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Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 19.02.2002
Aktenzeichen: 9 K 27/00
Rechtsgebiete: LwAnpG, FlurbG, ZGB-DDR
Vorschriften:
LwAnpG § 64 | |
LwAnpG § 63 | |
FlurbG § 9 Abs. 1 S. 1 | |
FlurbG § 44 Abs. 3 S. 3 | |
ZGB-DDR § 459 Abs. 1 |
2. Ein Notwegerecht sichert die Erschließung im Sinne des Flurbereinigungsgesetzes nicht.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Az.: 9 K 27/00 Verkündet am 19.02.2002
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Bodenordnungsverfahren
hat der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2002 in Greifswald
für Recht erkannt:
Tenor:
Soweit die Klägerin zu 2) und der Beklagte die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Der Widerspruchsbescheid des Ministeriums wird aufgehoben, soweit er die Wertermittlung der Abfindungsfläche und den Bodenordnungsplan im engeren Sinne betrifft. Insoweit wird das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Bescheidung an die Widerspruchsbehörde zurückverwiesen.
Im übrigen werden die Klagen abgewiesen.
Die Kläger tragen die hälftigen Gerichtskosten in Höhe eines Pauschsatzes vom 300,00 ?; der Beklagte trägt die hälftigen Gerichtskosten in Höhe eines Pauschsatzes von 300,00 ?. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger zur Hälfte. Im übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die jeweiligen Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vom Gericht festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Bodenordnungsverfahren ..
Der Kläger zu 1) ist Eigentümer des Flurstücks der Flur der Gemarkung .. Dieses Flurstück liegt im Verfahrensgebiet des Bodenordnungsverfahrens .. Das Flurstück ist mit einer Oxidationsteichanlage bebaut. Die Klägerin zu 2) ist Eigentümerin des Flurstücks der Flur der Gemarkung .. Dieses Flurstück ist nicht Teil des Verfahrensgebietes des Bodenordnungsverfahrens . .
In diesem Bodenordnungsverfahren erging am 28. April 1993 der Beschluß über die Einleitung eines Bodenordnungsverfahrens, nachdem unter anderem die Beigeladene zu 2) einen Antrag auf Durchführung des Bodenordnungsverfahrens gestellt hatte. Die Beigeladene zu 2) berühmt sich des Eigentums an den Oxidati-onsteichen nebst Nebenanlagen. Die Beigeladene zu 2) leitet ihr Sondereigentum an diesen baulichen Anlagen aus folgender, vom Oberverwaltungsgericht im Tatbestand seiner Entscheidung vom 04. November 1996 - 9 K 3/94 - festgestellten Historie ab:
Der frühere Eigentümer der Flächen der Flur 3, Gemarkung ., Herr Y war Mitglied der LPG ..
Unter dem 09.06.1970 schloß (Herr Y) mit dem Rat des Kreises einen Vertrag ab, in dem jener als Eigentümer und der Rat des Kreises als Nutzer bezeichnet wird. Nach § 1 des Vertrages "über die landwirtschaftliche Nutzung" übergibt der Eigentümer dem Vertragspartner zu 2) folgende Fläche zur Sicherung der Bewirtschaftung: Flur der Flur Gemarkung ., Gemeinde . mit der Nutzungsart A/Gr. und zur Größe von 10 ha 90 ar 44 m2. Nach § 1 Abs. 2 des Vertrags erfolgte die sozialistische Bewirtschaftung der Fläche auf der Grundlage der Bestimmungen über die Bewirtschaftung freier Betriebe und Flächen; die Alternativen "der Verordnung vom 20. Januar 1955 über die einheitliche Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzfläche durch die LPG" ... und "des § 24 Abs. 3 LPG-G" sind gestrichen. Gemäß § 2 Abs. 1 wird der Vertrag für die Zeit vom 01.07.1970 bis auf weiteres geschlossen. § 2.2 schreibt vor, daß die Beendigung des Vertragsverhältnisses nur bei Aufrechterhaltung der sozialistischen Bodennutzung möglich ist, wenn die Nutzung durch einen sozialistischen Landwirtschaftsbetrieb erfolgt. Gemäß § 5 wird der Vertrag durch Genehmigung durch den Rat des Kreises wirksam. Der Vertrag ist handschriftlich unterzeichnet durch Herr Y als "Eigentümer", einen Vertreter des Rates des Kreises - Referat allgemeine Landwirtschaft - und den 1. stellvertretenen Vorsitzenden des Rates des Kreises. ( )
Am 12.06.1986 erließ die staatliche Gewässeraufsicht - Wasserwirtschaftsdirektion Küste, Oberflußmeisterei Rostock - nach § 16 des Wassergesetzes gegenüber der Wohn- und Gesellschaftsbau des Rates des Kreises als Hauptauftraggeber und dem Versorgungsträger, dem VEB Wasserversorgungen und Abwasserbehandlung , dem Recht s Vorgänger des Zweckverbandes , eine Wasserbilanzentscheidung. Am 31.03./30.06.1988 wurde das Objekt "ABA ." (Oxidationsteiche APW, ADL Schmutz- und Regenwasserkanäle) durch den VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung abgenommen. In den Bemerkungen heißt es unter Ziffer 3: "Für die Grundstücke APW und ABA sind die Eigentumsverhältnisse zu regeln (Überführung in Volkseigentum)". Ebenfalls im Februar 1988 wurde die Abwasserbehandlungsanlage (ABA) . in den Grundmittel -bestand der Beklagten übernommen.
Gemäß notariell beurkundete Erklärung vom 11. Mai 1990 wurde der VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung in die No. GmbH umgewandelt."
Der Anordnungsbeschluß vom 28. April 1993 ist bestandskräftig, nachdem das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 04. November 1996 - 9 K 3/94) die dagegen gerichtete Klage des Klägers zu 1) abgewiesen und das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 02. September 1998 die dagegen eingelegte Revision zurückgewiesen hatte. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Revisionsurteil unter anderem ausgeführt, das Oberverwaltungsgericht habe die materiellen Voraussetzungen für die Einleitung eines Bodenordnungsverfahrens nach § 64 Landwirtschaf tsanpassungsgesetz zu Recht bejaht. Das Sondereigentum sei entgegen der Auffassung der Revision auch auf der Grundlage eines Nutzungsrechts im Sinne des § 64 Abs. 1 LwAnpG entstanden. Dafür sei ausreichend, daß der Grundeigentümer durch die Nutzung s Vereinbarung im Interesse der staatlich erfolgten Kollektivierung der Landwirtschaft von der Verfügung und privatnützigen Verwendung seines Grundeigentums ausgeschlossen worden sei. Eine - weitergehende - Deckungsgleichheit von Nutzungsrecht und Sondereigentum im Sinne einer Identität von Nutzungsberechtigtem und Sondereigentümer sowie einer Übereinstimmung von Nutzungszweck und Funktion des Sondereigentums verlange § 64 LwAnpG schon nach seinem Wortlaut nicht. Zutreffend habe das Oberverwaltungsgericht auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 459 ZGB bejaht. Diese Vorschrift setze keinen engeren Zusammenhang zwischen dem eingeräumten Nutzungsrecht und der Entstehung von Sondereigentum voraus als § 64 LwAnpG. Es wäre - auch im Hinblick auf die sich aus der Überschrift zum 4. Abschnitt des ZGB ergebende, auf "Sicherung des sozialistischen Eigentums" gerichtete Funktion der §§ 459 ff. ZGB - realitätsfern, § 459 ZGB eine Auslegung beizulegen, die dazu führte, daß das Eigentum an von DDR-Stellen veranlaßten Bauwerken gerade dem vertraglich "entmachteten" Grundeigentümer zufiele. § 459 Abs. 1 ZGB setze auch nicht die Errichtung einer "besonderen technischen Anlage" voraus. Ausreichend sei vielmehr, daß es sich um eine "bauliche Maßnahme" handele. Der gesetzliche Eigentumserwerb nach § 459 Abs. 1 ZGB knüpfe an tatsächliches Handeln an. Die Entstehung von Sondereigentum nach dieser Vorschrift hänge nicht von der Zustimmung des Grundeigentümers ab.
Das nunmehr zuständige Amt für Landwirtschaft erließ am 15. November 1999 die Entscheidungen im Bodenordnungsverfahren .. Zunächst wurde der Anordnungsbeschluß vom 28. April 1993 insoweit geändert, als das Verfahrensgebiet zum Teil um Flurstücke verringert und um ein weiteres Flurstück erweitert wurde. Verfahrensbeteiligt wurde neben dem Kläger und dem Land Mecklenburg-Vorpommern der Beigeladene zu 1) als Eigentümer von Gebäuden und baulichen Anlagen. Sodann erfolgte die Wertermittlung und daran anschließend der Bodenordnungsplan im engeren Sinne als Gesamtheit der Neugestaltungsmaßnahmen. Danach erhielt der Beigeladene zu 1) von dem Kläger zu 1) das Flurstück der Flur der Gemarkung . zu Eigentum. Das Anlagensondereigentum und das Nutzungsrecht des Anlageneigentümers wurde aufgehoben. Der Kläger erhielt von der Ordnungsnummer 2), dem Land Mecklenburg-Vorpommern zum Zwecke der Abfindung das Flurstück der Flur der Gemarkung zu Eigentum. Desweiteren wurde über das Flurstück der Flur der Gemarkung . ein Anspruch auf Duldung des Notweges gegenüber der Ordnungsnummer 1) im Sinne des § 27 Abs. 3 Sachenrechtsbereinigungsgesetz begründet.
Der Kläger zu 1) legte am 15. Dezember 1999 gegen die Zuziehung des Flurstücks der Flur der Gemarkung . Widerspruch ein; am 17.12.1999 legte er gegen den Änderungsbeschluß A I 1 b, gegen die Liste der Teilnehmer, gegen die Wertermittlung A II und gegen die Neugestaltungsmaßnahmen A III Widerspruch ein. Im Anhörungstermin am 22. Februar 2000 legte der Kläger zu 1) im eigenen Namen Widerspruch gegen die Gesamtheit der Neugestaltungsmaßnahmen ein und im Namen der Klägerin zu 2) Widerspruch gegen den Teil A III 2 b des Bodenordnungsplans ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03. August 2000 wies die Widerspruchsbehörde den Widerspruch der Klägerin zu 2) als unzulässig zurück. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung bestehe nicht. Die Parzelle Gemarkung . Flur Nr. sei nicht im Verfahrensgebiet des Bodenordnungsverfahrens belegen.
Auf den Widerspruch des Klägers zu 1) hin wurde der Änderungsbeschluß insoweit aufgehoben, als die Parzellen der Gemarkung ausgeschlossen wurden.
Die Ergebnisse der Wertermittlung wurden geändert. Es wurden nur noch zwei Wertzonen I und II gebildet. Der Wert der Flächen in der Wertzone I (Funktionsfläche) wurde mit 3,12 DM/m2 festgesetzt. Der Wert der Fläche der Wertzone II (Abfindungsfläche) wurde mit 0,852 DM/m2 festgelegt.
Die Bodenordnung als Gesamtheit der Neugestaltungsmaßnahmen wurde hinsichtlich der Zuteilung der Abfindungsparzellen zugunsten des Klägers zu 1) geändert. Im übrigen wurden die Widersprüche zurückgewiesen.
Der Widerspruchsbescheid wurde damit begründet, daß die Zuziehung der Parzelle Gemarkung . Flur Nr. zum Verfahrensgebiet recht- und zweckmäßig sei; der Kläger zu 1) werde durch die Zuziehung nicht in seinen Rechten verletzt. Der Ausschluß von Flächen vor Unanfechtbarkeit des Bodenordnungsplanes sei zumindest unzweckmäßig. Desweiteren wurde die Veränderung der Wertermittlung näher begründet. Die im angefochtenen Bodenor-dungsplan im engeren Sinne getroffene Entscheidung, dem Widerspruchsführer dem zum bestimmungsmäßigen Gebrauch der Oxidati-onsteiche erforderlichen Grund und Boden zu entziehen und dem Zweckverband zuzuordnen, sei nicht zu beanstanden. Sondereigentümerin der Oxidationsteiche war und sei noch heute die Rechtsnachfolgerin des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung , die Beigeladene zu 2). Die im angefochtenen Bodenordnungsplan im engeren Sinne verfügte Zuordnung des Gebäudeeigentums an den Zweckverband bewirke lediglich die nach einem Übertragungsvertrag zwischen den Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) beabsichtigte, aber noch nicht vollzogene Eigentumsübertragung auf den Beigeladenen zu 1).
Die fehlende Anbindung der Klärteichanlage an das öffentliche Straßen- und Wegenetz sei zwar ein Mangel des Bodenordnungsplans. Auf diesen könne sich zunächst nur die Beigeladene zu 2) berufen, nicht aber die Kläger. Diese hätten sich bislang sowieso geweigert, im Verfahren an einer wie auch immer gearteten planerischen Lösung mitzuwirken, die dem Zusammenführungsobjekt Klärteichanlage eine bessere, nicht nur vermittels Notweg bestehende verkehrliche Anbindung an das öffentliche Straßen- und Wegenetz verschaffen würde.
Durch den Widerspruchsbescheid wurde der im Bodenordnungsplan vom 15. November 1999 als Hauptbeteiligter aufgeführte Zweckverband stillschweigend (erkennbar nur am geänderten Verteiler) zum Nebenbeteiligten gemacht. An seine Stelle trat als neue Ordnungsnummer 3) die No. GmbH i.L..
Gegen die so gefaßten Entscheidungen im Bodenordnungsverfahren Pa. erhoben die Kläger am 04. September 2000 Klage. Sie wurde im wesentlichen mit folgenden Überlegungen begründet: Der Änderungsbeschluß (Anordnungsbeschluß) habe keine Ermächtigungsgrundlage. Feststellungen über die jeweiligen Eigentumsvoraussetzungen seien nicht getroffen worden. Auch nach dem Recht der DDR sei Sondereigentum an den Oxidationsteichen nie entstanden. Die rechtmäßige Nutzung von durch die LPG genutztem Land durch einen Dritten verlange den Abschluß eines entsprechenden Vertrages zwischen der LPG und dem dritten Nutzer. Dieser fehle. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Revisionsverfahren verkenne völlig die Grundlage eines Nutzungsrechts im Sinne des § 64 LwAnpG und § 459 Abs. 1 ZGB. Die Errichtung der baulichen Anlagen sei ohne jegliche vertragliche Abrede erfolgt und habe nicht zum Gebäudesondereigentum führen können. Daher fehle es für die weiteren Entscheidungen im Bodenordnungsverfahren an der notwendigen rechtlichen Grundlage. Im übrigen werde bestritten, daß es überhaupt einen Antrag auf Einleitung des Bodenordnungsverfahrens durch die Beigeladenen gebe. Insbesondere könne die Ordnungsnummer 3) nicht als Gebäudeeigentümerin Grund und Boden einschließlich der Funktionalfläche zugewiesen bekommen. Denn dies setze -das nichtbestehende - Gebäudeeigentum voraus. Die Klägerin zu 2) sei durch die Festlegung des Notwegerechtes rechtlich beschwert. Die Klägerin zu 2) sei am Bodenordnungsverfahren gar nicht beteiligt worden.
Der Kläger zu 1) beantragt:
unter Aufhebung
a) des Änderungsbeschlusses des Beklagten im Bescheid vom 15. November 1999,
b) der Feststellung über die Beteiligten zu Ordnungsnummer 3 als Eigentümer von Gebäuden und baulichen Anlagen im Bescheid des Beklagten vom 15. November 1999,
c) der Wertermittlung und des Bodenordnungsplans im engeren Sinne im Bescheid des Beklagten vom 15. November 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Ministeriums
d) eventueller Feststellungen des Ministeriums über die No. GmbH i.L. als Ordnungsnummer 3 im Widerspruchsbescheid vom 03.08.2000 das beklagte Amt zu verpflichten, das mit Bescheid vom 28. April 1993 eingeleitete Bodenordnungsverfahren einzustellen.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
unter Aufhebung des Bodenordnungsplans des Beklagten vom 15. November 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Ministeriums
das beklagte Amt zu verpflichten, das mit Bescheid vom 28. April 1993 eingeleitete Bodenordnungsverfahren einzustellen.
Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf § 121 VwGO entgegengetreten. Der Kläger zu 1) sei dahingehend rechtlich gebunden, daß das Ob eines Zusammenführungsverfahrens nicht erneut Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könne.
Die Beigeladenen beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene zu 2) weist im wesentlichen auf die Rechtskraftwirkung der bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidung hin. Über die dort verhandelten und rechtskräftig entschiedenen Fragen hinausgehende konkrete sachliche und rechtliche Einwände enthalte die Klagebegründung nicht.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakten in den Verfahren 9 K 3/94 und 9 K 7/94, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe:
A. Soweit die Klägerin zu 2) und der Beklagte übereinstimmend eine Teilerledigungserklärung in der Hauptsache abgegeben haben, ist das Verfahren einzustellen.
B. Die Klage des Klägers zu 1) hat nur teilweise Erfolg; soweit sie erfolglos bleibt, ist sie zum Teil unzulässig.
1. Die Klage des Klägers zu 1) auf Verpflichtung des Beklagten, das mit Bescheid vom 28. April 1993 eingeleitete Bodenordnungsverfahren einzustellen, ist unbegründet. Bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf wenigstens fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Einstellung sind nicht gegeben; noch weniger liegen die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null vor.
Die Einstellung des Bodenordnungsverfahrens kann von der oberen Flurbereinigungsbehörde angeordnet werden, wenn die Bodenordnung in Folge nachträglich eingetretener Umstände nicht zweckmäßig erscheint (§§ 64 Satz 1, 63 Abs. 2 LwAnpG; 9 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Das Tatbestandsmerkmal "nachträglich" in § 9 Abs. 1 Satz 1 FlurbG macht deutlich, daß die Einstellung des Verfahrens nicht unter Berufung auf Umstände verlangt werden kann, die im Widerspruchsverfahren gegen den Anordnungsbeschluß hätten vorgetragen werden können. Nur solche Umstände können zur Begründung eines Einstellungsbegehrens herangezogen werden, die nach Eintritt der Bestandskraft des Anordnungsbeschlusses eingetreten sind. Ist der Anordnungsbeschluß hingegen noch nicht bestandskräftig, kann die Einstellung des Bodenordnungsverfahrens noch nicht verlangt werden; in einem solchen Fall ist der Anordnungsbeschluß mit dem dagegen zulässigen Widerspruch und gegebenenfalls einer Anfechtungsklage zu bekämpfen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 28.08.1970 - RdL 1971, 18 = RZF 9 1,1; Seehusen/Schwede, FlurbG, 7. Auflage 1997, § 9 Rdnr. 1). So liegt der Fall aber hier: Der Anordnungsbeschluß vom 28. April 1993 ist durch Bescheid vom 15. November 1999 geändert und erneut vollumfänglich bekanntgegeben worden. Dieser Anordnungsbeschluß ist Gegenstand des hier zu entscheidenen Verwaltungsstreitverfahrens und damit nicht bestandskräftig.
Die Klage des Klägers zu 1) auf Verpflichtung des Beklagten zur Einstellung des Bodenordnungsverfahrens ist selbst dann unbegründet, wenn die Rechtsauffassung vertreten wird, der Änderungsbeschluß vom 15. November 1999 erfasse den Anordnungsbeschluß vom 28. April 1993 nur insoweit, als das Verfahrensgebiet betroffen ist und deshalb sei der Anordnungsbeschluß vom 28. April 1993 in seinem das Verfahren anordnenden Teil bestandskräftig geworden. Der Kläger zu 1) hat keine nachträglich eingetretenen Umstände dargestellt, aus denen sich ergibt, daß die Bodenordnung unzweckmäßig erscheinen könnte. Auch der Senat vermag nicht entsprechendes zu erkennen.
2. Soweit der Kläger zu 1) die Aufhebung des Änderungsbeschlusses des Beklagten vom 15. November 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03. August 2000 begehrt, ist die Klage ebenfalls erfolglos.
Die Anordnung des Bodenordnungsverfahrens, die durch den angegriffenen Änderungsbeschluß erneut erfolgte, setzt voraus, daß auf der Grundlage eines durch Rechtsvorschriften geregelten Nutzungsrechts Anlagen errichtet wurden, die in selbständigem Eigentum der LPG oder Dritter stehen und daß ein Antrag entweder des Grund- oder Gebäudeeigentümers auf Durchführung des Bodenordnungsverfahrens vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 02. September 1998 (11 C 4.97) die Anfechtungsklage des Klägers zu 1) gegen den Anordnungsbeschluß des Beklagten vom 28. April 1993, der in seinem bloßen Anordnungsteil vom streitbefangenen Änderungsbeschluß in der Sache nicht betroffen wird, unter anderem mit der Begründung abgewiesen, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Bodenordnungsverfahrens nach § 64 LwAnpG hätten vorgelegen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Begründung an der Rechtskraft des Urteils teilnimmt mit der Folge, daß zwischen den Beteiligten des hier zu entscheidenden Rechtsstreites feststeht, daß die Voraussetzungen des § 64 LwAnpG vorliegen. Jedenfalls kann der Senat auch bei Würdigung der vom Kläger zu 1) vorgetragenen Angriffe gegen die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erkennen, daß der Kläger zu 1) Eigentümer der baulichen Anlagen auf dem Flurstück der Flur der Gemarkung ., den Oxidationsteichen, ist.
Die Behauptung des Klägers zu 1), es fehle an einem entsprechenden Zusammenführungsantrag, ist ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge falsch. Die Beigeladene zu 2), die No. GmbH i.L., hat mit Schriftsatz vom 11. März 1993 Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum auf dem Flurstück der Flur der Gemarkung beim damals zuständigen Amt für Landwirtschaft beantragt.
Das vom Kläger zu 1) zur Stützung seiner Rechtsauffassung herangezogene Urteil des Obersten Gerichts der DDR vom 26. November 1985 (2 OZK 30/85 - NJ 1985, 255) betrifft einen anderen Fall als den hier zu entscheidenden. Der vom Obersten Gericht entschiedene Sachverhalt betraf ein privates Grundstück, an dem ausweislich des mitgeteilten Sachverhaltes keinerlei vertragliches Nutzungsrecht eines Dritten bestand. Nur für diese Fallkonstellation hat das Oberste Gericht die Anwendbarkeit des § 295 Abs. 1 ZGB und damit konkludent die Unanwendbarkeit des § 295 Abs. 2 ZGB bejaht. Im hier zu entscheidenden Einzelfall bestand zugunsten einer LPG ein vertragliches Nutzungsrecht über das Flurstück, auf dem die baulichen Anlagen errichtet wurden. Auf einen solchen Sachverhalt ist - mit den Rechtsüberlegungen des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) - § 459 ZGB nach Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift zwanglos anwendbar mit der in § 295 Abs. 2 ZGB geregelten Folge, daß an den baulichen Anlagen getrenntes Gebäudeeigentum des die baulichen Anlagen errichtenden Volkseigenen Betriebes entstehen konnte. Der erkennende Senat vermag § 459 Abs. 1 ZGB nicht zu entnehmen, daß die Norm voraussetzt, daß zwischen dem Volkseigenen Betrieb, der die baulichen Anlagen errichtet, und dem vertraglichen Nutzer des Grundstücks ein gesonderter Nutzungsvertrag bestehen muß, damit das selbständige Gebäudeeigentum entstehen kann. Der mit § 459 Abs. 1 Satz 1 ZGB verfolgte Zweck des besonderen Schutzes sozialistischen Eigentums (vgl. Ministerium der Justiz, Herausgeber, Kommentar zum ZGB, 1985, Vorbemerkung zu § 459 ZGB) verlangt eine weite Auslegung der Norm, wie sie das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung (a.a.O.) im Vorprozeß zugrundegelegt hat. Auf den Abschluß eines Nutzungsvertrages zwischen der LPG und den die baulichen Anlagen errichtenden Volkseigenen Betrieb kommt es für das Entstehen von selbständigem Gebäudeeigentum nicht an. Eventuelle Verstöße gegen das LPG-Recht, wie sie der Kläger zu 1) geltend macht, wirken sich nicht auf die Entstehung von selbständigen Gebäudeeigentum aus.
Nach den von der Beigeladenen zu 2) zu den Gerichtsakten eingereichten Unterlagen und ihren in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen hat der erkennende Senat keine Zweifel daran, daß die Beigeladene zu 2) im Bodenordnungsverfahren nach § 64 LwAnpG antragsbefugt ist (so auch BVerwG, a.a.O., S. 16 UA).
Der Kläger zu 1) hat gegen die Änderung des Verfahrensgebietes durch den Änderungsbeschluß in der Fassung des Widerspruchsbescheides keine Einwendungen erhoben. Auch der Senat hat unter Beachtung des auch im Bodenordnungsverfahrens geltenden § 7 Abs. 1 FlurbG keine Veranlassung, an der Rechtmäßigkeit der Änderung des Verfahrensgebiets zu zweifeln.
3. Die Klage des Klägers zu 1) ist unzulässig, soweit er die Feststellungen des Beklagten anficht, durch die die Beigeladenen zu 1) und 2) als Teilnehmer im Bodenordnungsverfahren benannt werden. Selbst wenn die Feststellung des Kreises der Teilnehmer durch den Beklagten und der stillschweigende Austausch der Ordnungsnummer 3 im Bodenordnungsverfahren durch die Widerspruchsbehörde objektiv rechtswidrig sein sollten, wird der Kläger zu 1) dadurch nicht in seinen Rechten verletzt. Die von Amts wegen erfolgende Feststellung des Kreises der Teilnehmer am Bodenordnungsverfahren (§§ 164 Satz 1, 163 Abs. 2 LwAnpG, 11 FlurbG) liegt allein im öffentlichen Interesse und entwickelt keine drittschützende Wirkung.
4. Die Klage des Klägers zu 1) gegen die Wertermittlung ist nur in dem Umfang begründet, als sie sich gegen die Wertermittlung für die Abfindungsflächhe richtet; im übrigen ist sie unbegründet.
Die Wertermittlung der Abfindungsfläche ist nach Überzeugung des Senats fehlerhaft. Sie erfolgte allein auf rechnerischer Grundlage anhand der durch Gutachter ermittelten abstrakten Zahlenwerte für die Abfindungsflächen. Diese rein rechnerische Ermittlung des Wertes der als Abfindung gedachten Fläche berücksichtigt zu wenig den Umstand, daß die Verwendung dieser Abfindungsfläche als landwirtschaftliche Nutzfläche neben dem rein rechnerisch ermittelten Wert auch Lage, Größe und Zuschnitt bei der Ermittlung der Grundlagen der Berechnung des Bodenwertes in den Blick nehmen muß. Dies ist nach Überzeugung des Senats nicht ausreichend geschehen. Das bei Nutzung durch den Kläger zu 1) isoliert liegende Flurstück der Flur der Gemarkung ist für den Kläger zu 1) wirtschaftlich geringer nutzbar und damit von geringerem Wert, als es die bloße Berechnung aufgrund von Bodenpunkten und Richtwerten wiedergibt. Das Flurstück liegt weit von den anderen Flurstücken des Klägers zu 1) entfernt. Es ist aufgrund seiner geringen Größe und seines Zuschnitts kaum wirtschaftlich sinnvoll nutzbar. Die bloß rechnerische Ermittlung des Wertes dieses Flurstückes ergibt daher einen zu hohen Wert.
Die Wertermittlung für die verbleibende Fläche des Bodenordnungsverfahrens ist nach Überzeugung des Senats rechtsfehlerfrei. Die Widerspruchsbehörde hat unter Anwendung von Grundsätzen, die der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung seiner Auslegung der einschlägigen Vorschriften zugrundelegt, die konkrete Wertermittlung vorgenommen. Der Kläger zu 1) ist der Wertermittlung nicht substantiiert entgegengetreten und auch der Senat vermag nach Prüfung der Sach- und Rechtslage eine Fehlerhaftigkeit dieses Teils der Wertermittlung nicht zu erkennen.
5. Auf die Klage des Klägers zu 1) ist der Widerspruchsbescheid aufzuheben, soweit er den Bodenordnungsplan im engeren Sinne als Gesamtheit der Neugestaltungsmaßnahmen umfaßt.
Für die Abfindungsregelung folgt dies bereits aus den Ausführungen zur teilweisen Rechtswidrigkeit der Wertermittlung. Die auf der Grundlage der fehlerhaften Wertermittlung zur Verfügung gestellte Abfindungsfläche entspricht nicht den tatsächlichen Wertverhältnissen.
Die im Widerspruchsbescheid - entsprechend dem Ausgangsbescheid - vorgenommene Neugestaltung der Eigentumsrechte an dem Grundstück Flurstück Flur Gemarkung führt dazu, daß das Flurstück nur in Ausübung eines - gerichtlich erst noch durchzusetzenden - Notwegerechts zu erreichen ist. Damit ist die Erschließung im Sinne des Flurbereinigungsrechts nicht gesichert (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.09.1992 - RdL 1993, 71 = RZF 44 III 3, 7l unter Hinweis auf den zwingenden Charakter des § 44 Abs. 3 Satz 3 1. Halbsatz FlurbG). Das im Bodenordnungsplan im engeren Sinne vorgesehene Notwegerecht ist in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll aufgehoben worden. Ein Bodenordnungsplan, der im wesentlichen die Zusammenführung von getrenntem Boden- und Gebäudeeigentum regelt und die dadurch entstandene neue Eigentumssituation an einem Flurstück mit der Folge bewirkt, daß dieses Flurstück nicht mehr ausreichend an das öffentliche Wegenetz angeschlossen ist, kann keinen Bestand haben. Der Senat hat sich an einer eigenen Entscheidung in der Sache gehindert gesehen, weil das Flurstück der Flur der Gemarkung , über das eine dinglich gesicherte Erschließung des Flurstücks der Flur der Gemarkung nach Kartenlage möglich erscheint, noch nicht in das aktuelle Bodenordnungsverfahren einbezogen worden ist.
C. Die Klage der Klägerin zu 2) ist nur teilweise begründet.
1. Der Verpflichtungsantrag der Klägerin zu 2) auf Einstellung des Bodenordnungsverfahrens ist aus den gleichen Gründen wie der Verpflichtungsantrag des Klägers zu 1) unbegründet.
2. Die Klage der Klägerin zu 2) auf Aufhebung des Bodenordnungsplanes ist zulässig und begründet. Die Klägerin ist insbesondere klagebefugt. Die Neuregelung von Eigentumsverhältnissen an Grundstücken mit der Folge der Begründung eines zivilrechtlichen Anspruchs zur Duldung eines Notwegerechts stellt einen Eingriff in die Eigentumsposition des zur Duldung verpflichteten Grundeigentümers, hier der Klägerin zu 2), dar und ist kein bloßer Rechtsreflex der Verpflichtung der Flurbereinigungsbehörde aus § 44 Abs. 3 Satz 3 1. Halbsatz FlurbG.
Die Anfechtungsklage gegen den Bodenordnungsplan im engeren Sinne ist auch begründet. Die Klägerin hat, solange ihr Grundstück nicht zum Verfahrensgebiet des Bodenordnungsverfahrens gehört, einen Anspruch darauf, daß die Bodenordnung nicht zu einer rechtlichen Belastung ihres Grundstücks führt. Hat ein Bodenordnungsplan im engeren Sinne - wie hier durch die Entstehung eines gesetzlichen Notwegerechts - diese Rechtsfolge, ist er rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihrem Recht, hier dem Recht auf Eigentum.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 147 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2, 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 708 ff. ZPO.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), sind nicht ersichtlich.
Ende der Entscheidung
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