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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: 9 K 10/03
Rechtsgebiete: FlurbG, LwAnpG


Vorschriften:

FlurbG § 59 Abs. 2
FlurbG § 134
LwAnpG § 60
Zur Frage der Nachsichtgewährung bei bewußtem Absehen der Einlegung eines Widerspruchs gegen den Bodenordnungsplan im Anhörungstermin.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAME DES VOLKES URTEIL

AZ.: 9 K 10/03

Verkündet am: 24.11.2004

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Bodenordnungsverfahren "Ne."

hat der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung am 24. November 2004 in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das ein Pauschbetrag in Höhe von 200,00 Euro erhoben wird.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen Bestimmungen des Teilbodenordnungsplanes Ne. insoweit, als hier für das in ihrem Eigentum stehende Flurstück 35 der Flur 2, Gemarkung Ne. ein Abfindungsbetrag auf der Grundlage von 20,00 DM/m2 festgesetzt worden ist.

Nach Einleitung des Bodenordnungsverfahrens durch Beschluss des Beklagten vom 04.03.1996 nahm der Kläger zu 1) an Hofraumverhandlungen am 13.07.1998 teil. Ausweislich der hierüber geführten Protokolle trat er auch in Vollmacht für die Klägerin zu 2) auf. Als Ergebnis der Verhandlung, an der als Ordnungsnummer 8 die TLG beteiligt war, hält das Protokoll fest, dass die Grundstücksgrenzen nach Maßgabe der beiliegenden Skizze in Hinblick auf das Flurstück 169/3, das im Eigentum der Kläger steht, und dem Flurstück 169/5, das im Eigentum der TLG stand, geändert wird. Es ist weiterhin festgehalten, dass die Beteiligten eine Geldabfindung von 20,00 DM/m2 vereinbaren. In einer weiteren Verhandlung an diesem Tage, an der die BWG als Eigentümerin des Flurstücks 169/4 und 166 beteiligt war, wurden die Grenzen der beteiligten Flurstücke festgesetzt. Am 26.05.2000 wurde ein Nachtrag vereinbart, der die östliche Grenze des Flurstücks 169/3 betraf. Hier trat der Kläger ausweislich des Protokolls nicht zugleich im Namen der Klägerin zu 2) auf.

Unter dem 09.10.1998 erteilte die Klägerin zu 2) dem Kläger zu 1) die Vollmacht, sie in allen das Bodenordnungsverfahren der Insel X. betreffenden Handlungen zu vertreten, und berechtigte ihn zur Bestellung eines Vertreters für einzelne Handlungen, zum Abschluss von Vereinbarungen, zur Übernahme von Verpflichtungen und zum Verzicht auf eine Sache oder ein Recht. Zugleich erklärte sie, sie genehmige alle Entscheidungen, die der Kläger zu 1) im Bodenordnungsverfahren für sie getroffen habe. Diese Vollmacht wurde am 13.10.1998 durch eine Bedienstete der Gemeinde Insel X. beglaubigt.

Mit Schreiben vom 21.08.2001 wurde dem Kläger die als Anlage beigefügten Entscheidungen, und zwar die Feststellung des Ergebnisses der Wertermittlung und der Teilbodenordnungsplan bekannt gegeben. Zugleich wurde der 11.10.2001 als Termin zur Erläuterung unter anderem der neuen Grundstücksgrenzen sowie zur Entgegennahme von eventuellen Widersprüchen festgesetzt. Als "Hinweis auf Rechtsbehelf" wird ausgeführt:

"Widersprüche gegen den Teilbodenordnungsplan (Kapitel 4) als Gesamtheit der Neugestaltungsmaßnahmen müssen von den Beteiligten zur Vermeidung des Ausschlusses in diesem Anhörungstermin vorgebracht werden.

Widersprüche gegen die Feststellung des Ergebnisses der Wertermittlung (Kapitel 3) sind innerhalb der Frist von einem Monat seit ihrer Bekanntgabe (nämlich Zugang dieses Schreibens) schriftlich oder zur Niederschrift beim Amt für Landwirtschaft Wittenburg, Pappelweg 2, 19243 Wittenburg, einzulegen."

Dieses Schreiben wurde dem Kläger zu 1) durch Niederlegung am 22.08.2001 zugestellt. Der Kläger zu 1) nahm an dem Anhörungstermin am 11.10.2001 teil. Ausweislich des Protokolls zu diesem Termin gab er hier keine Erklärungen ab. Er unterschrieb als Anlage 4 zum Protokoll des Erörterungstermins eine Erklärung mit dem Inhalt, er erkläre sein Anerkenntnis und den Rechtsbehelfsverzicht zum Teilbodenordnungsplan i.e.S.

Mit am 22.10.2001 eingegangenem Schreiben legte er "bezugnehmend auf den Anhörungstermin am Donnerstag, den 11.10.2001" Widerspruch ein. Er sei mit der zugrundegelegten Fläche einverstanden, nicht aber mit dem Kaufpreis von 20,00 DM/m2, da es sich nicht um Bauland, sondern um Gartenland handele.

Mit Schreiben vom 17.01.2002 teilte der Beklagte dem Kläger zu 1) mit, sein Widerspruch werde voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Er sei verspätet eingelegt worden. Trotz des Hinweises darauf, dass gegen den Plan im Anhörungstermin Widerspruch eingelegt werden müsse, habe er hiervon trotz Teilnahme keinen Gebrauch gemacht. Eine Nachsichtgewährung käme nicht in Betracht.

Hierzu nahm der Kläger zu 1) wie folgt Stellung: Es sei zu berücksichtigen, dass er nicht Alleineigentümer sei, sondern zusammen mit Frau Be., der Klägerin zu 2). Bis zum heutigen Tag sei eine Zustellung an sie nicht erfolgt. Es dürfte daher an einer "wirksamen Widerspruchsfristbestimmung fehlen". Im Übrigen seien die Voraussetzungen für eine Nachsichtgewährung gegeben. Er, der Kläger zu 1) sei davon ausgegangen, dass die Angelegenheit abschließend im Termin am 11.10.2001 geklärt werden könne. Als dies nicht gelungen sei, habe er entsprechend Widerspruch erhoben. In der Sache selbst bleibe er dabei, dass die Bewertung der zugeordneten Flächen zu hoch sei. Die umliegenden Eigentümer hätten ihm mitgeteilt, sie hätten lediglich 9,00 DM/m2 bezahlt. Ein Grund für eine Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. Soweit auf die Hofraumverhandlung am 13.07.1998 verwiesen werde, sei darin nach seiner Erinnerung auch nur von einem Erwerb zum Mittelwert die Rede gewesen. Dieser Mittelwert betrage 9,00 DM/m2. In einem weiteren Schreiben vom 26.03.2002 machte der Kläger geltend, das Schreiben vom 21.08.2001 sei nicht wirksam zugestellt worden, da kein Hinweis darauf enthalten gewesen sei, dass es sich um einen Verwaltungsakt handele, der sowohl dem Kläger zu 1) als auch der Klägerin zu 2) betreffe. Die von der Klägerin zu 2) ausgestellte Vollmacht enthalte zudem keine Zustellvollmacht.

Diesen Widerspruch wies das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2003 zurück. Die Widersprüche seien unzulässig. Sie seien verspätet und nicht in dem eigens hierzu anberaumten Anhörungstermin am 11.10.2001 eingelegt worden. Auf die Notwendigkeit dieses Schrittes sei der Kläger zu 1) in der Ladungsschrift ausdrücklich hingewiesen worden. Die Ausschlusswirkung sei auch für die Klägerin zu 2) eingetreten. Sie werde ausweislich der Vollmacht vom 09.10.1998 durch den Kläger zu 1) vertreten. Eine gesonderte Ladung oder eines Hinweises, dass die Ladung auch an sie gerichtet sei, habe es angesichts der Vollmacht und auch angesichts des Teilnehmernachweises, der der Ladung beigefügt war nicht bedurft. Dort würden der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) als Teilnehmer und zukünftige gemeinschaftliche Eigentümer ausgewiesen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Nachsichtgewährung. Die Fristversäumung sei nicht unverschuldet. Er, der Kläger zu 1), sei in dem Termin vertreten gewesen. Es sei auch nicht nach Ermessen Nachsicht zu gewähren. Eine nachträgliche Zulassung der verspäteten Erklärung nach dieser Vorschrift stelle eine Ausnahmeregelung dar, um insbesondere - außergewöhnliche -offensichtliche und unbillige Härten zu vermeiden. Eine solche unbillige Härte bestehe im vorliegenden Fall nicht. Der Kläger zu 1) habe für das ihr übertragende 1.667 m2 große Flurstück Gemarkung Ne. Flur 2 Nr. 35 eine Abfindung in Höhe von 15.110,43 DM zu zahlen. Hieraus folge eine Abfindung in Höhe von 9,06 DM/m2. Dieser Widerspruchsbescheid wurde den Klägern am 22.01.2003 zugestellt.

Am 12.02.2003 haben sie Klage erhoben. Sie beziehen sich auf ihren bisherigen Vortrag und erklären ergänzend, sie seien mit der Zuweisung der betroffenen Fläche als solche einverstanden, nicht jedoch mit dem insoweit festgesetzten Abfindungsbetrag. In der zugeordneten Fläche sei nämlich bereits eine Altfläche aus ihrem Eigentum zur Größe von 872 m2 enthalten, sodass ihren neu lediglich eine Fläche von 735 m2 zugeordnet worden sei. Mit einem Betrag von 9,06 DM/m2 der neu zugeordneten Fläche, das heißt einem Abfindungsbetrag in Höhe von 7.202,70 DM, wären die Kläger einverstanden.

Die Kläger beantragen,

den Widerspruchsbescheid des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei vom 15.01.2003 aufzuheben und das Ministerium zu verpflichten, über den Widerspruch erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus: Eine unbillige Härte bestehe nicht. Die unterschiedliche Höhe der Geldabfindung mit einer Differenz von 11,00 DM/m2 zu den benachbarten Flächen, die von der BWG und der Gemeinde an die Kläger für 9,00 DM/m2 abzutreten seien, führe allenfalls zu einem (wirtschaftlichen) Nachteil. Eine unbillige Härte liege darin jedoch nicht. Die Bemessung der Geldabfindung beruhe auf der Vereinbarung der Kläger mit der TLG vom 13.07.1998. An sie seien die Kläger gebunden.

Die beigeladene Teilnehmergemeinschaft stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (l Band) und der Widerspruchsbehörde (1 Band) ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig. Der Klage fehlt die notwendige Sachurteilsvoraussetzung der ordnungsgemäßen Durchführung des Widerspruchsverfahrens. Der Kläger zu 1) hat im Anhörungstermin keinen Widerspruch eingelegt, die Klägerin zu 2) auch nicht vertreten durch den Kläger zu 1).

Allein im Anhörungstermin kann gegen den Bodenordnungsplan i.e.S., d.h. hier gegen Kapitel 4 des angefochtenen Planes, nach § 59 Abs. 2 FlurbG, der auch im Bodenordnungsverfahren nach § 64 LwAnpG gem. § 60 LwAnpG Anwendung findet, wirksam Widerspruch eingelegt werden. In dem Schreiben 21.08.2001 sind die Kläger ordnungsgemäß im Sinne des § 59 Abs. 2 FlurbG belehrt worden. Danach ist in der Ladung darauf hinzuweisen, dass die Beteiligten Widersprüche zur Vermeidung des Ausschlusses in dem Anhörungstermin vorbringen müssen. Die Klägerin zu 2) durch den Kläger zu 1) und dieser selbst haben gleichwohl in der Verhandlung am 11.10.2001 ihre Einwendungen nicht vorgebracht. Ausweislich des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 24.01.2002 hatte der Kläger zu 1) in dieser Verhandlung erkannt, dass die Angelegenheit nicht in seinem Sinne abschließend geklärt werden konnte. Er hätte daher Veranlassung gehabt, entsprechend der ihm erteilten Belehrung in dem Ladungsschreiben Widerspruch einzulegen.

Die Klägerin zu 2) kann sich nicht darauf berufen, dass sie nicht eigens geladen worden ist. Sie hatte dem Kläger zu 1) wirksam Vollmacht erteilt. In einem solchen Falle ist, wie sich aus § 14 Abs. 3 bzw. § 101 Abs. 1 S. 1 VwVfG M-V ergibt, eine Bekanntgabe bzw. Zustellung an den ordnungsgemäß bestellten Bevollmächtigen zu richten. Allerdings lässt sich den Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen, ob in dem Ladungsschreiben ausdrücklich auch die Klägerin zu 2) angesprochen worden war. Dessen bedarf es indes nicht. Das Schreiben ist aus dem Empfängerhorizont des Klägers zu 1) auszulegen. Nachdem er erklärt hatte, die Klägerin zu 2) im vollen Umfang in dem Bodenordnungsverfahren zu vertreten, musste er das Ladungsschreiben als an sich sowohl in der Eigenschaft als Beteiligter des Verfahrens wie auch als Bevollmächtigter der Klägerin zu 2) verstehen.

Die Kläger haben keinen Anspruch aus § 134 Abs. 3, Abs. 2 Satz 2 FlurbG auf Zulassung ihres Widerspruchs trotz Versäumung einer gesetzlichen Frist. Dabei kann dahinstehen, ob von der Versäumung eines Termins zur Einlegung des Widerspruchs gesprochen werden kann, wenn der Betroffene ausdrücklich die gegenteilige Erklärung abgibt, nämlich auf Rechtsbehelfe zu verzichten.

Ein Anspruch auf Nachsichtgewährung käme bei unverschuldeter Versäumung der gesetzlichen Frist in Betracht. Daran fehlt es vorliegend. Den Klägern ist mit der Ladung zur Bekanntgabe des Bodenordnungsplanes auch der sie betreffende Auszug aus dem Bodenordnungsplan, d.h. v.a. auch die Festsetzung des Ergebnisses der Wertermittlung (Kapitel 3) und der Bodenordnungsplan i.e.S. (Kapitel 4) zugesandt worden. Sie konnten daher erkennen, welche Bestimmungen Gegenstand der Anhörung am 11.10.2001 sein würden. Sie wurden mit ihnen nicht erst in diesem Termin vertraut gemacht.

Auch eine verschuldet nicht fristgerecht vorgebrachte Erklärung kann von der Flurbereinigungsbehörde zugelassen werden. Die Entscheidung darüber liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Bei der Ausübung des Ermessens hat die Behörde alle Belange, die für die Ermessensentscheidung von Bedeutung sein können, zu berücksichtigen. Zu diesen Belangen gehören insbesondere Umstände, die bei Zurückweisung der versäumten Erklärung als verfristet eine offenbare Härte für den Erklärenden bedeuten würden und solche Umstände, die bewirken, daß der Zweck des Bodenordnungsverfahrens nicht oder unvollständig erreicht wird. Danach hat der Beklagte die Gewährung von Nachsicht im Ergebnis fehlerfrei abgelehnt.

Der Beklagte hat maßgeblich darauf abgestellt, dass hinsichtlich der Einwendungen, die die Kläger gegen den Bodenordnungsplan geltend machen, diese aufgrund der vertraglichen Vereinbarung vom 13.07.1998 gebunden sind. Dies könnte zweifelhaft sein.

Grundsätzlich ist zunächst auch die Klägerin zu 2) gebunden, obwohl zum Zeitpunkt der Vereinbarung die Vollmacht für den Kläger zu 1) nicht vorlag. In der nachträglichen Vollmacht hat die Klägerin zu 2) aber erklärt, sie genehmige alle Entscheidungen, die der Kläger zu 1) im Bodenordnungsverfahren für sie getroffen habe. Damit wird die Erklärung, die der Kläger zu 1) im Rahmen der Hofraumverhandlungen namens der Klägerin zu 2) abgegeben hat, genehmigt und somit wirksam (§ 124 FlurbG).

In der Hofraumverhandlung vom 13.07.1998, an der die TLG beteiligt war, haben sich die Beteiligten auf eine Geldabfindung in Höhe von 20,00 DM/m2 geeinigt. Die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung folgt aus § 99 Abs. 1 FlurbG. Danach sind Abfindungen nach Möglichkeit durch Vereinbarungen mit den Beteiligten zu bestimmen.

Eine solche Vereinbarung bedarf der Genehmigung der Flurbereinigungsbehörde. Zu ihrer Wirksamkeit genügt die schriftliche Form (§ 126 BGB). Die Verhandlung wurde durch einen Bediensteten des beklagten Amts für Landwirtschaft geführt, der die Vereinbarung - mit - unterzeichnet hat. Sie ist weiterhin von dem Kläger zu 1), der TLG und der Gemeinde Insel X. als Beteiligten des Bodenordnungsverfahrens unterzeichnet. Eine derartige Planvereinbarung ist gemäß § 100 FlurbG in den Bodenordnungsplan zu übernehmen.

Eine wirksame Planvereinbarung schränkt das Recht der Beteiligten ein, eine Änderung des Plans zu verlangen. Wenn in diesem Falle der Beteiligte sich mit der Flurbereinigungsbehörde auf die Zuteilung eines bestimmten Grundstücks geeinigt hat, kann er gegen die Lage, Beschaffenheit, Entfernung und Oberflächengestaltung eines solchen Grundstückes keine Einwendungen mehr im Rahmen einer Anfechtung des Bodenordnungsplanes erheben. Dies gilt auch für den Anspruch auf wertgleiche Abfindung. Er wird durch eine wirksame Planvereinbarung eingeschränkt. Auch insoweit geht der Vertrag kraft Privatautonomie dem Gesetzesrecht vor. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Vereinbarung von einer nicht vertretbaren Bewertung ausgeht. Nachsicht ist in diesem Falle insoweit zu gewähren, als davon auszugehen sein muss, dass der Beteiligte nicht schon bei der Planvereinbarung von den Umständen der Bewertung wissen musste (vgl. Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 7. Aufl., § 99 Rn. 3-5).

Im vorliegenden Fall erscheint dies fraglich: Im Bodenordnungsplan, in dem als Kapitel 3 erst das Ergebnis der Wertermittlung festgestellt wird, wird ein Bodenwert für Bauland, Garten- und Hinterland von 9,00 DM/m2 angenommen. Dies bedeutet, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung die Bodenwertermittlung offensichtlich noch nicht vorlag. Allerdings heißt es in der Wertermittlungsgrundlage auch, dass folgende Werte gemäß des Grundstücksmarktberichts für die Ortslage festgesetzt würden: Für Gartenland 5,00 DM/m2, für Hinterland 2,00 DM/m2 und für Bauland 20,00 DM/m2. Geht man davon aus, dass der Wert von 20,00 DM/m2 Bauland zutrifft, ist die vertragliche Vereinbarung auch im Nachhinein nicht zu beanstanden.

Ob aus diesen Gründen die Kläger trotz der Vereinbarung hätten geltend machen können, dass sie auf dieser Grundlage nicht wertgleich abgefunden sind, kann aber ebenso dahinstehen wie die Frage, ob die Vereinbarung gemäß §§ 52, 53 FlurbG als bindend anzusehen ist. Denn die Erklärungen, die der Kläger zu 1) im Zusammenhang mit der Bekanntgabe des Bodenordnungsplans abgegeben hat, schließen in jedem Fall die Annahme einer unbilligen Härte aus.

Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger zu 1) nicht nur keinen Widerspruch in dem Termin am 11.10.2001 eingelegt hat, sondern zusätzlich erklärt hat, er erkläre "sein Anerkenntnis und den Rechtsbehelfsverzicht". Dabei braucht nicht beurteilt zu werden, ob hierin ein Rechtsbehelfsverzicht im eigentlichen Sinne vorliegt (vgl. Seehusen/Schwede, a.a.O. § 141 Rn. 8). Maßgebend ist hier, dass er bewußt und eindeutig die Erklärung abgegeben hat, keinen Widerspruch einzulegen. Darin liegt eine Bekräftigung der Erklärung, die bereits in der Nichteinlegung des Widerspruchs im Termin lag. Eine bewußt nicht genutzte Möglichkeit, seine gegenteilige Ansicht in dem dafür vorgesehenen Anhörungstermin geltend zu machen, muss in der Regel zum Verlust des Rügerechts führen, wenn anders nicht das gesamte System des Flurbereinigungsrechts in Frage gestellt werden soll (so BVerwG, Urteil vom 06.05.1970 - IV C 59.69 - RzF 59 II S. 15).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 147 Abs. 1 FlurbG, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Es entspricht billigem Ermessen, ihre außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 167 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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