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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 07.05.2008
Aktenzeichen: 8 L 254/06
Rechtsgebiete: PersVG M-V


Vorschriften:

PersVG M-V § 73
"Mit-"Bestimmung kann nur da stattfinden, wo "bestimmt" wird (kein Mitbestimmungsrecht des bei einem Ministerium gebildeten Hauptpersonalrats, wenn die Landesregierung selbst die - vermeintlich - der Mitbestimmung unterliegende Entscheidung getroffen hat).
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

8 L 254/06

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Personalvertretungsrecht der Länder

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern

am 7. Mai 2008

in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 15.06.2006 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Antragsteller ist der beim Beteiligten gebildete Hauptpersonalrat. Im Streit sind Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit von der Landesregierung beschlossenen Grundsätzen zur gleitenden Arbeitszeit.

Vor dem Hintergrund des § 9 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Lande Mecklenburg-Vorpommern (Arbeitszeitverordnung - AZVO) in der Fassung vom 05.01.2001 (GVOBl. M-V Seite 8) erstellte der Beteiligte eine Kabinettsvorlage und informierte hierüber die Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte Mecklenburg-Vorpommern. Der Beschluss der Landesregierung über die "Grundsätze zur Durchführung der gleitenden Arbeitszeit" wurde am 04.11.2002 im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern - Seite 1438 - veröffentlicht.

Durch Beschluss vom 15.06.2006 hat das Verwaltungsgericht die in erster Instanz (zuletzt) gestellten Feststellungsanträge,

1. dass der Beteiligte verpflichtet war, die Umgehung des Mitbestimmungsverfahrens zu unterlassen durch solch einen Beschlussvorschlag, wie der Beteiligte bei der Entscheidung über die Aufhebung des Beschlusses über die Grundsätze der Durchführung der gleitenden Arbeitszeit vom 19.03.1991 dem Kabinett zur Entscheidung vorgelegt hat,

2. dass der Beteiligte verpflichtet war, bei der Festlegung der Grundsätze über die Durchführung der gleitenden Arbeitszeit als Grundlage des Beschlusses der Landesregierung vom 11.10.2002 - II 240-0313.15 - den Antragsteller gemäß § 62 Abs. 1 PersVG M-V zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen und deshalb die Beschlussvorlage des Kabinetts eine rechtswidrige Umgehung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers darstellt, abgelehnt. In den Gründen heißt es, die Landesregierung sei für den von ihr gefassten Beschluss zuständig gewesen, Mitbestimmungsrechte des Antragstellers seien nicht umgangen worden.

Gegen die ihm am 03.07.2006 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 31.07.2006 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist am 04.10.2006 begründet. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Entscheidung über die Grundsätze zur Durchführung der gleitenden Arbeitszeit in die Zuständigkeit des Beteiligten falle. Dieser habe die Sache dem Kabinett in der Absicht vorgelegt, Mitbestimmungsrechte zu umgehen.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 15.06.2006 zu ändern und den in erster Instanz zuletzt gestellten Anträgen zu entsprechen.

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen keine Bedenken. Aus der Beschwerdebegründung wird hinreichend deutlich, dass die Beschwerde darauf abzielt, dass die erstinstanzliche Entscheidung geändert und den in erster Instanz gestellten Anträgen entsprochen werden soll (siehe Seite 4 1. Absatz des Schriftsatzes vom 04.10.2006).

Auch der Antrag ist zulässig. Es geht dabei jedenfalls im Kern um die Feststellung der Zuständigkeit des Antragstellers (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 5 PersVG M-V). Auch das erforderliche Feststellungsinteresse ist zu bejahen. Der umstrittene Kabinettsbeschluss entfaltet weiterhin Rechtswirkungen. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung außerdem überstimmend bekundet, dass auch in Zukunft mit ähnlichen Fallkonstellationen zu rechnen sei.

Die Beschwerde ist aber unbegründet; das Verwaltungsgericht hat die Anträge zu Recht abgelehnt.

Dem Antragsteller steht im Zusammenhang mit dem Beschluss der Landesregierung über die "Grundsätze über die Durchführung der gleitenden Arbeitszeit" kein Mitbestimmungsrecht zu, ohne dass es darauf ankommt, ob der Mitbestimmungstatbestand des § 70 Abs. 1 Nr. 6 PersVG M-V, wonach die Mitbestimmung u.a. bei der Einführung, Ausgestaltung und Aufhebung der gleitenden Arbeitszeit erfolgt, einschlägig ist, wovon die Beteiligten aber wohl übereinstimmend ausgehen. Für eine eventuelle Mitbestimmung wäre der Antragsteller nicht im Sinne von § 73 PersVG M-V zuständig, da keine Maßnahme des Beteiligten, dem er zugeordnet ist, vorliegt.

"Mit-"Bestimmung kann nur da stattfinden, wo "bestimmt" wird. Nur eine bei der tatsächlich entscheidenden Stelle gebildete Personalvertretung kann von ihr auch beteiligt werden (vgl. Beschl. des Senats v. 29.04.1998 - 8 L 154/97 -). Ist bei der tatsächlich entscheidenden Stelle dagegen keine Personalvertretung gebildet worden, findet auch keine Mitbestimmung statt. So liegen die Dinge hier. Die entscheidende Stelle war hier die Landesregierung, der aber keine Personalvertretung zugeordnet ist. Die Bildung eines Gesamthauptpersonalrats sieht § 47 PersVG M-V nicht vor. Insoweit besteht eine - vom Gesetzgeber offenbar gewollte - Lücke in der Mitbestimmung. Ob die entscheidende Stelle ihre Befugnisse zu Unrecht angenommen oder überschritten hat, ist für die Zuständigkeit der Personalvertretung grundsätzlich ohne Bedeutung. Auch kommt es in der Regel nicht darauf an, ob die Stelle, bei der die Personalvertretung, die ihre Mitbestimmung für erforderlich hält, gebildet ist, eigentlich zuständig gewesen wäre. Im Hinblick auf das Unterlassen einer (nach Ansicht der Personalvertretung gebotenen) Maßnahme kommt von vornherein nicht die Mitbestimmung in Betracht; in diesem Zusammenhang kann allerdings auf das Initiativrecht der Personalvertretung nach § 65 PersVG M-V hingewiesen werden, um das es hier aber nicht geht (vgl. Beschl. des Senats v. 19.12.1996 - 8 L 62/96 -, PersR 1997, 259 m.w.N.). Im Übrigen hat der Senat auch in Ansehung der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Minister innerhalb ihrer jeweiligen Geschäftsbereiche (vgl. Art. 46 Abs. 2 LV M-V) keine Bedenken gegen die originäre Zuständigkeit der Landesregierung, die an der Spitze der vollziehenden Gewalt steht (vgl. Art. 41 Abs. 1 LV M-V), für die Aufhebung eines von ihr selbst gefassten Beschlusses. Ob auch andere Wege gangbar gewesen wären, um die Mitbestimmung gleichwohl zu ermöglichen, bedarf keiner weiteren Prüfung. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass jedenfalls nicht festzustellen ist, dass der Beteiligte in einer Angelegenheit, in der von vornherein offensichtlich seine Zuständigkeit gegeben wäre, die Mitbestimmung durch die Verlagerung der Entscheidung auf das Kabinett umgangen hätte.

Im vorliegenden Verfahren stellt sich auch nicht die Frage, ob der Beschluss der Landesregierung noch einer Umsetzung durch den Beteiligten bedurft hätte, da es - wie ausgeführt - grundsätzlich keine Mitbestimmung im Hinblick auf ein Unterlassen einer an sich gebotenen (mitbestimmungspflichtigen) Maßnahme gibt. Der Antragsteller hat aber auch nicht behauptet, dass der Beteiligte den Kabinettsbeschluss noch durch eine eigene Maßnahme umzusetzen und damit selbst verbindliche Regelungen gegenüber den Beschäftigten seines nachgeordneten Bereichs zu treffen hätte, wie dies anscheinend in der vom Verwaltungsgericht Berlin entschiedenen Sache der Fall gewesen ist (vgl. Beschl. v. 27.08.2002 - 72 A 3.02 -, zit. nach juris), sodass der Antragsteller sich auch nicht mit Erfolg auf diese Entscheidung berufen kann. Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.05.1981 - 6 P 35.79 - (Buchholz 238.38 § 60 RPPersVG Nr. 1). In jenem Verfahren hatte - anders als hier - die Landesregierung "keine für die Geschäftsbereiche der obersten Dienstbehörde unmittelbar verbindlichen Regelungen" getroffen, so dass noch Raum war für - mitbestimmungsfähige - Umsetzungsentscheidungen.

Die sich in der Mitbestimmung ergebende Lücke ist auch nicht in der Weise zu schließen, dass die personalvertretungsrechtliche Beteiligung in eine Ebene verlagert wird, in der lediglich Vor- oder Zuarbeiten geleistet, aber keine verbindlichen Regelungen getroffen werden. Eine andere Bewertung ist allerdings geboten, wenn ein Ministerium Regelungen mit Verbindlichkeit auch für andere Ministerien und deren nachgeordnete Bereiche trifft, wie dies bei den Beurteilungsrichtlinien geschehen ist (vgl. Beschl. des Senats v. 27.10.2004 - 8 L 110/04 -). Um diese Konstellation geht es hier jedoch nicht.

Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob dem vom Antragsteller geltend gemachten Mitbestimmungsrecht auch die Regelung des § 71 PersVG M-V entgegensteht. Nach dieser Vorschrift wird der Personalrat bei Maßnahmen, an deren Vorbereitung die Spitzenorganisationen der Gewerkschaft nach § 112 LBG M-V zu beteiligen sind, nicht beteiligt. Eine solche Beteiligung hat hier stattgefunden. Anzumerken ist allerdings, dass der Kabinettsbeschluss keine nur für Beamte geltenden Bestimmungen enthält (vgl. Beschl. des Senats v. 27.10.2004, a.a.O.).

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass eine Interessenvertretung aller Mitarbeiter in der Landesverwaltung auch dadurch erfolgt ist, dass eine Anhörung nach § 75 PersVG M-V stattgefunden hat. Diese hätte aber einem Recht des Antragstellers auf Mitbestimmung, wenn dieser denn zuständig gewesen wäre, nicht entgegengestanden (vgl. § 75 Abs. 2 PersVG M-V).

Einer Kostenentscheidung bedarf es im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht (vgl. Beschl. des Senats v. 29.11.2006 - 8 L 426/05 -, m.w.N.).

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne von §§ 87 Abs. 2 PersVG M-V, 92 Abs. 1 Satz 1, 72 Abs. 2 ArbGG vorliegen.

Ende der Entscheidung

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