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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 27.01.2006
Aktenzeichen: 1 A 4120/04
Rechtsgebiete: GG, BBesG, GVEntschVO


Vorschriften:

GG Art. 20 Abs. 3
BBesG § 49 Abs. 3
GVEntschVO § 2 Abs. 1
GVEntschVO § 2 Abs. 2
GVEntschVO § 3 Abs. 2
Die mit den Gerichtsvollziehern in Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage der 4. und 6. Verordnung zur Änderung der GEntschVO für das Jahr 2001 abgerechnete Bürokostenentschädigung ist rechtmäßig. Die Änderungsverordnungen verstoßen nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Die vorgesehene Entschädigung ist der Höhe nach ausreichend bemessen, die durchschnittlichen Bürokosten (Sach- und Personalkosten) abzugelten.
Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der den Gerichtsvollziehern für das Jahr 2001 zu gewährenden Bürokostenentschädigung streitig. Diese wird zur Abgeltung des durch die Verpflichtung zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros einschließlich der Beschäftigung von Schreibkräften (§§ 46, 49 Gerichtsvollzieherordnung - GVO) entstehenden Aufwands - gemäß § 49 Abs. 3 BBesG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher vom 28.5.1998 (GVEntschVO; GVBl. S. 434), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.6.2005 (GVBl. S. 650) gewährt.

Die GVEntschVO beruht auf einer vom Arbeitskreis der Länder für Besoldungsfragen entwickelten Modellverordnung. In den anderen Bundesländern sind ähnliche, in weiten Bereichen wortgleiche Regelungen erlassen worden. Dadurch erfolgt die Festsetzung der Bürokostenentschädigung bundesweit nach einem grundsätzlich einheitlichen Entschädigungsmodell. Die konkrete Höhe der Entschädigung wird dagegen nach den Verhältnissen des jeweiligen Bundeslandes ermittelt. Hierzu gilt:

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GVEntschVO setzt sich die Bürokostenentschädigung aus den von dem jeweiligen Gerichtsvollzieher erhobenen Schreibauslagen sowie einem Anteil der von ihm für die Erledigung seiner Aufträge vereinnahmten Gebühren (Gebührenanteil) zusammen. Der Gebührenanteil bestimmt sich nach einem bestimmten Prozentsatz der vereinnahmten Gebühren (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GVEntschVO). Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 GVEntschVO bestimmt sich die Höhe des Gebührenanteils zusätzlich nach einem (Jahres-)Höchstbetrag. Unterhalb dieses Betrages steht der Gebührenanteil dem Gerichtsvollzieher in voller Höhe zu, oberhalb dieses Betrages nur i.H.v. 50 % (§ 3 Abs. 2 Satz 2 GVEntschVO).

Sowohl der für die Berechnung des Gebührenanteils maßgebliche Prozentsatz (im Folgenden: Prozentsatz) als auch der Höchstbetrag werden von den Landesjustizverwaltungen der Bundesländer jährlich für ihren jeweiligen Bereich neu berechnet. Als Berechnungsgrundlage dienen die durchschnittliche jährliche Pensenbelastung der Gerichtsvollzieher, die jährlichen durchschnittlichen Gebühreneinnahmen pro Gerichtsvollzieher, die jährlich durchschnittlich vereinnahmten Schreibauslagen pro Gerichtsvollzieher sowie der sog. Jahreskostengrundbetrag, der sich aus einem Sach- und einem Personalkostenanteil zusammensetzt. Die durchschnittliche Pensenbelastung, die durchschnittlichen Gebühreneinnahmen und die durchschnittlich vereinnahmten Schreibauslagen werden jeweils bezogen auf die einzelnen Bundesländer festgestellt. Der Jahreskostengrundbetrag wird dagegen jährlich bundeseinheitlich aufgrund einer Empfehlung des Arbeitskreises für Besoldungsfragen durch die federführende Landesjustizverwaltung im Einvernehmen mit dem Finanzministerium des betreffenden Bundeslandes festgesetzt.

Mit dem Jahreskostengrundbetrag sollen sämtliche Bürokosten eines mit einem vollen Pensum (100 %) belasteten Gerichtsvollziehers abgedeckt werden. Bezüglich der vom Sachkostenanteil erfassten Aufwendungen (z.B. Büromiete oder Energiekosten) wird davon ausgegangen, dass diese unabhängig von der Pensenbelastung des Gerichtsvollziehers anfallen. Dagegen wird der Personalkostenanteil auf Grundlage des bundeseinheitlich vorgegebenen Wertes für jedes Bundesland an die durchschnittliche Pensenbelastung dieses Bundeslandes "angepasst". Dadurch soll dem erhöhten Personalbedarf stärker belasteter Gerichtsvollzieher Rechnung getragen werden. Werden von dem so ermittelten länderspezifischen Jahreskostenbetrag (Sachkosten- + "angepasster" Personalkostenanteil) die im jeweiligen Bundesland durchschnittlich innerhalb eines Jahres von den Gerichtsvollziehern vereinnahmten Schreibauslagen abgezogen - diese Auslagen fließen den Gerichtsvollziehern in voller Höhe zu -, ergibt sich der Höchstbetrag des § 3 Abs. 2 Satz 1 GVEntschVO. Der länderspezifische Jahreskostenbetrag fließt - neben den bereits im vorstehenden Absatz genannten Faktoren - aber auch in die Berechnung des Prozentsatzes (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GVEntschVO) ein.

Die Klage des Klägers blieb in beiden Instanzen erfolglos.

Gründe:

Der Beklagte hat die dem Kläger für 2001 zu gewährende Bürokostenentschädigung frei von Rechtsfehlern festgesetzt. § 2 Abs. 1 Satz 2 und § 3 Abs. 2 Satz 1 GVEntschVO i.d.F. der 4. sowie der 6. Änderungsverordnung, auf deren Grundlage der Beklagte die Bürokostenentschädigung für 2001 festgesetzt hat, sind rechtmäßig. Bedenken gegen deren formelle Rechtmäßigkeit sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Darüber hinaus sind diese Normen auch materiell rechtmäßig: Sowohl der Prozentsatz (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GVEntschVO) als auch der Höchstbetrag (§ 3 Abs. 2 Satz 1 GVEntschVO) durften rückwirkend zum 1.1.2001 abgesenkt werden (1.). Rechtlich unbedenklich ist ferner, dass der Verordnungsgeber seinen Festsetzungen die Daten des Jahres 2001 zugrunde gelegt hat (2.). Der Verordnungsgeber hat auch nicht gegen das Alimentationsprinzip verstoßen (3.).

1. Sowohl der Prozentsatz (a) als auch der Höchstbetrag (b) durften durch die 4. Änderungsverordnung vom 14.6.2002 rückwirkend zum 1.1.2001 abgesenkt werden.

a) Die rückwirkende Festsetzung des Prozentsatzes verstößt weder gegen § 2 Abs. 2 GVEntschVO (aa) noch gegen § 49 Abs. 3 BBesG (bb) und auch nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht (cc). Bezüglich der ferner geltend gemachten steuerlichen (dd) Gründe bestehen ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken.

aa) § 2 Abs. 2 GVEntschVO hindert nicht die rückwirkende Absenkung des Prozentsatzes zum 1.1.2001. Die Norm lautet:

"Ergibt sich im Laufe eines Jahres die Notwendigkeit, den Vomhundertsatz nach Absatz 1 Satz 2 zu ändern, so geschieht dies jeweils mit Rückwirkung vom 1.1. des entsprechenden Jahres." Eine Regelung, die ausdrücklich vorschreibt, dass die Änderung des Prozentsatzes bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfolgen hat, enthält diese Norm nicht. Bis wann die Änderung vorzunehmen ist, bleibt vielmehr offen.

Zu ähnlichen Regelungen anderer Bundesländer vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 9.12.2005 - 2 D 7/04 -, S. 21 des amtlichen Umdrucks, sowie Nds. OVG, Urteil vom 7.7.2005 - 5 KN 95/04 -, S. 15 des amtlichen Umdrucks. § 2 Abs. 2 GVEntschVO kann namentlich nicht einengend dahingehend verstanden werden, dass eine Änderung nur bis zum Ablauf des Jahres zulässig ist, für das der Prozentsatz gilt oder in welchem die Notwendigkeit einer Änderung festgestellt wird. Dementsprechend folgt aus dem Wortlaut der Norm lediglich, dass eine Änderung des Prozentsatzes stets rückwirkend zum 1.1. eines Jahres zu erfolgen hat, wenn sich die Notwendigkeit dazu ergibt. Weitere Folgerungen lassen sich dem Wortlaut nicht eindeutig entnehmen. Die danach gebotene Auslegung des § 2 Abs. 2 GVEntschVO hat sich maßgeblich an dem im Tatbestand dargestellten Entschädigungsmodell als dem einzigen greifbaren systematischen Bezugspunkt zu orientieren. Dieses wird zumindest seit 1976 bundesweit praktiziert. An ihm war und ist - ohne dass sich daraus eine entsprechende Bindung des Verordnungsgebers für die Zukunft ergeben würde (s.u. 2.) - sowohl die GVEntschVO vom 23.1.1976 (GV NRW S. 52) als auch die derzeit gültige GVEntschVO ausgerichtet.

Das Entschädigungsmodell basiert darauf, dass

- die Gerichtsvollzieher den ihnen zustehenden Gebührenanteil zunächst einmal vorläufig abrechnen, - der zur (endgültigen) Berechnung des Gebührenanteils erforderliche Prozentsatz erst am Ende oder sogar erst nach Abschluss des Abrechnungsjahres festgesetzt wird und

- erst auf dieser Grundlage der Gebührenanteil endgültig abgerechnet wird (Jahresnachweisung).

Diesem seit mehr als zwei Jahrzehnten praktizierten Modell wiederspräche es, § 2 Abs. 2 GVEntschVO in dem dargelegten Sinn einschränkend auszulegen. Darüber hinaus gewinnt jenes Modell im gegebenen Zusammenhang sein besonderes Gewicht deswegen, weil dem Verordnungsgeber in jedem Falle genügend Zeit verbleiben muss, um die notwendigen Erkenntnisse zusammenzutragen und seine Entscheidung mit den Berufsorganisationen der Gerichtsvollzieher sowie dem zu beteiligenden Finanzministerium (vgl. § 1 Nr. 3 der Verordnung zur Übertragung besoldungsrechtlicher Zuständigkeiten i.d.F. der Verordnung vom 5.9.1978, GV NRW S. 498) abzustimmen. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass der Jahreskostengrundbetrag, der u.a. auch in die Berechnung des Prozentsatzes einfließt, zwischen allen Bundesländern abzustimmen ist. Dies hat in der Vergangenheit - wie sich der Berufungserwiderung entnehmen lässt - häufig dazu geführt, dass der jeweilige Jahreskostengrundbetrag erst gegen Ende des jeweiligen Abrechnungsjahres bzw. - im hier streitgegenständlichen Jahr 2001 - erst zu Beginn des Folgejahres feststand.

Nach alledem ist § 2 Abs. 2 GVEntschVO wie folgt zu verstehen:

"Ergibt sich für ein Abrechnungsjahr die Notwendigkeit, den Vomhundertsatz nach Absatz 1 Satz 2 zu ändern, so geschieht dies jeweils mit Rückwirkung vom 1.1. des entsprechenden Jahres, also des Abrechnungsjahres."

Die hiervon abweichende Auslegung des § 2 Abs. 2 GVEntschVO folgt auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Verordnung. Die dieser Auffassung zugrunde liegende Prämisse, der Verordnungsgeber habe die Entschädigung prinzipiell im Voraus festzusetzen und trage das Prognoserisiko, so dass eine Nachkalkulation ausgeschlossen sei, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Ein derartiger Grundsatz lässt sich weder - dazu näher unten bb) - aus § 49 Abs. 3 BBesG noch aus der GVEntschVO selbst herleiten. Gegen eine derartige Festlegung des Verordnungsgebers spricht schon, dass es sich bei der Bürokostenentschädigung um eine - wenn auch pauschalierte - Aufwandsentschädigung handelt. Dies hat zur Folge, dass sich die den Gerichtsvollziehern zu gewährende Bürokostenentschädigung - wenn auch pauschaliert - realitätsnah an den tatsächlich (durchschnittlich) entstehenden Kosten zu orientieren hat.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 19.8.2004 - 2 C 41.03 -, NVwZ-RR 2005, 214 (juris Rn. 11 und 16), sowie vom 4.7.2002 - 2 C 13.01 -, NVwZ 2002, 1505 (juris Rn. 21); Sächs. OVG, Urteil vom 9.12.2005 - 2 D 7/04 -, S. 19 des amtlichen Umdrucks; Nds. OVG, Urteil vom 7.7.2005 - 5 KN 95/04 -, S. 10/11 des amtlichen Umdrucks; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 5.10.1999 - 4 S 43/97 -, S. 7/8 des amtlichen Umdrucks, sowie vom 14.12.1995 - 4 S 93/93 -, Justiz 1997, 33 (juris Rn. 21, 22, 26).

Diesen Vorgaben, die der Verordnungsgeber zu beachten hat, widerspräche es, wenn er die GVEntschVO an einem von ihm zu tragenden Prognoserisiko ohne Möglichkeit der nachträglichen Anpassung des Prozentsatzes an die tatsächlich anfallenden Bürokosten ausrichten würde. bb) § 49 Abs. 3 BBesG steht dem rückwirkenden In-Kraft-Treten der 4. Änderungsverordnung zum 1.1.2001 ebenfalls nicht entgegen (wird ausgeführt).

cc) Die rückwirkende Absenkung des Prozentsatzes durch die 4. Änderungsverordnung verstößt auch nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht, insbesondere liegt kein Verstoß gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Rückwirkungsverbot vor.

Eine echte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Jedoch tritt das Rückwirkungsverbot, das seine Grundlage im Prinzip des Vertrauensschutzes findet, zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des rückwirkend geänderten Rechts bilden konnte.

Die rückwirkend zum 1.1.2001 in Kraft getretene Absenkung des für 2001 geltenden Prozentsatzes verstößt auch dann nicht gegen das Rückwirkungsverbot, wenn die Rechtmäßigkeit der Absenkung an den strengen, für eine echte Rückwirkung entwickelten Rechtsgrundsätzen gemessen wird.

Das grundsätzliche Verbot rückwirkend belastender Gesetze, das auch für Rechtsverordnungen gilt, beruht auf den aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Das Verbot schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und die Berechenbarkeit der Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Dementsprechend tritt das Rückwirkungsverbot zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des rückwirkend geänderten Rechts bilden konnte. Daraus folgt, dass eine echte Rückwirkung u.a. dann zulässig ist, wenn nach der Situation zu dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge (hier: Absenkung des Prozentsatzes) nachträglich zurückbezogen wird, die Betroffenen mit einer Änderung des zu diesem Zeitpunkt (hier: 1.1.2001) geltenden Rechts rechnen mussten.

Der Kläger durfte nicht darauf vertrauen, dass der mit der 3. Änderungsverordnung rückwirkend zum 1.1.2000 festgesetzte Prozentsatz, der zunächst über den 31.12.2000 hinaus bis zu seiner erneuten Änderung fortgalt, für 2001 unverändert Bestand haben würde. Ob sich dies schon daraus ergibt, dass § 2 Abs. 2 GVEntschVO eine rückwirkende Änderung des Prozentsatzes - und zwar auch noch nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsjahres bzw. des Jahres, in dem die Notwendigkeit einer Änderung festgestellt wird - zulässt (s.o. aa), bedarf keiner Klärung.

Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls aufgrund des der GVEntschVO zugrunde liegenden Entschädigungsmodells an einem Vertrauenstatbestand, auf den sich der Kläger beziehen kann. Das gilt unabhängig davon, wie die vierteljährliche Festsetzung gemäß § 77 GVO im Einzelnen ausgestaltet ist. Denn das der GVEntschVO zugrunde liegende Entschädigungsmodell ist auf eine nachträgliche rückwirkende Festsetzung des Prozentsatzes (und des Höchstbetrages) sowie eine erst danach erfolgende endgültige Festsetzung der Bürokostenentschädigung angelegt. Aus diesem Entschädigungsmodell folgt unmittelbar, dass alle vorherigen Berechnungen und Festsetzungen nur vorläufig sein können. Für die mit diesem Entschädigungsmodell verbundene Möglichkeit der rückwirkenden Änderung des Prozentsatzes, die in der Sache eine erstmalige und endgültige Festsetzung für das jeweilige Abrechnungsjahr erlaubt, gibt es auch einen sachlichen Grund. Dieser besteht darin, dass die Daten, die nach diesem Modell für die jährliche Neufestsetzung des Prozentsatzes benötigt werden, zu Beginn des jeweiligen Abrechnungsjahres noch nicht vorliegen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Festsetzung aufgrund der Daten des jeweiligen Abrechnungsjahres oder aufgrund der Vorjahresdaten erfolgt. Für die Festsetzung des Prozentsatzes aufgrund (möglichst) aktueller Daten besteht ebenfalls ein sachlicher Grund. Dem Charakter einer (pauschalen) Aufwandsentschädigung entspricht es, den (pauschalierten) Aufwand möglichst realitätsnah zu berechnen. Dazu sind (möglichst) aktuelle Daten erforderlich (s.u.2.).

Hinzu kommt, dass dieses Entschädigungsmodell bereits seit 1976 und damit seit mehr als zwei Jahrzehnten praktiziert wird. Dementsprechend wurde der Prozentsatz für die Jahre 1976 bis 2000 jährlich angepasst. Dabei kam es nicht nur zu Erhöhungen des Prozentsatzes, sondern - für die Jahre 1982 bis 1985 sowie 1994 bis 1996 - auch zu Absenkungen. Schon wegen der jahrelangen Handhabung des Entschädigungsmodells musste der Kläger (auch) am 1.1.2001 damit rechnen, dass der durch die 3. Änderungsverordnung rückwirkend zum 1.1.2000 festgelegte Prozentsatz rückwirkend zum 1.1.2001 geändert werden würde. Es bestand auch keine Vertrauensgrundlage dafür, dass eine solche Änderung nach dem 31.12.2001 nicht mehr erfolgen würde. Denn es entsprach der jahrelangen Praxis der Beklagten, den Prozentsatz des öfteren erst nach Ablauf des Jahres zu ändern, zu dessen 1.1. die rückwirkende Änderung des Prozentsatzes in Kraft trat (Jahre 1991 bis 1993 und 1995 bis 1997). Darüber hinaus wurden die Gerichtsvollzieher vor Ablauf des Jahres 2001 mit Erlass vom 8.10.2001 nochmals gesondert darauf hingewiesen, dass der Prozentsatz für 2001 erst nach dem 31.12.2001 festgesetzt werde.

dd) Steuerliche Gründe stehen der rückwirkenden Absenkung des Prozentsatzes nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsjahres ebenfalls nicht entgegen (wird ausgeführt).

Dementsprechend ist ein Ausgleich der im Jahre 2001 aufgrund der Überzahlung zuviel gezahlten Steuern nicht durch eine Verminderung des Rückzahlungsbetrages, sondern in erster Linie auf steuerlichem Wege zu erreichen. Aufgrund der Rückzahlung ergibt sich nämlich im Allgemeinen eine Minderung der Steuerschuld in dem Jahr, in dem sie erfolgt. Erst wenn endgültig feststeht, dass sich aufgrund besonderer Umstände im Jahr der Rückzahlung keine Steuerminderung ergibt oder dass diese der Höhe nach nicht ungefähr den Betrag erreicht, der aufgrund der Überzahlung als Lohn- bzw. Einkommenssteuer einbehalten wurde, kann dies nachträglich (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG i.V.m. §§ 97, 98 LBG NRW, 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG) geltend gemacht werden.

b) Ebenso wenig ist die ebenfalls aufgrund der 4. Änderungsverordnung rückwirkend zum 1.1.2001 erfolgte Absenkung des Höchstbetrages (§ 3 Abs. 2 Satz 1 GVEntschVO) rechtlich zu beanstanden. Die rückwirkende Absenkung des Höchstbetrages verstößt nicht gegen die Vorschriften der GVEntschVO. Allerdings ist die Änderung des Höchstbetrages nicht vom Wortlaut des § 2 Abs. 2 GVEntschVO umfasst und enthält die GVEntschVO - anders als z.B. die niedersächsischen sowie die sächsischen Parallelvorschriften - auch keine andere Vorschrift, welche die rückwirkende Änderung des Höchstbetrages für zulässig erklärt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, der Verordnungsgeber habe eine rückwirkende Änderung des Höchstbetrages ausgeschlossen (wird ausgeführt).

Das Fehlen einer § 2 Abs. 2 GVEntschVO entsprechenden Norm steht der rückwirkenden Absenkung des Höchstbetrages auch nicht aus anderen Gründen entgegen. Insbesondere bedarf es dazu keiner ausdrücklichen Ermächtigung in der Verordnung selbst. Der Verordnungsgeber ist - wie auch der Gesetzgeber - "kraft Amtes" berechtigt, von ihm erlassene Verordnungen aufzuheben oder abzuändern. Ob er dies auch rückwirkend darf, ist eine Frage der (verfassungs-) rechtlichen Grenzen seiner Normsetzungsbefugnis, die hier - wie vorstehend dargelegt - eingehalten sind.

Ist die 4. Änderungsverordnung nach alledem sowohl bezogen auf die rückwirkende Absenkung des Prozentsatzes als auch bezogen auf die rückwirkende Absenkung des Höchstbetrages rechtmäßig, so bestehen gegen die erneute rückwirkende Abänderung dieser Werte durch die 6. Änderungsverordnung schon deswegen keine rechtlichen Bedenken, weil diese Änderung - Prozentsatz und Höchstbetrag wurden erhöht - die Gerichtsvollzieher begünstigt hat. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern diese dadurch in ihren Rechten verletzt sein sollten. Insbesondere verstoßen rückwirkend in Kraft gesetzte begünstigende Regelungen nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot

Vgl. Herzog, in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: August 2005, Art. 20, VII Rn. 66.

2. Der Verordnungsgeber durfte sowohl der Festsetzung des Prozentsatzes als auch der Festsetzung des Höchstbetrages die Daten (eingenommene Schreib-auslagen, Gebühreneinnahmen, Pensenbelastung) des Jahres 2001 zugrunde legen.

Weder § 49 Abs. 3 BBesG noch die GVEntschVO enthalten eine Regelung dazu, welche Daten nach welcher Berechnungsmethode der Festsetzung des Prozentsatzes sowie des Höchstbetrages zugrunde zu legen sind. Daraus folgt, dass bei der Ermittlung dieser Werte dem Verordnungsgeber ein Normsetzungsermessen zusteht. Die Ausübung dieses Ermessens ist jedenfalls dann nicht rechtswidrig, wenn es sachgerecht ausgeübt wird. Dies ist hier der Fall: Dem Charakter einer (pauschalen) Aufwandsentschädigung entspricht es, den (pauschalierten) Aufwand möglichst realitätsnah zu berechnen. Dazu sind (möglichst) aktuelle Daten erforderlich.

Das der GVEntschVO zugrunde liegende Entschädigungsmodell basiert auf den beiden Grundannahmen, dass höhere Gebühreneinnahmen auf ein größeres (Arbeits-)Pensum zurückzuführen sind und dass ein größeres (Arbeits-)Pensum zu höheren Personalkosten führt. Dies folgt aus der Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 GVEntschVO. Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Gerichtsvollzieher, der mehr Gebühren eingenommen hat, mehr Aufträge (= höheres Arbeitspensum) erledigt und verbunden damit höhere Personalkosten gehabt hat. Diese beiden Grundannahmen liegen auch der Berechnung des Prozentsatzes sowie des Höchstbetrages zugrunde. Eine erhöhte Pensenbelastung ergibt einen höheren länderspezifischen Jahreskostenbetrag, der wiederum sowohl einen höheren Prozentsatz als auch einen höheren Höchstbetrag i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 GVEntschVO bedingt. Deshalb ist es konsequent, der Berechnung des Gebührenanteils für ein bestimmtes Jahr die Pensenbelastung für eben dieses Jahr zugrunde zu legen. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall, wenn Prozentsatz und Höchstbetrag aufgrund der Vorjahreszahlen berechnet werden (wird ausgeführt).

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Vorjahresdaten eher vorliegen, sodass die Festsetzung des Prozentsatzes und des Höchstbetrages sowie die auf diesen Werten basierende endgültige Abrechnung der Bürokostenentschädigung eher erfolgen kann, als bei Zugrundelegung der aktuelleren Daten des Abrechnungsjahres. Jedoch ist weder nachvollziehbar vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass den Gerichtsvollziehern aufgrund der späteren endgültigen Abrechnung wesentliche Nachteile erwachsen (wird ausgeführt).

Der Kläger weist zu Recht darauf hin, der Verordnungsgeber sei sowohl bei Erlass der GVEntschVO 1976 als auch bei Erlass der GVEntschVO 1998 davon ausgegangen, Prozentsatz und Höchstbetrag seien auf Grundlage der Vorjahreswerte zu ermitteln.

Vgl. Ziff. 2.24 der Begründung zum Entwurf eines Modells einer Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher sowie Ziffer 1.3 der Erläuterungen zur GVEntschVO.

Dem folgend wurden den Berechnungen - mit Ausnahme des Jahres 1999 - bis zum Jahre 2000 stets die Vorjahresdaten zugrunde gelegt.

Dass den Überlegungen des Verordnungsgebers ein bestimmtes Entschädigungsmodell zugrunde lag, gibt einerseits zwar wichtige Hinweise für die Auslegung der GVEntschVO, schließt es aber andererseits nicht aus, dass er von diesem Modell abweicht. Hätte der Verordnungsgeber eine Bindung an ein bestimmtes Entschädigungsmodell beabsichtigt, hätte er entsprechende Regelungen in die GVEntschVO aufnehmen müssen. Es ist auch sachgerecht, kein bestimmtes Entschädigungsmodell festzuschreiben. Denn bei der Bürokostenentschädigung handelt es sich um eine pauschalierte Aufwandsentschädigung, die realitätsnah an den tatsächlich entstehenden (durchschnittlichen) Kosten zu orientieren ist (s.u. 3). Dem widerspräche es, dem Verordnungsgeber starre Vorgaben bezüglich der Festsetzung des Prozentsatzes sowie des Höchstbetrages zu machen. Diesem muss genügend Flexibilität verbleiben, den Gebührenanteil bei Bedarf - sowohl nach oben als auch nach unten - an die tatsächlich entstehenden (durchschnittlichen) Kosten anzugleichen.

Dementsprechend bewirkt die langjährige Praxis des Verordnungsgebers keine Bindung für folgende Abrechnungsjahre. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes: Bestehen im Hinblick auf die Berechnung der Bürokostenentschädigung keine normativen (eine geschützte Rechtsposition vermittelnden) Vorgaben, fehlt es diesbezüglich - auch bezogen auf eine langjährige Übung - schon an einem Anknüpfungspunkt für einen Vertrauenstatbestand. Gerade aufgrund des Fehlens derartiger Vorgaben muss ein objektiver Beobachter zu dem Schluss kommen, dass der Verordnungsgeber nicht an ein bestimmtes Entschädigungsmodell gebunden ist.

Darüber hinaus ist ein Vertrauen auch nicht an sich, sondern nur unter der Voraussetzung schutzwürdig, dass aufgrund dieses Vertrauens Dispositionen getroffen werden können und tatsächlich getroffen wurden. Auf das Vertrauen, der Berechnung der Bürokostenentschädigung würden auch in Zukunft nicht die Daten des Abrechnungsjahres, sondern - wie bisher - die Vorjahresdaten zugrunde gelegt, lässt sich - jedenfalls ohne konkrete Kenntnis aller dieser Daten - schon im Ansatz keine Disposition stützen. Die Zugrundelegung der Vorjahresdaten führt nämlich nicht zwangsläufig zu einem höheren Gebührenanteil, sondern kann auch einen niedrigeren Gebührenanteil ergeben.

3. Ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip liegt nicht vor. Die aufgrund der 4. i.V.m. der 6. Änderungsverordnung gewährte Bürokostenentschädigung ist ausreichend bemessen. Die 6. Änderungsverordnung ist in die Betrachtung mit einzubeziehen, da durch diese Verordnung sowohl der Prozentsatz als auch der Höchstbetrag zugunsten der Gerichtsvollzieher angehoben wurden und der Beklagte die dem Kläger zu gewährende Bürokostenentschädigung aufgrund dieser Verordnung - unter entsprechender Herabsetzung des entsprechenden Überzahlungsbetrages - auf einen höheren Betrag festgesetzt hat. Dagegen haben die 7. (GV. NRW. 2004 S. 273) und die 8. Änderungsverordnung (GV. NRW. 2005 S. 650) außer Betracht zu bleiben, da sie keine Neuregelung treffen, sondern lediglich die für 2001 geltenden Werte wiederholen.

a) Aufgrund des Alimentationsprinzips, eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums i.S.d. Art. 33 Abs. 5 GG, ist der Dienstherr verpflichtet, für den amtsangemessenen Unterhalt des Beamten und seiner Familie zu sorgen. Dieser Verpflichtung kommt der Dienstherr nach, indem er den Gerichtsvollziehern Bezüge nach der Bundesbesoldungsordnung A, Besoldungsgruppen 8 oder 9 (letztere ggf. mit Amtszulage) gewährt. Gerichtsvollzieher benötigen aber nicht nur Mittel für ihren und ihrer Familie Unterhalt, sondern auch für die Einrichtung und Unterhaltung des von ihnen auf eigene Kosten (§ 46 GVO) zu führenden Büros. Da die ihnen gewährten Bezüge nur zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts gewährt werden, ergibt sich aus dem Alimentationsprinzip die zusätzliche Verpflichtung des Dienstherrn, ihnen zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros regelmäßig zusätzliche (zweckgebundene) Mittel zur Verfügung zu stellen, sodass sie nicht gezwungen sind, diese - nach Maßgabe der Ausführungen des folgenden Absatzes ermittelten - Kosten aus ihrem Grundgehalt oder der ihnen zusätzlich gewährten Vollstreckungsvergütung zu tragen. Dagegen entspricht es nicht Sinn und Zweck des § 49 Abs. 3 BBesG, den Gerichtsvollziehern eine weitergehende Alimentation (im Sinne zusätzlicher für den allgemeinen Lebensunterhalt frei verfügbarer Mittel) zu gewähren.

Aus dem Wortlaut des § 49 Abs. 3 BBesG ("den Gerichtsvollziehern" statt "dem Gerichtsvollzieher") folgt, dass Abgeltungsmaßstab nicht die dem einzelnen Gerichtsvollzieher konkret entstehenden Kosten sind, sondern die sämtlichen Gerichtsvollziehern im Geltungsbereich einer landesrechtlichen Abgeltungsregelung im Durchschnitt entstehenden Kosten. Damit sieht § 49 Abs. 3 BBesG eine typisierende und pauschalierende Aufwandsentschädigung vor. Bei der Bemessung dieser Entschädigung hat der Verordnungsgeber sich realitätsnah an den tatsächlich entstehenden (durchschnittlichen) Kosten zu orientieren. Daraus folgt, dass er im Falle großer regionaler oder sonstiger Unterschiede verpflichtet ist, diese bei der Bemessung der Entschädigung, z.B. über eine Staffelung, zu berücksichtigen. Andererseits darf er nicht auf einen für erforderlich gehaltenen Bedarf (= fiktive Kosten) abstellen, da es sich beim Ersatz eines fiktiven Aufwandes nicht um die Abgeltung tatsächlich entstehender Kosten handelt. Um zu gewährleisten, dass die Entschädigung diesen Grundsätzen entspricht, hat der Verordnungsgeber den Sach- und Personalkostenaufwand aktuell und realitätsnah zu ermitteln.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.8.2004 - 2 C 41.03 -, a.a.O. (juris Rn. 10 ff.); Sächs. OVG, Urteil vom 9.12.2005 - 2 D 7/04 -, S. 13/14 des amtlichen Umdrucks; Nds. OVG, Urteil vom 7.7.2005 - 5 KN 95/04 -, S. 10 ff. des amtlichen Umdrucks.

b) Bei Anlegung dieses rechtlichen Maßstabes gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass die den Gerichtsvollziehern auf Grundlage der 4. und 6. Änderungsverordnung gewährte Bürokostenentschädigung ausreichend bemessen war. Diese Überzeugung stützt sich auf eine im Jahre 2001 von einer aus Vertretern der Finanz- und Justizministerien bestehenden Arbeitsgruppe "Bürokostentschädigung der Gerichtsvollzieher" durchgeführte bundesweite Erhebung (im Folgenden: Erhebung 2001). Für diese Erhebung wurden bundesweit etwa 8 % der Gerichtsvollzieher - die Bundesländer Hamburg und Berlin haben sich an der Erhebung nicht beteiligt - nach ihren jährlichen Bürokosten befragt. Aus Nordrhein-Westfalen haben 74 Gerichtsvollzieher (= 7 %) an der Erhebung teilgenommen. Die Auswertung dieser Erhebung ergibt, dass den nordrhein-westfälischen Gerichtsvollziehern im Jahre 2000 für die Einrichtung und Unterhaltung ihres Büros durchschnittliche Kosten i.H.v. 35.208,- DM entstanden sind, davon 15.077,- DM an Personal- und 20.131,- DM an Sachkosten. Diese Beträge hat der Senat den in der erwähnten Erhebung dokumentierten Daten entnommen (wird ausgeführt).

Demgegenüber ist der Verordnungsgeber auf Grundlage des von der Arbeitsgruppe für Besoldungsfragen empfohlenen Jahreskostengrundbetrages für 2001 von jährlichen durchschnittlichen Bürokosten i.H.v. 47.653,- DM (bei einem Pensum von 100 %) ausgegangen. Dieser Betrag setzt sich aus einem Sachkostenanteil i.H.v. 14.501,- DM und einem Personalkostenanteil i.H.v. 33.152,- DM zusammen. Da die jährliche Pensenbelastung in Nordrhein-Westfalen 2001 146,3 % betrug, wurde der Personalkostenanteil um 46,3 % auf 48.505,30 DM erhöht. Dementsprechend ist der Verordnungsgeber beim Erlass der 6. Änderungsverordnung für 2001 von jährlichen durchschnittlichen Bürokosten i.H.v. 63.006,30 DM ausgegangen. Dieser Betrag reicht bei weitem aus, um die tatsächlich von den Gerichtsvollziehern durchschnittlich für die Unterhaltung ihres Büros aufgewendeten Kosten abzudecken.

Dahin gestellt bleiben kann, ob die von den Gerichtsvollziehern angegebenen Sachkosten in vollem Umfang erforderlich und angemessen waren. Die Bürokostenentschädigung für 2001 ist auch dann ausreichend bemessen, wenn man dies zu ihren Gunsten unterstellt. Zwar hätte sich dann der Sachkostenanteil, den der Verordnungsgeber seinen Berechnungen zugrunde gelegt hat, als zu niedrig erwiesen. Dies ist jedoch unerheblich, da eine ggf. zu geringe Sachkostenabgeltung durch einen Überschuss bei der Erstattung der Personalkosten kompensiert wäre.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.8.2004 - 2 C 41.03 -, a.a.O. (juris Rn. 18); Nds. OVG, Urteil vom 7.7.2005 - 5 KN 95/04 -, S. 13 des amtlichen Umdrucks; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.12.1995 - 4 S 93/93 -, a.a.O. (juris Rn. 22, 26).

Aus der Auswertung der Erhebung 2001 ergibt sich, dass den Gerichtsvollziehern im Jahre 2001 aus der Erstattung der Personalkosten im Durchschnitt ein Überschuss i.H.v. mehr als 30.000,- DM verblieben ist. Dies reicht bei weitem aus, um etwaige Defizite bei der Abgeltung der Sachkosten auszugleichen. Unter den 74 im Rahmen der Erhebung 2001 befragten Gerichtsvollziehern aus Nordrhein-Westfalen erreicht nicht ein einziger den für Personalkosten zur Verfügung gestellten Betrag i.H.v. 48.505,30 DM auch nur annähernd. Die höchsten angegebenen Personalkosten belaufen sich auf etwas über 31.000,- DM.

c) Die gegen die Erhebung 2001 gerichteten Angriffe halten einer näheren Überprüfung nicht stand. Dass die erhobenen Daten sich auf das Jahr 2000 beziehen, mindert ihren Aussagewert nicht. Angesichts der auch 2001 niedrigen Inflationsrate ist weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich, dass sich die Bürokosten von 2000 auf 2001 nennenswert erhöht haben. Schon aus diesem Grunde bestand keine Notwendigkeit, bezüglich der 2001 entstandenen Kosten eine erneute Erhebung durchzuführen. Hinzu kommt, dass die in § 49 Abs. 3 BBesG vorgesehene Pauschalierung der Bürokostenentschädigung in erster Linie der Verwaltungsvereinfachung dient. Der Dienstherr soll nicht in jedem Einzelfall die konkret entstandenen Kosten ermitteln und über deren Erforderlichkeit entscheiden müssen.

Vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 9.12.2005 - 2 D 7/04 -, S. 18/19 des amtlichen Umdrucks.

Aus diesem Grunde ist es auch nicht erforderlich, dass der Verordnungsgeber im Rahmen einer Erhebung alle Gerichtsvollzieher seines Bereichs befragt. Sowohl die jährliche Durchführung einer Erhebung als auch die Befragung aller Gerichtsvollzieher würden einen Verwaltungsaufwand erfordern, der sich nicht wesentlich von demjenigen für eine Einzelabrechnung unterscheiden würde. Ausreichend ist daher, wenn der Verordnungsgeber seine Erhebungen - abhängig von den Veränderungen, die sich für die Führung eines Gerichtsvollzieherbüros ergeben - von Zeit zu Zeit überprüft und diese auf eine ausreichend breite Ermittlungsgrundlage stellt. Letzteres ist bei der Erhebung 2001 der Fall. Diese Erhebung stützt sich auf die Befragung von 74 zufällig ausgewählten Gerichtsvollziehern, die zudem aus allen drei nordrhein-westfälischen OLG-Bezirken stammen. Dies ist eine ausreichend breite Ermittlungsgrundlage, um ein nicht durch Besonderheiten einzelner Gerichtsvollzieherbüros verfälschtes Ergebnis zu erhalten.

Da es sich - wie bereits dargelegt - bei der Bürokostenentschädigung um eine pauschalierte Aufwandsentschädigung handelt, ist nicht darauf abzustellen, ob die Bürokostenentschädigung im Falle jedes einzelnen Gerichtsvollziehers zur Deckung seiner Bürokosten ausreicht.

Vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 9.12.2005 - 2 D 7/04 -, S. 14 des amtlichen Umdrucks; Nds. OVG, Urteil vom 7.7.2005 - 5 KN 95/04 -, S. 12 des amtlichen Umdrucks.

Vielmehr ist die Bürokostenentschädigung nur dann zu gering bemessen, wenn sie für eine wesentliche Teilgruppe der nordrhein-westfälischen Gerichtsvollzieher nicht ausreichen würde, um deren bürobezogenen Aufwand zu decken. Dass dies - bezogen auf das hier streitgegenständliche Jahr 2001 - der Fall ist, ergibt sich weder aus der Erhebung 2001 noch liegen anderweitige Anhaltspunkte dafür vor. Im Gegenteil ergibt sich aus dieser Erhebung, dass der Überschuss bei der Erstattung der Personalkosten im Jahre 2001 so hoch war, dass dieser Überschuss selbst bei Gerichtsvollziehern mit hohen Personalkosten ausreichte, um etwaige Defizite bei der Abgeltung der Sachkosten auszugleichen. Es ergeben sich aus den erhobenen Daten nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte für regionale (z.B. Stadt-Land) oder strukturelle (z.B. soziale Problemviertel mit ungünstiger Schuldnerstruktur) Besonderheiten, die derart ausgeprägt wären, dass die für 2001 gewährte Bürokostenentschädigung für wesentliche Gruppen von Gerichtsvollziehern nicht ausreichend gewesen wäre. Vielmehr ergibt sich aus der Erhebung 2001, dass die 2001 gewährte Bürokostenentschädigung nur bei zwei der 74 an der Erhebung beteiligten nordrhein-westfälischen Gerichtsvollzieher - deren Angaben zugrunde gelegt - nicht ausreichte, um die erforderlichen Bürokosten zu decken. Allerdings sind die Angaben dieser beiden Gerichtsvollzieher zu ihren jährlichen Sachkosten - wie in einigen weiteren Fällen - nicht durchgängig nachvollziehbar. Dies betrifft vor allem die Angaben zu den abschreibungspflichtigen Sachkosten. Schreibt man diese Kosten - dies wurde bei den Angaben offensichtlich nicht beachtet - über mehrere Jahre ab, so bleiben auch die Bürokosten dieser beiden Gerichtsvollzieher unter dem Betrag (63.006,30 DM), den der Verordnungsgeber für 2001 insoweit zugrunde gelegt hat. Damit ist der seitens der Gerichtsvollzieher erhobene Einwand, die aus der Erhebung 2001 abgeleiteten Durchschnittswerte würden durch die Gerichtsvollzieher, die ihr Büro nicht den dienstlichen Erfordernissen entsprechend führen, zu Ungunsten derjenigen Gerichtsvollzieher mit realistischen Bürokosten verfälscht, entkräftet.

d) Die Zahlen, die sich aus der Erhebung 2001 ergeben, werden auch nicht durch andere Gutachten, Studien oder Unterlagen widerlegt.

Das Berger-Gutachten von Juli 2001 kommt zu dem Ergebnis, dass "ein modern ausgestattetes Gerichtsvollzieherbüro mit zwei vollwertigen EDV-Arbeitsplätzen" jährliche Sachkosten i.H.v. 23.000,- DM verursacht. An Personalkosten seien (bei einem Pensum von 100 %) 38.200,- DM erforderlich (S. 33, 41/42, 43-50 des Gutachtens). Ob diese Berechnungen zutreffen, kann dahinstehen. Der Verordnungsgeber hat sich bei der Bemessung der Bürokostenentschädigung realitätsnah an den tatsächlich entstehenden (durchschnittlichen) Kosten zu orientieren (s.o. 3. a). Dies schließt es aus, auf einen - wie auch immer definierten - für erforderlich gehaltenen Bedarf abzustellen. Das idealtypische, ordentlich organisierte, an den Grundsätzen der Sparsamkeit ausgerichtete Gerichtsvollzieherbüro ist nicht der Maßstab, an dem die Bemessung der Bürokostenerstattung auszurichten ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.8.2004 - 2 C 41.03 -, a.a.O. (juris Rn. 16).

Aus diesem Grund sind die Zahlen des Berger-Gutachtens nicht geeignet, die Ergebnisse der Erhebung 2001 in Zweifel zu ziehen oder gar zu wiederlegen (wird ausgeführt).

Die vorstehenden Darlegungen gelten in gleicher Weise für die Ergebnisse des Zweiten Zwischenberichtes der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Organisation des Gerichtsvollzieherwesens/Privatisierung". Auch diese Zahlen orientieren sich nicht an den den Gerichtsvollziehern tatsächlich durchschnittlich entstehenden Aufwendungen (wird ausgeführt).

Die sog. Schäfter-Studie, vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 9.12.2005 - 2 D 7/04 -, S. 17 des amtlichen Umdrucks; Nds. OVG, Urteil vom 7.7.2005 - 5 KN 95/04 -, S. 13/14 des amtlichen Umdrucks; die Studie ist im internet unter www.fuesser.de eingestellt, bestätigt im wesentlichen die Ergebnisse der Erhebung 2001: Laut dieser Studie lagen die Kosten, die im Jahre 2001 in den Bundesländern Bayern, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen ohne die Berücksichtigung fiktiver Personalkosten durchschnittlich für den Betrieb eines Gerichtsvollzieherbüros anfielen, zwischen 10.757,- und 16.962,- € (Tabelle 43). Damit waren die durchschnittlichen Bürokosten in diesen Bundesländern noch etwas niedriger als in Nordrhein-Westfalen (35.208,- DM = 18.001,56 €) und lagen weit unter dem Betrag (63.006,30 DM = 32.214,61 €), den der nordrhein-westfälische Verordnungsgeber für das Jahr 2001 als durchschnittlich erforderlichen Aufwand seinen Berechnungen zugrunde gelegt hat.

Ende der Entscheidung

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