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Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: 8 L 110/04
Rechtsgebiete: PersVG M-V
Vorschriften:
PersVG M-V § 71 | |
PersVG M-V § 73 | |
PersVG M-V § 75 |
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss
Az.: 8 L 110/04
In der Personalvertretungssache
wegen Mitbestimmung
hat der Fachsenat für Personalvertretungssachen des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern auf Grund der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2004 in Greifswald durch beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgericht Greifswald - 7. Kammer - vom 22.01.2004 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
I.
Der Antragsteller, Hauptpersonalrat beim beteiligten Innenministerium, macht Mitbestimmungsrechte beim Erlass der Richtlinien über die dienstliche Beurteilung der Beamten und Angestellten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (BeurtRL) vom 23.07.2002 (AMBl. Seite 760) geltend.
Durch Beschluss vom 22.01.2004 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet war, bei der Einführung der BeurtRL den Antragsteller gemäß § 62 Abs. 2 PersVG M-V zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen.
Gegen diese ihm am 10.02.2004 zugestellte Entscheidung hat der Beteiligte am 08.03.2004 Beschwerde eingelegt und zur Begründung u.a. folgendes vorgetragen: Soweit es um Beamte gehe, handele es sich um eine Regelung nach § 112 LBG M-V, die nach § 71 PersVG M-V der Beteiligung entzogen sei. Im Übrigen sei die Mitbestimmung ausgeschlossen, da es um eine ressortübergreifende Maßnahme gehe.
Der Beteiligte beantragt,
den angefochtenen Beschluss zu ändern und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor, er habe sein Mitbestimmungsrecht von vornherein nur insoweit geltend gemacht, als Angestellte von der Richtlinie betroffen seien.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Beiakte und der Akte des Verfahrens 8 M 17/03 (vorläufiger Rechtsschutz) Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass dem Antragsteller das von ihm geltend gemachte Mitbestimmungsrecht zusteht.
Dieses Recht hat sich nicht deshalb mittlerweile erledigt, weil die BeurtRL inzwischen in Kraft getreten sind und angewendet werden (vgl. Beschluss des Senats vom 27.08.2003 - 8 M 17/03 -).
Für die rechtliche Beurteilung ist auszugehen von § 68 Abs. 1 Nr. 20 PersVG M-V; danach erfolgt die Mitbestimmung bei Beurteilungsrichtlinien. Dieser Tatbestand erfasst Beurteilungsrichtlinien aller Art, insbesondere unabhängig davon, ob es um Beamte oder Angestellte geht, so dass auch die vorliegende BeurtRL darunter fällt, was in der Beschwerdebegründung auch nicht verkannt worden ist.
Soweit es in der BeurtRL allerdings um Beamte geht, ist die Beteiligung des Antragstellers ausgeschlossen. Dies folgt aus § 71 PersVG M-V. Danach wird der Personalrat bei Maßnahmen, an deren Vorbereitung die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften nach. § 112 LBG M-V zu beteiligen sind, nicht beteiligt. Die BeurtRL sind - soweit es um Beamte geht - als sonstige Vorschrift über allgemeine beamtenrechtliche Regelungen im Sinne von § 112 Abs. 3 LBG M-V anzusehen. Auch insoweit erübrigen sich weitere Ausführungen, da die Beteiligten - wie bereits erwähnt - übereinstimmend derselben Auffassung sind. Gleichwohl ist die Beschwerde allein deswegen nicht teilweise begründet. Denn nach Nr. 10 Satz 1 BeurtRL gelten die unter Nummer 1 bis 9 aufgeführten Bestimmungen über die dienstliche Beurteilung der Beamten für bestimmte Angestellte sinngemäß, d.h. die BeurtRL enthält keine Vorschrift, die nur für Beamte gelten würde und daher als nach § 71 PersVG M-V von der Mitbestimmung ausgeschlossen angesehen werden könnte.
Der Antragsteller ist auch diejenige Personalvertretung, der im vorliegenden Fall das Beteiligungsrecht zusteht. Bei der streitigen BeurtRL handelt es sich um eine Angelegenheit im Sinne von § 73 Abs. 2 PersVG M-V, zu dessen Verständnis auch auf § 73 Abs. 1 Satz 1 PersVG M-V einzugehen ist. Die Vorschriften lauten folgendermaßen:
§ 73 Abs. 1 Satz 1 PersVG M-V:
In eigenen Angelegenheiten, zu deren Entscheidung die Dienststelle befugt ist, ist der bei ihr gebildete Personalrat zu beteiligen.
§ 73 Abs. 2 PersVG M-V
In anderen Angelegenheiten ist anstelle des Personalrats die bei der zuständigen Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen.
Auch ressortübergreifende Angelegenheiten im Sinne von § 75 Abs. 1 PersVG M-V zählen zu den anderen Angelegenheiten im Sinne von § 73 Abs. 2 PersVG M-V. Zu diesem Ergebnis führt die Auslegung der Vorschrift nach ihrem Wortlaut, ihrem Sinn und Zweck, ihrer systematischen Stellung im Gesetz und insbesondere ihrem Zusammenhang mit § 75 Abs. 2 PersVG M-V.
Die Regelung des § 73 PersVG M-V unterscheidet die in einer Behörde anfallenden Angelegenheiten in eigene (Abs. 1 Satz 1) und andere, für die Abs. 2 gilt. Der logische Zusammenhang der beiden Absätze ergibt, dass entweder der eine oder der andere vorliegt. Denn im Abs. 2 sind die anderen Angelegenheiten nicht eigens definiert, so dass nach allgemeinem Sprachverständnis dieser Absatz einschlägig ist, wenn keine eigene Angelegenheit vorliegt. Der Wortlaut der Vorschrift gibt nichts dafür her, dass es daneben noch weitere Angelegenheiten geben könnte. Das es solche, nämlich - vereinfacht ausgedrückt - völlig fremde Angelegenheiten doch gibt, zeigt allerdings der § 73 Abs. 3 PersVG M-V, auf den noch einzugehen sein wird.
Die Platzierung des § 73 PersVG M-V im Unterabschnitt 4 des Abschnitts VII, in dem es ausweislich dessen Überschrift um "Zuständigkeiten der Personalvertretungen" geht, weist darauf hin, dass der Gesetzgeber keine Mitbestimmungsrechte begründen oder beseitigen, sondern nur regeln wollte, welche Personalvertretung zuständig ist, insbesondere wenn dem handelnden Behördenleiter - wie hier - zwei Personalvertretungen zugeordnet sind. Die Stellung der Vorschrift unterscheidet sich damit von der des § 71 Abs. 1 PersVG M-V, durch den - wie erwähnt - ein Mitbestimmungsrecht ausgeschlossen wird.
Die Regelungen des § 73 Abs. 1 und 2 PersVG M-V stellen in erster Linie auf die Entscheidungsbefugnis der Dienststelle ab und sind damit Ausdruck des im Personalvertretungsrecht geltenden Partnerschaftsprinzips. Der dem entscheidungsbefugten Dienststellenleiter zugeordnete Personalrat ist für die Beteiligung zuständig. Die Unterscheidung zwischen "eigenen" und "anderen Angelegenheiten" zielt ab auf den Wirkungsgrad der Maßnahme. Beschränken sich die Auswirkungen der Maßnahme auf die entscheidende Dienststelle, ist der bei ihr gebildete (örtliche) Personalrat zu beteiligen; erstrecken sich die Auswirkungen dagegen darüber hinaus auf den nachgeordneten Bereich, ist die bei der entscheidenden Dienststelle gebildete Stufenvertretung für die Beteiligung zuständig (vgl. Beschluss des Senats vom 19.12.1996 - 8 L 62/96 -, PersR 1997, 259).
Die beiden zitierten Absätze des § 73 PersVG M-V sind derart aufeinander bezogen, dass je nach dem, um was für eine Angelegenheit es sich handelt, entweder der örtliche Personalrat oder die Stufenvertretung zuständig ist. Ob sie auch den Ausschluss jeglicher Zuständigkeit bewirken können, bedarf in dieser Allgemeinheit im vorliegenden Verfahren keiner Prüfung. Für ressortübergreifende Maßnahmen trifft dies jedenfalls nicht zu. Für derartige Maßnahmen wäre - wenn es ihn denn gäbe - auch ein der Landesregierung zugeordneter Gesamtpersonalrat für den öffentlichen Dienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht zuständig. Denn die streitigen BeurtRL sind nicht von der Landesregierung erlassen worden. Bereits aus diesem Grund beruft sich der Beteiligte ohne Erfolg auf den Beschluss des OVG Bremen vom 02.03.1964 - PV 1/62, B 2/63 - (PersV 1967, Seite 12); denn dort ging es um ein Mitbestimmungsrecht an einer von der dortigen Landesregierung (dem Senat) erlassenen Prüfungsordnung.
Eine mit der vorliegenden ebenfalls nicht vergleichbare Konstellation lag dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.1961 - VII P 4.60 - (E 12, Seite 194) zu Grunde. Dort ging es um die Beteiligung bei einer von der Hauptdienststelle ausgesprochen Kündigung eines bei einer personalvertretungsrechtlich selbständigen Nebendienststelle tätigen Bediensteten; dem bei der Nebenstelle gebildeten Personalrat ist das geltend gemachte Beteiligungsrecht (letztinstanzlich) abgesprochen worden. Ähnlich lag der vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20.08.2003 - 6 C 5.03 - (PersR 2004, 150) entschiedene Fall, in dem festgestellt worden ist, dass die Hauptdienststelle das Mitbestimmungsrecht des bei ihr gebildeten Gesamtpersonalrats dadurch verletzt habe, dass er diesen nicht bei Beförderungen beteiligt habe, von denen auch bei Nebenstellen Beschäftigte betroffen gewesen seien. In diesen beiden Entscheidungen kommt zum Ausdruck, dass nur diejenige Personalvertretung zu beteiligen ist, die der handelnden Dienststelle zugeordnet ist, außerdem geht es um die Abgrenzung von Zuständigkeiten zwischen örtlichem Personalrat und Gesamtpersonalrat.
Die Berücksichtigung des Repräsentationsgrundsatzes führt ebenfalls nicht zu einem für den Beteiligten günstigeren Ergebnis. Zwar besagt dieser Grundsatz auch, dass das Vertretungsorgan einer Legitimation durch Wahl bedarf und dass seine Befugnisse auf den Bereich beschränkt sind, für den es gewählt wurde (vgl. Fischer/Goeres, GKÖD Band V, K § 1 Rdn. 6 c mwN.). Die hier vertretene Auslegung des § 73 Abs. 2 PersVG M-V steht aber damit in Einklang. Der Antragsteller macht keine Beteiligungsansprüche in Bezug auf Beschäftigte geltend, die er nicht repräsentiert. Die in anderen Ministerien bzw. den diesen jeweils nachgeordneten Bereichen Beschäftigten werden von anderen Hauptpersonalräten repräsentiert. Diese habe zum Teil ihrerseits Mitbestimmungsrechte (in Bezug auf eine frühere Beurteilungsrichtlinie) geltend gemacht, allerdings ohne Erfolg, weil sie eben nicht dem im vorliegenden Fall beteiligten Ministerium zugeordnet sind und die Ministerien, denen sie tatsächlich zugeordnet sind, die BeurtRL nicht erlassen haben (vgl. Beschluss des Senats vom 19.12.1996, aaO.). Der Antragsteller macht sein Mitbestimmungsrecht nur in Bezug auf die davon betroffenen Beschäftigten im Innenressort geltend. Wenn der vom Antragsteller auszuübende Einfluss sich auch für die Beschäftigten anderer Ressorts (mittelbar) auswirkt, so würde dies allein nicht ausreichen, um das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers in Frage zu stellen. Ein Übergriff des Antragstellers in Zuständigkeiten anderer Hauptpersonalräte könnte bereits deshalb darin nicht gesehen werden, weil - wie schon erwähnt - derartige Zuständigkeiten nicht bestehen.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Berücksichtigung des § 73 Abs. 3 PersVG M-V, der nach der Rechtsprechung des Senats nicht auf ressortübergreifende Maßnahmen anzuwenden ist (vgl. Beschluss des Senats vom 19.12.1996, aaO.). Die Regelung lässt aber das Bemühen des Gesetzgebers erkennen, eine möglichst lückenlose personalvertretungsrechtliche Beteiligung zu gewährleisten. Denn sogar wenn eine Dienststelle über beteiligungspflichtige Angelegenheiten von Beschäftigten zu entscheiden hat, die ihr nicht angehören und für die bei ihr eine zuständige Personalvertretung nicht vorhanden ist, also in gänzlich fremden Angelegenheiten, ist die Beteiligung einer Personalvertretung vorgesehen. Das ersichtliche Bemühen des Gesetzgebers, Mitbestimmung lückenlos erfolgen zu lassen, würde unterlaufen, wenn man den § 73 Abs. 2 PersVG M-V restriktiv auslegte. Dies würde bedeuten, dass Mitbestimmung in eigenen Angelegenheiten im engeren Sinne (Abs. 1) sowie im weiteren Sinne (Abs. 2) und auch in vollkommen fremden Angelegenheiten (Abs. 3), nicht dagegen in lediglich partiell fremden Angelegenheiten stattfinden würde.
Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung wird letztlich und insbesondere bestätigt durch § 75 PersVG M-V.
Die Regelung findet sich im selben Unterabschnitt wie § 73 und ist somit von ihrer Platzierung her nicht darauf angelegt, ein Mitbestimmungsrecht zu entziehen (vgl. auch Beschluss des Senats vom 19.12.1996, aaO.). Sie unterscheidet sich aber nicht nur dadurch von dem bereits erwähnten § 71 PersVG M-V, sondern auch durch ihren Inhalt. Sie regelt die Zuständigkeit der nach § 48 PersVG M-V gebildeten Arbeitsgemeinschaften. Diese sind zu beteiligen in Angelegenheiten, die von allgemeiner Bedeutung sind und über den Geschäftsbereich einer obersten Landesbehörde hinausgehen, d.h. in sogenannten ressortübergreifenden Angelegenheiten. Die Arbeitsgemeinschaften haben aber - anders als die Personalräte - kein volles Beteiligungsrecht, sondern sind lediglich anzuhören. Allerdings verdrängt die Zuständigkeit der Arbeitsgemeinschaften nicht die (sich aus § 73 Abs. 2 ergebende) Zuständigkeit eines Hauptpersonalrats. Dies folgt unmittelbar aus § 75 Abs. 2 PersVG M-V (vgl. Beschluss des Senats vom 19.12.1996, aaO.). Die Vorschrift lässt erkennen, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass bei ressortübergreifende Maßnahmen neben der Anhörung der Arbeitsgemeinschaft auch eine Mitbestimmung stattfinden kann. Die Vorschrift hätte keinen Sinn, wenn eine Mitbestimmung bereits wegen der (restriktiven) Auslegung des § 73 Abs. 2 PersVG M-V nicht in Betracht käme.
Zu einem anderen Ergebnis führt schließlich auch nicht der Umstand, dass die Landesregierung der BeurtRL zugestimmt hat. Die Zustimmung ändert nichts daran, dass der Erlass der BeurtRL dem Beteiligten als "seine Maßnahme" im Sinne von § 62 Abs. 1 PersVG M-V zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.02.1981 - 6 P 44.79 -, PersV 1981, 320).
Die Rechtsbeschwerden ist nicht zuzulassen gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs.. 2 ArbGG. Für die Entscheidung kommt es maßgeblich auf die Auslegung landesrechtlicher Vorschriften an.
Ende der Entscheidung
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