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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 29.11.2006
Aktenzeichen: 8 L 426/05
Rechtsgebiete: BPersVG, PersVGMV


Vorschriften:

BPersVG § 13 Abs. 1 Satz 1
PersVGMV § 11
PersVGMV § 12
PersVGMV § 18
Zur Wahlberechtigung von der ARGE zugeteilten Beschäftigten für den Personalrat beim Landkreis.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

8 L 426/05

In der Personalvertretungssache

wegen Personalvertretungsrecht des Landes

hat der Fachsenat für Personalvertretungssachen des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern auf Grund der mündlichen Verhandlung

am 29. November 2006

in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 24.11.2005 wird geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Wahlanfechtungsverfahren geht es um die Gültigkeit der am 27.04.2005 durchgeführten Wahl des (zu 1.) beteiligten Personalrats der Kreisverwaltung, die durch den Beteiligten zu 2. vertreten ist.

Durch Beschluss vom 24.11.2005 hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Wahl für ungültig erklärt und zur Begründung u.a. ausgeführt, es sei fehlerhaft gewesen, dass 26 Arbeitnehmer, die zum 01.01.2005 in die gemeinsam vom Landkreis und der Bundesagentur für Arbeit gegründete Arbeitsgemeinschaft (im Folgenden: ARGE) gewechselt waren, mitgewählt hätten.

Gegen diese ihm am 07.12.2005 zugestellte Entscheidung hat der Beteiligte zu 1. am 28.12.2005 Beschwerde eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist am 07.03.2006 begründet.

Im Beschwerdeverfahren streiten die Antragstellerin und der Beteiligte zu 1. in erster Linie um die Frage der Wahlberechtigung der bei der ARGE eingesetzten Bediensteten.

Der Beteiligte zu 1. beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 24.11.2005 zu ändern und den Antrag abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 2. stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Die erstinstanzliche Entscheidung ist zu ändern, die Fachkammer hat die angefochtene Wahl des Beteiligten zu 1. zu Unrecht für ungültig erklärt. Die Wahlanfechtung der Antragstellerin ist in der Sache unbegründet. Die zur Zeit der Wahl bei der ARGE tätigen Angestellten des Landkreises, die mitgewählt haben, waren im Sinne von § 11 PersVG M-V (aktiv) wahlberechtigt (und demzufolge - soweit hier von Bedeutung - auch im Sinne von § 12 PersVG M-V wählbar, da die über das aktive Wahlrecht hinaus normierten Voraussetzungen unproblematisch sind).

Anfechtbar ist die Wahl nach § 18 Abs. 1 Satz 1 PersVG M-V nur, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wahlart oder das Wahl verfahren verstoßen worden ist.

Zu den Vorschriften über das Wahlrecht gehört auch § 11 PersVG M-V, der die Wahlberechtigung regelt. Nach dem in § 11 Abs. 1 Satz 1 PersVG M-V normierten Grundsatz sind - soweit hier von Bedeutung - alle Beschäftigten der Dienststelle wahlberechtigt. Unter einem Beschäftigten im Sinne dieser Vorschrift wird derjenige verstanden, der auf der Grundlage eines Beamten- oder Arbeitsverhältnisses in eine Dienststelle eingegliedert ist und dort an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirkt. Dabei ist die Eingliederung geprägt durch das Weisungsrecht der Dienststelle, dem eine entsprechende Weisungsgebundenheit des Beschäftigten gegenübersteht (vgl. zu § 13 Abs. 1 Satz 1 BPersVG: BVerwG, Beschluss vom 15.05.2002 - 6 P 8/01 -, E 116, 242). Im Falle eines Wechsels des Arbeitsplatzes kommt es nicht auf (verbleibende) formale Beziehungen zur (bisherigen) Dienststelle an, entscheidend sind vielmehr die konkreten äußeren Umstände wie die räumliche Einbeziehung in den Dienststellenbetrieb und die Unterstellung unter die "äußere Ordnung" der Dienststelle (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.09.1983 - 6 P 29.82 -, PersV 1985, 164).

Ob jemand nach den beschriebenen Maßstäben im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 PersVG M-V seine Eigenschaft als "Beschäftigter" und damit seine Wahlberechtigung verloren hat, hängt nicht davon ab, ob eine Abordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 PersVG M-V vorliegt. Diese Norm enthält lediglich eine besondere Regelung für den speziellen Fall der Abordnung. Diese Besonderheit besteht darin, dass der Verlust der Wahlberechtigung um drei Monate hinausgeschoben und mit dem Erwerb der Wahlberechtigung in einer anderen Dienststelle verknüpft wird.

Eine weitere Regelung, die einen befristeten Aufschub des Verlustes der Wahlberechtigung bewirkt, enthält § 11 Abs. 1 Satz 3 PersVG M-V. Danach sind Beschäftigte, die am Wahltag bereits, länger als sechs Monate unter Wegfall der Bezüge beurlaubt sind, nicht wahlberechtigt. Die Norm lässt den Umkehrschluss zu, dass Beschäftigte, die noch nicht länger als sechs Monate beurlaubt sind, die Wahlberechtigung noch besitzen. In diesem Fall kommt es also nicht darauf an, ob die tatsächliche Eingliederung in die bisherige Dienststelle vor der Wahl bereits beendet war. Unerheblich ist auch, ob die Beurlaubung für einen längeren Zeitraum als sechs Monate erfolgt ist. Maßgeblich ist vielmehr die tatsächliche Dauer "am Wahltag" selbst (vgl. Fischer/Goeres GKÖD Bd. V Teil 2 K § 13 Rn. 14 ff. m.w.N.). Die Regelung ist nicht eng auszulegen; sie basiert auf dem Gedanken, dass die Ausgliederung aus den Geschehnissen in der Dienststelle in wenigen Monaten noch nicht so bedeutsam ist, als dass eine sinnvolle Wahrnehmung des Wahlrechts nicht möglich wäre (vgl. Grabendorff u.a., BPersVG 9. Aufl. § 13 Rn. 16 ff). So ist von der Rechtsprechung etwa das Ruhen eines Arbeitsverhältnisses nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz dem Fall der Beurlaubung gleichgesetzt worden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.11.1979 - 6 P 12.79 -, ZBR 1980, 322).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Angestellten, die seit Januar 2005 für die ARGE tätig waren, bei der angefochtenen Wahl im April 2005 (noch) wahlberechtigt waren. Dabei lässt der Senat die Frage offen, ob sie zur Zeit der Wahl noch bei der Verwaltung, der der Beteiligte zu 1. zugeordnet ist, im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 PersVG M-V beschäftigt waren. Dies waren sie jedenfalls bis Ende Dezember 2004, so dass ihnen die Wahlberechtigung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 PersVG M-V bis zum Wahltag erhalten geblieben ist. Die der ARGE zugewiesenen Angestellten des Landkreises werden von der Regelung bei der gebotenen weiten Auslegung erfasst. Wenn sogar beurlaubte Mitarbeiter, für die jedenfalls in der Regel keine beteiligungsbedürftigen Personalmaßnahmen anfallen werden, noch sechs Monate wahlberechtigt bleiben, muss dies erst Recht für die Angestellten gelten, um die es hier geht, denn bei diesen sind ohne weiteres Mitbestimmungsfälle sogar im klassischen Beteiligungsbereich wie etwa nach § 68 Abs. 1 Nr. 2, 5 oder 6 PersVG M-V denkbar.

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Berücksichtigung von § 11 Abs. 2 Satz 1 PersVG M-V. Diese Regelung ist für den vorliegenden Fall auch nicht entsprechend anwendbar, da es hier nicht darum geht, die Wahlberechtigung bei zwei insoweit in Betracht kommenden Dienststellen so aufeinander abzustimmen, dass der Verlust der Wahlberechtigung in der einen (bisherigen) Dienststelle zusammenfällt mit dem Erwerb der Wahlberechtigung in der anderen (neuen). Bei der ARGE handelt es sich nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten allein wegen ihrer Rechtsform als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht um eine (personalratsfähige) Dienststelle.

Soweit die Antragstellerin weitere Verstöße gerügt hat, führt auch dies nicht zu einem Erfolg der Wahlanfechtung.

Ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Nr. 5 WahlOPersVG M-V ist nicht festzustellen. Im Wahlausschreiben ist hinreichend deutlich angegeben, wo und wann das Wählerverzeichnis und die Wahlordnung zur Einsicht ausliegen. Es ist nicht zu beanstanden, dass diesbezüglich auf die Mitglieder des Wahlvorstandes hingewiesen worden ist. Dass diese nicht durchgängig persönlich an dem angegebenen Arbeitsplatz erreichbar waren, ist kein Verstoß gegen das Wahlverfahren, zumal nicht geltend gemacht worden ist, dass eine etwa beabsichtigte Einsichtnahme deswegen gescheitert wäre.

Ob die Streichung derjenigen Mitarbeiterin im Wählerverzeichnis, die als Geschäftsführerin des Regionalverbundes W.-R. e.V. tätig ist, zu Recht erfolgt ist, spielt für das Ergebnis der Wahl im. Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 2 PersVG M-V keine Rolle, da es nicht auf einen Wähler mehr oder weniger ankommt. Der Ausgang der Wahl würde sich angesichts der Stimmenabstände zwischen den einzelnen Wahl vorschlagen nicht ändern. Die übrigen Einwände, etwa das nicht erkennbar gewesen ist, durch wen und warum Streichungen im Wählerverzeichnis vorgenommen wurden, sind nicht geeignet, um einen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 PersVG M-V festzustellen. Dazu hätte substanziiert geltend gemacht werden müssen, dass und warum eine bestimmte Streichung zu Unrecht erfolgt sein soll.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne von §§ 87 Abs. 2 PersVG M-V, 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG vorliegen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, da sich nicht absehen lässt, dass sich bei künftigen Wahlen dieselben Rechtsfragen in nennenswerter Zahl stellen werden.

Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschluss verfahren (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 25.08.2006 - 1 A 1724/05.PVL -, zit. nach juris; OVG Saarlouis, Beschluss vom 14.08.2006 - 5 B 1/06 -, zit. nach juris; OVG Magdeburg, Beschluss vom 31.05.2006 - 5 M 4/06 -, zit. nach juris; OVG München, Beschluss vom 27.02.2006 - 17 C 05.1527 -, zit. nach juris; OVG Bautzen, Beschluss vom 20.12.2005 - 9 B 342/05.PL -, zit. nach juris; OVG Weimar, Beschluss vom 20.12.2005 - 5 PO 1488/04 -, zit. nach juris).

Ende der Entscheidung

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