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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 07.01.2004
Aktenzeichen: 8 L 219/02
Rechtsgebiete: BPersVG, PersVG M-V


Vorschriften:

BPersVG § 44 Abs. 2
PersVG M-V § 35 Abs. 2
Zum Anspruch des Personalrats auf Bereitstellung von Räumen für die Personalratsarbeit.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

Az.: 8 L 219/02

In der Personalvertretungssache

wegen Bereitstellung von Räumen

hat der Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern auf Grund der mündlichen Verhandlung am 07. Januar 2004 in Greifswald

durch

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 25.06.2002 wird geändert, soweit der Antrag abgelehnt worden ist. Es wird festgestellt, dass dem Antragsteller zwei weitere Büroräume zustehen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist der Lehrerbezirkspersonalrat bei einem staatlichen Schulamt; dessen Leiter ist der Beteiligte. Im vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren geht es um die Bereitstellung von Räumen für die Tätigkeit (Sitzungen, Sprechstunden und laufende Geschäftsführung) des Antragstellers, der aus 25 Mitgliedern (in 4 verschieden großen Fachgruppen) besteht.

Die den Mitgliedern des Antragstellers gewährten Abminderungsstunden entsprechen - wie die Anhörung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung des Senats ergeben hat - zusammengerechnet einer Freistellung von annähernd sieben (6, 7) Lehrkräften.

Bislang stehen dem Antragsteller drei Räume mit insgesamt ca. 56 m2 (Raum 101 mit 17,1 m2, Raum 102 mit 21,3 m2 und Raum 405 mit 18 m2) sowie bei Bedarf ein Beratungsraum (66,2 m2) zur Verfügung. Die genannten Räume werden zum Teil nicht ausschließlich vom Antragsteller genutzt.

In erster Instanz hat der Antragsteller begehrt, dass ihm für seine Tätigkeit Büroräume in dem erforderlichen Umfang, mindestens jedoch in der Größe von 100 m2 zur Verfügung gestellt werden.

Durch Beschluss vom 25.06.2002 hat das Verwaltungsgericht den Beteiligten verpflichtet, dem Antragsteller für den Zeitraum der einmal wöchentlich stattfindenden Fachgruppensitzungen nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts einen weiteren Raum zur Verfügung zu stellen, der eine Teilnahme von bis zu 4 Personen an einer Fachgruppensitzung zulässt und den Antrag im Übrigen abgelehnt.

Nur der Antragsteller hat gegen die ihm am 09.07.2002 zugestellte Entscheidung Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdebegründung geht es u.a. auch darum, inwieweit eine zumutbare Nutzung der bisher zur Verfügung stehenden Räume möglich ist. Außerdem trägt der Antragsteller vor, im Gebäude der Dienststelle sei dem Beteiligten eine weitere Teiletage zur Miete angeboten worden.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 25.06.2002 teilweise zu ändern und den Beteiligten zu verpflichten zwei weitere Büroräume zur Verfügung zu stellen, hilfsweise festzustellen, dass ihm zwei weitere Büroräume zustehen.

Der Beteiligte stellt im Beschwerdeverfahren keinen Antrag. Er trägt u.a. vor, die erstinstanzliche Entscheidung sei - soweit dem Begehren des Antragstellers entsprochen worden sei - bislang nicht umgesetzt worden, da für eine Anmietung durch den Beteiligten keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist begründet, soweit sie auf die Feststellung gerichtet ist, dass dem Antragsteller weitere Räume zustehen.

Zu Recht ist im vorliegenden Verfahren der Leiter der Dienststelle, bei der der Antragsteller gebildet ist, beteiligt worden. § 97 Abs. 3 SchulG M-V, wonach die Schulämter vor den Verwaltungsgerichten von der obersten Schulaufsichtsbehörde vertreten werden, ist nicht einschlägig. Gegenüber dieser allgemeinen Vertretungsregelung erweisen sich für das Personalvertretungsrecht §§ 8 Abs. 4 Satz 1, 87 Abs. 2 PersVG iVm. § 83 ArbGG als Spezialvorschriften. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 PersVG M-V handelt für die Dienststelle ihr Leiter. Er ist auch derjenige, der im gerichtlichen Beschlussverfahren nach § 83 ArbGG zu beteiligen ist (vgl. Grabendorff u.a., BPersVG, 9. Auflage, § 83 Rdn. 34). Nur diese Betrachtungsweise wird auch dem im Personalvertretungsrecht geltenden Grundsatz der gleichen Ebene gerecht. Danach ist der Hauptpersonalrat der obersten Dienstbehörde, der Bezirkspersonalrat der Behörde der Mittelstufe und der örtliche Personalrat der untergeordneten Behördenebene zugeordnet (vgl. Beschluss des Senats vom 23.11.2001 - 8 M 62/01 und 8 M 71/01 -).

Für die materiell rechtliche Prüfung ist auszugehen von der (mit § 44 Abs. 2 BPersVG übereinstimmenden) Regelung des § 35 Abs. 2 PersVG M-V, wonach die Dienststelle für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume zur Verfügung zu stellen hat. Die Vorschrift gilt, wie sich aus § 46 Abs. 7 PersVG M-V ergibt, für Stufenvertretungen entsprechend und zwar auch für die bei den unteren Schulaufsichtsbehörden gebildeten Stufenvertretungen für Lehrer, da für diese insoweit keine abweichenden Sonderbestimmungen bestehen (vgl. §§ 79, 80 PersVG M-V).

Die Erforderlichkeit bestimmt sich im Einzelfall anhand der konkret anfallenden Aufgaben der Personalvertretung. Diese hat zunächst eigenverantwortlich und unter Beachtung des Grundsatzes des angemessenen Einsatzes öffentlicher Mittel zu beurteilen und darzulegen, welchen Raumbedarf sie hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.10.2001 - PL 15 S 2437/00 -, PersR 2002, 126 mwN.). Auch die Dienststelle hat das Recht und die Pflicht, die Erforderlichkeit des angemeldeten Raumbedarfs zu prüfen (vgl. zu Schulungskosten: BVerwG, Beschluss vom 07.12.1994 - 6 P 36.93 -, E 97, 166).

Steht einem Personalratsmitglied in der Dienststelle bereits wegen seiner dienstlichen Aufgaben ein eigenes - büromäßig ausgestattetes - Arbeitszimmer zur Verfügung, wird in der Regel nichts dagegen sprechen, dieses auch für die Personalratstätigkeit zu nutzen. Ist ein solches Zimmer nicht vorhanden, hat die Dienststelle einen geeigneten Raum zur Verfügung zu stellen. Dabei ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass nicht jedes Personalratsmitglied einen eigenen Raum zur alleinigen Nutzung braucht. Vielmehr können sich für die büromäßigen Arbeiten (laufende Geschäftsführung und Sprechstunden) auch mehrere Mitglieder einen Raum teilen. Bei größeren Dienststellen mit zahlreichen Beteiligungsangelegenheiten können auch mehrere derartige Räume zur dauerhaften alleinigen Nutzung erforderlich sein. Die Zahl der Räume ist zwar von den konkret anfallenden Aufgaben abhängig, als Orientierungshilfe kann aber in der Regel darauf abgestellt werden, in welchem Umfang Freistellungen erfolgt bzw. Abminderungsstunden nach § 80 Abs. 4 PersVG M-V iVm. § 1 der Verordnung über die Ermäßigung der Pflichtstundenzahlen für Lehrkräfte als Mitglieder der Personalvertretungen (Pflichtstundenzahlermäßigungsverordnung) vom 01.08.1996 in der Fassung vom 10.06.1997 (GVBl. 1997, 255) gewährt worden sind (vgl. Vogelgesang u.a., LPersVG M-V, § 35 Rdn. 32; Fischer/Goeres, GKÖD Band V, K § 44 Rdn. 72).

Ob darüber hinaus Räume etwa für Sitzungen (zeitweilig) zur Verfügung zu stellen sind, hängt zunächst davon ab, inwieweit die zur dauerhaften Nutzung überlassenen Räume insbesondere von ihrer Größe her geeignet sind, den weiteren Raumbedarf mit abzudecken.

Der Personalrat kann sich die Räume im Allgemeinen nicht selbst aussuchen. Die Auswahl ist Sache des Dienststellenleiters, der aber nicht nur den Raumbedarf des Personalrats, sondern auch den durch den übrigen Dienstbetrieb veranlassten in den Blick zu nehmen hat. Besteht in einer Dienststelle eine allgemeine Raumknappheit, muss auch der Personalrat Einschränkungen hinnehmen. Unter dem Gesichtspunkt der vertrauensvollen Zusammenarbeit (vgl. Vogelgesang u.a., aaO., § 58 Rdn. 3 f.) wird es geboten sein, dass der Dienststellenleiter den Personalrat in das Raumauswahlverfahren einbezieht, zumal auch (ausnahmsweise) Räume in Betracht kommen, die nicht in der Dienststelle selbst liegen.

Verfügt die Dienststelle nicht über geeignete Räume im erforderlichen Umfang, ist sie grundsätzlich gehalten etwa durch Anmietung für die Deckung des Raumbedarfs zu sorgen (vgl. Fischer/Goeres, aaO., Rdn. 73 mwN.). Bedeutung haben kann auch, ob Haushaltsmittel verfügbar sind und bzw. inwieweit der Personalrat sich bei der Aufstellung des Haushalts für die Berücksichtigung seiner räumlichen Belange eingesetzt hat (vgl. BVerwG, aaO.; BVerwG, Beschluss vom 24.11.1986 - 6 P 3.85 -, PersV 1987, 422).

Die Anwendung der vorstehenden Grundsätze führt hier dazu, dass dem Antragsteller die beiden geltend gemachten weiteren Räume zustehen. Er hat ausführlich dargelegt, weshalb er zur Erfüllung seiner Aufgaben auf diese Räume auch in einer Dienststelle mit allgemein knapper Raumausstattung angewiesen ist. Der Beteiligte ist dem Vortrag des Antragstellers jedenfalls im Beschwerdeverfahren nicht mehr substantiiert entgegengetreten. Für den Senat besteht kein Anlass, die Berechtigung des Begehrens des Antragstellers in Zweifel zu ziehen. Es ist schon deshalb ohne weiteres nachvollziehbar, weil der Antragsteller insgesamt - wie erwähnt - über ein Freistellungskontingent von umgerechnet fast sieben Lehrkräften verfügt. Die beiden weiteren im Beschwerdeverfahren beanspruchten Räume führen ersichtlich nicht dazu, dass der Antragsteller auch in Zukunft mehr als nur sehr knapp mit Räumen ausgestattet sein wird. Seine Mitglieder verfügen - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geklärt worden ist - über keine in zumutbarer Weise in Betracht zu ziehenden Dienstzimmer.

Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass der Senat mit den vorstehenden Ausführungen nicht zugleich feststellen will, dass dem Antragsteller über sein eigenes Begehren hinaus Räume (nämlich insgesamt 7) zur alleinigen Nutzung zustehen. Darauf kommt es hier zum einen nicht an; zum anderen würde die direkte Gleichsetzung der Zahl der Freistellungen und der Zahl der zu beanspruchenden Räume den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles nicht genügend Rechnung tragen, etwa der Verteilung der Personalratsarbeit auf Sitzungen und andere Tätigkeiten.

Der Senat hat allerdings nicht dem Verpflichtungs-, sondern nur dem entsprechenden Feststellungsbegehren des Antragstellers entsprochen, weil er dies nach Lage des Falles für ausreichend hält, um den berechtigten Interessen des Antragstellers zu entsprechen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beteiligte nicht das ihm Mögliche und Zumutbare tun wird, um die Ansprüche des Antragstellers zu befriedigen. Er kann nach seinem - vom Antragsteller nicht in Abrede gestellten Vortrag - dem Antragsteller keine bereits vorhandenen und verfügbaren Räume überlassen, sondern muss sich über seine vorgesetzte Dienststelle um die Bereitstellung entsprechender Landesmittel bemühen. Der gesetzliche Anspruch auf Räume beinhaltet aber auch einen Anspruch des Personalrats darauf, dass Haushaltsmittel im erforderlichen Umfang zur Verfügung gestellt werden. Der Haushalt darf nicht dazu benutzt werden, die Tätigkeit des Personalrats einzugrenzen (vgl. Vogelgesang, aaO., § 35 Rdn. 16 mwN.).

Der Verpflichtungsantrag kann hier im Übrigen auch deshalb keinen Erfolg haben, weil eine Vollstreckung gegen den Beteiligten mit dem Ziel, dass dieser Räume unmittelbar bereitstelle, nach den vorstehenden Ausführungen auf eine jedenfalls derzeit unmögliche Leistung gerichtet wäre.

Die Frage, ob auch im Allgemeinen in Streitigkeiten um Räume nach § 35 Abs. 2 PersVG M-V nur ein Feststellungsausspruch in Betracht kommt, bedarf danach keiner weiteren Klärung.

Ende der Entscheidung

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