eigenen Namen aufzutreten, ja im eigenen Namen zu handeln. Der Verfügungsermächtigte handelt im eigenen Namen und auch im eigenen Interesse. Er braucht deshalb nicht zu prüfen, wem der Gegenstand tatsächlich zusteht und wie dessen Interesse gelagert ist (Schmidt-Räntsch/Hiestand, a.a.O.; § 8 VZOG Rn. 5).

Nach der höchstrichterlichen zivilrechtlichen Rechtsprechung wird diese Vorschrift inhaltlich dahingehend verstanden (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 2000 - III ZR 217/99 -, BGHZ 144, 100 ff., m.w.N.), dass die in § 6 Abs. 1 VZOG 1991/1992 bzw. in § 8 Abs. 1 VZOG 1994 den Gemeinden, Städten und Landkreisen eingeräumte Befugnis, über im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragene Grundstücke und Gebäude zu verfügen, wenn sie selbst oder ihre Organe im Zeitpunkt der Verfügung als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks oder Gebäudes eingetragen sind, auch das Recht umfasst, Mietverträge abzuschließen und die sich hieraus ergebenden Rechte des Vermieters dem Mieter gegenüber geltend zu machen. Der Begriff der Verfügungsbefugnis im Sinne des § 6 Abs. 1 VZOG 1991/1992 bzw. des § 8 Abs. 1 VZOG 1994 sei unstreitig weit auszulegen. Er umfasse neben Verfügungen im Rechtssinne - wie Übertragung des Eigentums, Begründung und Übertragung von dinglichen Rechten an Grundstücken - auch die schuldrechtlichen Verträge, die diesen Verfügungen zugrunde lägen, sowie den Abschluss und die Kündigung von (insbesondere) Miet- und Pachtverträgen und die zur Abwicklung beendeter Miet- und Pachtverhältnisse erforderlichen Maßnahmen.

Auch wenn es nach den vorstehend genannten Grundsätzen der Auslegung bedarf, wie die Stellung des Verfügungsbefugten in das System des § 8 KAG M-V einzuordnen ist, weil damit eine andere Ebene angesprochen wird, so führt diese Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Regelung zu dem oben genannten Ergebnis. Denn die Verfügungsbefugnis tritt grundsätzlich an die Stelle des noch nicht durch Zuordnungsbescheid festgestellten oder begründeten Eigentums (Schmidt-Räntsch/Hiestand, a.a.O., § 8 VZOG Rn. 43). Damit wird durch § 8 VZOG dem Verfügungsbefugten eine eigentümerähnliche Stellung verliehen. Es ist daher eine Gleichstellung des Verfügungsbefugten mit den ausdrücklichen § 8 Abs. 10 KAG M-V genannten Personen geboten. Nur diese Auslegung wird der Stellung des Verfügungsbefugten, wie sie oben umschrieben worden ist, gerecht.

Zutreffend ist im Übrigen auch der Ansatz der Antragsgegnerin, dass - sollte sich die Regelung des § 7 Abs. 2 Beitragssatzung als nichtig erweisen - die übrigen satzungsrechtlichen Regelungen über die Person der Beitragspflichtigen unberührt blieben. Eine solche Teilnichtigkeit führte nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung.

5. Weitere Bedenken hinsichtlich der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 KAG M-V sind weder vorgetragen noch sonst für den Senat ersichtlich.

C. Die Regelungen über die Erhebung der Schmutzwasserbeiträge sind aber nichtig, weil insbesondere die Regelungen des § 4 Abs. 3 Nr. 8a Buchst. aa) bzw. ab) gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Nach dem im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatz der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 15. März 1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114 = NJ 1995, 448 = Überblick 1995, 324) muss eine Anschlussbeitragssatzung für alle in Betracht kommenden Veranlagungsgruppen eine gültige Maßstabsregelung enthalten. Fehlt eine erforderliche Maßstabsregelung, so führt das zur Unwirksamkeit der gesamten Maßstabsregelung und des Beitragssatzes. Ohne diese Elemente wiederum kann eine Abgabensatzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V nicht Grundlage für wirksame Beitragserhebungen sein. Regelt eine Abgabensatzung zwei unterschiedliche Abgaben (hier Schmutz- und Niederschlagswasserbeitrag), so ist eine solche Satzung allerdings - wie in vorliegendem Fall - rechtlich teilbar.

1. Der von der Antragsgegnerin gewählte Beitragsmaßstab, nach welchem in überplanten Gebieten auf die festgesetzte Geschossfläche abgestellt wird und im unbeplanten Innenbereich nach § 4 Abs. 3 Nr. 8a Beitragssatzung in einer Tabelle eine gebietsbezogene Geschossflächenzahl festgelegt wird, ist dem Grundsatz nach nicht zu beanstanden. Darin liegt - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - kein unzulässiger Maßstabswechsel zwischen dem Vollgeschoss- und dem Geschossflächenmaßstab.

Rechtlich entscheidend ist, dass - bei typisierender Betrachtung - die Fallgruppen von Grundstücken in Bebauungsplangebieten einerseits und im unbeplanten Innenbereich andererseits, denen annähernd gleiche Vorteile zu Teil werden, auch zu annähernd gleichen Beiträgen herangezogen werden. Auch wenn dies im vorliegenden Falle der Hansestadt Wismar - wie noch ausgeführt wird - nicht zutrifft, hat der Senat im Grundsatz keine Bedenken daran, dass - bei einer entsprechenden Ausgestaltung eines Maßstabes von Geschossflächenzahlen für den unbeplanten Innenbereich - eine vorteilsgerechte Veranlagung von typischen Grundstückssituationen in einem Gemeindegebiet möglich erscheint (hierzu auch unter D. zur Zulässigkeit der vergleichbaren Regelung für den Niederschlagswasserbeitrag).

Soweit die Antragsgegnerin ausführt, sie habe sich in Ausübung des ihr zustehenden ortsgesetzgeberischen Ermessens für einen Katalog fiktiver Geschossflächenzahlen entschieden, um eine praktikable Handhabung des Maßstabes zu ermöglichen, ist dieser Ansatz rechtlich vertretbar. Allerdings kann die Antragsgegnerin sich nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts berufen. Auch in dem von ihr zitierten Urteil vom 10. Oktober 1975 - 7 C 64.74 -, BVerwGE 49, 227 = KStZ 1976, 13, ist der nach Auffassung des Senates entscheidende Vorbehalt enthalten, dass die Maßstabsregelung die besonderen örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat. Gerade wegen der örtlichen Verhältnisse, die der Senat eingehend in den beiden mündlichen Verhandlungen aufgeklärt hat, sind die in der Tabelle zu § 4 Abs. 3 Ziff. 8a Beitragssatzung eingesetzten Werte wegen des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr gerechtfertigt. In dem vom Bundesverwaltungsgericht zu entscheidenden Fall hatte der Ortsgesetzgeber sich im nicht beplanten Bereich an der vorhandenen durchschnittlichen zweigeschossigen Bebauung orientiert, die auch Ausgangspunkt für die Festsetzung der zulässigen Bebauung nach § 34 BauGB sei. Dies entspricht dem rechtlichen Standpunkt des Senates, es sei geboten, auf die durchschnittliche Bebauung abzustellen. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war - auf der Grundlage der zutreffend ermittelten örtlichen Verhältnisse - eine Ungleichbehandlung von in Bebauungsplangebieten einerseits und im unbeplanten Innenbereich gelegenen Grundstücken andererseits lediglich bei Einzelfällen festzustellen gewesen. Die Vernachlässigung von Einzelfällen wird durch die Gesichtspunkte der Praktikabilität und der Pauschalierung der Abgabenregelung sachlich gerechtfertigt (BVerwG, a.a.O.). Eine solche Rechtfertigung fehlt im vorliegenden Fall.

Zutreffend ist zwar, dass Art. 3 Abs. 1 GG dem Ortsgesetzgeber die Freiheit lässt, selbst zu entscheiden, welche Sachverhalte er im Rechtssinne als gleich behandeln will; die getroffene Regelung muss nur auf sachgerechten Erwägungen beruhen (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1975 - 7 C 64.74 -, BVerwGE 49, 227 = KStZ 1976, 13, mit weiteren Nachweisen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Vorliegend lässt sich eine sachliche Rechtfertigung des gewählten Maßstabes in Ansehung der örtlichen Verhältnisse in der Hansestadt Wismar aber nicht finden.

Da entscheidend auf die örtlichen Verhältnisse in der Hansestadt Wismar abzustellen ist, hat der Senat insbesondere in den beiden mündlichen Verhandlungen diese mit den Beteiligten erörtert. Dabei mag zwar der Einwand der Antragsgegnerin zutreffen, dass die von der Antragstellerin in der ersten mündlichen Verhandlung erörterten Wohngebiete Dargetzow und Hoher Damm untypisch sind; deswegen wurde in der zweiten mündlichen Verhandlung noch einmal das gesamte Ortsgebiet der Antragsgegnerin in den Blick genommen.

Die tatsächlichen Feststellungen des Senates haben dabei unter anderen ergeben, dass nur ca. 25 % der bebauten Fläche überplant sind. Demnach haben die Regelungen über die Heranziehung zu Beiträgen im unbeplanten Innenbereich ein erhebliches Gewicht. Andererseits sind die überplanten Gebiete auch nicht derart unbedeutend, dass die Regelung dieser Fallgruppe vernachlässigt werden könnte, soweit dies in Ansehung des Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit überhaupt zulässig wäre.

In den mündlichen Verhandlungen ist mit den Beteiligten auch die spezielle Situation in verschiedenen Bereichen der Hansestadt erörtert worden, und zwar sowohl in unbeplanten Bereichen wie auch den einzelnen Bebauungsplangebieten. Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin haben diesbezügliche Karten, Lagepläne und Lichtbilder vorgelegt, um ihre jeweiligen Rechtspositionen zu stützen.

Der Senat hat ermittelt, wie hoch die durchschnittlichen Festsetzungen einer zulässigen Bebauung in den überplanten Gebieten in der Hansestadt Wismar sind. Dies hat ergeben, dass die festgesetzte Geschossfläche in 3,35 % mit einer GFZ von 0,3 angesetzt ist, in 11,38 % mit 0,4 und in 85,27 % mit 0,5 und mehr. Dies bedeutet, dass jedenfalls in 14,37 % der Fälle von den Bebauungsplänen eine GFZ unterhalb von 0,5 angesetzt wird, d.h. dem Wert, der als GFZ u.a. für eine Wohnbebauung im unbeplanten Innenbereich und für faktische Kleinsiedlungsgebiete zugrunde gelegt wird (§ 4 Abs. 3 Nr. 8a Buchst. aa) bzw. ab) Beitragssatzung). Zudem kann der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 12. Mai 2004 eingereichten Aufstellung entnommen werden, dass in zahlreichen Fällen, in denen eine GFZ von 0,5 und höher eingesetzt wird, der Gebietscharakter jedenfalls keine reine Wohnbebauung ist, sondern die Bebauungspläne wohl ein Mischgebiet festsetzen. Lediglich in 6,47 % der Fälle setzen Bebauungspläne eine Geschossflächenzahl von mehr als 0,5 an, d.h. einen höheren Wert als die Beitragssatzung in § 4 Abs. 3 Nr. 8a Buchst. ab) für eine Wohnbebauung im unbeplanten Innenbereich zugrunde legt. Bei diesen Fällen, in denen der Bebauungsplan über die 0,5 hinausgeht, handelt es sich aber wiederum in der Regel nicht um Wohnbebauung, sondern eher um Mischgebiete.

Wie die Erörterung in den mündlichen Verhandlungen weiter ergeben hat, sind die Grundstücke im unbeplanten Innenbereich nach Angaben der Antragstellerin durchschnittlich 1000 m2 groß, während nach den Angaben der Antragsgegnerin die durchschnittliche Grundstücksgroße immerhin ca. 800 m2 beträgt. Die Grundstücke in den überplanten Bereichen sind demgegenüber durchschnittlich kleiner.

Schließlich ist in den mündlichen Verhandlungen die Frage erörtert worden, ob im unbeplanten Innenbereich eine bauliche Ausnutzung in dem Maße möglich ist, wie die in der Tabelle zu § 4 Abs. 3 Nr. 8a Beitragssatzung zugrunde gelegten Werte es vorsehen. Dies ist von der Antragstellerin bestritten worden. Sie geht davon aus, dass die durchschnittliche Ausnutzung im unbeplanten Innenbereich lediglich bei 0,2 liegt und damit deutlich unterhalb der für eine Wohnbebauung vorgesehenen 0,5. Die Antragsgegnerin geht zwar von einer höheren baulichen Ausnutzbarkeit aus, hat aber weder schriftlich noch mündlich substanziiert dargelegt, dass der Wert von 0,5 auch nur annähernd erreicht wird.

Auf der Grundlage dieser Sachverhaltsermittlung gelangt der Senat zu folgenden Ergebnissen:

Die Werte, mit denen die Geschossflächenzahlen in der Tabelle zu § 4 Abs. 3 Nr. 8a Beitragssatzung angesetzt worden sind, sind nicht geeignet, den örtlichen Verhältnissen hinreichend Rechnung zu tragen. Die Werte der Tabelle für Kleinsiedlungsgebiete (GFZ von 0,5 bei eingeschossiger Bauweise) und für reine, allgemeine und besondere Wohn-, Misch- und Ferienhausgebiete (bei einem Vollgeschoss von 0,5 und bei zwei Vollgeschossen von jeweils 0,8) tragen den örtlichen Verhältnissen nicht hinreichend Rechnung.

Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Grundstücke im unbeplanten Innenbereich eine Größe von durchschnittlich 800 bis 1000 m2 haben. Dies führt dazu, dass bei typisierender Betrachtungsweise vergleichsweise große Grundstücke in unbeplanten Innenbereich ohne sachlichen Grund gegenüber den Grundstücken in überplanten Gebieten schlechter gestellt werden. Denn die Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat ergeben, dass die angesetzte Geschossflächenzahl im unbeplanten Innenbereich bei den oben genannten Fällen durchschnittlich nicht erreicht wird. Vielmehr bleibt die typische Bebauung, die dann wegen der prägenden Umgebung auch nur die zulässige Bebauung sein kann, so deutlich hinter den Werten der Tabelle zu Nr. 8a zurück, dass eine Rechtfertigung, die genannten Werte für das Gebiet der Antragsgegnerin anzusetzen, für den Senat auch nach eingehender Erörterung der vorgelegten Karten und Lichtbilder nicht mehr gegeben ist. Dabei kann offen bleiben, ob es zutrifft, dass z.B. in Wohngebieten bei eingeschossiger Bebauung lediglich eine Geschossflächenzahl von 0,2 erreicht wird (so die Antragstellerin) oder ob die Geschossflächenzahl sich (geringfügig) höher darstellt.

Es kommt hinzu, dass die Bebauungspläne der Antragsgegnerin deutlich überwiegend nur eine relativ niedrige Geschossfläche festsetzen. Auch dies führt dazu, dass eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Grundstücke im unbeplanten Innenbereich durch die in der Tabelle zu Nr. 8a angesetzte Werte eintritt. Diese Ungleichheiten führen dazu, dass sich die gesamten Maßstabsregelungen des § 4 Abs. 3 Beitragssatzung als nichtig erweisen.

Die willkürliche Ungleichbehandlung zwischen den beplanten Gebieten einerseits und dem unbeplanten Innenbereich andererseits wird durch die Anwendung der Baunutzungsverordnung noch verschärft. Wenn ein Bebauungsplan z.B. die Geschossflächenzahl von 0,5 festsetzt, ist dabei zu berücksichtigen, dass nach § 20 Abs. 4 BauNVO bei der Ermittlung der Geschossfläche Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO - also Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können - unberücksichtigt bleiben. Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben z.B. ferner die Flächen von Garagen im Sinne des § 21a Abs. 4 Nr. 2 BauNVO unberücksichtigt. Die zulässige Geschossfläche ist ferner um die Flächen notwendiger Garagen, die unter der Geschossoberfläche hergestellt werden, insoweit zu erhöhen, als der Bebauungsplan dies festsetzt oder Ausnahmen vorsieht (§ 21a Abs. 5 BauNVO). Dies führt im Ergebnis dazu, dass eine Bebauung in einem beplanten Gebiet die Festsetzung von 0,5 faktisch überschreiten kann und die Vorteilssituation, die ein beplantes Grundstück hat, einer "tatsächlichen Geschossflächenzahl" von mehr als 0,5 entspricht. Dies hat Bedeutung für die vergleichende Betrachtung mit dem unbeplanten Innenbereich. Wird auch dort die satzungsmäßige Geschossfläche von 0,5 zugrunde gelegt, bedeutet dies, dass eine Gleichbehandlung der Grundstücke im unbeplanten Innenbereich einerseits und in beplanten Gebieten andererseits erst dann eintreten wird, wenn die durchschnittliche Bebauung in unbeplanten Gebieten den Wert von 0,5 faktisch gleichfalls übersteigt. Da nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung bereits der Wert von 0,5 im unbeplanten Innenbereich - inklusive der auf den Luftbildern sichtbaren Nebenanlagen - nicht erreicht wird, wird ein höherer Wert erst recht verfehlt.

Die vorstehenden Ausführungen des Senates stehen nicht in Widerspruch zu dem Urteil des BVerwG vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -(BVerwGE 116, 188 = NJW 2002, 2807 = NVwZ 2002, 1123) zur Handelsmarktsatzung der Stadt Görlitz, das die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung angesprochen hat. Das Bundesverwaltungsgericht führt in der genannten Entscheidung aus, es bestehe eine gerichtliche Kontrollrestriktion im Hinblick auf die dem Ortsgesetzgeber zustehenden Prognoseentscheidungen bei Erlass einer Abgabensatzung. Die vorliegende Entscheidung des Senates beruht nicht auf einer Entscheidung der Frage, ob und wieweit eine Prognoseentscheidung der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, sondern auf der Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG. Auch verkennt der Senat nicht, dass es vorrangig Aufgabe des Ortsgesetzgebers ist, die Fallgruppen zu ermitteln, die er als im Wesentlichen gleich ansehen und dementsprechend auch gleich behandeln will bzw. Sachverhalte als ungleich zu bewerten und entsprechend ihrer Verschiedenheit auch unterschiedlich zu regeln. Die oben dargelegten Ermittlungen des Senates haben aber ergeben, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Bewertung der typischen Sachverhalte im unbeplanten Innenbereich einerseits und in beplanten Gebieten andererseits von der Vorteilssituation im Wesentlichen gleiche Sachverhalte willkürlich ungleich behandelt. Auch in den mündlichen Verhandlungen hat die Antragsgegnerin hierfür keine hinreichende sachliche Rechtfertigung geben können. Die Antragsgegnerin räumt in ihrem Schriftsatz vom 12. Mai 2004 selbst ein, dass bei überschlägiger Feststellung rein tatsächlich bei eingeschossiger Bauweise im unbeplanten Innenbereich eine Geschossflächenzahl von 0,5 nach den tatsächlich vorhandenen Geschossflächen weitgehend nicht erreicht wird. Aus diesem Grunde geht auch der Senat davon aus, dass auch rechtlich eine Geschossflächenzahl von 0,5 bei weitem nicht erreicht werden kann, da die vorhandene Umgebung einen diesbezüglichen Rahmen in der Regel nicht hergibt.

2. Demgegenüber greifen die weiteren Einwendungen der Antragstellerin gegen die Wirksamkeit der den Schmutzwasserbeitrag betreffenden Regelungen der Beitragssatzung und die ihr zugrunde liegende Kalkulation nicht durch.

a) Soweit die Antragstellerin rügt, die Beitragssatzung führe zu einem Artzuschlag für Gewerbe, so ist an diesem Ansatz durchaus zutreffend, dass bei der Abwasserbeseitigung ein Gewerbezuschlag in der Regel nicht vorteilsgerecht ist. Die Satzung der Antragsgegnerin enthält aber keinen solchen Gewerbezuschlag, sondern knüpft lediglich an die höhere bauliche Ausnutzbarkeit eines gewerblich genutzten Grundstücks an. Dies ist ein vertretbarer Ansatz und von daher im Rahmen des Normenkontrollverfahrens von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Aus den gleichen Gründen dürfte die von der Antragstellerseite angegriffene Regelung über die Gleichstellung der Gewerbe- und Kerngebiete in § 4 Abs. 3 Nr. 8a Buchst. ad) nicht zu beanstanden sein. In Gewerbe- und Kerngebieten kann eine höhere bauliche Ausnutzbarkeit in Betracht kommen, die auch für die Erhebung eines Anschlussbeitrages rechtlich relevant sein kann.

Mangels Entscheidungserheblichkeit kann es der Senat im vorliegenden Fall offen lassen, ob die Gruppe der großen Gewerbegrundstücke systemwidrig nicht vorteilsgerecht veranlagt wird, weil bei unbeplanten Gewerbegebieten § 4 Abs. 3 Nr. 8a Buchst. ad) Beitragssatzung zur Anwendung kommt, der Geschossflächenzahlen zwischen 0,7 und 1,5 vorsieht. Der diesbezügliche Vortrag ist nicht hinreichend substanziiert. Auf diese Fragen ist aber nicht mehr abschließend einzugehen, weil sich § 4 Abs. 3 Nr. 8a Beitragssatzung bereits aus den oben genannten anderen Gründen als nichtig erweist.

Soweit die Antragstellerin rügt, eine unterschiedliche Behandlung von Wohnhäusern in Kleinsiedlungsgebieten einerseits (§ 4 Abs. 3 Nr. 8a Buchst. aa) Beitragssatzung) und Wohnhäusern in Misch- und Ferienhausgebieten andererseits (§ 4 Abs. 3 Nr. 8a Buchst. ab) Beitragssatzung) mit Geschossen über drei sei nicht gerechtfertigt, ist dieser Einwand unberechtigt. Nach Aussage der Antragsgegnerin gibt es im Bereich der Hansestadt Wismar keine faktischen Kleinsiedlungsgebiete, bei denen mehr als drei Geschosse vorhanden sind. Damit läuft die betreffende Regelung im Hinblick auf Kleinsiedlungsgebiete (§ 4 Abs. 3 Nr. 8a Buchst. aa) Beitragssatzung) leer.

Auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit ist die diesbezügliche Regelung - wäre sie nichtig - mithin nicht geeignet, die Nichtigkeit der Regelungen über den Schmutzwasserkanalbaubeitrag insgesamt nach sich zu ziehen. Für die Wirksamkeit der Satzung ist es nämlich rechtlich unschädlich, wenn eine gleichheitswidrige Regelung in der Satzung zwar vorhanden ist, ein Anwendungsfall sich aber nicht stellt. In diesem Punkt unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem, der dem Urteil des Senats vom 15. März 1995 - 4 K 22/94 - (RAnB 1995, 229 = FiWi 1995, 259 = KStZ 1996, 114 = NJ 1995, 448 = MDR 1995, 972 = ZKF 1995, 230 = DVBl 1995, 1146 = Überblick 1995, 324) zugrunde gelegen hat. Eine solche unbeachtliche Regelung hat zudem auch keine Auswirkungen auf eine ordnungsgemäße Kalkulation (siehe hierzu unten).

b) Die Regelungen über den Schmutzwasserkanalbaubeitrag erweisen sich nicht wegen der satzungsmäßigen Tiefenbegrenzungsregelung als nichtig. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass eine Tiefenbegrenzungsregelung im Anschlussbeitragsrecht zulässig ist, wenn Flächen von der Beitragspflicht ausgenommen werden, die im Außenbereich liegen. Dies gilt nach der hier vorliegenden Satzungsregelung für die jenseits einer Tiefenbegrenzung von 50 m liegenden Grundstücksflächen, die nicht überplant sind.

Diese typisierende Annahme ist für den Bereich der Antragsgegnerin vertretbar. Die Antragsgegnerin hat eine durchschnittliche Tiefe von 42 m ermittelt. Diese Ermittlungen hat die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 24. März 2004 dem Senat dargelegt und zudem in den mündlichen Verhandlungen schlüssig und überzeugend vorgetragen. Dem Senat ist die Überzeugung vermittelt worden, dass die Antragsgegnerin sämtliche Grundstücke, bei denen die Tiefenbegrenzung zur Anwendung kommt, mit in den Blick genommen hat. Somit kann weder die 50-m-Linie für den Bereich der Hansestadt Wismar von Rechts wegen beanstandet werden, noch kann die Festsetzung dieser Tiefenbegrenzung Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Beitragskalkulation hervorrufen. Vielmehr stellt sich die gewählte Tiefe von 50 m als ortsangemessen dar.

Wie die Antragstellerin zutreffend feststellt, regelt die Satzung eine Tiefenbegrenzung für den Fall, dass die Grundstücke vom Innen- in den Außenbereich übergehen. Die Regelung der Satzung, wonach eine so genannte übergreifende Bebauung zu berücksichtigen ist, ist rechtlich nicht nur nicht zu beanstanden, sondern sogar geboten.

Im Übrigen lässt die Rechtsprechung des OVG Greifswald zur satzungsmäßigen Tiefenbegrenzung bei leitungsgebundenen Einrichtungen dem Ortsgesetzgeber einen weiten Spielraum (vergleiche OVG Greifswald, Beschluss vom 20. November 2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259 = DVBl 2004, 587 = Überblick 2004, 273; Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 1 M 62/03 -, Juris M-V; Beschluss vom 29. November 2001 - 1 M 66/00 -, NordÖR 2002, 81). Im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen kann eine so genannte schlichte Tiefenbegrenzungsregelung bei Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen, den örtlichen Verhältnissen entsprechen (OVG Greifswald, Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 16/00 -, KStZ 2002, 132 = NVwZ-RR 2002, 687 = NordÖR 2002, 138 = DVBl 2002, 644 = DÖV 2002, 626 = Überblick 2002, 83).

Das Argument der Antragstellerin, die Tiefenbegrenzung müsse im vorliegenden Fall der Hansestadt Wismar entweder auch auf Grundstücke bezogen werden, die vollumfänglich im unbeplanten Innenbereich lägen, oder aber es müsste für jedes Grundstück eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden, ist nicht zutreffend. Die Argumentation ist bereits nicht schlüssig. In der Literatur und Rechtsprechung wird lediglich diskutiert, ob eine so genannte schlichte Tiefenbegrenzung im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen, wie sie vom OVG Greifswald, a.a.O., akzeptiert wird, rechtlich zulässig ist. Weitgehend unstreitig ist aber der von der Antragsgegnerin gewählte rechtliche Ansatz, eine Tiefenbegrenzungsregelung auf die Fälle zu beschränken, bei denen das Grundstück im Innenbereich beginnt und in den Außenbereich übergeht.

Soweit sich die Antragstellerin auf Berufungsfälle für unsachgerechte Veranlagungen beruft, ist dieser Argumentation nicht zu folgen. Es macht einen sachlichen Unterschied und rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung, wenn ein Grundstück in vollem Umfang im Innenbereich liegt. Damit hat dieses Grundstück in vollem Umfange Baulandqualität. Auch in einem überplanten Gebiet kann die Grundstücksfläche in der Regel nicht zu 100 % überbaut werden. In der Regel wird ein Baufenster festgesetzt werden, in das sich die Bebauung einordnen muss. Nichts anderes gilt auch für den unbeplanten Innenbereich, bei dem die rückwärtigen Grundstücksteile durchaus nur Gartenlandqualität haben mögen. Demgegenüber ist der Außenbereich einer Bebauung grundsätzlich entzogen.

Veranlagungsfehler berühren im Übrigen grundsätzlich nur den Einzelfall. Die Antragstellerin hat mit ihrem Vortrag zur Tiefenbegrenzung die Kalkulation auch nicht substanziell in Frage gestellt.

c) Die der Ermittlung der Beitragssätze zugrunde liegende Kalkulation weist für den Schmutzwasserbeitrag keine durchgreifenden Mängel auf.

Der Einwand der Antragstellerin, es bestünden Ungenauigkeiten bei der Flächenermittlung, greift nicht durch. Bei einer Kalkulation ist ein gröberer Maßstab anzulegen als bei der Heranziehung von Grundstücken im Einzelfall. Dies ergibt sich schon daraus, dass eine Globalkalkulation vorab erstellt wird und das gesamte Satzungsgebiet erfasst.

Auch eine eventuelle Abweichung zwischen den Originalflurkarten und den digitalisierten Karten, die nach Auffassung der Antragstellerin 5 bis 10 % betragen solle, ist nicht ohne weiteres geeignet, einen Kalkulationsfehler zu begründen. Wenn die Abweichung des Gesamtergebnisses z.B. bei 10 % liegen sollte, so ist dies im Rahmen der Globalkalkulation eine hinzunehmende Ungenauigkeit, die sich aus systembedingten Gründen bei einer Globalberechnung schwerlich vermeiden lassen wird. Die Grenze ist dort, wo ein erheblicher methodischer Fehler die Ursache für diese Abweichung ist bzw. die angelegte Verfahrensweise vorhersehbar zu einem in eine eindeutige Richtung gehenden Fehler führen wird. Dies ist hier nicht einmal substanziell behauptet worden. Die gerügten Kalkulationsabweichungen können sowohl "nach oben" wie "nach unten" gehen und sich daher in beide Richtungen von dem Ergebnis entfernen, das sich bei einer exakten "millimetergenauen" Berechnung ergeben würde.

Eine Beitragskalkulation, die sich als Globalberechnung darstellt, wird nicht etwa dadurch fehlerhaft, dass z.B. bei einzelnen Grundstücken im Rahmen der Flächenermittlung der Kalkulation eine satzungsmäßige Tiefenbegrenzung falsch angewandt wird. Es mag zwar durchaus zutreffen, dass besonders tiefe Grundstücke im unbeplanten Innenbereich als typische Fallgruppe angesehen werden können. Dies ändert aber nichts daran, dass eine Satzungsregelung in der Weise differenzieren darf, wie es die Beitragssatzung der Antragsgegnerin tut.

Die Kalkulation des Schmutzwasserbeitrages wird nach Auffassung des Senates nicht im Hinblick auf die eingestellten Kosten für das Klärwerk in Frage gestellt. Vielmehr haben die mündlichen Verhandlungen ergeben, dass keine substanziellen Bedenken gegen die wesentlichen Kostenpositionen bestehen und eine ordnungsgemäße Prognose im Hinblick auf die Größe des Klärwerkes getroffen worden ist. Von einer Überkapazität kann der Senat nicht ausgehen.

Bei der technischen Ausgestaltung und auch der Dimensionierung besteht für den Betreiber der öffentlichen Einrichtung ein weiter Ermessensspielraum. Bei der Dimensionierung einer (Klär-)Anlage handelt es sich um eine Prognoseentscheidung (OVG Greifswald, Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 24/99 -, NordÖR 2002, 171 = LKV 2002, 380 = DVBl 2002, 643 = ZKF 2002, 180).

Nach der Rechtsprechung des Senates sind Prognoseentscheidungen des Satzungsgebers in der Regel in einem zweistufigen Verfahren zu überprüfen: Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Prognose sich bewahrheitet hat, so wird in der Regel auch von einer ordnungsgemäßen Prognoseentscheidung ausgegangen werden können. Werden die prognostizierten Werte erzielt, kann daraus in der Regel im Nachhinein der Umkehrschluss gezogen werden, dass die getroffene Prognose nicht in einer durch das Gericht zu beanstandenden Weise fehlerhaft gewesen ist (OVG Greifswald, Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 24/99 -, NordÖR 2002, 171 = LKV 2002, 380 = DVBl 2002, 643 = ZKF 2002, 180). Lediglich dann, wenn heute feststeht, dass sich die prognostizierten Umstände so nicht bewahrheitet haben, bedarf es der genaueren Überprüfung, ob nach dem Erkenntnisstand, der dem entscheidenden Gremium bei seiner Beschlussfassung bekannt gewesen ist, die Prognose so hat getroffen werden können. Es ist dann entscheidend, ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Vertretung (hier der Bürgerschaft) die Prognose ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Nicht erheblich ist, ob sich die Prognose Jahre später bewahrheitet (OVG Greifswald, Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 24/99 -, NordÖR 2002, 171 = LKV 2002, 380 = DVBl 2002, 643 = ZKF 2002, 180).

Dies führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Prognoseentscheidung im Hinblick auf die Klärwerksgröße bereits deshalb als ordnungsgemäß anzusehen ist, weil im Zeitpunkt der Entscheidung des Senates die Kläranlage zu nahezu 90 % ausgelastet ist. Dies haben die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ergeben. Nicht zu beanstanden ist, dass bei diesen 90 % ca. 7.500 Einwohnergleichwerte enthalten sind, die der Entwässerung einer Nachbargemeinde dienen; andererseits hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass gegenwärtig Verhandlungen mit einer Molkerei bestehen. Im Falle ihrer Ansiedlung würden (weitere) 20.000 Einwohnergleichwerte benötigt. Die Zuziehung eines Sachverständigen hält der Senat daher im Hinblick auf die Klärwerksgröße für entbehrlich.

Die Prognoseentscheidung der Bürgerschaft ist aber auch aus damaliger Sicht zutreffend getroffen worden. Insbesondere die von den Beteiligten kurz vor der letzten mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen haben ergeben, dass vor der Beschlussfassung in der Bürgerschaft eine jahrelange Diskussion über die Größe des Klärwerkes stattgefunden hatte. Während zunächst verwaltungsseitig eine Kapazität von 140.000 Einwohnergleichwerten gefordert war, haben die seinerzeitigen Oppositionsparteien in der Bürgerschaft der Antragsgegnerin eine Kapazität von 90.000 Einwohnergleichwerten für angemessen erachtet. Wenn die Bürgerschaft bei ihrer Beschlussfassung dann, gestützt auf ein diesbezügliches Gutachten, eine Kapazität von 100.000 Einwohnergleichwerten zugrunde legt, ist für den Senat in keiner Weise ersichtlich, wieso der dem Ortsgesetzgeber zustehende satzungsgebende Prognosespielraum überschritten sein soll.

D. Die Vorschriften über die Erhebung des Niederschlagwasserbeitrages sind wirksam.

1. Der Beitragsmaßstab ist gültig. Der Einwand der Antragstellerin, § 5 Abs. 4 Beitragssatzung sei unwirksam, weil die Geschossflächenzahlen der Nr. 2, d.h. für Fälle, in denen kein Bebauungsplan bestehe, eine ungerechtfertigte Schlechterstellung dieser Grundstücke gegenüber den Grundstücken bewirke, die in einem Bebauungsplan lägen, greift nicht durch. Anders als bei der Ermittlung des Schmutzwasserkanalbaubeitrages ist in § 5 Abs. 4 Nr. 2 Beitragssatzung für Kleinsiedlungs-, Wochenendhaus- und Campingplatzgebiete eine Grundflächenzahl von 0,2 und für Wohn-, Dorf-, Misch- und Ferienhausgebiete von 0,4 festgesetzt worden.

Insbesondere in den mündlichen Verhandlungen hat die Antragstellerin versucht darzulegen und anhand von Lageplänen nachzuweisen, dass in den unbeplanten Gebieten eine Grundflächenzahl von durchschnittlich nur 0,1 anzutreffen sei, und zwar auch dann, wenn es sich um Wohngebiete handele. Die diesbezüglichen Aussagen sind für den Senat nicht plausibel geworden. Nach Einschätzung des Senates handelt es sich bei einigen der in den Blick genommenen Gebiete, die lediglich geringfügig bebaut sind, um Kleingartengebiete, die rechtlich dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen sind. Die Erörterungen haben weiter ergeben, dass dort lediglich Gartenlauben anzutreffen sind.

Die Ermittlung eines geeigneten Maßstabes für die Niederschlagwasserbeseitigung stellt sich für den kalkulierenden Ortsgesetzgeber als besonders schwierig dar, da neben den bebauten Flächen auch befestigte Flächen mit in den Blick genommen werden können. Aus diesem Grund besteht für den Ortsgesetzgeber in diesem Punkt ein weiter Gestaltungsspielraum. Eine Überschreitung dieses Einschätzungsspielraumes und mithin eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG ist im Ergebnis nicht festzustellen.

Die vorgelegten Lagepläne und Luftbilder haben dem Senat zwar die Auffassung vermittelt, dass die eigentlichen Hauptgebäude in den faktischen Wohngebieten - verglichen mit der Grundstücksgröße - vergleichsweise klein sind; daher ist der Beitragsmaßstab Schmutzwasser, wie er in § 4 Abs. 3 Nr. 8a Beitragssatzung enthalten ist, vom Senat auch als unwirksam angesehen worden. Andererseits sind zahlreiche Nebenanlagen und befestigte Flächen anzutreffen, die für die Erhebung des Niederschlagswasserbeitrages relevant sind. Bei einer solchen bestehenden Unsicherheit liegt es noch im Rahmen einer zulässigen Pauschalierung und innerhalb des dem Ortsgesetzgeber zustehenden Einschätzungsspielraums, wenn er die eben genannten Werte von 0,2 bzw. 0,4 als Grundflächenzahl für den Niederschlagswasserbeitrag festsetzt.

Im Rahmen des Niederschlagwasserbeitrages lässt sich für den Senat auch nicht erkennen, dass die Grundstücke, die im unbeplanten Innenbereich liegen, typischerweise schlechter gestellt werden als solche, die in einem Bebauungsplangebiet liegen. Auch dies liegt im Wesentlichen darin begründet, dass die Festsetzungen von 0,2 bzw. 0,4 für die oben genannten unbeplanten Gebiete typischerweise eher von Rechts wegen ausgenutzt werden können - und von daher auch ausgenutzt werden - als das bei den korrespondierenden Festsetzungen für den Schmutzwasserbeitrag der Fall ist. Daher erscheint im Bereich Niederschlagswasserbeitrag eine ähnliche Ausnutzung der satzungsmäßigen Festsetzungen im unbeplanten Innenbereich wie für beplante Gebiete im Bereich der Antragsgegnerin ortstypisch.

2. Ein Normenkontrollantragsverfahren nach § 47 VwGO dient nicht nur dem subjektiven Rechtsschutz, sondern auch der objektiven Rechtskontrolle (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2000 - 4 BN 59.00 -, NVwZ 2001, 431 m.w.N.). Das Normenkontrollgericht sei nicht verpflichtet, jeden geltend gemachten Rechtsfehler zu ermitteln, wenn es einen anderen Rechtsfehler im Sinne der Entscheidungsreife für durchgreifend ansehe. Eine prozessuale Pflicht zu einer umfassenden Prüfung besteht nur insoweit, als das Normenkontrollgericht seine Kontrolle erst beenden darf, wenn es keine Möglichkeit gefunden hat, dem Antragsbegehren stattzugeben (so BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 - 4 BN 21.01 -, NVwZ 2002, 83 ff.; Schmidt, LKV 2003, 71). Bei der Prüfung ist das Normenkontrollgericht daher nicht auf die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel beschränkt. Es kann die Rechtsnorm auch aus Gründen für nichtig erklären, die die privaten Belange der Antragstellerin nicht berühren (BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2000 - 4 BN 59/00 -, NVwZ 2001, 431; einschränkend demgegenüber BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -, BVerwGE 116, 188 = NJW 2002, 2807 = NVwZ 2002, 1123, zur Handelsmarktsatzung der Stadt Görlitz). Im Einzelfall ist es häufig nahe liegend oder auch wünschenswert, dass das Normenkontrollgericht seine Prüfung auf sich anderweitig aufdrängende Mängel ausdehnt (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001, a.a.O.).

Daher hat der Senat im Wege der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) eine Prüfung wichtiger Eckpunkte der Kalkulation vorgenommen. Dabei ist zutage getreten, dass bei der Kalkulation des Regenwasserbeitrages ein erheblicher Schreibfehler unterlaufen ist, den die kalkulierende GmbH auch selbst auf Seite 9 ihres Schreibens vom 29. Januar 2003 einräumt: Bei den Kosten der Turmstraße hat ein Schreibfehler zu einer Differenz von 1.403.610 DM geführt. Statt der Zahl 155.954,70 DM ist die Zahl 1.559.564,70 DM geschrieben worden. Dieser Schreibfehler hatte - gem. dem Schreiben vom 29. Januar 2003 - folgende Auswirkungen: Statt des höchstzulässigen Regenwasserkanalbaubeitrags von 7,57 DM ergibt sich ein höchstzulässiger Beitrag von 7,44 DM. Beschlossen hat die Bürgerschaft einen Regenwasserkanalbaubeitrag von 5,30 DM.

Dieser Fehler ist nicht bereits deshalb unbeachtlich, weil er das Kostenüberschreitungsverbot nicht infrage stellt. Es ist nämlich der so genannten Inhaltsrichtigkeitstheorie zu folgen (OVG Greifswald, Beschluss vom 15. Juli 2003 - 1 M 60/03 -, DVBl 2003, 1223 = DÖV 2003, 913 = NordÖR 2003, 418 = NVwZ-RR 2004, 137 = Überblick 2003, 635). Die gerichtliche Überprüfung einer Abgabenkalkulation bezieht sich nicht nur auf eine bloße rechnerische Ergebniskontrolle (so genannte Ergebnisrichtigkeitstheorie). Daher ist die Frage des Deckungsgrades, d.h., dass die Bürgerschaft einen Beitragssatz unterhalb des höchstmöglichen Satzes beschlossen hat, insoweit rechtlich irrelevant (vgl. Aussprung in Aussprung/Sielners/Holz, KAG M-V, § 2 Erläuterung 4.2.4., m.w.N.).

Die Frage, welche Wirkungen ein Fehler bei der Kalkulation kommunaler Beiträge und Gebühren nach sich zieht, ist im Übrigen vorrangig eine Frage des Landesrechts. Das Landesrecht Mecklenburg-Vorpommerns schränkt den Spielraum des Ortsgesetzgebers durch § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V, wonach die Ermittlung des Satzes der öffentlichen Abgaben und die Festsetzung allgemeiner privatrechtlicher Entgelte in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeindevertretungen fallen, ein. Damit ist ein Element des Satzungsverfahrens verselbstständigt und unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.

Der Fehler im Hinblick auf die Kosten der Turmstraße ist aber andererseits auch nicht bereits deshalb beachtlich, weil die Bürgerschaft bei ihrer Beschlussfassung exakt einen Beitragssatz von 70 % hat beschließen wollen. Vielmehr ist - wie bereits oben ausgeführt - der in mehreren Punkten zum Ausdruck kommende Wille der Bürgerschaft dahingehend zu verstehen, dass vorrangig die satzungsmäßigen Beitragssätze haben beschlossen werden sollen und die Angabe, dass es sich hierbei um 70 % des höchstzulässigen Beitrags handele, lediglich eine untergeordnete und klarstellende Funktion hat haben sollen.

Die unzutreffende Angabe bzgl. der Kosten Turmstraße ist im Ergebnis nicht beachtlich. Denn nach der bisherigen Rechtsprechung des OVG Greifswald, die im vorliegenden Fall fortentwickelt ist, gilt: Die Ungültigkeit einer Abgabensatzung ist dann anzunehmen, wenn erstens in erheblichem Umfang nicht beitragsfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, oder zweitens, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht (OVG Greifswald, Urteil vom 7. November 1996 - 4 K 11/96 -, RAnB 1997, 179 = VwRR MO 1997, 13 = FiWi 1999, 234 = NJ 1997, 280 = ZKF 1997, 157 = DVBl 1997, 1072 = LKV 1997, 422 = Überblick 1997, 298). Die Ungültigkeit eines Abgabensatzes tritt als zwingende Folge immer dann ein, wenn die unterbreitete Kalkulation in einem für die Abgabenhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft ist, weil das Vertretungsorgan ansonsten ein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (OVG Greifswald, Urteil vom 25. Februar 1998 - 4 K 8/97 -, NordÖR 1998, 256 = VwRR MO 1998, 227 = KStZ 2000, 12 = NJ 1998, 609 = NVwZ-RR 1999, 144 = ZKF 1999, 111 = GemH 1999, 234 = Überblick 1998, 518).

Ein methodischer Fehler liegt im vorliegenden Fall nach Auffassung des Senates nicht vor, da sich der Sachverhalt im Hinblick auf die Turmstraße als ein bloßer Schreibfehler darstellt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Schreibfehler erhebliche nicht beitragsfähige Kosten in die Kalkulation einstellt, denn es geht um einen Millionenbetrag. Wegen der absoluten Höhe der Kalkulation des Regenwasserbeitrages im Bereich der Antragsgegnerin hat aber auch ein solcher Betrag im Hinblick auf den Deckungsgrad lediglich eine geringe Bedeutung. Bei einer zutreffenden Ermittlung des Beitragssatzes hätte die Bürgerschaft einen Deckungsgrad von 71,24 % beschlossen. Nach der zugrunde gelegen Kalkulation nahmen sie aber an, einen Deckungsgrad für Regenwasser von 70,01 % zu beschließen. Die Abweichung beträgt mithin 1,23 Prozentpunkte.

Nach Auffassung des Senates muss im vorliegenden Fall nicht vertieft werden, ob und ggf. in welcher Größenordnung sich Abweichungen auf der Kostenseite generell (d.h. ohne den Grund der Fehleinschätzung zu hinterfragen) als zulässig darstellen. Vielmehr sind die beiden oben genannten rechtlichen Gesichtspunkte (erhebliche methodische Fehler und erheblicher nicht beitragsfähiger Aufwand) miteinander logisch zu verknüpfen: Bei einer - in ihrer Methodik fehlerfreien - Kalkulation ist dem Ortsgesetzgeber ein Spielraum einzuräumen, innerhalb dessen Schreibfehler, die auch den Deckungsgrad beeinflussen, in gewissem Umfang noch als unbeachtlich angesehen werden können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Auswirkungen auf den Deckungsgrad nur "gering" sind und der beschlossene Beitrag noch sehr weit von dem höchstzulässigen Beitrag entfernt ist. Die genauere Grenzziehung ist im vorliegenden Fall - mangels Entscheidungserheblichkeit - nicht erforderlich. Zusammenfassend gilt somit: Das Kriterium der fehlerfreien Methodik ist das Entscheidende. Die Tatsache, dass in erheblichem Umfange nicht beitragsfähiger Aufwand eingestellt wird, ist nur als eine Hilfstatsache (als ein Indiz) für einen methodischen Fehler anzusehen. Dieses Indiz ist im vorliegenden Fall - da hier lediglich ein Schreibfehler vorliegt - widerlegt.

Dies gilt, obwohl im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Veränderung des Deckungsgrades noch die Problematik hinzutritt, dass die Höhe des Deckungsgrades ausdrücklich von der Bürgerschaft mit beschlossen worden ist. Dies wäre nach Auffassung des Senates nicht erforderlich gewesen, da es ausreicht, dass eine Kalkulation der Bürgerschaft bei ihrer Beschlussfassung vorliegt und diese von der Bürgerschaft mit beschlossen wird, um so das "Ermitteln" des Beitragssatzes zu dokumentieren. Die Beschlüsse der Bürgerschaft sind gleichwohl - wie bereits ausgeführt - nicht widersprüchlich, weil die Bürgerschaft vorrangig die konkreten Beitragssätze hat beschließen wollen.

3. Die Vorschriften über die Erhebung des Niederschlagswasserbeitrages erweisen sich auch nicht deshalb als nichtig, weil der oben genannte Schreibfehler in der Kalkulation dazu führt, dass sich der Deckungsgrades geringfügig verschiebt. Die Antragsteller haben insoweit nicht substanziiert vorgetragen, inwieweit dadurch eine Veränderung bei den kalkulatorischen Kosten eintritt, die im Rahmen der Niederschlagswassergebühr angesetzt werden können (§ 6 Abs. 2 KAG M-V). Zudem ist diese Frage für die Anfechtung einer (Niederschlagswasser-)Beitragssatzung rechtlich nicht relevant. Im vorliegenden Fall ist nicht die Gebührenkalkulation für die Regenwassergebühren im Streit, sondern ausschließlich die Beitragssatzung.

E. Die drei im Termin am 19. Mai 2004 gestellten Beweisanträge (Seite 243 bis 245 der Gerichtsakte) sind abzulehnen gewesen. Soweit dabei Wertungen und Rechtsfragen weiter unter Beweis gestellt worden ist, handelt es sich nicht um dem Beweis zugänglichen Tatsachen. Die in den Anträgen genannten Tatsachen erachtet der Senat durch die zu den Akten gereichten Pläne und Fotografien, in die den Beteiligten Einsicht gewährt worden ist, als belegt.

Ferner ist der Antrag auf Beiziehung weiterer Unterlagen (siehe Seite 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2004) abzulehnen gewesen. Die Beiziehung war nicht erforderlich für die Klärung der Rechtsfrage, ob eine Prognoseentscheidung vertretbar gewesen ist. Dies hat der Senat aus den oben genannten Gründen bejaht.

F. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 VwGO).

Ende der Entscheidung

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