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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 17.12.2003
Aktenzeichen: 1 A 1088/01.PVL
Rechtsgebiete: LPVG NRW


Vorschriften:

LPVG NRW § 4
LPVG NRW § 62
LPVG NRW § 65
LPVG NRW § 72 Abs. 3 Nr. 2
LPVG NRW § 79 Abs. 1 Nr. 3
LPVG NRW § 79 Abs. 1 Nr. 5
Im Rahmen eines Verfahrens nach § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NRW ist nach Art eines Normenkontrollverfahrens nur über Bestehen oder Nichtbestehen von Dienstvereinbarungen zu entscheiden; für Streitigkeiten über Auslegung und Durchführung von Dienstvereinbarungen steht dieses Verfahren demgegenüber nicht zur Verfügung.

Bei Streit über die Auslegung und Durchführung von Dienstvereinbarungen ist das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren auf der Grundlage des § 79 Abs. 1 Nr. 3 LPVG NRW (nur) eröffnet, wenn eine Rechtsposition aus der Dienstvereinbarung streitig geworden ist, die gerade die Rechtsstellung des Personalrats betrifft.

Die Regelung in einer Dienstvereinbarung über die Nutzung einer digitalen Telekommunikationsanlage in der Dienststelle, wonach bei begründetem Verdacht des Missbrauchs der Telekommunikationsanlage abgehende dienstliche Verbindung des betroffenen Beschäftigten gezielt unter Beteiligung des Personalrats im Sinne einer formalen Heranziehung des Vorsitzenden des Personalrats und seiner Stellvertreter ausgewertet werden können, ist mit materiellem Recht vereinbar, insbesondere weicht sie nicht i.S.d. § 4 LPVG NRW von den Regelungen des Landespersonalvertretungsgesetzes ab.

Eine solche Vereinbarung erfasst zugleich die Fälle, in denen der Dienststellenleiter bereits anderweitig konkrete Kenntnis darüber hat, dass ein Beschäftigter in nicht unerheblichem Umfang private Gespräche von seinem Dienstapparat als dienstliche Gespräche deklariert hat, und die Auswertung (nur) dem Ziel dient, den Umfang der missbräuchlichen Nutzung der Telefonanlage abzuklären.


Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über ein Beteiligungsrecht des antragstellenden Personalrats bei der Auswertung von mit Hilfe einer automatisierten Gesprächserfassungsanlage gespeicherten Telefondaten.

Anlässlich der Einführung der digitalen Telekommunikationsanlage "HICOM-300" wurde in der Dienststelle eine Dienstvereinbarung über die Nutzung dieses Telekommunikationssystems (DV-"HICOM-300") geschlossen. Auszugsweise heißt es darin:

Vorbemerkung:

Die Dienstanweisung soll eine angemessene, sinnvolle und wirtschaftliche Nutzung der Leistungen der in der Dienststelle installierten digitalen Telekommunikationsanlage "HICOM-300" - nachfolgend kurz "TK-Anlage" genannt - gewährleisten und die Rechte der Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung schützen.

§ 7

Dienstliche Nutzung der TK-Anlage

...

(3) Die nach Maßgabe der Dienstanschlußvorschriften in ihrer jeweils gültigen Fassung erfaßten Daten dienstlicher Gespräche werden durch ... stichprobenweise bis zu 5 v.H. nach dem Zufallsprinzip überprüft, um eine mißbräuchliche Nutzung der dienstlichen Telekommunikationseinrichtungen zu verhindern und ihre kostenbewußte Inanspruchnahme zu fördern. Ein Beauftragter des Personalrats hat das Recht der Teilnahme an der nach dem Zufallsprinzip vorgenommenen Auswahl.

(4) Im Falle des Verdachts auf Mißbrauch können die Zuständigen nach Absatz 3 Satz 1 oder ihre Vorgesetzten die Angelegenheit mit dem Ziele einer Klärung und ggf. Änderung des Telefonverhaltens mit dem Betroffenen sowie erforderlichenfalls mit seinen Vorgesetzten erörtern.

Ein Beauftragter des Personalrates hat das Recht der Teilnahme an dem klärenden Gespräch.

(5) Im übrigen können bei begründetem Verdacht des Mißbrauchs der TK-Anlage auf Anordnung des Abteilungsleiters abgehende dienstliche Verbindungen des betroffenen Beschäftigten unter Beteiligung des PR-Vorstands gezielt überprüft werden.

§ 8

Private Mitnutzung der TK-Anlage

(1) Die Nutzung der dienstlichen Telekommunikationseinrichtungen für Privatverbindungen wird zugelassen. Voraussetzung ist, daß hierdurch dienstliche Belange nicht beeinträchtigt werden. Privatverbindungen sind durch Eingabe einer hauseinheitlich gültigen Kennziffer "77" und einer zusätzlich persönlich zugewiesenen sechsstelligen Kennziffer (PIN-Personal-Identifikations-Nummer) als solche kenntlich zu machen.

...

Im weiteren wurde eine Rahmendienstvereinbarung EDV (RDV-EDV) geschlossen. Sie enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

§ 1 Geltungsbereich

...

Gegenstand dieser Dienstvereinbarung sind allgemeine Regelungen für den Einsatz von EDV-Systemen.

...

§ 5 Datenschutz

Bei der Einführung von EDV-Systemen gehören die Erfordernisse des Datenschutzes (Bundesdatenschutzgesetz, Landesdatenschutzgesetz, Datenschutz im Gesundheitswesen NW) von Anfang an zur Grundlage der Überlegungen.

Der Datenschutz ist ein wichtiger Gegenstand in den Benutzerschulungen.

Eine Speicherung von Daten, die eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle ermöglichen könnte, darf nur erfolgen, wenn sie im einzelnen auf Grund von Gesetzen oder Vorschriften oder zur Aufrechterhaltung eines sicheren EDV-Betriebs erforderlich ist. Lesende Zugriffe auf diese Daten dürfen ausschließlich nur zur Erreichung vorgenannter Zwecke erfolgen.

Um dies sicherzustellen, werden geeignete technische und organisatorische Maßnahmen vereinbart und getroffen (z.B. ein formelles Genehmigungsverfahren, Vier-Augen-Prinzip, Anwesenheit des oder der Betroffenen). Es wird eingehend geprüft, bei welchen Arbeitsaufgaben auf eine Speicherung von Personaldaten (Benutzeridentifikation) ganz verzichtet werden kann und muss.

Datenfelder, die personenbezogene Daten (z.B. Benutzeridentifikation) enthalten, werden darüber hinaus grundsätzlich nicht ausgewertet.

Liegen jedoch Anhaltspunkte vor, die z.B. eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen könnten, kann über die Personalabteilung eine zweckbestimmte Auswertung von Daten unter Beteiligung des Personalrats vorgenommen werden. Es dürfen nur - nach vorheriger Zustimmung durch den Personalrat - genau die Auswertungen erfolgen, die erforderlich sind, um einen vorher begründeten Verdacht zu überprüfen.

...

§ 10 Anlagen

Werden im Zusammenhang mit EDV Einzeldienstvereinbarungen getroffen, so sind sie als Anlagen der Rahmendienstvereinbarung hinzuzufügen, ohne daß es einer Kündigung dieser Rahmendienstvereinbarung bedarf. In diesen Anlagen werden nur noch diejenigen Tatbestände geregelt, die für die einzelnen EDV-Systeme spezifisch sind und die über die in der Rahmendienstvereinbarung getroffenen Regelungen hinausgehen.

Die Rahmendienstvereinbarung enthält zur Zeit folgende Anlagen:

...

4. Dienstvereinbarung über die Benutzung der HICOM-Telefonanlage

Im Februar 2000 wurden die hinsichtlich des Dienstanschlusses eines Beschäftigten mit Hilfe der Telekommunikationsanlage "HICOM-300" gespeicherten Verbindungsdaten daraufhin ausgewertet, in welchem Umfang von diesem Dienstanschluss in der fraglichen Zeit Privatgespräche geführt worden waren. Anlass der Überprüfung war nach dem auch vom Antragsteller nicht (mehr) in Abrede gestellten Vortrag des Beteiligten, dass sich anlässlich einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung mit diesem Beschäftigten ergeben hatte, dass dieser von der dienstlichen Telefonanlage Privatgespräche geführt hatte. Da sich der Beschäftigte seinerzeit keine PIN-Nummer für die Führung von Privatgesprächen hatte zuteilen lassen, sei klar gewesen, dass er die Privatgespräche über die dienstliche PIN-Nummer als Dienstgespräche deklariert haben musste. Bei der Auswertung der gespeicherten Telefondaten sei es allein darum gegangen, den Umfang der geführten Privatgespräche zu ermitteln.

Der Personalrat wurde vor der Auswertung der Verbindungsdaten nicht unterrichtet. Er erlangte erstmals Kenntnis von den Vorgängen, als ihn der Dienststellenleiter im März 2000 darüber unterrichtete, dass beabsichtigt sei, den Beschäftigten wegen bedingt vorsätzlicher missbräuchlicher Nutzung der dienstlichen Telefonanlage für Privatgespräche eine Abmahnung zu erteilen, und ihm dazu unter Hinweis auf § 74 LPVG NRW Gelegenheit zur Stellungnahme einräumte. Der Personalrat rügte daraufhin bezüglich des Vorgehens einen Verstoß gegen die RDV-EDV und die DV-"HICOM-300". Zugleich forderte er den Dienststellenleiter auf, die inzwischen verfügte Abmahnung des betroffenen Beschäftigten zurückzunehmen. Der Verwaltungsdirektor der MEB verteidigte sein Vorgehen. Ein Fall des § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" habe schon deshalb nicht vorgelegen, weil es nicht um die Abklärung eines Verdachts gegangen sei. Ein Missbrauch der Telekommunikationsanlage habe vielmehr außer Frage gestanden; es sei allein darum gegangen, den Umfang des Schadens zu ermitteln. Im Übrigen räume ihm die genannte Regelung der Dienstvereinbarung ein Ermessen ein. Zudem könne es nicht Sinn und Zweck einer Dienstvereinbarung sein, in konkreten der Dienstaufsicht bzw. dem Direktionsrecht unterliegenden Fällen eine Angelegenheit mit der Personalvertretung erörtern zu müssen, die von der Sache her keinen Diskussionsraum zulassen.

Daraufhin strengte der Personalrat ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren mit den Antrag an, festzustellen, dass der Beteiligte durch die Überprüfung der unter Benutzung der für dienstliche Telefongespräche vergebenen PIN-Nummer des Angestellten gespeicherten Telefondaten ohne Beteiligung des Personalrats die Mitbestimmungsrechte des Antragstellers aus § 72 Abs. 3 Nr. 2 LPVG verletzt hat. Die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des VG entsprach diesem Antrag. Die eingelegte Beschwerde des Dienststellenleiters blieb erfolglos. Die Beschlussformel erster Instanz wurde - auf eine entsprechende Neufassung des Antrags durch den Antragsteller - wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass die Auswertung der mit Hilfe der digitalen Telekommunikationsanlage "HICOM-300" gespeicherten Daten über ausgehende Telefongespräche, die unter Benutzung der für dienstliche Telefongespräche vergebenen PIN-Nummer getätigt worden sind, auch dann gemäß § 7 Abs. 5 der Dienstvereinbarung über die Nutzung dieses Telekommunikationssystems der Beteiligung des Antragstellers im Sinne einer formalen Heranziehung des Vorsitzenden des Antragstellers und seiner Stellvertreter bei der Auswertung unterliegt, wenn der Beteiligte bereits anderweitig konkrete Kenntnisse darüber hat, dass ein Beschäftigter in nicht unerheblichem Umfang private Gespräche von seinem Dienstapparat über die ihm zur Führung dienstlicher Gespräche zugewiesene PIN-Nummer geführt hat, und die Auswertung (nur) dem Ziel dient, den Umfang der missbräuchlichen Nutzung der Telefonanlage abzuklären.

Gründe:

Der neu gefasste Antrag ist zulässig.

Die Neufassung des Antrags berücksichtigt vor allem, dass die ursprüngliche Antragsfassung und der damit korrespondierende Tenor des angefochtenen Beschlusses, den - vom Sachverhalt her abstrakt zu umschreibenden - Kern der bereits erstinstanzlich zwischen den Beteiligten streitigen Fragen nicht hinreichend erfasst hat.

Mit der Neufassung des Antrags wird ferner den folgenden Gesichtspunkten Rechnung getragen: Die bisherige auf die Feststellung der Verletzung eines Mitbestimmungsrechts des Antragstellers aus § 72 Abs. 3 Nr. 2 LPVG NRW gerichtete Antragsformulierung, die sich auf Auswertungen von Telefondaten bezieht, die der Beteiligte im Februar 2000 über einen Beschäftigten vorgenommen hat, umschreibt in zweifacher Hinsicht ein unzulässiges Begehren. Sie zielt einerseits auf die Feststellung einer vergangenen Rechtsverletzung und betrifft anderseits auch im Tatsächlichen einen personalvertretungsrechtlich bereits abgeschlossenen Streitfall.

Im Rahmen des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens ist die Feststellung erfolgter Rechtsverletzungen grundsätzlich nicht zulässig. Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 LPVG NRW ist ein objektives und dient der Feststellung bestehender personalvertretungsrechtlicher Zuständigkeiten und Kompetenzen. In Bezug auf eine konkrete Maßnahme geht es deshalb regelmäßig nicht darum, ob im Zusammenhang mit der Umsetzung dieser Maßnahme Rechte des Personalrats verletzt worden sind, sondern um die Feststellung des (Weiter-)Bestehens einer personalvertretungsrechtlichen Zuständigkeit, insbesondere eines Beteiligungsrechts in Bezug auf die streitige Maßnahme. Dies setzt voraus, dass von einer entsprechenden personalvertretungsrechtlichen Kompetenz noch Gebrauch gemacht werden kann, d.h. im Fall eines Mitbestimmungsrechts ein entsprechendes Mitbestimmungsverfahren noch durchgeführt oder, etwa wenn es um die Beachtlichkeit einer Zustimmungsverweigerung des Personalrats geht, weiter fortgeführt werden kann. Andernfalls kommt - unter weiteren besonderen Voraussetzungen - allein eine Feststellung zu der hinter dem anlassgebenden Streit stehenden abstrakten Fragestellung zur Vermeidung zukünftiger Streitigkeiten über die Abgrenzung personalvertretungsrechtlicher Zuständigkeiten und Kompetenzen in Betracht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.12.2003 - 1 B 1822/03. PVL -.

Davon ausgehend konnte es erstinstanzlich zulässigerweise nicht um die Feststellung einer Rechtsverletzung gehen.

Zudem konnte es auch nur um eine vom konkreten Streitfall der Auswertung der Daten des "Angestellten ..." losgelöste abstrakte Fragestellung gehen. Denn die Daten betreffend diesen Beschäftigten sind inzwischen vollständig erhoben und ausgewertet worden und auch die arbeitsrechtlichen Konsequenzen - Abmahnung - sind inzwischen umgesetzt. Ein Beteiligungsverfahren kann diesbezüglich nicht mehr durchgeführt werden, insbesondere kann eine Beteiligung des "Vorstandes" des Antragstellers im Sinne der Regelung des § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" nicht mehr erfolgen.

Der neu gefasste Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt.

Antragsbefugt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist derjenige, der eine personalvertretungsrechtliche Rechtsposition inne hat, deren Inhalt und Umfang und deren gegebenenfalls erfolgte Beeinträchtigung er gerichtlich abklären will.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.11.1994 - 6 B 28.91 -, PersR 1995, 83.

Um die Klärung einer solchen eigenen Rechtsposition geht es dem Antragsteller hier.

Die Besonderheiten der Rechtsposition, die der Antragsteller geltend macht, bestehen darin, dass er das von ihm beanspruchte Beteiligungsrecht nicht unmittelbar auf Regelungen des Landespersonalvertretungsgesetzes stützt. Nach seinem eigenen Vortrag ist der Sachverhalt der Auswertung der entsprechenden Daten auch in diesen Fällen vielmehr von § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" erfasst, wohingegen der Beteiligte die in Rede stehenden Sachverhalte nicht unter diese Vorschrift subsumiert. Inmitten steht also der Streit über die Auslegung und Rechtswirkungen einzelner Regelungen einer Dienstvereinbarung. Zudem fordert der Antragsteller aus den herangezogenen Regelungen der Dienstvereinbarung "nur" die formale Heranziehung seines "Vorstandes" bei der Auswertung. Beides steht der Annahme der Antragsbefugnis des Antragstellers nicht entgegen.

Die Antragsbefugnis beim Streit über die Auslegung einer Dienstvereinbarung knüpft zwar nicht an § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NRW an, wonach das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren auch für Streitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Dienstvereinbarung eröffnet ist. Im Rahmen eines solchen Verfahrens ist nach Art eines Normenkontrollverfahrens nur über Bestehen oder Nichtbestehen von Dienstvereinbarungen zu entscheiden; für Streitigkeiten über Auslegung und Durchführung von Dienstvereinbarungen steht dieses Verfahren demgegenüber nicht zur Verfügung.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.1.1995 - 1 A 3556/02.PVL -, PersR 1995, 327; a. A. - für eine vergleichbare Regelung in Hamburg - ohne weitere Begründung: Hamb. OVG, Beschluss vom 28.2.2000 - 8 Bf 334/99.PVL -, PersR 2001, 300.

Die Vorschrift ist eng auszulegen. Das Antragsverfahren nach § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NRW dient ebenso wie das Antragsverfahren nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 LPVG NRW dazu, im Rahmen eines objektiven Verfahrens personalvertretungsrechtliche Rechtspositionen klären zu lassen und nicht allgemeine Rechtsgutachten über in einer Dienststelle geltende normative Regelungen, zu denen auch die Regelungen einer Dienstvereinbarung gehören, jenseits eines personalvertretungsrechtlichen Bezuges zu erhalten. Die Frage nach dem Bestehen oder Nichtbestehen einer Dienstvereinbarung korrespondiert regelmäßig unmittelbar mit der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf den vermeintlichen Vereinbarungsgegenstand ausgeübt worden ist. Eine entsprechende Korrespondenz zu personalvertretungsrechtlichen Kompetenzen weist der Streit über die Auslegung und Durchführung einzelner Regelungen einer Dienstvereinbarung indes nicht notwendig auf. Dies gilt namentlich, wenn sogenannte Inhaltsnormen in Rede stehen, die unmittelbar den Inhalt der Dienstverhältnisse der Beschäftigten gestalten. Ob eine Dienstvereinbarung insoweit korrekt angewendet wird, einschließlich der Frage, ob dieser Anwendung ein korrektes Verständnis der Regelungen der Dienstvereinbarung durch den Dienststellenleiter zugrunde liegt, betrifft regelmäßig nicht ohne weiteres eine personalvertretungsrechtliche Rechtsposition. Nur für Streitigkeiten, die sich exakt mit der Frage des Bestehens oder Nichtbestehens einer Dienstvereinbarung befassen, rechtfertigt es sich deshalb, unabhängig vom Ausgangspunkt des entstandenen Streits über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Dienstvereinbarung ohne weiteres das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren zu eröffnen, durch welches dann mögliche Einzelstreitigkeiten, für die es auf das Bestehen der Dienstvereinbarung ankommt, präjudiziert werden. Für alle anderen Streitigkeiten, insbesondere die über die Auslegung einzelner Regelungen der Dienstvereinbarung, bedarf es demgegenüber der Prüfung, welche Rechtsfolgen sich aus der Dienstvereinbarung ergeben. Nur dann, wenn eine Rechtsposition aus der Dienstvereinbarung, die gerade die Rechtsstellung des Personalrats betrifft, streitig geworden ist, ist darüber auch im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren zu entscheiden, und zwar im Rahmen des Verfahrens nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 LPVG NRW.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.1.1995 - 1 A 3556/92.PVL -, a.a.O.; Cecior/Vallendar/Klein/ Lechtermann, Personalvertretungsrecht NRW, § 70 Rn. 86 f.; Fischer/Goeres, GKÖD, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, K § 73 BPersVG, Rn. 25 a.

Eine entsprechende Rechtsposition wird von dem Antragsteller hier aber verfolgt, woraus sich seine Antragsbefugnis ableitet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 79 Abs. 1 Nr. 3 LPVG NRW praktisch alle Rechtsstreitigkeiten, die die Aufgaben und Befugnisse der Personalvertretungen und der genannten Vertreter betrifft, erfassen soll. Die Vorschrift hat Auffangfunktion und ist entsprechend weit auszulegen, um mangels Zuständigkeit anderer Gerichte in diesem Bereich einen umfassenden und effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Es muss sich also stets um einen Streit handeln, der im Amt oder in der Tätigkeit der Personalvertretung oder ihrer Vertreter wurzelt und der unmittelbar auf eine Abklärung der Aufgaben des Personalrats abzielt.

Vgl. Lorenzen u.a., BPersVG, § 83 Rn. 22a.

Dies erfasst auch die Fälle, in denen personalvertretungsrechtliche Rechtsfolgen aus einer Dienstvereinbarung hergeleitet werden, insbesondere wenn der Personalrat, wie hier der Antragsteller, ein ihm bzw. seinem "Vorstand" eingeräumtes Beteiligungsrecht bezogen auf eine bestimmte in der Dienstvereinbarung geregelten Sachverhaltsvariante behauptet. Der Antragsteller ist insoweit weder im Rahmen der Antragsbefugnis noch im Rahmen der Frage des festzustellenden Rechtes darauf zu verweisen, die Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften der Dienstvereinbarung, die in der Dienststelle als objektive Normen Geltung beanspruchen, im Rahmen seiner Überwachungsaufgaben aus § 64 Nr. 2 LPVG NRW zu verfolgen und sich gegebenenfalls auf dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen den Dienststellenleiter zu beschränken.

Fischer/Goeres, a.a.O., K § 73 BPersVG Rn. 25, 25a; Grabendorff u.a., Bundespersonalvertretungsgesetz, § 83 Rn. 17.

Es geht in jenen Fällen gerade um die auf der Grundlage von personalvertretungsrechtlichen Kompetenzen begründete Einbindung der Personalvertretungen in Handlungsabläufe der Dienststelle; es ist kein Grund ersichtlich, warum der Personalrat, wenn es Streit über den Umfang dieser - personalvertretungsrechtlich begründeten - Kompetenzen und Rechte gibt, nicht berechtigt sein sollte, den Umfang derselben in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren abklären zu lassen. Dem steht nicht entgegen, dass durch Dienstvereinbarung, wie § 4 LPVG NRW zu entnehmen ist, keine über die Regelungen des Landespersonalvertretungsgesetzes hinausgehenden Beteiligungsrechte begründet werden können. Dies betrifft vielmehr eine Frage der Rechtmäßigkeit und damit der Wirksamkeit der streitigen Regelungen in einer Dienstvereinbarung, die - wie hier - eine bestimmte Einbindung der Personalvertretung in den Handlungsablauf in der Dienststelle vorsehen. Für das Vorliegen der Antragsbefugnis ist dies unerheblich, weil diese lediglich von der vom Antragsteller nachvollziehbar als wirksam behaupteten Anbindung der streitigen Regelung der Dienstvereinbarung an personalvertretungsrechtliche Kompetenzen abhängig ist.

Es geht auch um eine eigene Rechtsposition des Antragstellers. Er macht nicht etwa eine Rechtsposition geltend, die dem Vorsitzenden des Antragstellers und seinen Vertretern als eigene eingeräumt worden ist. Denn - wie bereits aus dem Antrag ersichtlich - bezeichnet die vereinbarte Heranziehung des Vorsitzenden des Antragstellers und seiner Vertreter bei der Auswertung nur die Form der Beteiligung, in der der Antragsteller sein eigenes Beteiligungsrecht wahrgenommen wissen will.

Die weiteren Voraussetzungen für eine abstrakte Klärung des behaupteten Beteiligungsrechts liegen ebenfalls vor. Die Fragestellung hat eine hinreichende Anknüpfung an einen konkreten Streitfall. Es erscheint auch hinreichend wahrscheinlich, dass dem Beteiligten in Zukunft konkrete Umstände bekannt werden können, die einen Missbrauch der dienstlichen Telefonanlage durch einen Beschäftigten belegen und der Beteiligte durch seinen Abteilungsleiter zur Abklärung des Umfangs des Fehlverhaltens gezielt die zu dem dienstlichen Anschluss des Beschäftigten gespeicherten Telefondaten auswerten möchte.

Der Antrag ist auch begründet.

Der Beteiligte ist auf der Grundlage des § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" auch in den im Antrag beschriebenen Situationen, in denen er bereits anderweitig konkrete Kenntnis über den Missbrauch der Telefonanlage durch einen Beschäftigten erlangt hat, gehalten, die gespeicherten Telefondaten wie in § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" geregelt "unter Beteiligung des Personalrats-Vorstands" auszuwerten.

Regelungen von Dienstvereinbarungen haben unmittelbare normative Wirkung auf die Ordnung in der Dienststelle und die Beziehung zwischen Personalvertretung und Dienststelle. Sie sind entsprechend auch wie Rechtsnormen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung) auszugehen. Im Rahmen der durch die Fassung der Regelung gesteckten Grenzen ist ihr Sinn und Zweck (teleologische Auslegung) und ihr äußerer und innerer Zusammenhang mit anderen Vorschriften wie ihre Stellung im Recht ganz allgemein (systematische Auslegung) zu erforschen und zu berücksichtigen. Der Entstehungsgeschichte (historische oder genetische Auslegung) kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den obigen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können.

Vgl. OVG NRW, Beschuss vom 20.1.2000 - 1 A 128/98.PVL -, PersV 2000, 542.

Dies zugrunde gelegt ist der im Antrag beschriebene Sachverhalt ein solcher, der vom Regelungsbereich des § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" erfasst ist.

Die Vorschrift trifft, wie auch die Absätze 3 und 4 des § 7 DV-"HICOM-300", Regelungen zur Überprüfung abgehender dienstlicher Verbindungen, die mit Hilfe der Telekommunikationsanlage gespeichert werden. Sie erfasst die gezielte Auswertung von gespeicherten Anschlussdaten bei einem begründeten Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung der Telefonanlage.

Von einem Verdacht ist - nach allgemeinem und in Übereinstimmung mit dem strafrechtlichen Sprachgebrauch - die Rede, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Richtigkeit eines Vorwurfs - hier: missbräuchliche Nutzung der Telekommunikationsanlage - bestehen. Ein begründeter Verdacht wird dabei möglicherweise eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Erweislichkeit des Fehlverhaltens fordern. Das mag allerdings dahinstehen. Denn hier geht es allein um die Frage, ob es einen Grad an Gewissheit gibt, ab dem nicht mehr von einer (bloßen) Verdachtslage i.S.d. § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" gesprochen werden kann, und ob dieser bei dem zur Überprüfung gestellten Sachverhalt schon erreicht ist.

Der Verdacht eines Fehlverhaltens endet regelmäßig erst, wenn sich der Vorwurf erwiesen hat und es keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts mehr bedarf. Das heißt, es muss ein Stadium erreicht sein, in dem dem Betroffenen gegenüber das Fehlverhalten festgestellt wird. Solange der Sachverhalt aber noch nicht endgültig geklärt ist, liegt noch eine - ggf. dringende bzw. begründete - Verdachtslage vor. In all diesen Fällen zielt die unter Beteiligung des "Vorstands" des Antragstellers vorgenommene Auswertung der Telefondaten, wie sie § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" vorsieht, darauf, den Verdacht entsprechend zu erhärten, d.h. weitergehende Beweise zu sammeln.

Hiervon unterscheidet sich die zur Überprüfung gestellte Sachverhaltsvariante nicht. Der Vorwurf, um dessen Klärung es bei jener Sachlage geht, ist nicht allein der, in der Vergangenheit private Telefongespräche als dienstliche deklariert zu haben. Vielmehr umfasst der Vorwurf zugleich, dieses Fehlverhalten in einem nennenswerten Umfang und mit einem nennenswerten Schaden gezeigt zu haben, der ein arbeitsrechtliches und eventuell auch strafrechtliches Einschreiten erfordert. In Bezug auf den Vorwurf der nennenswerten Häufigkeit des Fehlverhaltens und eines nennenswerten Schadens liegt aber in den zur Entscheidung gestellten Fällen in jedem Fall nur eine bloße Verdachtslage vor.

Auch Sinn und Zweck der Regelung über die Einbindung des Antragstellers in die gezielte Auswertung von Telefondaten zur Überprüfung darauf, in welchem Umfang private Gespräche als dienstliche deklariert worden sind, fordern die Einbeziehung einer Verdachtslage, die sich allein auf die Häufigkeit oder den Umfang der missbräuchlichen Nutzung der Telefonanlage bezieht. Die in Rede stehende Vorschrift dient der Abwehr von Gefahren, die sich bei der Auswertung von als dienstlich geführt deklarierten (Privat-)Gesprächen dadurch ergeben können, wenn diese isoliert und aus dem Kontext gelöst betrachtet werden. Auch in Fällen des Verdachts eines missbräuchlichen Verhaltens eines Beschäftigten gilt es, den Gefahren des sog. Kontextverlustes von Daten vorzubeugen, der bei einer persönlichen individualisierenden Betrachtungsweise nicht ohne weiteres auftritt. Das schutzwürdige Interesse endet dabei nicht schon dann, wenn eine missbräuchliche Nutzung der Telefonanlage außer Streit steht und die Auswertung lediglich noch darauf zielt, die Häufigkeit des Fehlverhaltens und das Ausmaß des Schadens zu ermitteln: Die Gefahr, dass ein individualisierender Kontext außer acht gelassen wird, besteht hier in gleichem Maße, ohne dass der Betroffene nur deshalb als nicht schutzwürdig erscheinen würde, weil nur noch in Frage steht, wie häufig und mit welcher Schadensfolge er in der Vergangenheit private Gespräche als dienstliche deklariert hat. Denn gerade von den Feststellungen hierzu wird es im Regelfall abhängen, ob und ggf. welche arbeits- oder disziplinarrechtlichen Konsequenzen der Beteiligte ergreifen wird und ob er ggf. darüber hinaus auch strafrechtliche Schritte einleitet.

§ 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" stellt die geregelte Beteiligung des "Vorstands" des Antragstellers auch nicht in das Ermessen des Beteiligten. "Kann" bezeichnet in diesem Zusammenhang die Einräumung einer Kompetenz. Neben der in Abs. 3 geregelten stichprobenartigen Auswertung der gespeicherten Daten zur Verhinderung einer missbräuchlichen Nutzung der dienstlichen Telekommunikationseinrichtungen wird dem Beteiligten die gezielte Auswertung der Daten (nur) in den Fällen des Abs. 5 eröffnet. Dieses Verständnis der Regelung der DV-"HICOM-300" erschließt sich ohne weiteres bereits aus dem Satzgefüge und ihrer Einbindung in die übrigen Regelungen über die dienstliche Nutzung der Telekommunikationsanlage in § 7 DV-"HICOM-300". Entschließt der Beteiligte sich daher, von der Kompetenz des § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" Gebrauch zu machen, bedarf es der Beteiligung des "Personalratsvorstands". Macht er von der ihm eingeräumten Kompetenz keinen Gebrauch, bedarf es keiner weiteren Regelung.

§ 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" zielt auf eine Einbindung des "Vorstands" des Antragstellers. Zu Recht versteht der Antragsteller die Bezeichnung Vorstand nur untechnisch und fordert die Heranziehung der in § 29 LPVG NRW genannten Personen (Vorsitzender des Antragstellers und seine zwei Stellvertreter). Denn seit der Novelle im Jahre 1984 gibt es im Landespersonalvertretungsgesetz keine, dem § 32 BPersVG vergleichbare Regelung über den Vorstand des Personalrats mehr.

Vgl. dazu: Cecior/Vallendar/Klein/Lechtermann, a.a.O., § 29 Rn. 1.

Nach § 32 BPersVG bildet der Personalrat aus seiner Mitte den Vorstand. Diesem muss ein Mitglied jeder im Personalrat vertretenen Gruppe angehören. Das Landespersonalvertretungsgesetz kennt nur noch den Vorsitzenden und zwei Stellvertreter (§ 29 LPVG NRW). Dabei wird dem Gruppenprinzip dadurch Rechnung getragen, dass die beiden Stellvertreter nicht der Gruppe des Vorsitzenden angehören dürfen und selbst unterschiedlichen Gruppen angehören müssen. Sie werden allerdings - anders als früher die einzelnen Vorstandsmitglieder - nicht in den Gruppen gewählt, sondern durch den Personalrat insgesamt. Hieran knüpft ersichtlich die Regelung des § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" an. Die in § 29 LPVG NRW genannten Personen stellen deshalb im untechnischen Sinne den "Vorstand" des Antragstellers. Dabei wird einerseits berücksichtigt, dass beim Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung der Telefonanlage eine zügige, zeitnahe Auswertung der Telefondaten der Beweissicherung dient und die Einbindung sämtlicher Mitglieder des Antragstellers eine entsprechende zeitliche Verzögerung bedeuten kann, anderseits aber gewährleistet werden soll, dass an der Auswertung auf Seiten des Antragstellers in jedem Fall ein Mitglied aller Gruppen beteiligt wird und damit auch einer der Gruppe des überprüften Beschäftigten angehört.

§ 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" erfasst nicht die Beteiligung in Form einer Zustimmung, sondern allein in Form eines Unterrichtungs-/Anwesenheitsrechts. Dies erschließt sich schon aus dem Wortlaut, wonach die abgehenden dienstlichen Verbindungen in jenen Fällen des begründeten Verdachts auf Anordnung des Abteilungsleiters "unter Beteiligung des PR-Vorstands gezielt überprüft werden" können. Weder der gewählte Begriff der Beteiligung, der als Oberbegriff eine Unterrichtung nach § 65 Abs. 1 LPVG NRW ebenso einschließt wie eine Mitbestimmung, noch das gewählte Satzgefüge erhellen, dass in den geregelten Fällen eines begründeten Verdachts des Missbrauchs die Entscheidung des Beteiligten, ob die gespeicherten Daten ausgewertet werden, vom Willen des Personalratsvorstandes abhängen soll. Hierzu hätte es vielmehr einer weitergehenden speziellen Regelung bedurft, wie sie etwa § 5 der Rahmendienstvereinbarung EDV bezüglich der Auswertung von Datenfeldern, die personenbezogene Daten enthalten, regelt, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die z.B. eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.

Die - eine weitergehende Beteiligung in Form eines Zustimmungserfordernisses durch den Antragsteller vorsehende - Regelung des § 5 RDV-EDV findet auf die von § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" erfassten Sachverhalte allerdings keine Anwendung. Wie die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen zutreffend herausgestellt hat, geht die DV-"HICOM-300" nach dem Regelungsinhalt der Rahmendienstvereinbarung-EDV dieser vor. Die DV-"HICOM-300" ist in § 10 RDV-EDV ausdrücklich als Anlage aufgeführt. In diesen Anlagen - so § 10 Satz 2 RDV-EDV - werden diejenigen Tatbestände geregelt, die für die einzelnen EDV-Systeme spezifisch sind und die über die in der Rahmendienstverengen getroffenen Regelungen hinausgehen, wie hier § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300", der dem Beteiligten einen weiteren Handlungsspielraum belässt.

Die Regelung in § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" ist auch wirksam.

Anhaltspunkte, dass die Formerfordernisse für den Abschluss einer Dienstvereinbarung verletzt werden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Dienstvereinbarung einschließlich der streitigen Beteiligungsregel verstößt auch nicht gegen materielles Recht. Nach § 70 Abs. 1 LPVG NRW sind Dienstvereinbarungen zulässig, soweit nicht gesetzliche oder tarifliche Regelungen entgegenstehen. Es können damit grundsätzlich in allen Bereichen, in denen der Personalvertretung Mitbestimmungsrechte oder auch andere Beteilungsrechte eingeräumt sind, Dienstvereinbarungen geschlossen werden. § 4 LPVG NRW schließt dabei allerdings Regelungen des Personalvertretungsrechts aus, die von diesem Gesetz abweichen. Die der Personalvertretung durch das Landespersonalvertretungsgesetz eingeräumten Beteiligungsrechte können also durch Dienstvereinbarungen nicht eingeschränkt, aber auch nicht erweitert oder neu geschaffen werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1.3.2000 - 1 A 4865/98.PVL -.

Diesen Anforderung wird die Regelung des § 7 Abs. 5 DV-"HICOM 300" gerecht.

Die Dienstvereinbarung betrifft Sachverhalte anlässlich der Inbetriebnahme und Nutzung einer automatisierten Gesprächsdatenerfassungsanlage des Typs "HICOM-300", die unter verschiedenen Gesichtspunkten der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegen. Der Ausübung und Durchführung dieser Mitbestimmungsrechte dient die DV-"HICOM-300".

Die Einführung und Handhabung der Anlage einschließlich der beabsichtigten Praxis der gezielten personenbezogenen Auswertung von gespeicherten Telefonverbindungen begründete in erster Linie ein Mitbestimmungsrecht aus § 72 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 LPVG NRW und - soweit die Anlage Privatgespräche zulässt und registriert - aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW.

Die angeführten Mitbestimmungsrechte waren nicht durch Gesetze oder tarifliche Regelungen ausgeschlossen. Die Regelungen des Runderlasses des Finanzministeriums vom 29.8.1997 - B 2740-0.11 - IV A 4 -, MBl. NRW 1997, 1120 ff. - (Dienstanschlussvorschriften) standen nicht entgegen. Denn jedenfalls enthalten diese nicht in jeder Hinsicht eine erschöpfende zwingende und unmittelbar geltende Regelung der Installierung und Inbetriebnahme von Telekommunikationsanlagen, insbesondere auch nicht in Bezug auf die Regelungen über die Voraussetzungen für eine zulässige Auswertung der gespeicherten Daten.

Vgl. für die früheren Dienstanschlussvorschriften OVG NRW, Beschluss vom 4.11.1991 - CL 77/88 -.

Der Umstand, dass es bei dem Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung der Telefonanlage zugleich auch um den Verdacht eines nach § 263 StGB als Betrug strafrechtlich relevanten Handelns gehen mag, führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit der Beteiligte hier eine eigene rechtliche Handlungspflicht, den Sachverhalt in jedem Fall aufklären zu müssen, in den zur Überprüfung gestellten Fällen behauptet, in denen ein Fehlverhalten bereits anderweitig belegt ist und es nur um den Umfang des Fehlverhaltens geht, ist schon fraglich, woraus diese Pflicht als eigene folgen soll. Dies gilt umso mehr, als einem Dienststellenleiter, der bereits anderweitig Kenntnis und Belege über ein strafrechtlich relevantes Verhalten eines Beschäftigten hat, zugleich die Möglichkeit verbleibt, bei der Staatsanwaltschaft entsprechend Anzeige zu erstatten. Eine eventuell notwendige weitere Abklärung des Sachverhaltes könnte dann von dort bewirkt werden, und zwar ohne Beteiligung des Antragstellers. Zum anderen ist ein Mitbestimmungsrecht nicht schon dann ausgeschlossen, wenn eine Maßnahme dem Vollzug einer gesetzlichen Regelung dient - hier einer ggf. bestehenden Pflicht, strafrechtlichem Verhalten nachzugehen -, wenn - wie hier - Art und Weise des Vorgehens regelungsfähig bleiben.

Die Dienstvereinbarung begründet auch keine über die Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte der einschlägigen Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes NRW hinausgehenden Rechte (§ 4 LPVG NRW). Insbesondere ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Dienstvereinbarung für die Auswertung der Daten auch im Falle des Verdachtes eines Missbrauchs der Telekommunikationsanlage eine Heranziehung des "Vorstands" des Antragstellers fordert.

Art und Umfang der vom Beteiligten beabsichtigten Auswertung der mittels einer Telekommunikationsanlage gespeicherten Daten über die vom dienstlichen Telefonanschluss geführten Gespräche unterliegt als Anwendung einer Einrichtung, die geeignet ist, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen, der Mitbestimmung des Antragstellers aus § 72 Abs. 3 Nr. 2 LPVG NRW.

Unter Anwendung von Einrichtungen zur Verhaltens- und Leistungskontrolle ist die allgemeine Handhabung der Kontrolleinrichtung, d.h. die Art und Weise ihrer Verwendung, zu verstehen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17.2.2000 - 1 A 199/98.PVL -; zu § 72 Abs. 3 Nr. 1 LPVG NRW, und vom 20.1.2000 - 1 A 128/98.PVL -; zu § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG im Zusammenhang mit einer (wesentlichen) Änderung einer Anwendung: BVerwG, Beschluss vom 13.8.1992 - 6 P 20/91 -, PersR 1992, 505 = TTR 1993, 128 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 80 = PersV 1993, 222 = ZfPR 1993, 4.

Die Handhabung erfasst dabei nicht nur die Erhebung, sondern gerade auch die Auswertung von durch technische Einrichtungen gewonnenen Verhaltens- und Leistungsdaten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.2.2000 - 1 A 199/98.PVL -.

Der Mitbestimmung unterliegt also die beabsichtigte allgemeine Handhabung einer Einrichtung i.S.d. § 72 Abs. 3 Nr. 2 LPVG NRW einschließlich der beabsichtigten Praxis einer personenbezogenen Auswertung der durch die Einrichtung gespeicherten Leistungs- und Verhaltensdaten. Bei Abschluss der Dienstvereinbarung stand danach zur Mitbestimmung nur die von dem Beteiligten allgemein vorgesehene Auswertung der ausgehenden Dienstgespräche auf ihre dienstliche Veranlassung, u.a. zur Klärung eines Verdachts auf missbräuchliche Nutzung der Telefonanlage. Der Regelung dieses Sachverhalts dienten die Regelungen des § 7 Abs. 3 und 5 DV-"HICOM-300". Sie halten sich auch im Rahmen dieser Mitbestimmungskompetenz.

Mit der Dienstvereinbarung hat der Antragsteller sein Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die beabsichtigte Auswertung von Telefondaten in Fällen eines begründeten Verdachts der missbräuchlichen Nutzung der Telefonanlage zu privaten Telefongesprächen verbraucht.

Die durch die Dienstvereinbarung getroffene Regelung erweitert weder die dem Antragsteller nach dem Landespersonalvertretungsrecht eingeräumte Zuständigkeit noch schränkt sie die Entscheidungsbefugnisse des Beteiligten unzulässig ein. § 7 Abs. 5 DV-"HICOM-300" belässt es - wie ausgeführt - dabei, eine besondere Form der Unterrichtung des Personalrats - nämlich durch eine Beteiligung der in § 29 LPVG NRW genannten Personen - festzulegen. Über diese besondere Form der Unterrichtung nach § 65 LPVG NRW zur Durchführung seiner Überwachungsaufgaben aus § 62 LPVG NRW hinaus werden dem Antragsteller keine weitergehenden Rechte an der nach der Dienstvereinbarung grundsätzlich zugelassenen Auswertung von Telefondaten bei begründetem Verdacht eines Missbrauchs der Anlage zugesprochen. Insbesondere wird nicht jede Auswertung im Einzelfall von einer Zustimmung des Antragstellers abhängig gemacht. Ein solcher Vorbehalt wäre sicher schon deshalb rechtlich problematisch, weil gerade nicht bei jeder einzelnen Auswertung quasi wieder neu eine Anwendung einer Einrichtung i.S.d. § 72 Abs. 3 Nr. 2 - 2. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW vorliegt, die die Beteiligten vorab durch § 7 Abs. 5 DV-"HICOM 300" hätten entsprechend regeln können. Mitbestimmungsgegenstand des § 72 Abs. 3 Nr. 2 - 2. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW ist - wie ausgeführt - allein die beabsichtigte allgemeine Handhabung, nicht die Handhabung in jedem Einzelfall.

Die vereinbarte bloße formale Heranziehung des "Vorstands" des Antragstellers hält sich demgegenüber ohne weiteres im Rahmen des Schutzzwecks des Mitbestimmungsrechts aus § 72 Abs. 3 Nr. 2 - 2. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW. Das Mitbestimmungsrecht dient dem Persönlichkeitsschutz des Beschäftigten, insbesondere auch vor den Gefahren, die etwa bei der Auswertung von automatisiert gespeicherten Verhaltens- und Leistungsdaten aufgrund der notwendigen Datenselektion durch den Kontextverlust entstehen können. Dem vorzubeugen dient die vereinbarte Einbindung des Antragstellers bei der Auswertung in Form eines Informations- und Anwesenheitsrechts. Sie bewegt sich damit innerhalb der dem Antragsteller auf der Grundlage der §§ 72 Abs. 3 Nr. 2 - 2. Mitbestimmungstatbestand -, 65, 62 LPVG NRW nach dem Landespersonalvertretungsgesetz zustehenden Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte.

Die Heranziehung des "Vorstands" des Antragstellers bei der Auswertung der Telefondaten in Fällen des Verdachts des Missbrauchs der Telefondaten schränkt auch nicht die Entscheidungsbefugnis oder eventuelle Handlungspflichten des Beteiligten im Hinblick auf die weitere Klärung des Sachverhalts ein. Das ihm nach dem Landespersonalvertretungsgesetz und den Vorgaben des § 104 Satz 3 BPersVG zu belassende Direktionsrecht durch die streitige formale Heranziehung des "Vorstands" des Antragstellers wird bei der Auswertung der gespeicherten Telefonverbindungen nicht einmal im Ansatz berührt.

Ende der Entscheidung

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