Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 19.05.2004
Aktenzeichen: 1 A 672/02.PVL
Rechtsgebiete: LPVG NRW


Vorschriften:

LPVG NRW § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 2
LPVG NRW § 73 Nr. 6
Dem Personalrat steht auch dann bei Stellenausschreibungen ein Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 6 LPVG NRW zu, wenn diese sich auf die in § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 2 LPVG NRW bezeichneten Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe B 3 BBesO A/B an aufwärts beziehen.
Tatbestand:

Bereits im Dezember 2000 beabsichtigte der Beteiligte zum Nachfolger des im Jahre 2002 in den Ruhestand tretenden Leiters der Kämmerei ohne vorherige Ausschreibung dessen bisherigen Stellvertreter zu bestellen. Noch im selben Monat bat der antragstellende Personalrat den Beteiligten, die Stelle erst zeitnah vor dem Ausscheiden des jetzigen Amtsinhabers nach Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens auszuschreiben, hilfsweise ein Mitwirkungsverfahren zur Frage des Verzichts auf eine Stellenausschreibung durchzuführen. Im Januar 2001 sagte der Beteiligte dem stellvertretenden Leiter der Kämmerei die Feststellung zum Amtsleiter nach Eintritt des bisherigen Amtsinhabers in den Ruhestand zu und informierte den Antragsteller über die Zusage. Daraufhin leitete der Antragsteller ein Verfahren, in dem er nach endgültiger Besetzung der Stelle beantragte festzustellen, dass ihm auch dann bei Stellenausschreibungen ein Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 6 LPVG NRW zustehe, wenn sich diese auf die in § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 2 LPVG NRW bezeichnete Beamtenstelle von der Besoldungsgruppe B 3 an aufwärts bezögen. Der Antrag hatte in zweiter Instanz Erfolg.

Gründe:

Dem Antragsteller steht auch dann bei Stellenausschreibungen ein Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 6 LPVG NRW zu, wenn diese sich auf die in § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 2 LPVG NRW bezeichneten Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe B 3 BBesO A/B an aufwärts beziehen.

Dies erschließt sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut der genannten Regelungen. Denn auf der einen Seite enthält die Vorschrift des § 73 LPVG NRW keine die dort genannten Mitwirkungsrechte begrenzende Bestimmungen. Sie beschreibt lediglich im Einzelnen Tatbestände, an die das Gesetz ein Mitwirkungsrecht des Personalrats knüpft. Über diese tatbestandlichen Festlegungen hinaus sind keine die Mitwirkungsrechte beschränkenden Regelungen zu finden. Auf der anderen Seite nimmt § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 LPVG NRW ausdrücklich (nur) den Satz 1 des § 72 Abs. 1 LPVG NRW in Bezug. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass in den in § 72 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW genannten Personalangelegenheiten für bestimmte Beschäftigtengruppen kein Mitbestimmungsrecht des Personalrats besteht. Diese Betrachtung des Wortlauts der maßgeblichen Bestimmungen zeigt, dass zwischen der in § 73 Nr. 6 LPVG erfolgten Begründung eines Mitwirkungsrechts bei Stellenausschreibungen und dem in § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 LPVG NRW getroffenen Ausschluss der Mitbestimmung in Personalangelegenheiten keinerlei Zusammenhang besteht. Der Wortlaut der Bestimmungen vermag deshalb keinerlei Anhalt dafür zu liefern, dass eine Ausdehnung der Ausschlussregelung des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 LPVG NRW auf andere Beteiligungsrechte in Betracht kommen könnte.

Vgl. ebenso Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Personalvertretungsrecht NRW, § 72 Rn. 225.

Entgegen der Auffassung des Beteiligten widerspricht es auch nicht dem Sinn und Zweck des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 2 LPVG NRW, dass bei den dort genannten Stellen ein Mitbestimmungsrecht ausscheidet, jedoch ein Mitwirkungsrecht bei Stellenausschreibungen greift. Denn der Ausschlussregelung des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 LPVG NRW liegt insgesamt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, einige Beschäftigtengruppen wegen der Bedeutung der von ihnen wahrgenommenen Ämter oder wegen ihrer herausgehobenen Funktionen von vornherein ungeschmälert dem Direktionsrecht des Dienstherrn bzw. der Dispositionsbefugnis der zuständigen Regierungsstellen vorzubehalten.

Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, a.a.O., § 72 Rn. 221.

Personalentscheidungen, die Inhaber leitender Funktionen betreffen, die diese nur aufgrund des besonderen Vertrauens ihres Dienstherrn erhalten haben, sollen gerade wegen dieses Vertrauensverhältnisses von der Mitbestimmung freigehalten werden. In diesem Bereich soll der Leiter der Dienststelle seine Entscheidung unabhängig von der Personalvertretung treffen können.

Vgl. Lorenzen u.a., BPersVG, § 77 Rn. 28.

Dem steht es nicht entgegen, dass dem Personalrat bei der Ausschreibung dieser Stellen ein Mitwirkungsrecht zusteht. Denn die Stellenausschreibung dient der Erschließung eines möglichst großen Bewerberkreises bei Stellenbesetzungen. Dadurch soll die Auswahlmöglichkeit vergrößert und die Verwirklichung des Leistungsgrundsatzes gefördert werden.

Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, a.a.O., § 73 Rn. 48.

Mit der Einflussnahme auf die Festlegung des Bewerberkreises, welche durch die Mitwirkung nach § 73 Nr. 6 LPVG NRW für den Personalrat eröffnet ist, wird jedoch das Direktionsrecht des Dienststellenleiters in keiner Weise beeinträchtigt. Da eine Stellenausschreibung noch keinen Bezug zu einer einen bestimmten Beschäftigten betreffenden Maßnahme aufweist, geht auch der Hinweis des Beteiligten fehl, es seien Interessenkonflikte für Beschäftigte in leitender Funktion zu befürchten.

Die vom Wortlaut des Gesetzes vorgegebene Rechtslage ist auch nicht in sich widersprüchlich. Es entspricht durchaus dem Verhältnis der unterschiedlichen Beteiligungsrecht zueinander, das dem Personalrat eine weitergehende Rechtsstellung einräumende Mitbestimmungsrecht in Personalangelegenheiten für eine bestimmte Beschäftigungsgruppe auszuschließen und gleichzeitig ein - weniger weitgehendes - Mitwirkungsrecht in einer einzelnen Personalangelegenheit - wie hier der Stellenausschreibung - ohne eine solche Einschränkung einzuräumen.

Angesichts des Befundes eines eindeutigen Wortlauts des Gesetzes kommt eine analoge Anwendung der Ausschlussregelung des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 2 LPVG NRW auf das Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 6 LPVG NRW schon deshalb nicht in Betracht, weil es an einer planwidrigen gesetzlichen Regelungslücke fehlt. Insbesondere ist kein Anhalt dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber lediglich versehentlich die Aufnahme einer dem § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 2 LPVG NRW vergleichbaren Ausschlussregelung in § 73 LPVG NRW unterlassen haben könnte.

Das gefundene Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Fachsenats für Landespersonalvertretungssachen vom 18. 10. 2000 - 1 A 5334/98.PVL - (PersR 2001, 163 = PersV 2003, 101). Zu dieser Entscheidung hat der Fachsenat zwar den Leitsatz formuliert, dass die die Ausübung der Mitbestimmungsrechte bei der eigentlichen Personalentscheidung betreffenden Einschränkungen der Beteiligungsrechte des Personalrats auch auf dessen Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 6 LPVG NRW bei der vorgelagerten Stellenausschreibung durchschlagen. Aus der Begründung dieser Entscheidung ergibt sich aber, dass mit dem Leitsatz allein auf die - im vorliegenden Verfahren nicht in Rede stehende - Feststellung hingewiesen werden sollte, dass es eine i.S.v. § 69 Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW unbeachtliche Begründung der Zustimmungsverweigerung des Personalrats darstellt, wenn er im Rahmen der Ausübung seines Mitwirkungsrechts bei einer Stellenausschreibung Gründe anführt, die im Mitbestimmungsverfahren zu der nachfolgenden Personalentscheidung unbeachtlich i.S.v. § 66 Abs. 3 Satz 4 LPVG NRW wären; so ist es dem Personalrat insbesondere verwehrt, über die Beteiligung bei Stellenausschreibungen Einfluss auf die Eignungsbeurteilung und die Auswahlentscheidung zu nehmen.



Ende der Entscheidung

Zurück