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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 09.06.2004
Aktenzeichen: 1 A 2774/02.PVL
Rechtsgebiete: LPVG NRW, ArbGG


Vorschriften:

LPVG NRW § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
LPVG NRW § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 9 Abs. 5 Satz 4
Persönlicher Referent der Intendanz und Dramaturgin für Öffentlichkeitsarbeit / und Marketing als Beschäftigte, die nach dem Bühnennormalvertrag i.S.d. § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW beschäftigt werden.
Tatbestand:

Der Antragsteller - der Personalrat bei der Stadtverwaltung Q. - und die Beteiligten zu 1. und 2. - der Oberbürgermeister der Stadt bzw. die Intendantin des Theaters der Stadt - streiten um die Frage, ob die ohne Beteiligung des Antragstellers erfolgte Einstellung dreier Mitarbeiter der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegt. Im Jahre 2001 schlossen das Theater Q. - vertreten durch die Beteiligte zu 2. - und Herr S. einen Dienstvertrag, nach dem letzterer als persönlicher Referent der Intendantin des Theaters angestellt wurde. Eine Anschlussanstellung erfolgte im Jahre 2003. Mit Dienstverträgen aus dem Jahre 2001 wurden Frau A. und Frau B. als "Dramaturginnen für Öffentlichkeitsarbeit" am Theater angestellt. Die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen lehnte den Antrag des Antragstellers ab, mit dem dieser die Feststellung begehrte, dass die Einstellungen von Herrn S., Frau A. und Frau B. seiner Mitbestimmung gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW unterliegen; die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die durch Abschluss von Dienstverträgen vollzogenen Personalmaßnahmen nach § 72 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW, die sich ungeachtet der auf die Beteiligte zu 2. übertragenen Befugnisse zum Abschluss von Dienstverträgen auf der Grundlage des Bühnennormalvertrages personalvertretungsrechtlich als Maßnahmen des Beteiligten zu 1. darstellen, weil dieser der Leiter der gemeinsam von Verwaltungen, Eigenbetrieben und Schulen gebildeten Dienststelle ist (vgl. § 1 Abs. 2 Halbs. 2 LPVG NRW), unterliegen, ohne dass es auf ihre Einordnung unter die Mitbestimmungstatbestände des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 4 LPVG NRW im Einzelnen ankäme, nicht der Mitbestimmung des Antragstellers. Seine Mitbestimmung in diesen Angelegenheiten ist ausgeschlossen. Denn nach § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 3 LPVG NRW gilt das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nicht für Beschäftigte an Theatern, die nach dem Bühnennormalvertrag beschäftigt werden. Zu diesem Personenkreis gehören alle drei Beschäftigten.

"Der Bühnennormalvertrag" im Sinne der zuletzt erwähnten Vorschrift ist eine Sammelbezeichnung für diejenigen tarifvertraglichen Regelwerke, die die Arbeitsverhältnisse der Bühnenkünstler in verschiedenen Sparten normativ gestalten. Die von dem Gesetzgeber des LPVG NRW mit diesem Tatbestandsmerkmal vorgenommene Verweisung auf das Bühnentarifrecht ist, wie das BVerwG entschieden hat, eine dynamische. Die gegenwartsbezogene Formulierung der Vorschrift ("... beschäftigt werden") belegt, dass die maßgeblichen Bestimmungen des Bühnentarifrechts in der jeweiligen aktuellen Fassung zugrunde zu legen sind, die in demjenigen Zeitpunkt gelten, in welchem die etwaige personalvertretungsrechtliche Beteiligung ansteht. Diese Wertung ist zudem mit Blick auf die offene Definition des fraglichen Personenkreises im Normalvertrag zwischen dem Deutschen Bühnenverein und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehörigen vom 1.5.1924 (NV Solo), der bis zum 31.12.2002 gegolten hat, gerechtfertigt, die der Gesetzgeber sowohl bei der erstmaligen Fassung des Ausschlusstatbestandes in § 70 Satz 2 Buchst. d PersVG NW 1958 (GV. NRW. S. 209) als auch bei Fortschreibung der Regelung im LPVG NRW vom 3.12.1974 vor Augen hatte. § 1 Nr. 2 NV Solo bestimmte nämlich, dass unter Bühnenmitgliedern im Sinne dieses Vertrages Einzeldarsteller, Kapellmeister, Spielleiter, Dramaturgen, Singchordirektoren, Tanzmeister, Repetitoren, Inspizienten und Souffleure sowie Personen in ähnlicher Stellung zu verstehen seien. Das Auffangmerkmal "Personen in ähnlicher Stellung" war nicht nur auf eine Weiterentwicklung des erfassten Personenkreises in Verwaltungspraxis und Rechtsprechung angelegt. Es war darüber hinaus damit zu rechnen, dass die Tarifvertragsparteien neue Tendenzen des modernen Theaterbetriebes zum Anlass nehmen würden, den von den speziellen Bestimmungen des Bühnentarifrechts erfassten Personenkreis weiter zu konkretisieren und zu ergänzen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.10.2003 - 6 P 4.03 -, ZTR 2004, 104 = PersR 2004, 30.

Diese in § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 3 LPVG NRW enthaltene dynamische Verweisung auf tarifvertragliche Regelungen ist verfassungsrechtlich zulässig, weil der Inhalt der Bezugsregelungen, auf die die staatliche Norm verweist, hier im Wesentlichen feststeht. Denn durch die dem Gesetzgeber bei der Fassung des in Rede stehenden Ausschlusstatbestandes bekannte Beschreibung des Personenkreises in § 1 Nr. 2 NV Solo, der als "Bühnenmitglieder" dem persönlichen Anwendungsbereich des NV Solo unterfällt, ist hinreichend deutlich bestimmt, hinsichtlich welcher Personen eine Mitbestimmung bei Personalangelegenheiten i.S.v. § 72 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW ausgeschlossen sein soll. Dadurch sind Inhalt und Grenzen der Verweisung in verfassungsrechtlich gebotener Weise ausreichend festgelegt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.10.2003 - 6 P 4.03 -, a.a.O.

In Anwendung dieser Grundsätze ist hinsichtlich der jeweils 2001 vollzogenen Anstellungen der Dramaturginnen für Öffentlichkeitsarbeit auf den zu jener Zeit noch gültigen NV Solo abzustellen, weil die (ggf. nachzuholende) personalvertretungsrechtliche Beteiligung - so sie geboten war - zu jenem Zeitpunkt anstand.

Bezogen auf den oben genannten Zeitpunkt wurden Frau A. und Frau B. nach dem NV Solo und damit nach "dem Bühnennormalvertrag" beschäftigt. Denn sie waren (bereits) zu jenem Zeitpunkt als Dramaturgin für Öffentlichkeitsarbeit (Frau A.) bzw. als Dramaturgin für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing (Frau B.) des Theaters Solomitglieder nach § 1 Nr. 2 NV Solo.

Bei der Prüfung, ob eine Person Solomitglied nach einem durch § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 3 LPVG NRW in Bezug genommenen "Bühnennormalvertrag" ist, ist nicht auf eine individualarbeitsvertragliche, etwa Vorschriften eines Bühnennormalvertrags in Bezug nehmende Regelung abzustellen, sondern allein darauf, ob der betreffende Beschäftigte nach seiner arbeitsvertraglich festgelegten beruflichen Funktion unter den persönlichen Geltungsbereich des maßgeblichen Bühnennormalvertrags fällt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.10.2003 - 6 P 4.03 -, a.a.O.

Sinn und Zweck der in § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 3 LPVG NRW getroffenen Regelung gehen dahin, dem für die künstlerische Leitung des Theaters Verantwortlichen bei der Auswahl derjenigen Personen, die für den künstlerischen Prozess am Theater von besonderer Bedeutung sind, sowie bei allen sonstigen insoweit zu treffenden personellen Entscheidungen einen von der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung unbeeinflussten Spielraum zu belassen und damit seine künstlerische Gestaltungsfreiheit zu gewährleisten und seiner Alleinverantwortung Rechnung zu tragen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.10.2003 - 6 P 4.03 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 18.12.2002 - 1 A 600/98.PVL -, PersR 2003, 199; Cecior/Vallendar/ Lechtermann/Klein, Personalvertretungsrecht NRW, Komm., § 72 Rn. 234; Havers, LPVG NW, Komm., 9. Aufl. 1995, § 72 Erl. 39.

Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Tarifvertragsparteien aufgrund ihrer spezifischen Erfahrung am ehesten in der Lage sind, den Kreis derjenigen Personen zu definieren, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund ihrer besonderen Nähe zum künstlerischen Geschehen am Theater besonderer Regelungen bedürfen, die sich von sonst im öffentlichen Dienst geltenden wesentlich unterscheiden. Für die Bestimmung des von § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 3 LPVG NRW erfassten Personenkreises sind daher - bezogen auf die Anstellungen aus dem Jahre 2001 - diejenigen Tarifnormen maßgeblich, die den persönlichen Geltungsbereich des NV Solo beschreiben. Einschlägig ist hier § 1 Nr. 2 NV Solo. Nach dieser Vorschrift sind unter Bühnenmitgliedern im Sinne dieses Vertrages Einzeldarsteller, Kapellmeister, Spielleiter, Dramaturgen, Singchordirektoren, Tanzmeister, Repetitoren, Inspizienten und Souffleure sowie Personen in ähnlicher Stellung zu verstehen. Die Beschäftigten A. und B. fallen unter die "Personen in ähnlicher Stellung".

Das gemeinsame Merkmal der in § 1 Nr. 2 NV Solo ausdrücklich aufgeführten Personen und damit der Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der "Personen in ähnlicher Stellung" liegt darin, dass sie durch ihre Tätigkeit an Erarbeitung und Umsetzung der künstlerischen Konzeption eines Werkes unmittelbar mitarbeiten und damit im Gegensatz zu solchen Personen stehen, die hierfür lediglich die notwendigen technischen Rahmenbedingungen schaffen und die Funktionsfähigkeit der technischen Hilfsmittel überwachen.

Vgl. BAG, Urteile vom 26.8.1998 - 7 AZR 263/97 -, BAGE 89, 339, und vom 16.11.1995 - 6 AZR 229/95 -, MDR 1996, 500; Bolwin/Sponer, Bühnentarifrecht, Komm., NV Bühne § 1 Rn. 103; zur Maßgeblichkeit dieser Maßstäbe im vorliegenden Zusammenhang vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.10.2003 - 6 P 4.03 -, a.a.O.

Die beiden Dramaturginnen für Öffentlichkeitsarbeit (und Marketing) haben durch ihre vertraglich geregelte Tätigkeit an Erarbeitung und Umsetzung der künstlerischen Konzeption der aufgeführten Werke unmittelbar mitzuwirken; sie schaffen hingegen nicht bloß die notwendigen technischen Rahmenbedingungen. Das Berufsfeld der Öffentlichkeitsarbeit ist, wie im Übrigen auch die Anstellung der beiden Dramaturginnen für Öffentlichkeitsarbeit verdeutlicht, für das Theater zunehmend wichtig geworden.

Vgl. Bolwin/Sponer, a.a.O., NV Bühne § 1 Rn. 102.

Die auf diesem Feld tätigen Mitarbeiter wirken zwar in der Regel nicht selbst an der Produktion eines Bühnenwerkes mit, wenn man darunter die Tätigkeit auf der Bühne - sei es vor oder während einer Aufführung - versteht. Sie haben jedoch die Aufgabe, dem Publikum und der Presse die künstlerischen Vorstellungen des Regisseurs, Choreographen, Dirigenten oder Intendanten zu vermitteln, und sind damit - gerade als dramaturgische Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit - Ansprechpartner für jeden Interessenten außerhalb des Hauses, der sich mit einem Werk inhaltlich auseinandersetzt und dafür fundierter literatur- oder musikkritischer Kompetenz bedarf. Diese Tätigkeit muss schon deshalb als kunstbezogen und als künstlerisch verstanden werden, weil sie notwendig voraussetzt, dass der Dramaturg für Öffentlichkeitsarbeit die von den oben genannten Künstlern konzipierten und angebotenen Kunstprodukte bzw. Werke nicht nur versteht, sondern auch in der Lage ist, sie in einer mit den Intentionen des Regisseurs etc. harmonierenden Weise mündlich oder schriftlich verständlich zu machen, wobei bei schriftlichen Darstellungen - etwa bei der Frau A. übertragenen Gestaltung der Theaterzeitung und der Frau B. überantworteten Entwicklung von Broschüren und Informationsmaterial für das Umland- und Regionalmarketing - diese nicht nur inhaltlich, sondern auch hinsichtlich ihrer äußeren Gestaltung dem künstlerischen Konzept entsprechen müssen.

Vgl. Bolwin/Sponer, a.a.O., NV Bühne § 1 Rn. 73 f.

Auch den von dem Beteiligten zu 1. vorgelegten "Stellenprofilen" lässt sich die insgesamt künstlerische Qualität der Tätigkeit von Frau A. und Frau B. deutlich entnehmen. Dort heißt es zu den Voraussetzungen bzw. Anforderungen, die die beiden Stellen verlangen bzw. stellen, u. a., dass die künstlerischen Grundgedanken des Theaters an die unterschiedlichen Zielgruppen sowohl extern als auch intern kommuniziert werden müssten. Verlangt wird außerdem eine enge Zusammenarbeit mit der Intendanz und allen künstlerischen Bereichen, um Einblicke in den künstlerischen Prozess des Theaters zu gewinnen; das bedeute regelmäßige Besuche der Konzeptionsgespräche und Proben sowie (sonstige) regelmäßige Gespräche.

Bestätigt wird die Wertung, dass die beiden Mitarbeiterinnen als "Personen in ähnlicher Stellung" i.S.v. § 1 Nr. 2 NV Solo zu qualifizieren sind, dadurch, dass "Pressereferenten und Referenten der Öffentlichkeitsarbeit" in § 1 Abs. 2 des Normalvertrags Bühne vom 15.10.2002, der ab dem 1.1.2003 die Normalverträge Solo und Chor/Tanz abgelöst hat (vgl. § 1 Buchstaben a und s des Begleittarifvertrages vom 15.10.2002 zum NV Bühne vom 15.10.2002/GDBA), nunmehr ausdrücklich als Solomitglieder aufgeführt sind.

Hierzu sowie näher dazu, dass die Einbeziehung dieses Personenkreises in den Ausschlusstatbestand des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 3 LPVG NRW die aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen der dynamischen Verweisung auf den Bühnennormalvertrag einhält, BVerwG, Beschluss vom 7.10.2003 - 6 P 4.03 -, a.a.O.

Denn in dieser Einbeziehung liegt zugleich die normative Wertung der Tarifvertragsparteien, dass jedes dieser Solomitglieder künstlerisch tätig ist.

Vgl. Bolwin/Sponer, a.a.O., NV Bühne § 1 Rn. 40.

Die Dienstverträge der beiden Mitarbeiterinnen sind auch solche, die ein Unternehmer eines stehenden Theaters mit Bühnenmitgliedern abgeschlossen hat (vgl. § 1 Nr. 1 NV Solo). Das Theater bzw. die Stadt, die das Theater betreibt, ist Unternehmer in diesem Sinne.

Hinsichtlich der Anstellung des persönlichen Referenten der Beteiligten zu 2. ist aufgrund der dargestellten dynamischen Verweisung in § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 3 LPVG NRW auf den 2001 noch gültigen NV Solo abzustellen, soweit die mit Dienstvertrag aus dem Jahre 2001 erfolgte Einstellung maßgeblich ist. Soweit hingegen die spätere Einstellung auf Grund des im Jahre 2003 geschlossenen Dienstvertrages für die Einordnung der Tätigkeit des Herrn S. maßgeblich ist, muss auf die Regelungen des NV Bühne zurückgegriffen werden. Nach beiden Regelwerken stellt sich auch die vertraglich festgelegte Tätigkeit des Herrn S. als die künstlerische Tätigkeit eines Solomitgliedes dar. Denn er war bereits 2001 als persönlicher Referent der Beteiligten zu 2. Solomitglied nach § 1 Nr. 2 des NV Solo und ist als solches auch nach § 1 Abs. 2 NV Bühne zu qualifizieren.

Im Jahre 2001 war Herr S. "Person in ähnlicher Stellung" im Sinne von § 1 Nr. 2 NV Solo, weil er durch seine vertraglich festgeschriebene Tätigkeit an Erarbeitung und Umsetzung der künstlerischen Konzeption der aufgeführten Werke unmittelbar mitzuwirken hatte. Nach seinem Dienstvertrag aus dem Jahre 2001 umfasste der Schwerpunkt seiner Arbeit neben den üblichen Aufgaben des persönlichen Referenten die Entlastung der Intendantin in sämtlichen Aufgaben der Intendanz. Die damit umfassend in den Blick zu nehmenden Tätigkeiten der Beteiligten zu 2. sind künstlerischer Natur. Für die Tätigkeit des ihr in ihrem Aufgabengebiet zuarbeitenden persönlichen Referenten kann nichts anderes gelten. Aus dem vorgelegten Dienstvertrag der Beteiligten zu 2. und der Dienstanweisung für die Werkleitung der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung "Bühnen und Orchester der Stadt Q." ergibt sich mit Deutlichkeit, dass der Beteiligten zu 2., die zusammen mit dem Verwaltungsdirektor die die Gesamtverantwortung für den Theater- und Orchesterbetrieb tragende Werkleitung bildet, die künstlerische Leitung des Theaters obliegt. Zu ihren Aufgaben gehören (deshalb) insbesondere die Aufstellung und Gestaltung des Spielplans, die Rollenbesetzung, die Verteilung der Regieaufgaben und Dirigate, die Disposition und die Durchführung der Personalmaßnahmen, die zur Erreichung der künstlerischen Ziele erforderlich sind.

Bestätigt wird die Einschätzung, dass die vertraglich geregelte Tätigkeit des Herrn S. schon im Jahre 2001 eine künstlerische, seine Einordnung als "Person in ähnlicher Stellung" rechtfertigende Tätigkeit war, durch die von der Beteiligten zu 1. vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung. Danach ist der persönliche Referent der Beteiligten zu 2. ihr Abwesenheitsvertreter und arbeitet eng mit ihr, den Dramaturgen und Regisseuren an der Spielgestaltung, der Stückauswahl und der Stückkonzeption mit. Er ist an allen strategischen Entscheidungen im künstlerischen Bereich beteiligt und gemeinsam mit den Dramaturgen verantwortlich für deren Umsetzung. Für diese und alle weiteren - sämtlich künstlerisch geprägten - Aufgaben ist nach diesem Papier ein ausgeprägtes künstlerisches Gespür und das differenzierte Verständnis von künstlerischen Prozessen notwendig. Dass diese Anforderung zentral für die Tätigkeit des persönlichen Referenten ist, erschließt sich schon aus seinem Aufgabenfeld, wird indirekt aber auch dadurch belegt, dass Herr S. ausgebildeter Schauspieler ist und bereits bei seiner Einstellung auf umfangreiche Erfahrungen als Regisseur zurückgreifen konnte.

Die Wertung, dass Herr S. als "Person in ähnlicher Stellung" im Sinne von § 1 Nr. 2 NV Solo zu qualifizieren ist, wird ferner dadurch bestätigt, dass § 1 Abs. 2 NV Bühne mittlerweile "Referenten und Assistenten von Intendanten" ausdrücklich als Solomitglieder aufführt, weil - wie bereits ausgeführt - diese ausdrückliche Nennung die Wertung der Tarifvertragsparteien beinhaltet, dass jedes dieser Solomitglieder künstlerisch tätig ist.

Bei Abschluss des Dienstvertrages aus dem Jahre 2003, nach dem Herr S. weiterhin "persönlicher Referent der Intendantin" ist, unterfiel dieser der Regelung des § 1 Abs. 2 NV Bühne. Diese Vorschrift zählt, wie bereits dargestellt, die Referenten und Assistenten von Intendanten ausdrücklich zu den vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfassten Solomitgliedern. Die Entscheidung der Tarifvertragsparteien im Normalvertrag Bühne, nunmehr Referenten von Intendanten ausdrücklich grundsätzlich demselben Regelwerk zu unterwerfen wie die Einzeldarsteller und alle sonstigen Personen, die traditionell zu den Bühnenmitgliedern zählen, ist mit Blick auf die vorstehenden und verallgemeinerungsfähigen Ausführungen dazu, dass die Referententätigkeit aufgrund ihrer Anbindung an die - genuin künstlerische - Tätigkeit des Intendanten ebenfalls eine künstlerische Tätigkeit darstellt, ohne weiteres gerechtfertigt. Die Einbeziehung dieses Personenkreises in den Ausschlusstatbestand des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW ist auch von der die bereits aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen wahrenden dynamischen Verweisung auf den Bühnennormalvertrag gedeckt. Denn die hier in Rede stehenden Personen sind, wie schon dargelegt, in ähnlicher Weise kunst- und bühnenbezogen tätig wie diejenigen Personen, die in der Aufzählung des § 1 Nr. 2 NV Solo enthalten waren und die der Gesetzgeber bei der Schaffung des Ausschlusstatbestandes im Blick hatte. Der Gesetzgeber kann die Position eines persönlichen Referenten einer Intendantin oder eines Intendanten ohne weiteres als Vertrauensstellung ansehen, deren Besetzung er der Theaterleitung allein überlassen will. Diese Einschätzung entspricht im Übrigen den Realitäten des Theaterbetriebs. Denn als Voraussetzung für den Beruf eines Referenten des Intendanten nennt der Deutsche Bühnenverein unter anderem, dass dieser Referent mit "seinem" Intendanten "gut können" müsse. Nur bei gegenseitigem Vertrauen und wechselseitiger Sympathie könne eine solche Tätigkeit erfolgreich sein. Viele Intendanten nähmen bei einem Wechsel an ein anderes Haus ihren Referenten mit.

Vgl. die Informationen des Deutschen Bühnenvereins zu Berufen am Theater: http://www.buehnenverein.de/berufe/berufe_details.php?id=32 (Ausdruck vom 3.6.2004).

Dass diese tarifliche Festschreibung einer Weiterentwicklung bzw. einer schon zuvor gerechtfertigten Zuordnung Leitvorstellungen des nordrhein-westfälischen Landesgesetzgebers im Bereich des Personalvertretungsrechts zuwiderläuft, ist nicht erkennbar.



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