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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 07.04.2005
Aktenzeichen: 1 A 4721/02.PVL
Rechtsgebiete: LPVG NRW


Vorschriften:

LPVG NRW § 8
Der Kaufmännische Direktor eines in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts geführten Universitätsklinikums, dem für bestimmte Aufgaben seines Geschäftsbereichs vom Vorstand die Entscheidungsbefugnis übertragen worden ist, ist berechtigt, sich bei Erörterungs- und Anhörungsgesprächen sowie bei gemeinschaftlichen Besprechungen in Angelegenheiten, die das nichtwissenschaftliche Personal betreffen, durch den stellvertretenden Kaufmännischen Direktor vertreten zu lassen.
Gründe:

Der Beteiligte ist berechtigt, sich bei Erörterungs- und Anhörungsgesprächen sowie bei gemeinschaftlichen Besprechungen in Angelegenheiten, die das nichtwissenschaftliche Personal betreffen, durch den stellvertretenden Kaufmännischen Direktor vertreten zu lassen.

Die Frage, wer in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten für die Dienststelle handelt, beantwortet sich nach den in § 8 LPVG NRW getroffenen Regelungen. Für Medizinische Einrichtungen einer Hochschule, die - wie hier - in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts geführt werden, erklärt § 8 Abs. 3 Satz 3 LPVG NRW die Vorschrift des § 8 Abs. 2 LPVG NRW für entsprechend anwendbar.

Nach Satz 1 des - unmittelbar nur in dem Bereich der Sozialversicherung geltenden - § 8 Abs. 2 LPVG NRW handelt bei den der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für die Dienststelle der Vorstand, soweit er die Entscheidungsbefugnis nicht auf die Geschäftsführung übertragen hat. Satz 2 dieser Vorschrift eröffnet dem Vorstand die Möglichkeit, sich durch eines oder mehrere seiner Mitglieder vertreten zu lassen.

Daraus ergibt sich für den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 LPVG NRW Folgendes: Hat der Vorstand von seiner in § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 LPVG NRW angesprochenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, seine Entscheidungsbefugnis auf die Geschäftsführung zu übertragen, handelt für die Dienststelle allein die Geschäftsführung. Die Geschäftsführung wird in diesem Fall nicht als Vertreter des Vorstandes, sondern in eigener - aufgrund der Übertragung durch den Vorstand erlangter - Kompetenz als Dienststellenleiter im Sinne des Landespersonalvertretungsgesetzes NRW tätig. Für die Frage der Vertretung der Geschäftsführung folgt daraus, dass die allgemeine Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 LPVG NRW zur Anwendung kommt, die eine Vertretung durch den ständigen Vertreter oder - soweit vorhanden - durch den Leiter der für Personalangelegenheiten zuständigen Abteilung, soweit dieser entscheidungsbefugt ist, vorsieht.

Hat der Vorstand hingegen in Anknüpfung an § 8 Abs. 2 Satz 2 LPVG NRW beschlossen, sich durch eines oder mehrere seiner Mitglieder vertreten zu lassen, verbleibt die Funktion der Dienststellenleitung bei dem Vorstand. Dieser hat nach wie vor die Stellung des Dienststellenleiters im Sinne des Landespersonalvertretungsgesetzes NRW inne. Das zur Vertretung berufene Vorstandsmitglied wird nicht zum Leiter der Dienststelle, sondern handelt nur in Vertretung für den Vorstand. Für die Frage der Vertretung eines solchen Vorstandmitglieds hat dies zur Konsequenz, dass die allgemeine Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 LPVG NRW nicht zur Anwendung kommen kann und damit eine Vertretung durch den ständigen Vertreter oder den Leiter der für Personalangelegenheiten zuständigen Abteilung ausscheidet. Bei einer Verhinderung des Vorstandsmitglieds muss deshalb der Vorstand in seiner Gesamtheit tätig werden.

Ausgehend von diesem Regelungsgefüge ist für Dienststellen wie die vorliegende, die als Universitätsklinikum in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts geführt werden, zunächst festzustellen, dass bei Fehlen anderweitiger Regelungen der Vorstand des Universitätsklinikums als Dienststellenleitung anzusehen ist.

Der Vorstand des Universitätsklinikums kann sich aber zum einen, was sich aus dem Wortlaut des aufgrund der Verweisung in § 8 Abs. 3 Satz 3 LPVG NRW anzuwendenden § 8 Abs. 2 Satz 2 LPVG NRW ohne weiteres ergibt, durch eines oder mehrere seiner Mitglieder vertreten lassen. Daran knüpft die in § 7 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 der Satzung des Universitätsklinikums getroffene Regelung an, wonach sich der Vorstand in Angelegenheiten nach dem Landespersonalvertretungsgesetz NRW, soweit nicht das unter § 110 LPVG NRW fallende wissenschaftliche Personal betroffen ist, durch eines oder mehrere seiner Mitglieder vertreten lassen kann.

Zum anderen besteht für den Vorstand des Universitätsklinikums aber auch die in § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 LPVG NRW angesprochene Möglichkeit, seine Entscheidungsbefugnis auf die "Geschäftsführung" zu übertragen. Anders als in den sozialgesetzlichen Vorschriften für die Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung ist für ein in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts geführtes Universitätsklinikum zwar nicht ausdrücklich die Einrichtung einer Geschäftsführung vorgesehen. Dem entspricht es aber, wenn der Vorstand des Universitätsklinikums die Entscheidungsbefugnis für bestimmte Aufgaben auf einzelne seiner Mitglieder für deren Geschäftsbereich überträgt. In einem solchen Fall hat das Vorstandsmitglied eine mit der Geschäftsführung einer Körperschaft oder Anstalt im Bereich der Sozialversicherung vergleichbare Stellung. Das Vorstandsmitglied kann in diesen Fällen innerhalb seines Geschäftsbereichs ebenso wie die Geschäftsführung in ihrem selbständig Entscheidungen treffen. Diese Parallelisierung der - allgemeinen - Geschäftsführung im Bereich der Sozialversicherung mit der - selektiven - Übertragung von Geschäftsbereichen rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 LPVG NRW gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 LPVG NRW lediglich entsprechend anzuwenden ist. Nur so kann dem das Personalvertretungsrecht beherrschenden Grundsatz hinreichend Rechnung getragen werden, dass dem Personalrat stets ein mit hinreichenden Kompetenzen ausgestatteter Partner gegenüberstehen muss.

Vgl. zu diesem Grundsatz BVerwG, Beschluss vom 15.11.1995 - 6 P 2.94 -, Buchholz 251.0 § 76 BaWüPersVG Nr. 7 = PersR 1996, 278 = PersV 1996, 453 = RiA 1997, 99 = ZfPR 1996, 83, m.w.N.

Die Möglichkeit, die Entscheidungsbefugnis für bestimmte Aufgaben auf einzelne Vorstandsmitglieder für deren Geschäftsbereich zu übertragen, sieht für den vorliegend in Rede stehenden Bereich der Angelegenheiten nach dem Landespersonalvertretungsgesetz § 7 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 der Satzung ausdrücklich vor.

Von dieser durch § 7 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 der Satzung eröffneten Möglichkeit hat vorliegend der Vorstand des Universitätsklinikums Gebrauch gemacht. Mit seiner Entscheidung, dass Angelegenheiten nach dem Landespersonalvertretungsgesetz NRW, soweit sie nicht das wissenschaftliche Personal betreffen, zum Geschäftsbereich des Beteiligten gehören und dass die Entscheidungsbefugnis insoweit auf den Beteiligten übertragen wird, hat der Vorstand des Universitätsklinikums seine eigenen Kompetenzen für diesen Bereich aufgegeben und diese zur selbständigen Wahrnehmung bei dem Beteiligten begründet. In diesem Bereich handelt mithin nicht mehr der Vorstand, sondern der Beteiligte als Dienststellenleiter im Sinne des Landespersonalvertretungsgesetzes NRW.

Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, es sei lediglich für die Durchführung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahren und nicht auch zugleich für die diesen Beteiligungsverfahren zugrunde liegenden Sachentscheidungen eine Übertragung der Entscheidungsbefugnis erfolgt, was in der Praxis dadurch zum Ausdruck komme, dass der jeweilige Ansprechpartner des Antragstellers sich des Öfteren auf den Standpunkt zurückziehe, an Entscheidungen des Vorstands gebunden zu sein. Für eine nur auf die Durchführung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahren beschränkte Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Beteiligten bietet dieser Umstand aber keinen hinreichenden Anhalt. Zwar ist in den Schreiben des Vorstands des Universitätsklinikums (nur) von "Angelegenheiten nach dem Landespersonalvertretungsgesetz" die Rede, die zum Geschäftsbereich des Beteiligten gehören sollen und für die ihm die Entscheidungsbefugnis übertragen worden sei. Damit hat der Vorstand aber offensichtlich an die in § 7 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 der Satzung eröffnete Möglichkeit der Übertragung von Entscheidungsbefugnissen in Angelegenheiten nach dem Landespersonalvertretungsgesetz NRW anknüpfen wollen. Dass sich diese Übertragung der Entscheidungsbefugnis allein auf die Durchführung der Beteiligungsverfahren und nicht auch auf die dahinter stehenden Sachentscheidungen beziehen könnte, ist vor dem Hintergrund, dass § 7 Abs. 3 Satz 4 der Satzung die Personal- und Wirtschaftsangelegenheiten gerade dem Geschäftsbereich des Kaufmännischen Direktors zuordnet, nichts ersichtlich.

Dass sich der jeweilige Ansprechpartner des Antragstellers möglicherweise auf eine Bindung an Entscheidungen des Vorstands zurückgezogen hat, steht dem nicht entgegen. Denn auch wenn eine Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf ein Vorstandsmitglied erfolgt ist, kann dieses seine Entscheidungen nicht völlig losgelöst von Vorgaben des Vorstandes treffen. Vielmehr ist das Vorstandsmitglied bei seiner Tätigkeit innerhalb des mit Entscheidungsbefugnis übertragenen Geschäftsbereichs an Maßgaben des Vorstandes gebunden, die dieser aufgrund seiner aus § 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Errichtung des Klinikums der Universität und § 7 Abs. 1 Satz 1 der Satzung folgenden Leitungsfunktion für das Universitätsklinikum erlässt. Insofern befindet sich der Antragsteller aber nicht in einer anderer Situation als der Personalrat einer anderen Dienststelle, in der sich der Dienststellenleiter auf die Weisung einer übergeordneten Stelle beruft. In beiden Fällen mag dies aus Sicht der Personalvertretung unbefriedigend sein, ist aber hinzunehmen.

Aus den gleichen Gründen ist es unerheblich, dass der Antragsteller gegebenenfalls im Ergebnis nicht mehr mit nur einer Dienststellenleitung als Verhandlungspartner konfrontiert ist. Die Aufspaltung der Entscheidungsbefugnisse ist in der Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 3 LPVG NRW veranlagt und durch die erwähnten einschlägigen Satzungsbestimmungen lediglich konkretisiert. Die daraus resultierende - vom Antragsteller in der Anhörung vor dem Fachsenat beklagte - immer weitergehende "Entfernung" zu einem "eigentlichen" Entscheidungsträger wird ihm aber vom Gesetz zugemutet.

Die mithin auf der Grundlage von § 7 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 der Satzung erfolgte Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Beteiligten hat für die vorliegend maßgebliche Frage der Vertretung zur Konsequenz, dass die allgemeine Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 LPVG NRW zur Anwendung kommt, die die Vertretung durch den ständigen Vertreter, hier also den stellvertretenden Kaufmännischen Direktor, zulässt.

Ende der Entscheidung

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