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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 27.06.2007
Aktenzeichen: 8 L 191/06
Rechtsgebiete: PersVG M-V


Vorschriften:

PersVG M-V § 40 Abs. 2 Satz 1
Zur Unvermeidbarkeit der Abordnung eines Personalratsmitglieds nach § 40 Abs. 2 Satz 1 PersVG M-V (vgl. auch § 47 Abs. 2 BPersVG).
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

8 L 412/05

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Personalvertretungsrecht der Länder

hier: Betätigung des Personalratsmitglieds als Funktionär eines Berufsverbandes

hat der Fachsenat für Personalvertretungsrecht des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern

am 27. Juni 2007

in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 20.04.2006 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller, Leiter des Landeskriminalamts, begehrt die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des bei ihm gebildeten - zu 1. - beteiligten Personalrats zu der beabsichtigten Abordnung des - zu 2. - beteiligten Kriminalbeamten, eines Mitglieds des Beteiligten zu 1., mit dem Ziel der Versetzung vom Landeskriminalamt zur Polizeidirektion Schwerin.

Durch Beschluss vom 20.04.2006 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung u.a. folgendes ausgeführt: Der Beteiligte zu 2. habe zwar ein Verhalten gezeigt, das geeignet gewesen sei, das notwendige Vertrauen zwischen ihm und seinem Dienstvorgesetzten zu zerrütten. Gegen diesen habe er nicht nur wiederholt Strafanzeige erstattet, sondern sei - ohne eine erste Reaktion der Ermittlungsbehörde abzuwarten - mit den erhobenen Vorwürfen (ebenfalls wiederholt) in einer Art und Weise in die Öffentlichkeit getreten, die geeignet gewesen sei, eine Vorverurteilung zu verursachen. Es sei aber nicht erkennbar, dass eine Abordnung oder Versetzung des Beteiligten zu 2. unvermeidbar erscheine. Eine direkte Zusammenarbeit zwischen Antragsteller und Beteiligtem zu 2. liege nicht vor. Den vom Antragsteller angenommenen Beeinträchtigungen dienstlicher Belange könne auch durch eine Umsetzung des Beteiligten zu 2. innerhalb der Dienststelle begegnet werden.

Gegen diese ihm am 03.05.2006 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 06.06.2006 (Dienstag nach Pfingsten) Beschwerde eingelegt und diese am 03.07.2006 begründet. Er führt u.a. aus: Dass keine direkte Zusammenarbeit erfolge, werde nur aus der derzeitigen Dezernatsstruktur abgeleitet; in Vertretungsfällen unter besonderen Bedingungen könne dies nicht eingehalten werden. Gerade in einem solchen Ausnahmefall sei vertrauensvolle Zusammenarbeit erforderlich. Außerdem könne der Beteiligte zu 2. wegen seiner überdurschnittlichen Leistungen auf einen höherwertigen Dienstposten gelangen; in diesem Falle wäre die Zusammenarbeit mit dem Antragsteller unvermeidlich.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 20.04.2006 zu ändern und die durch den Beteiligten zu 1. verweigerte Zustimmung zur Abordnung des Beteiligten zu 2. mit dem Ziel der Versetzung vom Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern zur Polizeidirektion Schwerin zu ersetzen.

Die Beteiligten beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass eine hypothetische Sachlage die Zustimmungsersetzung nicht rechtfertigen könne. Außerdem sei der Beteiligte zu 2. in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) in die Öffentlichkeit getreten.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Begehren des Antragstellers zu Recht nicht entsprochen.

Gegen die Statthaftigkeit des vorliegenden Zustimmungsersetzungsantrags bestehen aber keine Bedenken. Ein derartiger Antrag ist gesetzlich ausdrücklich vorgesehen (vgl. §§ 87 Abs. 1 Nr. 7, 40 Abs. 2 Satz 3 PersVG M-V).

Der Antrag ist aber unbegründet, weil die Voraussetzungen für eine gerichtliche Ersetzung der vom Beteiligten zu 1. verweigerten Zustimmung zur beabsichtigten Abordnung des Beteiligten zu 2. nicht vorliegen. Mitglieder des Personalrats dürfen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 PersVG M-V gegen ihren Willen nur abgeordnet werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft im Personalrat aus wichtigen dienstlichen Gründen unvermeidbar ist.

Die Vorschrift will die ungestörte Amtsausübung und die Unabhängigkeit der Personalratsmitglieder sicherstellen und sie vor nicht unbedingt notwendigen dienstrechtlichen Maßnahmen schützen. Die Maßnahmen müssen also zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes zwingend erforderlich sein, etwa in dem Sinne, dass für die mit der Abordnung zu erfüllenden Aufgaben nur dieses bestimmte Personalratsmitglied in Betracht kommt (vgl. Fischer/Goeres GKÖD Bd. V k § 47 Rn. 40, 46). Die Abordnung darf nicht dem (primären) Zweck dienen, den Beamten zu disziplinieren, zumal auch die Abordnung als Disziplinarmaßnahme gesetzlich nicht vorgesehen ist. Hat sich der Beamte aber - ob disziplinarrechtlich relevant oder nicht - so verhalten, dass er in seiner bisherigen Dienststelle untragbar geworden ist, kommt auch die Abordnung eines Personalratsmitglieds in Betracht. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass die Maßnahme zwingend erforderlich ist, was wohl auch dann bejaht werden kann, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zum Dienstvorgesetzten zerstört ist. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist verwaltungsgerichtlich uneingeschränkt zu überprüfen (vgl. Fischer/Goeres a.a.O. Rn. 54). Ein Beurteilungsspielraum könnte allenfalls auf Seiten des Personalrats bestehen bei der von ihm zu treffenden Entscheidung, ob er der beabsichtigten Abordnung zustimmt; darauf kommt es hier aber nicht entscheidend an, da sich schon nicht feststellen lässt, dass die Abordnung des Beteiligten zu 2. in dem oben beschriebenen Sinne unvermeidbar ist.

Dass nur der Beteiligte zu 2. die bei der Polizeidirektion Schwerin, wohin er abgeordnet werden soll, (für ihn bestimmten) anfallenden Aufgaben wahrnehmen könnte, ist nicht ersichtlich. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass er in seiner bisherigen Dienststelle untragbar geworden wäre. Die dienstlichen Leistungen des Beteiligten zu 2. werden vom Antragsteller nach wie vor als "deutlich überdurchschnittlich" angesehen (siehe Schriftsatz vom 03.03.2006). Die letzte dienstliche Beurteilung, die ihm im November 2005 bzw. März 2006 erteilt worden ist und die einen Teil der Punkte, um die es hier geht, erfasst, endet mit dem Gesamtergebnis "befriedigend" und weist durch die Punktzahl (9,64) eine deutliche Nähe zum (bei 9,99 beginnenden) "gut" auf. Auch das Beurteilungsmerkmal "Verhalten gegenüber Vorgesetzten" wird mit 10 Punkten bewertet und weist somit jedenfalls keine Abweichung nach unten auf. Damit hat sich der Beteiligte zu 2. sogar im Vergleich zum früheren Beurteilungszeitraum (geringfügig) gesteigert. Außerdem weist der Antragsteller selbst noch im Schriftsatz vom 15.12.2006 darauf hin, dass der Beteiligte zu 2. die Note "gut" erreichen kann, wenn er sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten ändert. Dass der Antragsteller den Beteiligten zu 2. aber auch unabhängig von einer Verhaltensänderung für beförderungswürdig hält, kommt in seinem Vorbringen wiederholt zum Ausdruck (vgl. z.B. Schriftsatz vom 03.07.2006).

Soweit der Antragsteller meint, die vorgesehene Abordnung würde die Beförderungschancen des Beteiligten zu 2. erhöhen, mag schon im Ansatz fraglich sein, ob derartige Fürsorgegesichtspunkte eine Personalentscheidung gegen den Willen des Betroffenen rechtfertigen können. Jedenfalls ist die im Rahmen des § 40 Abs. 2 Satz 1 PersVG M-V erforderliche Unvermeidbarkeit der Abordnung allein damit nicht zu begründen. Dass der Beteiligte zu 2. etwa dringend als Beförderter oder als Beförderungskandidat an anderer Stelle gebraucht würde, ist nicht vorgetragen worden oder sonst ersichtlich.

Eine andere rechtliche Beurteilung ist vorliegend auch nicht deshalb geboten, weil es bei den vom Antragsteller kritisierten Aktivitäten des Beteiligten zu 2. jedenfalls im Wesentlichen um außerdienstliches Verhalten geht, nämlich insbesondere um seine Öffentlichkeitsarbeit als Funktionär eines Berufsverbandes. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass es schwierig sein könnte, zu unterscheiden, ob der Beteiligte zu 2. in dem jeweiligen konkreten Zusammenhang als (weisungsabhängiger) Beamter oder als Verbandsfunktionär auftritt. Soweit es - wie hier zumeist - um Schriftstücke geht, ist deren Zuordnung anhand des Briefkopfs/Absenders unproblematisch. Bei anderen Aktivitäten dürfte es aber auch ohne großen Aufwand klarzustellen sein, in welcher Funktion sie ausgeübt werden. Dies gilt auch für den Fernsehauftritt im Nordmagazin vom 13.10.2005. Das dazu vom Antragsteller an den Innenminister gerichtete Schreiben vom 14.10.2005 bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass der Auftritt dem "Vorsitzenden des BDK" zuzuordnen war. Zum anderen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass etwa der Antragsteller subjektiv bei der erforderlichen Trennung der Funktionen Schwierigkeiten haben könnte; insofern kann auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Bewertung der dienstlichen Leistungen des Beteiligten zu 2. verwiesen werden. Danach braucht der Frage, ob denn aus solchen Schwierigkeiten eine Unvermeidbarkeit im Sinne von § 40 Abs. 2 Satz 1 PersVG M-V abzuleiten wäre, nicht weiter nachgegangen zu werden.

Ob die von Öffentlichkeitsarbeit geprägte Verbandstätigkeit überhaupt nicht als Begründung für eine Zustimmungsersetzung nach § 40 Abs. 2 PersVG M-V heranzuziehen ist, bedarf in dieser Allgemeinheit hier keiner Klärung. Es mag durchaus je nach den Umständen des Einzelfalles Grenzen geben, etwa bei Straftaten zulasten von Vorgesetzten (z.B. üble Nachrede, Verleumdung). Dass der Beteiligte zu 2. solche Taten begangen hätte, ist aber nicht festzustellen.

Außerdem ist auch nicht ersichtlich, dass seitens des Antragstellers alle Möglichkeiten, die Kommunikation und die Kooperation mit dem Beteiligten zu 2. (auch in dessen Eigenschaft als Verbandsfunktionär) zu verbessern, ausgeschöpft worden sind. Mit ihm als Beamten haben im Zusammenhang mit den hier relevanten Fragen Personalgespräche mit substantiellem Inhalt nach den vorgelegten Akten kaum stattgefunden. Im Wesentlichen ist es lediglich darum gegangen, ob der Beamte seiner beabsichtigten Abordnung zustimmt (vgl. Vermerk vom 21.12.2005). Etwas

detaillierter war offenbar allerdings das Gespräch vom 05.01.2006 indem es um die E-Mail vom 27.12.2005 sowie um Äußerungen des Beteiligten zu 2. gegenüber einem Kollegen bezüglich dessen vermeintlichem Vertrauensverlust bei der Amtsleitung gegangen ist. In diesen beiden Punkten konnten jeweils zumindest teilweise Klärungen erzielt werden. Der Beteiligte zu 2. hat sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass die E-Mail nicht nur - wie von ihm beabsichtigt - die Vorstandskollegen des BDK erreicht hat. Zum anderen Vorfall hat der Beteiligte zu 2. erklärt, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt und er sich bereits bei dem betroffenen Kollegen entschuldigt habe. Danach lässt sich nicht feststellen, dass Bemühungen zur Verbesserung der Kommunikation und Kooperation als von vornherein aussichtslos angesehen werden müssten.

Schließlich eignet sich die mit Schriftsatz vom 30.03.2007 vorgelegte Korrespondenz um das Gespräch zwischen dem neuen Innenminister und dem BDK jedenfalls deshalb nicht, um die Untragbarkeit des Beteiligten zu 2. festzustellen, weil er als Funktionär gehandelt hat, der als solcher selbst zu verantworten hat, ob er seinen Verbandsinteressen dient, indem er sich über leitende Polizeibeamte in der geschehenen Weise lustig macht. Dass der Beteiligte zu 2. als Beamter seinen Vorgesetzten den gebührenden Respekt nicht erweisen würde, lässt sich daraus aber nicht ableiten.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne von §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG vorliegen.

Ende der Entscheidung

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