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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 30.01.2003
Aktenzeichen: 1 A 5763/00.PVL
Rechtsgebiete: LPVG NRW


Vorschriften:

LPVG NRW § 72 Abs. 3 Nr. 5
Die Mitbestimmung nach § 72 Abs. 3 Nr. 5 - 3. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW (Änderung der Arbeitsorganisation) setzt dem Grunde nach eine Änderung der Organisation der Arbeitsabläufe bei gleichbleibender Aufgabenstellung voraus. Mittelbare Folgewirkungen für die Arbeitsablauforganisation, die durch die Umsetzung einer veränderten Aufgabenstellung (Änderung der Geschäftsverteilung) verursacht werden, unterliegen nicht der Mitbestimmung nach der genannten Vorschrift.
Tatbestand:

Die Beteiligten stritten im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren um die Frage, ob es sich bei einer Dienstanweisung, die Maßnahmen zur Umsetzung einer Geschäftsverteilungsänderung - Änderung der Aufgabenzuweisung an bestimmte Organisationseinheiten der Dienststelle - betraf, mit Blick auf damit zugleich einhergehende Änderungen der Arbeitsabläufe, der Mitbestimmung des Personalrats nach § 72 Abs. 3 Nr. 5 - 3. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW (Änderung der Arbeitsorganisation) unterliegt. Die Beschwerde des schon in erster Instanz unterlegenen Antragstellers blieb erfolglos.

Gründe:

Der Antrag ist unbegründet.

Dem Antragsteller steht in Bezug auf den Inhalt der Dienstanweisung über Grundsätze des Beschaffungswesens beim Polizeipräsidium M. kein Mitbestimmungsrecht gemäß § 72 Abs. 3 Nr. 5 - 3. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW zu.

Nach dieser Vorschrift hat der Personalrat, soweit - wie hier - eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen in Rationalisierungs-, Technologie- und Organisationsangelegenheiten bei Maßnahmen zur Änderung der Arbeitsorganisation, soweit sie nicht von Nrn. 3 oder 4 erfasst sind. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses Mitbestimmungstatbestandes sind hier nicht erfüllt.

Unter Arbeitsorganisation versteht man die planmäßige Regelung der Arbeitsabläufe zur Erfüllung der Aufgaben der Dienststelle durch deren Beschäftigte. Die Maßnahme muss sich dabei unmittelbar auf die Arbeitsausführung, d. h. auf die bisher von den einzelnen Beschäftigten konkret vorzunehmenden Arbeitsgänge, auswirken.

Vgl. OVG NRW, z. B. Beschluss vom 6.2.2002 - 1 A 3279/00.PVL -, RiA 2002, 298, m.w.N.

In Abgrenzung hierzu darf der Begriff der Arbeitsorganisation nicht mit dem Begriff der Behördenorganisation gleichgesetzt werden, unter den insbesondere Maßnahmen der Neuorganisation von Ämtern, der Änderung der Organisationsstruktur von Behörden durch Umgliederung von Ämtern, Abteilungen, Referaten, Dezernaten etc. und der Schaffung neuer Organisationseinheiten sowie damit einhergehenden Aufgabenverteilungen zu fassen sind. Maßnahmen der Behördenorganisation sind nämlich der Organisationsplanung zuzuordnen, für die § 75 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NRW lediglich ein Anhörungsrecht bei der Vorbereitung der Entwürfe einräumt.

Vgl. den vorgenannten Beschluss des OVG NRW; ferner Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Personalvertretungsrecht NRW, § 72 Rn. 330 a.

Mit Blick hierauf darf der Begriff der Arbeitsorganisation im Sinne des dritten Mitbestimmungstatbestandes des § 72 Abs. 3 Nr. 5 LPVG NRW insbesondere auch nicht gleichgesetzt bzw. verwechselt werden mit dem Begriff der Arbeitsverteilung - etwa im Zusammenhang mit Maßnahmen der Geschäftsverteilung.

Vgl. hierzu auch bereits OVG NRW, Beschlüsse vom 24.5.1988 - CL 40/86 -, PersV 1991, 305, vom 1.1.1989 - CL 2/87 -, PersV 1990, 85, vom 21.6.1989 - CL 3/88 -, PersV 1993, 28, und vom 25.10.1989 - CL 63/86 -, PersV 1991, 38.

Der - in der Regel nicht zu vermeidende - Umstand, dass sich bei einer Umverteilung der Aufgabenbereiche die vom jeweiligen Sachbearbeiter zu erledigenden Arbeitsvorgänge ändern, lässt Geschäftsverteilungsanordnungen - und dies muss zugleich auch für die zu ihrer näheren Umsetzung getroffenen Maßnahmen gelten - nicht (zugleich) zu Maßnahmen der Arbeitsorganisation werden.

Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, a.a.O., § 72 Rn. 330 b.

Ausgehend von diesen Erwägungen enthält die im Streit stehende Dienstanweisung des Beteiligten keine Maßnahmen, welche als Regelung der Arbeitsorganisation zu begreifen wären. Soweit die Dienstanweisung überhaupt in dem hier in Rede stehenden Zusammenhang eigenständige Regelungen enthält, woran es zum Teil schon fehlen dürfte, erschöpft sich ihr Inhalt vielmehr in konkretisierenden Regelungen zur Umsetzung einer durch eine Geschäftsverteilungsmaßnahme bereits vorbestimmten Um- bzw. Neuverteilung bestimmter Aufgaben und der zugehörigen Arbeit.

Für einen Teil des Inhalts der Dienstanweisung ist zumindest sehr zweifelhaft, ob damit überhaupt eine Maßnahme bzw. Maßnahmen des Dienststellenleiters betroffen ist (sind). Als - das Mitbestimmungsverfahren ggf. auslösende - "Maßnahme" i.S.d. § 66 Abs. 1 LPVG NRW ist jede Handlung und Entscheidung des Dienststellenleiters anzusehen, mit der er in eigener Zuständigkeit eine Angelegenheit der Dienststelle regelt.

Vgl. z. B. OVG NRW, Beschlüsse vom 6.2.2002 - 1 A 144/00.PVL -, PersR 2002, 478, und vom 8.3.1989 - CL 23/87 -, PersV 1990, 93 m.w.N.

An einer solchen Regelung fehlt es etwa dann, wenn lediglich informatorische Hinweise z. B. in Bezug auf eine bereits anderweitig getroffene Maßnahme oder betreffend die Erfüllung allgemein gültiger Arbeitspflichten oder Handlungsanforderungen gegeben werden.

Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 30.11.1982 - 6 P 10.80 -, PersV 1983, 411; OVG NRW, Beschlüsse vom 5.4.2001 - 1 A 3033/99.PVL -, PersR 2001, 572 = PersV 2002, 230, sowie - 1 A 5330/98.PVL -, PersR 2001, 525 = ZfPR 2001, 334; Kirschall/Neubert/Richter/Senkowski/Sittig, Personalvertretungsgesetz NRW, § 66 Erl. 1.1.

Soweit Ziffer 1 der Dienstanweisung ausspricht, dass das Sachgebiet VL 1.5 mit Wirkung vom 3.4.2000 als zentrale Beschaffungsstelle für Beschaffungen aller Art zuständig ist, dürfte dies - wie auch die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des VG angenommen hat - keine selbständige Maßnahme des Dienststellenleiters darstellen. Denn im Grunde wurde damit lediglich die bereits durch die Änderung des Geschäftsverteilungsplans vom 17.3.2000 mit Regelungswirkung vorgenommene organisatorische Umverteilung - Zuweisung der Aufgabe "zentrales Beschaffungswesen" an das Fachgebiet VL 1.5 - nochmals (deklaratorisch) aufgegriffen und diese Umverteilung allenfalls hinsichtlich der zeitlichen Umsetzung noch geringfügig weiter konkretisiert.

Keine Regelung des Dienststellenleiters enthält jedenfalls der darüber hinaus in Ziffer 1 der Dienstanweisung zu findende Hinweis darauf, dass ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Beschaffungswesens insbesondere durch einen reibungslosen Informationsfluss zwischen VL 1.5, den Kostenstellen (Bedarfsstellen) sowie den Fachdienststellen sicherzustellen sei. Hierdurch sind keine Pflichten für die Beschäftigten neu begründet worden. Vielmehr wird durch die Dienststelle lediglich eine an sich selbstverständliche und allgemein gültige Handlungsanforderung aufgegriffen und in Erinnerung gerufen. Der Beteiligte hat dies in seiner Antragserwiderung erster Instanz treffend dahin umschrieben, dass wohl kaum jemand bestreiten könne, dass eine reibungslose Kommunikation in einer Behörde immer notwendig sei, auch wenn das bislang nicht ausdrücklich in einer Dienstanweisung Erwähnung gefunden habe.

Soweit den Beschäftigten der von der Umorganisation betroffenen organisatorischen Einheiten durch die in Rede stehende Dienstanweisung - auch als Ausgleich für den (teilweisen) Wegfall bisheriger Aufgaben - konkrete neue bzw. andere Aufgaben zugewiesen werden, was hier etwa in Bezug auf die Beratung der zentralen Beschaffungsstelle durch die Fachdienststellen wie auch die ineinandergreifende Einbeziehung mehrerer Stellen in den Anforderungs- und Abrechnungsprozess der Fall ist, liegt insoweit zwar (jeweils) eine Maßnahme des Dienststellenleiters vor, allerdings unterfallen diese Maßnahmen nicht dem Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 3 Nr. 5 - 3. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW.

Die betreffenden Maßnahmen führen zwar im Ergebnis (auch) dazu, dass sich im Zusammenwirken der Kostenstellen (Bedarfstellen) und der - übrigen - Sachgebiete mit dem nunmehr für das Beschaffungswesen zentral zuständigen VL 1.5 bei dem Beteiligten bestimmte Arbeitsabläufe im Verhältnis zum vorherigen Zustand ändern. Dies betrifft etwa die Art der Tätigkeit, die nunmehr, was die Beteiligung der sog. Fachdienststellen an der Einleitung, Durchführung und Abwicklung der Beschaffungsvorgänge betrifft, auf eine beratende und unterstützende Funktion zurückgeführt worden ist. Reduziert sich die Mitwirkung am Arbeitsergebnis von der vollumfänglichen Bearbeitung eines Vorgangs auf bestimmte mitwirkende Handlungen wie die interne Beratung anderer Stellen, sind damit nahezu zwangsläufig auch gewisse andere Arbeitsschritte bezogen auf den Gesamtarbeitsablauf verbunden. Bei alledem handelt es sich aber (lediglich) um eine mittelbare Folgewirkung im Rahmen der näheren Umsetzung der durch eine andere Maßnahme - hier: Änderung der Aufgabenstellung einzelner Abteilungen - vorgezeichneten Änderung behördenorganisatorischer Strukturen. Werden diese Strukturen - wie hier - dergestalt neu geregelt, dass ein großer Teil der Aufgaben des Bereichs Beschaffungswesen neu auf eine zentrale Stelle übergeht, so bedarf es im Gefolge dessen nahezu zwangsläufig auch gewisser geänderter Abläufe der Arbeit, gerade was die nötige Zusammenarbeit und das Zusammenwirken der neu gebildeten Zentralstelle mit den jeweils fachlich von den Beschaffungsvorgängen betroffenen sog. Fachdienststellen betrifft. Die hier in Rede stehenden Regelungen sind allesamt Ausdruck einer insoweit nunmehr nötigen stärkeren innerbehördlichen Kommunikation sowie Aufteilung von (ineinandergreifenden) Arbeitsvorgängen. Vor diesem Hintergrund unterscheidet sich der vorliegende Fall nicht wesentlich von der - oben angeführten - Konstellation, in welcher der einzelne Sachbearbeiter als mittelbare Folge der Zuweisung anderer Aufgaben nunmehr auch andere Arbeitsschritte als bisher vornehmen muss. Denn sowohl bei der organisatorischen Aufteilung einer bisher als Einheit wahrgenommenen Aufgabe in verschiedene Teilaufgaben als auch bei der grundsätzlichen Verlagerung einer Aufgabe auf eine andere Stelle unter Verbleib bestimmter Beratungs- und Unterstützungsfunktionen bei der bisherigen Stelle geht es um Maßnahmen der Behördenorganisation bzw. - was die Zuordnung zu den Beschäftigten betrifft - der Geschäftsverteilung. Beschränkt sich der Dienststellenleiter auf die vollziehende Umsetzung solcher Maßnahmen, wie es in der hier in Rede stehenden Dienstanweisung geschehen ist, so kann der Antragsteller nicht mit Erfolg die Mitbestimmung nach § 72 Abs. 3 Nr. 5 - 3. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW einfordern. Ansonsten würde nämlich der gesetzlich bestimmte Ausschluss der Mitbestimmung bei Maßnahmen der Behördenorganisation einschließlich solcher der Geschäftsverteilung im Ergebnis wieder unterlaufen.

Ende der Entscheidung

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