Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 22.12.2004
Aktenzeichen: 4 M 300/04
Rechtsgebiete: KV M-V, VwGO


Vorschriften:

KV M-V § 125 Abs. 6
VwGO § 47 Abs. 6
Erfolgt die Auflösung eines Amtes auf freiwilliger Basis, kann eine die Auflösung bestimmende Verordnung das Amt insoweit nicht (mehr) in seinen Rechten verletzen. Dies gilt auch hinsichtlich der Bestimmung des Rechtsnachfolgers als auch bezüglich der Zuordnung der Gemeinden zu anderen Ämtern.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

Az.: 4 M 300/04

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Normenkontrolle - Kommunalrecht -

hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 22. Dezember 2004 in Greifswald durch

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Das antragstellende Amt begehrt im Zusammenhang mit dem Normenkontrollverfahren 4 K 26/04 den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO mit dem Ziel der vorläufigen Aussetzung des Vollzugs von Verordnungen zur Ämterneubildung.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 31.03.2004 stellte der Amtsausschuss des Antragstellers fest, dass das Amt aller Voraussicht nach nicht weiter bestehen werde.

Der Antragsgegner hörte mit Schreiben vom 02.07.2004 die betroffenen Gemeinden, Landkreise und Ämter, darunter den Antragsteller, zur beabsichtigten Auflösung des Antragstellers mit Wirkung zum 01.01.2005, zur Rechtsnachfolge sowie zur Zuordnung der bislang zum Antragsteller gehörenden Gemeinden zu anderen Ämtern an.

Mit Beschluss des Amtsausschusses des Antragstellers vom 10.08.2004 (Nr. 8-5/2004) wurde der beabsichtigten Auflösung des Amtes mit Wirkung zum 01.01.2005 zugestimmt. Der beabsichtigten Zuordnung der Gemeinde G. zum neu zu bildenden Amt Dorf M.-B.K. wurde dagegen nicht zugestimmt.

Nach Beschlussfassungen durch die jeweiligen Vertretungen schlossen der Antragsteller, die Ämter Dorf M., B.K., K. und G.-L. sowie die Stadt G. unter dem 29.09.2004 einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Regelung des Übergangs der Gemeinden des Antragstellers auf die beteiligten Ämter sowie zur Rechtsnachfolge des Antragstellers. Im einzelnen wurde u.a. festgelegt, dass die Gemeinde G. dem Amt G.-L. und die Gemeinde Z. dem Amt K. zugeordnet werden soll; die Gemeinde Ba. habe noch keine Entscheidung über ihre Amtszugehörigkeit getroffen. Die Gemeinde G. K. war durch eine Eingemeindung mit der Gemeinde B. bereits zum 13.06.2004 zum Amt B.K. gewechselt. Als Rechtsnachfolger des aufzulösenden Antragstellers wurde das Amt G.-L. bestimmt. Das Personal des Antragstellers sollte auf die Ämter Dorf M.-B.K. und K. sowie die Stadt G. übergeleitet und durch diese übernommen werden. Mit dem Vertrag sollte der Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung mit Wirkung zum 01.01.2005 durch den Beklagten beantragt werden. Mit Verordnung des Innenministeriums M-V vom 06.10.2004 (GVOBl. M-V S.486), in Kraft getreten am 15.10.2004, wurden die Ämter B.K. und Dorf M. aufgelöst und das neue Amt Dorf M.-B.K. mit Sitz in Dorf M. gegründet. Durch Erste Änderungsverordnung vom 08.10.2004 zur o.g. Verordnung (GVOBl. M-V S. 499) wurden die (bislang zum Antragsteller gehörenden) Gemeinden G. und B. mit Wirkung zum 01.01.2005 dem neu gegründeten Amt Dorf M.-B.K. zugeordnet und dieses zum Rechtsnachfolger des Antragstellers bestimmt. Gleichzeitig wurde durch Art. 1 Nr. 2 der Vierzehnten Verordnung zur Änderung der Ersten Landesverordnung zur Bildung von Ämtern und zur Bestimmung der amtsfreien Gemeinden vom 08.10.2004 (GVOBl. M-V S. 499) der Antragsteller mit Wirkung zum 01.01.2005 aufgelöst.

Entsprechend dieser Verordnungslage erging unter dem 11.10.2003 eine Verfügung des Innenministeriums M-V, nach der die Auflösung der Ämter Dorf M. und B.K. und der Zusammenschluss der diesen Ämtern angehörenden Gemeinden zum neuen Amt Dorf M.-B.K. auf Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages vom 26.03.2004 gemäß § 125 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Kommunalverfassung M-V (KV M-V) umgesetzt wurde. Gleichfalls ist ausgeführt, dass nach § 125 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KV M-V der Antragsteller auf der Grundlage des Prinzips der Freiwilligkeit mit Wirkung zum 01.01.2005 im Verordnungswege aufgelöst, die Gemeinden G. und Ba. dem neu zu bildenden Amt Dorf M.-B.K. und die Gemeinden G. und Z. dem Amt K. zugeordnet und das Amt Dorf M.-B.K. zum Rechtsnachfolger des Antragstellers bestimmt werde. Zur Begründung wurde u.a. angeführt, dass entgegen dem öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 29.09.2004 nach Abwägung aller Gründe des öffentlichen Wohls eine Zuordnung der Gemeinden G. und Ba. nur zu dem an die Hansestadt W. angrenzenden Amt Dorf M.-B.K. in Betracht komme. Zum Rechtsnachfolger des Antragstellers sei das Amt Dorf M.-B.K. zu bestimmen, da auch im Falle der auflösungsbedingten Aufteilung der amtsangehörigen Gemeinden auf mehrere Verwaltungen aus Gründen der Rechtssicherheit nur eine Körperschaft als Rechtsnachfolger zu bestimmen sei. Dies sei in der Regel diejenige Körperschaft, die die meisten Einwohner aufnehme.

Unter dem 15.11.2004 legte der Antragsteller Widerspruch gegen die Verfügung vom 11.10.2004 ein, soweit sie die Auflösung des Antragstellers und die Bestimmung der Rechtsnachfolge betrifft. Gleichzeitig wurde der Normenkontrollantrag zum Az. 4 K 26/04 mit dem Ziel der Feststellung der Nichtigkeit der Verordnungen vom 08.10.2004 sowie der vorliegende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Der Antragsteller macht geltend, er sei gemäß § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Die angegriffenen Normen würden rechtliche Wirkung auch für sein Rechtsverhältnis entfalten. Durch diese werde in die Ämterstruktur eingegriffen, insbesondere seine, des Antragstellers Auflösung verfügt. Bei einem derartigen Eingriff des Verordnungsgebers sei der Vertrauensschutz sowohl der betroffenen Gemeinde(n) als auch der Ämter zu gewährleisten. Nicht nur die Auflösung sondern auch die Verfügung über die Rechtsnachfolge greife in das Rechtsverhältnis des Antragstellers ein. Die Vernichtung dieser Rechtspersönlichkeit (durch Auflösung) sei überhaupt nur dadurch möglich, dass eine Rechtsnachfolge geregelt werde. Dementsprechend sei der Eingriff in das Rechtsverhältnis des Antragstellers sowohl durch die rechtsvernichtende Verordnung über die Auflösung als auch durch die rechtsfolgenregelnde Verordnung zur Bestimmung der Rechtsnachfolge eingetreten. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts habe der Antragsteller einen Rechtsanspruch darauf, dass in seine Existenz nur eingegriffen werde, wenn sich dieser Eingriff im Rahmen der gesetzlichen Eingriffsmöglichkeiten bewege. Die Rechtsverordnung(en) sei(en) verfahrensfehlerhaft erlassen worden und auch materiell rechtsfehlerhaft.

Der Antragsteller beantragt,

1. den Vollzug der 14. Verordnung zur Änderung der Ersten Landesverordnung zur Bildung von Ämtern und zur Bestimmung der amtsfreien Gemeinden vom 08.10.2004 vorläufig, bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag, auszusetzen,

2. den Vollzug der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Auflösung der Ämter B.K. und Dorf M. und zur Neubildung des Amtes Dorf M.-B.K. vom 08.10.2004 vorläufig, bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag, auszusetzen,

3. dem Antragsteller zu gestatten, mit Wirkung zum 01.01.2005 die Amtsgeschäfte im Sinne des öffentlich-rechtlichen Vertrages vom 29.09.2004 auf das Amt G.-L. als Rechtsnachfolger zu übertragen und insbesondere zu gestatten, sein Personal mit Ablauf des 31.12.2004 auf die Ämter Dorf M.-B.K. und K. sowie die Stadt G. überzuleiten und zum 01.01.2005 das bewegliche Vermögen vorläufig in die Verfügungsgewalt des Amtes G.-L. zu übertragen und die Datenübergabe entsprechend § 3 des öffentlich-rechtlichen Vertrages vom 29.09.2004 zu bewirken,

hilfsweise

dem Antragsteller zu gestatten, auch nach dem 31.12.2004 vorläufig, bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag, die Amtsgeschäfte der zum Zeitpunkt der Antragstellung zugehörigen Gemeinden weiter zu betreiben.

Der Antragsgegner ist den Anträgen entgegengetreten; er hält sie für unzulässig. Eine Verletzung des Antragstellers in eigenen Rechten sei nur möglich, wenn sich die Rechtslage zu dessen Nachteil verändern würde. Da die angegriffenen Verordnungen allerdings erst am 01.01.2005 wirksam würden und der Antragsteller aufgrund der Anhebung der Einwohnermindestgrenzen in § 125 Abs. 3 Satz 3 KV M-V - sei es durch die angegriffenen Verordnungen oder durch eine andere zu erlassende Verordnung - aufzulösen wäre, scheide eine Verletzung der Rechte aus. Der Abschluss eines Fusionsvertrages begründe kein subjektives Recht auf Umsetzung, da er für eine Fusion nicht konstitutiv sei. Es existiere auch kein subjektives Recht von Ämtern, im Falle ihrer Auflösung die Zuordnung der ehemaligen Mitgliedsgemeinden quasi "testamentarisch" verfügen zu können. Eine derartige Rechtsposition sehe die Rechtsordnung nur zugunsten natürlicher Personen vor. Dass gegebenenfalls von der infolge der Auflösung des Amtes vorzunehmenden Zuordnung der ehemaligen Mitgliedsgemeinden diese in eigenen Rechten verletzt sein könnten, könne für dieses Verfahren außer Betracht bleiben. Die Geltendmachung vermeintlicher Rechtsverletzungen wäre insoweit nur im Namen der jeweiligen amtsangehörigen Gemeinden, vertreten durch das Amt, zulässig. Für einen Normenkontrollantrag des Amtes im eigenen Namen fehle dagegen ein Rechtsschutzbedürfnis. Der Normenkontrollantrag sei darüber hinaus auch unbegründet. Die angegriffenen Rechtsverordnungen seien sowohl formell als auch materiell rechtmäßig. Da dem Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren nach überwiegender Wahrscheinlichkeit der Erfolg versagt bleiben müsse, seien auch die Anträge im einstweiligen Rechtsschutzverfahren unbegründet.

Die betroffenen Gemeinden und Ämter wurden angehört.

Die Stadt G. und das Amt G.-L. schließen sich den Ausführungen des Antragstellers an. Er sei antragsbefugt, da durch die Auflösung in seine Rechte eingegriffen werde. Ihm stehe in der bis zum 31.12.2004 andauernden sog. Freiwilligkeitsphase ein subjektives Recht zu, freiwillige Vereinbarungen zur Neubildung von Ämtern schließen zu dürfen, welches er durch Abschluss des öffentlichrechtlichen Vertrages vom 29.09.2004 auch ausgeübt habe. Der Antragsgegner habe durch die streitgegenständlichen Verordnungen gegen diesen Organisationsakt (auch) des Antragstellers entschieden, woraus zumindest die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte des Antragstellers folge.

Das Amt K. hält jedenfalls die 1. Änderungsverordnung vom 08.10.2004 für unwirksam, soweit dort die Gemeinden G. und Ba. dem Amt Dorf M.-B.K. zugeordnet werden. Der Antragsgegner habe von der Verordnungsermächtigung nach § 4 der 2. Landesverordnung zur Bildung von Ämtern vom 03.06.1992 unter Missachtung der auferlegten Maßgaben und Beschränkungen Gebrauch gemacht, indem er von dem auf freiwilliger Basis abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 29.09.2004 abgewichen sei.

Auch die Gemeinde G. sieht in den angegriffenen Verordnungen einen Verstoß gegen den - in der Freiwilligkeitsphase erhöhten - Vertrauensschutz, über den sich der Antragsgegner hinweggesetzt habe.

Es fehle an der Überleitung von Rechtsvorschriften, wodurch der Antragsteller in eigenen Rechten verletzt sei. Die Verordnungen seien sowohl formell wie auch materiell rechtswidrig.

II.

Die Anträge haben keinen Erfolg.

Einstweiliger Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Anordnung wird gemäß § 47 Abs. 6 VwGO auf Antrag gewährt, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Dafür sind regelmäßig die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrages in der Hauptsache von Bedeutung, soweit sie sich bereits übersehen lassen. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages in der Hauptsache ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Regel schon deshalb abzulehnen (vgl. Beschluss des Senats vom 14.10.2003 - 4 M 66/03 - unter Hinweis auf OVG Greifswald, Beschluss vom 20.11.1997 - 3 M 145/97 -, NuR 1999, 237; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. § 47 Rn. 153 m.w.N.).

Die auf die Feststellung der Nichtigkeit der angegriffenen Verordnungen gerichteten Hauptsacheanträge erweisen sich als offensichtlich unzulässig, weil der Antragsteller mangels Verletzung in eigenen Rechten nicht antragsbefugt ist. Zwar besteht bei einem Eingriff in die Ämterverfassung grundsätzlich die Möglichkeit einer Verletzung des Amtes in eigenen Rechten. Wegen der auf freiwilliger Basis beschlossenen Auflösung des Antragstellers zum 01.01.2005 wird er aber durch die Verordnungen nicht (mehr) in seinen Rechten verletzt (1.). Dies gilt sowohl hinsichtlich der im öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 29.09.2004 abweichend festgelegten Rechtsnachfolge als auch für die abweichende Zuordnung der Gemeinden G. und Ba. (2.).

1.

Zwar scheitert die Antragsbefugnis des Antragstellers für das Normenkontrollverfahren entgegen der Auffassung der Antragsgegners nicht bereits daran, dass er, der Antragsteller, wegen Nichterreichens der in § 125 Abs. 3 Satz 3 KV M-V genannten Einwohnerzahlen auch ohne die angefochtene Verordnung aufzulösen wäre. Bei den in § 125 Abs. 3 Satz 3 KV M-V genannten Einwohnerzahlen handelt es sich lediglich um eine Regelgröße und nicht um eine Mindestzahl (vgl. Darsow in Darsow/Gentner/Glaser/Meyer, Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Aufl., § 125 Rn. 14; so wohl auch BbgVerfG, Urteil vom 29.08.2002 - VfGBbG 15/02 -, LKV 2002, 576, zur Festlegung einer "Regelmindesteinwohnerzahl" für amtsangehörige Gemeinden in § 3 Abs. 1 Satz 2 BbgAmtsO), und das Nichterreichen der Einwohnerzahlen führt nicht zwangsläufig zur Auflösung des Amtes. Eine die Antragsbefugnis begründende Rechtsverletzung folgt vielmehr grundsätzlich bereits aus der Änderung der Ämterverfassung und dem damit verbundenen Eingriff in den Bestand des Antragstellers als Körperschaft des öffentlichen Rechts i.S.v. § 125 Abs. 1 Satz 1 KV M-V (vgl. zur Klagebefugnis des Amtes: OVG M-V, Urteil vom 29.05.1997 - 1 L 21/97 -, NordÖR 1998, 46 = LKV 1998, 21). Für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO reicht die Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. § 47 Rn. 46).

Die Antragsbefugnis des Antragstellers scheitert - soweit er sich gegen seine, durch die Vierzehnte Änderungsverordnung vom 08.10.2004 festgelegte Auflösung zum 01.01.2005 wendet - jedoch an der Freiwilligkeit der Auflösung. Mit Beschluss des Amtsausschusses des Antragstellers vom 10.08.2004 wurde der beabsichtigten Auflösung des Amtes mit Wirkung zum 01.01.2005 zugestimmt und auch im öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 29.09.2004 wird von sämtlichen betroffenen Ämtern einschließlich dem Antragsteller von dessen Auflösung ausgegangen. Erfolgt die Auflösung eines Amtes aber aufgrund freiwilliger Entscheidung der betroffenen Gebietskörperschaften und Körperschaften des öffentlichen Rechts, so kann eine die Auflösung bestimmende Verordnung (hier Art. 1 Nr. 2 der Vierzehnten Verordnung zur Änderung der Ersten Landesverordnung zur Bildung von Ämtern und zur Bestimmung der amtsfreien Gemeinden vom 08.10.2004) das Amt insoweit nicht in seinen Rechten verletzen. Eine Betroffenheit des Antragstellers in eigenen Rechten käme allenfalls bei einer Zwangsauflösung in Betracht.

An der Freiwilligkeit der Auflösung des Antragstellers ändert auch nichts, dass diese hinsichtlich der Folgen (siehe unten 2.) abweichend von den Vereinbarungen in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 29.09.2004 festgelegt wurde. Denn Beschlüsse von Gemeinden oder Ämtern oder Verträge zwischen ihnen erzeugen grundsätzlich keine Rechtswirkungen im Sinne einer verbindlichen Vorgabe für Gebiets- oder Funktionalreformen; erzeugt wird lediglich ein Handlungsbedarf auf selten des zuständigen Verordnungsgebers (vgl. Darsow, a.a.O., § 125 Rn. 16). Eine derartige Bindungswirkung - der nach Ansicht des Antragstellers gar ein Anspruch - ergibt sich auch nicht im Rahmen der so genannten, auf Grundlage von § 10 Abs. 3 des Finanzausgleichgesetzes - FAG - vom 12.01.2000 (GVOBl. M-V, S.2) und der Landesvrordnung über die Gewährung von Zuweisungen bei der Aufhebung von Gemeinden und der Neubildung von Ämtern und Verwaltungsgemeinschaften vom 20.04.2000 (GVOBl. M-V, S.195) geschaffenen Freiwilligkeitsphase. Selbst wenn nach dem Beschluss der Landesregierung vom 21.01.2003 und den Vorstellungen des Landtags im Antrag vom 16.09.2004 (LT-Drs. 4/1340) den freiwillig getroffenen Vereinbarungen in der Regel Vorrang gegenüber anderen denkbaren Vorstellungen zu geben ist, hat der Verordnungsgeber die Entscheidung nach § 125 Abs. 6 KV M-V unter Berücksichtigung der Gründe des öffentlichen Wohls zu treffen (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen OVG M-V, Urteil vom 29.05.1997 - 1 L 21/97, S. 35 f des amtlichen Umdrucks; vgl. auch BbgVerfG, Urteil vom 29.08.2002 - VfGBbg 34/01 -, LKV 2002, 573 <575>; Darsow, a.a.O., § 125 Rn. 9). Diese Gründe sind dann, soweit sie entgegenstehen, gegenüber den freiwillig getroffenen Vereinbarungen abzuwägen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass im Falle einer allein hinsichtlich der Rechtsfolgen von der freiwillig getroffenen (Auflösungs-)Vereinbarung abweichenden Verordnung zur Umsetzung der Ämterneugliederung die betroffenen Gemeinden bzw. Ämter der in der Landesverordnung vom 20.04.2000 zugebilligten Zuweisungen verlustig gehen würden.

2.

Daraus folgt, dass der Antragsteller auch durch die die Folgen seiner Auflösung, nämlich die Bestimmung des Rechtsnachfolgers (a.) und die Entscheidung über die Zuordnung der bislang zu ihm gehörenden Gemeinden (b.), regelnden Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Auflösung der Ämter B.K. und Dorf M. und zur Neubildung des Amtes Dorf M.-B.K. vom 08.10.2004 nicht (mehr) in seinen Rechten verletzt sein kann.

a.

Soweit durch die genannte Verordnung die Rechtsnachfolge des Antragstellers durch das Amt Dorf M.-B.K. festgelegt wird, kann der Antragsteller als aufgelöstes Amt zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung nicht (mehr) in seinen Rechten betroffen sein. Dem Antragsteller ist zwar darin zuzustimmen, dass seine Auflösung nur bei gleichzeitiger Bestimmung der Rechtsnachfolge möglich ist (vgl. Darsow, a.a.O., § 125 Rn. 19; v. Mutius in Schröder/Willner/ Wollenteit/Skeries/Vieweg/Bracker/Münter/Herbrand/v.Mutius/ Glaser, Kommunalverfassungsrecht Mecklenburg-Vorpommern, Stand September 2004, § 125 Ziff. 13.2). Die entsprechende Verordnungsermächtigung ergibt sich aus § 125 Abs. 6 Nr. 1 KV M-V, wobei die Bestimmung der Rechtsnachfolge auch gleichzeitig mit der für die Änderung konstitutiven Verordnung erfolgt ist (vgl. zu diesem Erfordernis: v. Mutius, a.a.O., § 125 Ziff. 10.1 unter Hinweis auf die Begründung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 4/986, S. 63 und Ziff. 13.2, jeweils a.E.). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt: Es wurde ein Rechtsnachfolger bestimmt, und zwar das Amt Dorf M.-B.K.. Dies bedeutet indes nicht, dass der Antragsteller durch die vom öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 29.09.2004 abweichende Bestimmung des Rechtsnachfolgers in seinen Rechten verletzt wird. Es fehlt dabei an der für den Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO erforderlichen Selbstbetroffenheit (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 47 Rn. 49) des Antragstellers.

Die Rechtspersönlichkeit des Antragstellers als Körperschaft des öffentlichen Rechts i.S.v. § 125 Abs. 1 KV M-V endet vielmehr zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Auflösung und genau zu diesem Zeitpunkt treten die Wirkungen der Rechtsnachfolge (erst) ein. Würde man, wie der Antragsteller offenbar meint, die Frage der Bestimmung der Rechtsnachfolge als isoliertes oder allenfalls mittelbar im Zusammenhang mit der Auflösung stehendes, von seiner rechtlichen Existenz unabhängiges subjektives Recht betrachten, hätte dies etwa zur Folge, dass das aufgelöste Amt auch bei einer nachträglichen Änderung des Rechtsnachfolgers als betroffen anzusehen wäre. Grundsätzlich kann die Frage der Rechtsnachfolge in (etwa durch die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden geschaffene) privatrechtliche Positionen (vgl. zur Problematik der Rechtsnachfolge in privatrechtliche Rechtsverhältnisse der Gemeinde: Dietlein, Nachfolge im öffentlichen Recht, § 8 B I., S.491 ff) das Amt nicht in eigenen Rechten tangieren. Er kann sich insoweit nicht auf die Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 72 Abs. 1 Verf M-V berufen (vgl. OVG M-V, Urteil vom 29.05.1997 - 1 L 21/97 -), es bereitet vielmehr nach der Ausgestaltung der Amtsordnung auch in diesem Bereich Beschlüsse nur vor und führt sie durch (§ 127 Abs. 1 KV M-V). Insoweit (bei der Nachfolge in privatrechtliche Rechtsverhältnisse) käme allenfalls eine Verletzung der Gemeinden in eigenen Rechten in Betracht, die aber nicht Gegenstand dieses, vom Amt im eigenem Namen geführten Verfahrens ist. Eine von Gemeindebeschlüssen unabhängige Kompetenz besteht für das Amt vielmehr nur im Rahmen der mittelbaren Staatsverwaltung, also der Aufgabenwahrnehmung im übertragenen Wirkungskreis (§ 128 KV M-V; vgl. Darsow, a.a.O., § 125 Rn. 4), soweit nicht eine Übertragung von Selbstverwaltungsaufgaben nach § 127 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 KV M-V erfolgt ist. Auch die Nachfolge in öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten, soweit sie in die Kompetenz des Amtes fallen (s.o.), kann den Antragsteller aufgrund seiner Auflösung nicht (mehr) in eigenen Rechten verletzen. Im Falle der Auflösung des Antragstellers tritt durch die dann erforderliche Bestimmung eines Rechtsnachfolgers eine Funktionsnachfolge (vgl. zu Begriff und Wirkung: Dietlein, a.a.O., § 8 C III., S. 499 ff, zum Fall der Auflösung einer Person des öffentlichen Rechts: S. 515 ff) durch diesen ein. Auch hier treten die Wirkungen der Funktionsnachfolge erst zu einem Zeitpunkt ein, in dem der Antragsteller als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht mehr existiert.

b.

Soweit durch die Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Auflösung der Ämter B.K. und Dorf M. und zur Neubildung des Amtes Dorf M.-B.K. vom 08.10.2004 die Zuordnung der Gemeinden G. und Ba. zum Amt Dorf M.-B.K. festgelegt wird, begründet dies infolge der Auflösung des Antragstellers mit Wirkung zum 01.01.2005 ebenfalls keine Verletzung in eigenen Rechten (mehr). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Antragsteller geltend gemachten Pflicht des Amtes zur Sicherstellung der Aufgabenwahrnehmung für die ihm "anvertrauten" Gemeinden (im Sinne der Durchführung von Beschlüssen nach § 127 Abs. 1 Satz 1 KV M-V) sowohl bei der Bestimmung der Rechtsnachfolge als auch bei der Zuordnung der Gemeinden zu anderen Ämtern. Wenn eine Gemeinde im Wege der Beschlussfassung Vorstellungen über die Zuordnung zu einem bestimmten Amt im Falle der Auflösung des bisherigen Amtes oder die Bestimmung der Rechtsnachfolge des aufzulösenden Amtes äußert (ungeachtet der letztlich vom Landesverordnungsgeber nach § 125 Abs. 6 KV M-V zu treffenden Entscheidung), handelt sie in Ausübung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Das Amt kann sich auch insoweit nicht auf die Selbstverwaltungsgarantie berufen (s.o.). Zudem endet auch hier die Vertretung der Interessen der Gemeinde durch das Amt mit dem Ende seiner rechtlichen Existenz. Die Wirkungen der Zuordnung von Gemeinden zu einem anderen Amt treten für die amtsangehörige Gemeinde erst zu einem Zeitpunkt ein, in dem der Antragsteller als Amt nicht mehr existent ist. Mit anderen Worten werden die Interessen (im Sinne eigener Rechte) der Gemeinden zum Zeitpunkt des Eintritts der Wirkungen der Rechtsnachfolge gar nicht mehr von dem (dann bereits aufgelösten) Antragsteller vertreten. Es ist dabei auch nicht ersichtlich, dass das als Rechtsnachfolger bestimmte Amt, zu dem die Gemeinden zugeordnet werden, im Rahmen der Funktionsnachfolge diese Aufgaben nicht sicherstellt. Vor diesem Hintergrund käme auch hier allenfalls eine Verletzung der Rechte der amtsangehörigen Gemeinden in eigenen Rechten durch die Zuordnung in Betracht, die nicht Gegenstand dieses, vom Antragsteller als Amt in eigenem Namen geführten Verfahrens ist.

Hat der Eilantrag zu 1. und 2. bereits wegen Unzulässigkeit der Hauptsacheanträge keinen Erfolg, kann offen bleiben, ob sich die angegriffenen Verordnungen formell und materiell als rechtmäßig erweisen und ob dem Antragsteller ohne Aussetzung des Vollzugs der angegriffenen Verordnungen ein schwerer Nachteil i.S.v. § 47 Abs. 6 VwGO droht.

Sowohl der auf die - vorläufige - Übertragung der Amtsgeschäfte auf das Amt G.-L. ab dem 01.01.2005 gerichtete Antrag zu 3. als auch der Hilfsantrag, dem Antragsteller zu gestatten, auch nach dem 31.12.2004 vorläufig, bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag, die Amtsgeschäfte der zum Zeitpunkt der Antragstellung zugehörigen Gemeinden weiter zu betreiben, haben keinen Erfolg. Es steht nicht in der Entscheidungsbefugnis des Oberverwaltungsgerichts im Verfahren nach § 47 VwGO, mit der Unwirksamkeitserklärung einer Rechtsvorschrift Ausführungs- und Übergangsvorschriften bzw. -regelungen zu schaffen; das Gericht bleibt vielmehr grundsätzlich auf die Erklärung der Unwirksamkeit der angegriffenen Norm beschränkt (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 47 Rn. 123). Damit können derartige, über die mit der Erklärung der Unwirksamkeit im Hauptsacheverfahren bzw. der damit im Eilverfahren korrespondierenden vorläufigen Aussetzung des Vollzugs hinausgehende gestaltende Regelungen auch nicht im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO getroffen werden. Zudem darf der Antrag im Eilverfahren nicht über das Rechtsschutzziel im Hauptsacheverfahren hinausgehen. Da im Hauptsacheverfahren nur die Erklärung der Unwirksamkeit einer Norm in Betracht kommt, kann mit der einstweiligen Anordnung nur die Anwendung dieser Norm (vorläufig) verhindert bzw. deren Vollzug ausgesetzt werden (Beschluss des Senats vom 13.03.2003 - 4 M 22/03 -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Im Hinblick auf die vom Antragsteller betonte grundsätzliche Bedeutung für die Ämterverfassung und die Auswirkungen der Verordnungen sowohl hinsichtlich der Frage seiner Auflösung als auch - und insbesondere - hinsichtlich deren Folgen erscheint dem Senat ein Streitwert von 20.000,- Euro für das Hauptsacheverfahren angemessen. Dieser war für das Eilverfahren auf die Hälfte zu reduzieren.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück