Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 1 A 785/00
Rechtsgebiete: DWVO


Vorschriften:

DWVO § 2 Abs. 3
DWVO § 2 Abs. 5
DWVO § 3 Abs. 1
DWVO § 3 Abs. 4
DWVO § 3 Abs. 17
Zur Höhe der Dienstwohnungsvergütung für eine im Bereich einer Justizvollzugsanstalt gelegenen Dienstwohnung.
Gründe:

Rechtsgrundlage für die vom Präsidenten des Justizvollzugsamts getroffene Festsetzung der Dienstwohnungsvergütung ist § 3 Abs. 1 der Verordnung über Dienstwohnungen für die Beamten und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen, die Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die Beamten der Landesversicherungsanstalten Rheinprovinz und Westfalen (Dienstwohnungsverordnung - DWVO -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9.11.1965 (GV.NRW. 1966 S. 48) und der bis zur Verordnung vom 25.2.1983 (GV.NRW. S. 133) eingetretenen Änderungen. Danach ist die Dienstwohnungsvergütung der Betrag, der dem Beamten bei Einräumung einer Dienstwohnung auf seine Dienstbezüge angerechnet wird; sie ist nach dem örtlichen Mietwert festzusetzen.

In der Sache genügt die in dem angefochtenen Bescheid getroffenen Festsetzung der Dienstwohnungsvergütung den gesetzlichen Anforderungen.

Gemäß § 3 Abs. 1 DWVO ist die Dienstwohnungsvergütung entsprechend dem örtlichen Mietwert für die vom Kläger bewohnte Wohnung festzusetzen. Der örtliche Mietwert einer Wohnung ist nach § 2 Abs. 3 DWVO durch Vergleich mit den Mieten zu ermitteln, welche in derselben Gemeinde für Wohnungen gezahlt werden, die nach ihrer Lage und Art und nach anderen, den Mietwert beeinflussenden besonderen Umständen vergleichbar sind.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die OFD bei der Ermittlung der Miete für vergleichbare Wohnungen zu Recht im Grundsatz auf den Mietspiegel zurückgegriffen.

Vgl. für die Anknüpfung an Vergleichsmieten für nicht öffentlich geförderte Wohnungen: BAG, Urteil vom 29.11.1985 - 7 AZR 346/82 -, AP Nr. 1 zu § 65 BAT.

Der Mietspiegel einer Gemeinde dient allgemein als Richtlinie zur Ermittlung ortsüblicher Vergleichsmieten. Er wird regelmäßig durch Vereinigungen der Vermieter, der Mieter, der Makler und der gemeindlichen Wohnungsämter zusammengestellt und beruht damit auf Erfahrungen und Einschätzungen von sachkundigen Stellen, die mit den Verhältnissen des örtlichen Wohnungsmarkt hinlänglich vertraut sind. Mit Blick darauf entbehrt der Einwand des Klägers, die OFD hätte anstelle des Rückgriffs auf den Mietspiegel eigene Ermittlungen anstellen müssen, einer hinreichenden Grundlage. Ebenso besteht kein Anlass, die inhaltliche Richtigkeit des Mietspiegels und dessen Eignung zum Nachweis der Marktmiete in Frage zu stellen.

Vgl. zur Kompetenz für eine derartige Überprüfung: BVerwG, Urteil vom 26.1.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 = Buchholz 454.9 Mietpreisrecht Nr. 15 = DÖV 1996, 741 = DVBl. 1996, 993 = NJW 1996, 2046.

Gegen die Anwendbarkeit des Mietspiegels konkret auf seine Wohnung kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, deren Lage sei durch derartige Besonderheiten geprägt, dass keine vergleichbare Wohnung im Stadtgebiet vorhanden sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass die vom Kläger insbesondere mit Blick auf die Nähe zur Justizvollzugsanstalt angeführten Lagenachteile seiner Wohnung im Rahmen der Anwendung des Mietspiegels durch die Einordnung in die dort für die unterschiedlichen Wohnlagen vorgesehenen Spannen sowie durch die Vornahme von besonderen, an die vorhandenen Gegebenheiten anknüpfenden Abschlägen hinlänglich Berücksichtigung finden können. Dass die die Besonderheit der Wohnung des Klägers prägenden Umstände auf diese Art und Weise nicht ausreichend in die Ermittlung der Mieten für vergleichbare Wohnungen einfließen können, lässt das Vorbringen des Klägers nicht hervortreten und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger sich für die Unanwendbarkeit des Mietspiegels auf den Umstand beruft, eine Dienstwohnung werde im Gegensatz zu den auf dem privaten Markt vermieteten Wohnungen durch einen dienstrechtlichen Zuweisungsakt vergeben und es existiere deshalb kein "Marktwert", trägt er der Tatsache nicht hinreichend Rechnung, dass die Dienstwohnungsverordnung ausdrücklich vorgibt, den örtlichen Mietwert anhand der Mieten für vergleichbare Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt zu ermitteln. Der Umstand, dass es sich um eine Dienstwohnung handelt, die gerade nicht auf der Grundlage eines zwischen dem Vermieter und dem Mieter abgeschlossenen Mietvertrags vermietet wird, ist deshalb für die Ermittlung des örtlichen Mietwerts außer Betracht zu lassen.

Auf der Grundlage des Mietspiegels hat die OFD für die Dienstwohnung des Klägers zutreffend einen örtlichen Mietwert von 590,40 DM ermittelt.

So ist bei der Ermittlung der Mieten für mit der Dienstwohnung des Klägers vergleichbare Wohnungen zu Recht der Mittelwert der im Mietspiegel für Wohnungen in einer mittleren Wohnlage angegebenen Spanne zugrunde gelegt worden.

Für die Ausgangseinordnung der Dienstwohnung des Klägers in den Bereich einer mittleren Wohnlage ist von der Feststellung des Mietspiegels auszugehen, dass es sich bei den mittleren Wohnlagen um normale Wohnlagen ohne besondere Vor- und Nachteile handelt und die überwiegende Zahl der Wohnungen innerhalb des Stadtgebiets in diesen Wohngegenden liegt. Eine Einordnung in den Bereich einer einfachen Wohnlage käme nach dem Mietspiegel nur dann in Betracht, wenn das Wohnen kontinuierlich erheblich beeinträchtigt und dadurch der Wohnwert gemindert würde. Davon kann für den Bereich, in dem die Dienstwohnung des Klägers liegt, auf Grund der im Rahmen des Ortstermins getroffenen Feststellungen nicht ausgegangen werden. Dort konnten keine Umstände festgestellt werden, die eine erhebliche Minderung des Wohnwerts rechtfertigen könnten. Vielmehr gliedert sich der Bereich der Justizvollzugsanstalt mit den ihr zugehörigen Dienstwohnungen in eine insgesamt freundliche Wohnlage ein, die im Westen durch eine Ein-/Zweifamilenhaussiedlung, im Norden und Osten durch Kleingartenanlagen sowie im Süden früher durch ein (stillgelegtes) Kasernengelände - und nunmehr durch eine Neubausiedlung - geprägt ist.

Die Festlegung auf den Mittelwert der für Wohnungen in einer mittleren Wohnlage vorgesehenen Spanne rechtfertigt sich aus der Tatsache, dass keine besonderen Umstände vorliegen, auf die ein Abweichen von diesem Wert gestützt werden könnte.

Der sich danach ergebende Betrag von 12,30 DM/qm ist von der OFD entgegen der Auffassung des Klägers zu Recht um nicht mehr als 20 % wegen der Nähe zur Justizvollzugsanstalt gemindert worden. Zutreffend hat es die OFD als einen den Wohnwert erheblich mindernden Umstand angesehen, unmittelbar angrenzend an eine Justizvollzugsanstalt zu wohnen. Schon allein das Vorliegen dieser Tatsache vermag nach allgemeiner Einschätzung die Minderung des Wohnwerts einer Wohnung zu begründen. Hinzu kommen die Einfriedung des gesamten Geländes der Justizvollzugsanstalt mit den ihr zugehörigen Dienstwohnungen durch einen 1,75 Meter hohen Maschendrahtzaun, die Erreichbarkeit der Wohnung ausschließlich durch den äußeren Eingangsbereich der Justizvollzugsanstalt sowie die Beeinträchtigungen durch den Anstaltsbetrieb als solchen, wie sie sich beispielsweise aus mit dem allgemeinen Betrieb verbundenem Lärm, aus - auch während der Nachtzeit erfolgenden - Lautsprecherdurchsagen, aus Scheinwerfereinstrahlungen, aus Hubschrauberan- und -abflügen und aus Alarmklingeln ergeben. Demgegenüber spricht aber gegen die Annahme eines höheren Abschlags als 20 %, dass die das Gelände der Justizvollzugsanstalt abgrenzende sechs Meter hohe Mauer von der Wohnung des Klägers nicht zu sehen und auch die das gesamte Gelände umschließende Umzäunung angesichts der vorhandenen Bepflanzung kaum wahrzunehmen ist sowie eine Möglichkeit der Beobachtung des eigenen Wohn- und Aufenthaltsbereichs von der in die Anstaltsmauer integrierten Beobachtungskanzel aus wegen der Lage der Wohnung des Klägers einerseits und wegen des dazwischen liegenden Pflanzenbewuchses andererseits nicht besteht.

Der Ansatz eines weiteren Abschlags für die zweifelsohne vorhandenen Lärmbeeinträchtigungen, die von den Bussen und Straßenbahnen, die die nur wenig entfernt liegende Endhaltestelle anfahren und wieder verlassen, von dem Verkehr auf der ebenfalls nur wenig entfernt liegenden und viel befahrenen B. Straße sowie von der in einiger Entfernung verlaufenden Bahnlinie ausgehen, war entbehrlich, da die damit verbundene Minderung des Wohnwerts ausgeglichen wird durch die ebenfalls festzustellenden wohnwerterhöhenden Umstände, wie sie insbesondere in der Lage der Wohnung in einem Einfamilienhaus, der baujahrsuntypischen Ausstattung mit Isoverglasung bzw. mit Doppelfenstern, der Gartenbenutzung sowie der guten Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und der schnellen Erreichbarkeit der Innenstadt einerseits und der Autobahn anderseits zu sehen sind.

Ebenfalls zu Recht hat die OFD mit Blick darauf, dass die Schönheitsreparaturen von der Beklagten übernommen werden, einen Zuschlag von 7 % angenommen. Damit wird der für private Mietverhältnisse regelmäßig anzutreffenden Vereinbarung Rechnung getragen, die dem Mieter kraft Mietvertrags die Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen auferlegt.

Vgl. Hochhausen/Henneböhle/Frerk, Dienstwohnungsvorschriften Nordrhein-Westfalen, Teil B § 2 DWVO Anm. 3.

Entgegen der Auffassung des Klägers begegnet es keinen Bedenken, die mit der Übernahme der Schönheitsreparaturen bedingten Vorteile in einem Prozentsatz zu bemessen. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass dies zu Ungereimtheiten führen kann, die insbesondere darin ihre Ursache haben, dass die Höhe der Kosten für die Schönheitsreparaturen unabhängig von der Wohnlage sind, durch eine prozentuale Bemessung jedoch für gleich große Wohnungen in verschiedenen Wohnlagen in unterschiedlichem Umfang in die Berechnung des örtlichen Mietwerts einfließen. Das Bestehen derartiger Ungereimtheiten hat ihre Ursache in der mit der prozentualen Bemessungen verbundenen Pauschalierung, die der Beklagten mit Blick auf eine handhabbare Verwaltungspraxis in einem gewissen Rahmen zuzugestehen ist. Ob dieser Rahmen in bestimmten Fällen überschritten wird, bedarf keiner Entscheidung, da jedenfalls für die Wohnung des Klägers kein Anhalt für Annahme besteht, dass der konkret in Ansatz gebrachte Betrag von monatlich 41,50 DM in keiner hinreichenden Relation zu den für den Kläger vorhandenen Vorteilen steht. Dies gilt umsomehr, als der sich daraus ergebende Betrag von 0,86 DM/qm noch deutlich unter der Höchstgrenze von 1,- DM liegt, die § 28 Abs. 4 Satz 2 der Zweiten Berechnungsverordnung in der bis zum 31.7.1996 geltenden Fassung (BGBl. 1992 I S. 1250) für den Ansatz von vom Vermieter übernommenen Kosten der Schönheitsreparaturen vorsieht.

Nicht zu beanstanden ist weiterhin die dem Kläger auferlegte Verpflichtung, einen monatlichen Betrag in Höhe von 1,01 DM für einen in der Dienstwohnung bereitgestellten Herd sowie einen weiteren monatlichen Betrag in Höhe von 1,29 DM für eine bereitgestellte Spüle zu zahlen. Demgegenüber kann der Kläger sich nicht mit Erfolg darauf berufen, bei diesen Gegenständen handele es sich nicht um solche, die unter § 2 Abs. 5 DWVO fielen, vielmehr seien diese als Ausstattungsgegenstände und Geräte im Sinne von § 17 DWVO anzusehen. Dieser Einwand kann schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis führen, weil die OFD diese Positionen zwar unter der Überschrift "Entschädigungen für besondere Ausstattungen gemäß § 2 Abs. 5 DWVO" in die Berechnung aufgenommen hat, tatsächlich jedoch den Anforderungen des § 17 Abs. 2 DWVO entsprechend eine jährliche Entschädigung in Höhe von 5 % des Gebrauchswerts erhoben und diese auf die einzelnen Monate umgelegt hat.

Der sich aus dieser Berechnung ergebende örtliche Mietwert von 590,40 DM und die dem entsprechende Höhe der Dienstwohnungsvergütung begegnet entgegen der Auffassung des Klägers auch im Verhältnis zu der zuvor erfolgten Festsetzung keinen Bedenken. Dabei ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Dienstwohnungsvergütung um 237,70 DM und damit mehr als 65 % höher liegt als die zuvor festgesetzte. Dieser Umstand vermag jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Bei der Neufestsetzung der Dienstwohnungsvergütung besteht keine Bindung an Höchststeigerungsraten, wie sie im bürgerlich-rechtlichen Mietrecht gelten. Mietrechtliche Vorschriften sind auf die Erhöhung der Dienstwohnungsvergütung nicht anzuwenden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.6.1988 - 12 A 374/87 - und Urteil vom 19.6.1989 - 12 A 569/87 -.

Auch unter fürsorgerechtlichen Gesichtspunkten bestehen gegen die Erhöhung keine Bedenken. Die Zuweisung einer Dienstwohnung stellt einen Sachbezug dar und der Dienstherr ist auf Grund seiner haushaltsrechtlichen Bindung aus § 52 LHO NRW verpflichtet, Angehörigen des öffentlichen Dienstes Sachbezüge nur gegen angemessenes Entgelt zu gewähren. Der Fürsorgepflicht des Dienstherrn wird ausreichend durch die Regelung in § 4 DWVO über die Staffelung der Dienstwohnungsvergütung nach dem monatlichen Bruttodienstbezug des jeweiligen Beamten Rechnung getragen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.9.1991 - 12 A 1271/88 -.

Dieser Regelung hat der Präsident des Justizvollzugsamts in dem angefochtenen Bescheid dadurch Rechnung getragen, indem er die Dienstwohnungsvergütung mit der Maßgabe festgesetzt hat, dass sie die höchste Dienstwohnungsvergütung nach § 4 DWVO nicht übersteigen darf. Diese Einschränkung kam auch zugunsten des Klägers zum Tragen, da sich für ihn angesichts seiner Bruttodienstbezüge in Höhe von 4.384,74 DM im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids die höchste Dienstwohnungsvergütung auf 575,- DM belief.

Mit Blick darauf kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf eine gleichheitssatzwidrige Ungleichbehandlung berufen. Für einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG fehlt es schon an dem Vorliegen gleicher Fallgestaltungen. Denn die Zuweisung einer Dienstwohnung, die im Zusammenhang mit dem Dienst- und Treueverhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn steht, unterscheidet sich grundlegend von der Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt.

Ende der Entscheidung

Zurück