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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 12.11.2007
Aktenzeichen: 1 A 995/06
Rechtsgebiete: GG, BhV


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 5
BhV § 12 Abs. 1 Satz 2
Die Minderung der beihilfefähigen Aufwendungen um die sog. Praxisgebühr gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV verstößt gegen höherrangiges Recht und ist unwirksam, weil es in verfahrensrechtlicher Hinsicht an einer angemessenen Willensbildung des Vorschriftengebers mit Blick auf die Verträglichkeit der Regelung mit dem Alimentationsprinzip fehlt.
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der sog. Praxisgebühr gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV. Danach mindert sich die Beihilfe um einen Betrag von 10,00 € je Kalendervierteljahr je Beihilfeberechtigten und je berücksichtigungsfähigen Angehörigen für jede erste Inanspruchnahme von ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Leistungen. Die auf Gewährung einer Beihilfe ohne Abzug der Praxisgebühr gerichtete Klage des Beamten wies das VG ab. Das OVG gab der Klage statt.

Gründe:

Der Anspruch auf Bewilligung einer weiteren Beihilfe folgt aus § 79 BBG in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV). Die sich daraus ergebende Beihilfe darf nicht durch die Anwendung von § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV gemindert werden, da diese Bestimmung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nicht wirksam ist.

Dabei ist im Ausgangspunkt allerdings davon auszugehen, dass die Beihilfevorschriften des Bundes für den vorliegenden Fall als solche überhaupt anwendbar sind. Zwar hat das BVerwG entschieden, dass die Beihilfevorschriften als Allgemeine Verwaltungsvorschrift den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehaltes nicht genügen, da es sich um wesentliche Entscheidungen über den Umfang der Beihilfeleistungen handelt, die dem Gesetzgeber vorbehalten sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.6.2004 - 2 C 50.02 -, BVerwGE 121, 103, 109 ff.

Es hat jedoch zugleich hervorgehoben, dass trotz des Defizits normativer Regelungen für eine Übergangszeit von der Weitergeltung der Vorschriften auszugehen ist. Damit ist gewährleistet, dass die Leistungen im Falle der Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Geburt nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht werden.

Dieser Übergangszeitraum war jedenfalls bis zum Ende des Jahres 2004 ersichtlich noch nicht abgelaufen, so dass dessen genaue Länge unter Beachtung des hier für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkts keiner grundsätzlichen Klärung bedarf.

Gleichwohl sieht sich der Senat durch diesen rechtlichen Ausgangspunkt nicht daran gehindert, einzelnen Regelungen aus hiervon unabhängigen Gründen die Wirksamkeit abzusprechen und sie im Rahmen eines Rechtsstreits über Beihilfeansprüche inzident zu verwerfen. Die Übergangsrechtsprechung des BVerwG ist nicht dahin zu verstehen, dass sie die Anwendbarkeit der Beihilfevorschriften bis zum Ende der Karenzzeit auch gegen jeden sonstigen Fehler immunisieren soll.

Die Minderungsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV verstößt schon deshalb gegen höherrangiges Recht, weil es in verfahrensrechtlicher Hinsicht an einer angemessenen Willensbildung des Vorschriftengebers im Blick auf die Verträglichkeit der Regelung mit dem Alimentationsprinzip fehlt.

Zwar unterliegt der Erlass von Beihilferegelungen nach § 200 BBG keinen ausdrücklichen Form- oder Verfahrensvorschriften; auch in der Rechtsprechung sind in der Vergangenheit besondere Anforderungen nicht formuliert worden. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass insoweit keinerlei Bindungen bestünden. Die allgemein bekannten, sich verengenden Rahmenbedingungen der Beihilfegewährung geben Veranlassung, diese Bindungen genauer als bislang geboten herauszuarbeiten. Insbesondere bedarf dabei der Fortentwicklung und Präzisierung, welche Anforderungen das Verfassungsrecht bei Leistungsminderungen oder -ausschlüssen an die Willensbildung des zuständigen Bundesministeriums und an die Herleitung und Konsistenz stellt. Dabei ergibt sich insbesondere als erkenntnisleitender Gesichtspunkt, dass eine hinreichend klare Ableitung von Maßstäben, die zudem eine wirksame Rechtskontrolle von Einschränkungen erlauben würden, innerhalb des praktizierten Systems der Beihilfe nicht in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise möglich ist.

Die Gewährung von Beihilfen findet ihre Grundlage nicht unmittelbar im Alimentationsprinzip, sondern in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dieser muss Vorsorge treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie auch bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird.

Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.2002 - 2 BvR 1053/98 -, BVerfGE 106, 225, 232 und 240 (= juris Rn. 29), und vom 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 -, BVerfGE 83, 89, 99 ff.; BVerwG, z.B. Urteile vom 25.6.1987 - 2 C 57.85 -, BVerwGE 77, 331, vom 12.6.1985 - 6 C 24.84 -, BVerwGE 71, 342, 352, und schon vom 7.10.1965 - VIII C 63.63 -, BVerwGE 22, 160, 164.

Nach der geltenden Rechtslage erfüllt der Dienstherr diese Verpflichtung gegenüber den Beamten (bzw. Richtern) durch eine finanzielle Hilfeleistung, die zu der Eigenvorsorge des Beamten hinzutritt, um seine wirtschaftliche Lage in Fällen besonderer Belastung durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Diese anlassbezogenen Leistungen sollen den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen. Da die dergestalt ergänzend konzipierte Beihilfe nur einen Teil der aus Anlass von Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen entstehenden Aufwendungen des Beamten abdeckt, setzt sie voraus, dass der Beamte aus seinen Mitteln für die Begleichung des übrigen Teils der Aufwendungen selbst Vorsorge trifft. Hierfür stellt der Besoldungsgesetzgeber dem Beamten einen Alimentationsteil zur Verfügung, mit dem er den von der Beihilfe nicht abgedeckten Teil der im Krankheitsfalle zu erwartenden Aufwendungen begleichen kann und soll. Innerhalb des dargestellten Mischsystems genügt der Dienstherr den Anforderungen der Fürsorgepflicht, wenn er sicherstellt, dass der Beamte in den genannten Fällen nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine zumutbare Eigenvorsorge nicht abdecken kann.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, a. a. O., S. 101, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 3.7.2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277, 279 ff.

Das System von Beihilfeleistung einerseits und aus allgemeiner Alimentation finanzierter Eigenvorsorge andererseits ist daher in einem Ergänzungsverhältnis wechselseitig aufeinander bezogen, so dass eine Minderung der Beihilfeleistungen - hier durch Abzug eines quartalsweisen Eigenbehalts - im Ergebnis eine Absenkung des Standards bewirkt, den sich der Beamte oder Ruhegehaltsempfänger tatsächlich aus seinen Bezügen leisten kann.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2.10.2007 - 2 BvR 1715/03, u. a. -, juris.

Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass es den Verwaltungsgerichten im gegenwärtigen System der Beihilfe - und nach den in der Rechtsprechung hierzu bislang entwickelten präzisierenden Prinzipien - unter den gewandelten finanziellen Bedingungen schon im Ansatz nicht gelingen kann, eine allgemeingültige Grenze für materielle Einschränkungen von Beihilfeleistungen festzulegen, die rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen würde. Die Gründe dafür sind eindeutig auszumachen: Die Höhe des Alimentationsteils für die Eigenvorsorge im Krankheitsfall ist betragsmäßig vollständig unbestimmt. Von Verfassungs wegen gedeckt sein müssen lediglich (mindestens) die Kosten einer solchen Krankenversicherung, die zur Abwendung krankheitsbedingter Belastungen erforderlich ist, die von den aufgrund der Fürsorgepflicht erbrachten Leistungen nicht ausgeglichen werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.11.2002, a. a. O., S. 233, 238; Beschluss vom 13.11.1990, a. a. O., S. 98 m. w. N.

Wie hoch dieser Anteil zu veranschlagen ist und ob gar darüber hinausgehende Bezügeanteile in die Alimentation eingerechnet sind, bleibt mangels gesetzgeberischer Präzisierung ungewiss. Denn die Bezüge der Beamten, Richter und Versorgungsempfänger enthalten keinen exakt bestimmbaren Satz oder proportionalen Anteil, mit dem die Eigenvorsorge betrieben werden kann und soll.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.7.2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277, 281; ebenso schon die (rechtskräftigen) Urteile des erkennenden Senats vom 12.11.2003 - 1 A 4753/00 - (juris) und - 1 A 4755/00 -, IÖD 2004, 53 = NWVBl. 2004, 194 = NVwZ-RR 2004, 546 = Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Entscheidungssammlung C IV 2 Nr. 154 = ZBR 2005, 272; nachfolgend BVerwG, Beschlüsse vom 10.3.2004 - 2 B 5.04 -, vom 11.3.2004 - 2 B 6.04 - und vom 12.3.2004 - 2 B 7.04 - (n. v.).

Demgemäß ist nach der bislang vorherrschenden Auffassung die verfassungsrechtliche Grenze der dem Beamten oder Richter zumutbaren finanziellen Belastung im Hinblick auf die Eigenvorsorge erst erreicht, wenn der amtsangemessene Lebensunterhalt nicht mehr gewährleistet ist. Diese Grenze ist ihrerseits u. a. aus Rückwirkungen zu erschließen, die von Kürzungen im Bereich der fürsorgebedingten Hilfeleistungen auf die Alimentation ausgehen. Unter diesem Gesichtspunkt sind in der Vergangenheit etwa solche Kürzungen unbeanstandet geblieben, die sich als im Wesentlichen alimentationsneutral erwiesen oder Leistungen betrafen, die zur Gewährleistung einer medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Versorgung im Krankheitsfall nicht notwendig waren.

Vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 7.11.2002, a. a. O., S. 233 (Wahlleistungen in der Krankenhausversorgung); Beschluss vom 13.11.1990, a.a.O., S. 102 ff. (100 %-Grenze für die Erstattung); BVerwG, Urteil vom 28.4.2005 - 2 C 10.04 -, NVwZ 2006, 217 (Zuzahlungen zu Wahlleistungen).

In anders gelagerten Fällen sind Einschnitte gebilligt worden, wenn sie als "geringfügig" qualifiziert werden konnten. Das BVerwG hat insoweit in seiner Entscheidung zur niedersächsischen Kostendämpfungspauschale (Urteil vom 3.7.2003, a. a. O., S. 281) - im Kern übereinstimmend mit Erwägungen des Senats zur nordrhein-westfälischen Kostendämpfungspauschale I (Urteile vom 12.11.2003) - eine Einkommensminderung von "weniger als einem Prozent der Jahresbezüge" für den Regelfall gebilligt.

Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 - 1 A 4955/05 -, amtlicher Umdruck S. 11 m. w. N.

Derartige Bagatellgrenzen gehen letztlich Hand in Hand damit, dass die geschuldete Fürsorge keine "lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen" in Ergänzung der zumutbaren Eigenvorsorge verlangt. Gewisse weitere Einschränkungen der Alimentation - über das zur Abdeckung von Krankenversicherungsprämien hinaus - können dadurch mit abgedeckt sein.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.9.2001 - 2 BvR 2442/94 -, DVBl. 2002, 114, 115 (zu 2 a bb), unter Bezug auf Beschluss vom 13.11.1990, a. a. O., S. 100 f., 102; BVerwG, Urteile vom 3.7.2003, a. a. O., S. 282, vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, a. a. O. (= juris Rn. 33), und vom 31.1.2002 - 2 C 1.01 -, NJW 2002, 2045, m. w. N. aus der st. Rspr.

Soweit allerdings vor diesem Hintergrund in der hierzu bisher ergangenen Rechtsprechung auch die Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV als rechtmäßig angesehen worden ist, vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluss vom 19.7.2007 - 2 B 56.07 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 15.3.2007 - 4 B 31.05 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.10.2005 - 14 ZB 05.1819 -, juris; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 23.9.2005 - 10 A 10534/05 -, NVwZ 2006, 954; VG Hamburg, Urteil vom 24.3.2006 - 8 K 5654/04 -, juris; VG Neustadt, Urteil vom 13.3.2006 - 3 K 954/05.NW -, NVwZ 2006, 1204; VG München, Urteil vom 20.9.2005 - M 5 K 05.73 -, juris; VG Osnabrück, Urteil vom 22.6.2005 - 3 A 216/04 -, juris; VG Frankfurt/Main, Urteil vom 25.4.2005 - 9 E 5765/04 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 26.1.2005 - Au 7 K 04.1487 u. a. -, juris; VG Saarlouis, Urteil vom 11.1.2005 - 3 K 174/04 -, juris, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.

Zum einen kann die durch die "Praxisgebühr" bedingte finanzielle Belastung nicht ohne Weiteres als nur geringfügig angesehen werden. Die Höhe der den einzelnen Beamten treffenden Belastungen hängt entscheidend von individuellen Faktoren wie dem Familienstand und der regelmäßigen quartalsweisen Inanspruchnahme sowohl von ärztlichen bzw. psychotherapeutischen als auch zahnärztlichen Leistungen ab (wird ausgeführt).

Zum anderen greift die der vorzitierten Rechtsprechung im Wesentlichen zugrunde liegende Betrachtungsweise, die vorrangig die einzelne Leistungsminderung in den Blick nimmt und deren Auswirkung auf die Amtsangemessenheit der dem Beamten gewährten Alimentation jeweils isoliert untersucht, unter den vorliegend gegebenen Rahmenbedingungen der Alimentation einerseits und der Beihilfebemessung andererseits schon im Ansatz zu kurz.

Wie oben gesagt, entspricht es gesicherter Erkenntnis, dass die Minderung des als Alimentation zur Verfügung Gestellten nicht bereits als solche bedeutsam ist, sondern erst dann, wenn etwa infolge zusätzlich auferlegter Belastungen ihre Amtsangemessenheit infrage gestellt ist. Damit wird allerdings der unklare Maßstab der Fürsorge nur durch einen anderen, nicht weniger unklaren ausgetauscht.

Die Frage nach dem Umfang der Beeinflussung der individuellen Besoldungssituation anhand des Maßstabs der Amtsangemessenheit der Alimentation ist - für sich gesehen - als Kriterium für rechtliche Grenzziehungen indes nur dann brauchbar, wenn die Rahmenbedingungen der Alimentation und Beihilfebemessung erkennen lassen, dass insgesamt keine allzu erheblichen Einschnitte bewirkt werden. Hingegen sind Leistungskürzungen und -einschränkungen umso kritischer zu würdigen, je mehr dasjenige, was den Beihilfeberechtigten in seiner Gesamtheit abverlangt wird, in die Nähe eines Eingriffs in die amtsangemessene Alimentation rückt. Eine solch kritische Situation ist im maßgeblichen Zeitpunkt des Jahres 2004 erreicht worden, und zwar sowohl aufgrund beihilferechtlicher Kürzungen als auch mit Blick auf die - das gesamte Bundesgebiet betreffende - Entwicklung der Dienst- und Versorgungsbezüge. Der Bund hat mit dem BBVAnpG 2003/2004 das Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.12.1998 (BGBl. I S. 3642) und das Urlaubsgeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.5.2002 (BGBl. I S. 1780) aufgehoben und bestimmt, dass diese Gesetze (lediglich) bis zum Inkrafttreten bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen zur Gewährung von jährlichen Sonderzahlungen weiter anzuwenden sind. Durch das am 1.1.2004 in Kraft getretene Bundessonderzahlungsgesetz (BSZG) vom 29.12.2003 (BGBl. I S. 3076, inzwischen neugefasst durch Bekanntmachung vom 28.2.2005, BGBl. I S. 464, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 29. 6.2006, BGBl. I S. 1402) sind die vorgenannten Gesetze ersetzt worden. In der Folge wurde der Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung auf 5 v. H. der dem Beamten für das Kalenderjahr zustehenden Bezüge abgesenkt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 BSZG in der für das Jahr 2004 maßgeblichen Fassung); das bisherige Urlaubsgeld wurde ersatzlos gestrichen. Der fortlaufend und zunehmend regressiven Entwicklung der Bezüge stand die progressive Entwicklung der Leistungsminderung der Beihilfe gegenüber. In der Summe hatten die Notwendigkeiten der Eigenvorsorge auch im Bund 2004 einen so erheblichen Umfang erreicht, dass nicht mehr die Feststellung gerechtfertigt war, die Niveauabsenkungen in der Beihilfe könnten über den Zugriff auf Alimentationsanteile aufgefangen werden. Der Senat hat insoweit in der Sache, vgl. OVG NRW, Urteile vom 10.9.2007 - 1 A 4955/05 - (betr. das Jahr 2003), - 1 A 1180/06 - (betr. das Jahr 2004) und - 1 A 3539/06 - (betr. das Jahr 2005), ins Einzelne gehend dargelegt, dass sich die Beamtenbesoldung inzwischen - besonders verschärft in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahre 2003 - allgemein am Rande des Amtsangemessenen bewegt, namentlich wenn der Vergleich mit den Zuwachsraten beim Einkommen im allgemeinen Tarifbereich (Unterschied zwischen etwa 30 % bis 60 %) angestellt wird. Hierauf wird im vorliegenden Zusammenhang verwiesen.

Auch wenn der Umfang des den Beihilfeberechtigten des Bundes an Belastungen Abverlangten individuell sehr stark variiert, wie gerade auch die "Praxisgebühr", deren Höhe im Einzelfall von einer Reihe von Faktoren abhängt, zeigt, und verallgemeinerungsfähige Quantifizierungen deshalb schwer fallen, sind die Eckpunkte der Entwicklung und ihre Auswirkungen doch allgemeinkundig und gerichtsbekannt. Sie ergeben sich namentlich aus den eingangs bezeichneten 27. und 28. allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Änderung der Beihilfevorschriften. Neben der Einführung der "Praxisgebühr" sind hier insbesondere die in § 12 Abs. 1 Satz 1 BhV normierten Eigenbehalte sowohl für Arznei- und Verbandmittel sowie für bestimmte Hilfsmittel und Fahrtkosten als auch bei vollstationären Krankenhausleistungen u. ä. zu nennen, die auf entsprechenden Kostendämpfungsmaßnahmen aufbauen, die bereits im Jahr 1993 in die Beihilfevorschriften aufgenommen worden sind.

Vgl. hierzu ausführlich Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand: Juli 2007, § 12 Abs. 1 Anm. 1.

Zudem ist an die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und b BhV zu denken, wonach nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sowie verschreibungspflichtige Arzneimittel, die von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, von der Beihilfefähigkeit (mit wenigen Ausnahmen) ausgenommen worden sind.

Siehe zu Letzterem OVG NRW, Urteil vom 15.10.2007 - 1 A 2896/06 -.

Für die Entscheidung des vorliegenden Falles bedürfen diese - beispielhaft genannten - Einschnitte keiner weitergehenden Präzisierung; denn maßgeblich sind die für die rechtliche Prüfung zu ziehenden Konsequenzen, die nicht von einer genaueren Quantifizierung der Einschnitte abhängen.

Diese Konsequenzen aus der dargestellten Entwicklung von Alimentation und Fürsorgeleistungen sind im Wesentlichen aus dem Rechtsstaatsgebot herzuleiten. Lässt sich nach Maßstäben materiellen Rechts nicht mehr hinreichend bestimmen, ob die Einschnitte "einen solchen Umfang erreichen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt nicht mehr gewährleistet ist", so BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.9.2001, a. a. O., S. 115 (zu 2 b), oder der "Wesenskern der Fürsorgepflicht" verletzt ist, so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 (= juris Rn. 22), müssen im Gesamtgefüge erheblicher Einschnitte andere Wege beschritten werden, um das verfassungsrechtlich gesicherte Ziel angemessener Fürsorgegewährleistungen zu erreichen, zumal dem Dienstherrn als Fürsorgegeber ein "weiter Gestaltungsspielraum" zugestanden wird.

Zum Gestaltungsspielraum des Normgebers im Beihilferecht vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005, a. a. O., S. 29 f.

Anderenfalls könnte das isolierte gerichtliche Argumentieren mit dem (materiell-rechtlichen) Wesenskern der Fürsorgepflicht unter Hinweis auf die Notwendigkeit wesentlicher Alimentationsminderungen für Normgeber nahezu als Aufforderung missverstanden werden, eine "Salamitaktik" zu verfolgen, mit der - wie in der Vergangenheit geschehen - in kleinen Schritten Beihilfeempfängern sich fortwährend vermehrende Belastungen auferlegt werden, ohne dass bei der einzelnen Kürzung die Gefährdung der Amtsangemessenheit der Alimentation greifbar gemacht werden konnte. Verantwortbar ist die bisher praktizierte gerichtliche Herangehensweise vielmehr nur solange, wie der Abstand zu einer Beeinträchtigung des Amtsangemessenen objektiv und deutlich gewahrt ist. Dies lässt sich für den maßgeblichen Zeitpunkt aber, wie ausgeführt, nicht mehr annehmen.

Befähigt und verpflichtet zur Wahrung des erforderlichen Abstands zur Unteralimentation ist - soweit es im gegenwärtigen System um die Regelung von Beihilfeansprüchen geht - der Dienstherr als Fürsorgegeber. Es ist hingegen nicht Sache der betroffenen Beihilfeberechtigten, eine Gefährdung ihrer Alimentation substanziiert aufzuzeigen, wenngleich sie in bestimmten Prozesslagen gehalten sein mögen, die ihrer Sphäre zuzurechnenden Umstände zur individuellen Besoldungs- oder Versorgungssituation darzulegen.

Vgl. etwa jüngst BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2007 - 2 BvR 1673/03 u. a. -, amtlicher Beschlussabdruck S. 14.

Verfassungsrechtlich ist jedoch klar, dass es der Dienstherr ist, der den Anforderungen genügen muss, die ihm aus der Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten erwachsen; er - nicht der Beamte - muss abstrakt-generelle Vorkehrungen treffen und sicherstellen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen u.a. durch Krankheit nicht gefährdet wird.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 25.9.2001, a. a. O., S. 115, vom 7.11.2002 a. a. O., S. 232, und vom 13.11.1990, a. a. O., S. 100, 101.

Die rechtliche Konsequenz dieser Zusammenhänge ist von daher, dass den Dienstherrn, der Kürzungen oder Einschränkung der Beihilfe unter wesentlich sich verengenden Rahmenbedingungen der Fürsorgegewährung vornehmen will, eine verfassungsrechtlich begründete Pflicht trifft, sich über die Auswirkungen seiner Regelung im Gesamtgefüge von Eigenvorsorge, Beihilfe und verfügbarer Alimentation angemessen zu vergewissern. Gerade bei kleinschrittigen Einschränkungen ist es unabdingbar, die Gesamtbelastung in den Blick zu nehmen. Eine solche sachangemessene Aufklärung der Entscheidungsgrundlagen und der Auswirkungen ist Mindestvoraussetzung dafür, dass eine einschränkende Beihilferegelung unbeanstandet bleiben kann. Letztlich ist dem Dienstherrn damit eine Ausgestaltung des Erlassverfahrens abverlangt, die ihm ausreichende Entscheidungsgrundlagen verschaffen kann.

Fehlen - wie bei planerischen oder sonst zielorientierten Regelungen - materielle Standards gültiger und objektiv nachvollziehbarer Ableitung, so gewinnt der Gesichtspunkt des Grundrechtsschutzes "durch Verfahren" zugunsten der von einer Regelung Betroffenen an Bedeutung, hier zum Schutz der grundrechtsähnlichen Rechte aus Art. 33 Abs. 5 GG. Eine derartige verfahrensrechtliche Komponente der Beihilfekonkretisierung war und ist auch ohne einfachrechtliche Vorgabe stets zu beachten. Sie ist nicht mehr und nicht weniger als ein sachlogisches Element des Gestaltungsauftrags des Fürsorgegebers und folgt aus dem objektiv-rechtlichen Gewährleistungsgehalt der verfassungsrechtlich fundierten Fürsorgepflicht.

Wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher in diesem Zusammenhang das Bestehen eines von den Gerichten zu akzeptierenden Gestaltungsspielraums des Dienstherrn bei der Konkretisierung der Beihilfe betont hat, so war damit stets vorausgesetzt, dass die eingeräumten Freiräume den Fürsorgegeber zu der ihm aufgetragenen Gestaltung in die Lage versetzen sollen und dass der Fürsorgegeber seinen Gestaltungsauftrag auch wahrnimmt. Ist dies festzustellen, so kann das Ergebnis gerichtlicherseits grundsätzlich nicht unter Hinweis auf denkbare abweichende Gestaltungen kritisiert werden. Davon abzugrenzen ist aber der Fall, dass - erkennbar oder nicht - eine Regelung ohne jene Schritte getroffen wird, die nach den Verhältnissen des Falles zur angemessenen Ausübung von Gestaltungsfreiheit erforderlich sind. Denn Gestaltung ohne hinreichende Kenntnis ihrer Bedingungen ist ein Widerspruch in sich.

Die verfahrensrechtliche Dimension der Überprüfung durch den Fürsorgegeber liegt nicht in abstrakter Weise fest. Sie kann und muss sich namentlich den Verhältnissen der Zeit und den voraussichtlich eintretenden Gestaltungswirkungen anpassen. Der Aufwand bei deren Ermittlung und Bewertung kann daher gering bleiben, wenn sich eine Beihilfeeinschränkung auf die Alimentation letztlich nicht auswirkt oder deren Höhe erkennbar deutlich über dem Amtsangemessenen liegt. Es dürfte auf solche Rahmenbedingungen zurückgehen, dass in der Rechtsprechung bislang nicht thematisiert worden ist, unter Beachtung welcher Rechtsgrundsätze die Festlegung des angemessenen Umfangs fürsorgerischer Hilfeleistungen gelingen kann. Unter wesentlich veränderten Vorzeichen kann es dabei indes nicht bleiben. Der Dienstherr ist dann vor Reduzierungen von Beihilfeleistungen rechtlich gehalten, die Rahmenbedingungen seiner Fürsorge, zu denen insbesondere auch die gewährte Alimentation gehört, in den Blick zu nehmen und die Umstände und Auswirkungen der von ihm geplanten Regelung - auch aus Bereichen anderer Leistungsträger - umso intensiver zu ermitteln und zu bewerten, je mehr sich die Randbedingungen der Beihilfe verschärfen. Das Verfehlen dieser verfahrensrechtlichen Anforderungen kann ein betroffener Beamter als Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 5 GG geltend machen.

Dieses grundrechtsgleiche Recht ist hier das Recht des Beamten darauf, dass der fürsorgegebende (hier: beihilfegewährende) Dienstherr nicht die amtsangemessene Alimentation gefährdet.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990, a. a. O.

Handelt es sich hierbei wie dargelegt nicht um eine numerisch festlegbare Größe, sondern ist die amtsangemessene Alimentation nur durch die Beachtung der Relation des (verbleibenden) Nettoeinkommens mit demjenigen im Tarifbereich für vergleichbare Tätigkeiten üblichen Nettogehalt festzumachen, so bezieht sich die entsprechend zu fordernde Vergewisserung über die Auswirkungen einer Beihilfekürzung gerade auf die vom Fürsorgegeber insoweit zu berücksichtigende Gesamtheit gegebenenfalls bestehender weiterer und weitergehender Einschnitte im Fürsorge- und/oder Alimentationsbereich. Der selbst vom BVerfG, - vgl. zuletzt Beschluss vom 2.10.2007, a. a. O., juris Rn. 29 -, immer wieder bemühte, prozessual und inhaltlich aber folgenlos gebliebene Hinweis, bei Absenkung der Beihilfe und entsprechender Auswirkungen auf die Nettoalimentation müsse der Beamte an den Alimentationsgeber mit der gegebenenfalls berechtigten Beschwerde herantreten, er, der Beamte, sei nunmehr unteralimentiert, übersieht erstens, dass die oben dargelegte verfassungskräftige Pflicht zur Vermeidung einer Unteralimentation gerade auch für den fürsorgegebenden Dienstherrn besteht und zweitens, dass es bei Identität von alimentierendem und beihilfegewährendem Dienstherrn wie vorliegend einen nachvollziehbaren Grund für die getroffene Unterscheidung zwischen alimentierendem und fürsorgegebendem Dienstherrn nicht gibt. Streitgegenstand einschlägiger im Beihilferecht wurzelnder Klagen ist nämlich die Rechtsbehauptung, die amtsangemessene Alimentation werde durch jeweils in Rede stehende beihilferechtliche Restriktionen sowie eventuelle sonstige finanzielle Einschnitte gefährdet. Allein daraus, dass unter den obwaltenden Umständen die Gesamtheit der die Bezüge ebenso wie die Beihilfeleistungen betreffenden Restriktionen die Alimentation der Beamten an den Rande des Amtsangemessenen gebracht haben, erwächst die Pflicht des Dienstherrn, vor dem Ergreifen einschlägiger Restriktionen deren potentielle Auswirkungen auf die Amtsangemessenheit der Alimentation sachbezogen zu ermitteln und diese Auswirkungen mit den öffentlichen Belangen abwägend zu gewichten, die - offen benannt - mit den weitergehenden finanziellen Restriktionen verfolgt werden. Bei dieser Sichtweise bleibt es außer Betracht, den betroffenen Beamten darauf zu verweisen, sich an (denselben) Dienstherrn als Alimentationsgeber zu wenden. Der Senat übersieht selbstverständlich nicht, dass durch die erwähnte Rechtsprechung des BVerfG letztlich dem Dienstherrn als Fürsorgegeber "freie Hand" eröffnet sein soll, ersatzlos Beihilfe zu streichen und abzuwarten, ob die betroffenen Beamten sich an ihn selbst als Alimentationsgeber klagend wenden. Da wie im gegebenen Fall der Dienstherr aber als solcher überhaupt nicht rechtlich teilbar, sondern in einer Rechtsperson sowohl Alimentations- als auch Fürsorgegeber ist, enthielte es einen verfassungsrechtlich bedeutsamen Verstoß gegen die Treue- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn, wenn dieser Absenkungen auf der Beihilfeseite einseitig, d. h. ohne Ausgleich auf der Alimentationsseite vornehmen würde und dabei klar wäre, dass die Beamten aktuell und generell bereits am Rande des Amtsangemessenen der Alimentation gehalten werden. Letzteres ist hier, wie bereits dargelegt, der Fall. Die von der Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation zu unterscheidende, aber ebenso verfassungskräftig verbürgte Pflicht, sie, diese amtsangemessene Alimentation, nicht zu gefährden, ergänzt den zunehmend dringlicher werdenden Schutz der Beamten vor weiteren Aushöhlungen ihrer finanziellen Lebensgrundlage.

Den daraus erwachsenden Anforderungen an die materielle Überprüfung der Auswirkungen einer einschränkenden Beihilferegelung kann nicht mit dem Hinweis begegnet werden, dass es sich um untergesetzliche Normen handele, bei denen nach allgemeinen - auch in der Rechtsprechung des erkennenden Senats anerkannten - Grundsätzen für die Gültigkeit das Ergebnis des Rechtssetzungsaktes maßgeblich ist und eine Prüfung des Abwägungsvorgangs nur dann erfolgt, wenn eine besonders gestaltete Bindung des Normgebers an gesetzlich formulierte Abwägungsdirektiven besteht.

Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 10.9.2007 - 1 A 4955/05 -, amtlicher Abdruck S. 24 m. zahlr. Nachw.

Bei den Beihilfevorschriften handelt es sich um administrative Bestimmungen (Innenrecht der Verwaltung), die nicht die Eigenschaft von Rechtsnormen haben.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 15.12.2005, a. a. O., und vom 25.6.1964 - 8 C 23.63 -, BVerwGE 19, 48, 53 ff.

Daran ändert der Umstand nichts, dass sie in gewisser Hinsicht wie revisible (Außen-)Rechtsnormen behandelt werden, nämlich in ihrer anspruchsbegründenden Wirkung (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 BhV) und hinsichtlich der Auslegung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.6.2004, a. a. O., S. 108 m. w. N.

Diese Rücksichten dienen im Wesentlichen dem Schutz der Anspruchsberechtigten und erlauben noch keine Einschränkung des Prüfungsumfangs, der bei Einzelakten, insbesondere solchen mit vergleichbaren Abwägungsnotwendigkeiten auch bezogen auf den Entstehungsvorgang selbstverständlich ist. Die bei Rechtssetzungsakten - auch solchen der Exekutive - geübte Zurücknahme der gerichtlichen Kontrolle, die vor allem im Absehen von einer Motiverforschung besteht, wurzelt nämlich in der Anerkennung des typischerweise mit ihnen verbundenen normativen Ermessens, das in einer besonderen demokratischen Legitimation der Normgeber seine Rechtfertigung findet. Der Bundesminister des Innern hingegen kann bei der Wahrnehmung der Fürsorgepflicht durch Erlass der Beihilfevorschriften keine vergleichbare Legitimation in Anspruch nehmen. Er kann sich nicht einmal auf eine Inhalt, Zweck und Ausmaß umreißende Ermächtigung (vgl. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) stützen, in deren Rahmen der parlamentarische Gesetzgeber eigene Gestaltungsfreiräume an den Fürsorgegeber weiterleitet und mit der vorbehaltlich gesetzlicher Beschränkungen Bewertungsspielräume verbunden sind, die sonst dem parlamentarischen Gesetzgeber selbst zustehen.

Den so zu umreißenden Anforderungen hat der Fürsorgegeber mit Blick auf die streitige Minderungsregelung nicht ansatzweise genügt. Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass ihm mit der Prüfung der Gestaltungswirkungen etwas Unmögliches abverlangt werde (wird ausgeführt).

Vor Erlass der streitigen Regelung ist jede Prüfung dieser Art unterblieben; insofern ist ein (vollständiger) Ausfall bei der Wahrnehmung der dem Fürsorgegeber eingeräumten Prärogativen festzustellen. Dies ergibt sich aus der parlamentarisch bekundeten Absicht, jene Be- und Entlastungen, welche die gesetzlich Krankenversicherten infolge der Maßnahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes treffen

- Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003, BGBl. I S. 2190, 2194, in Kraft ab 1.1.2004 - ,

"wirkungsgleich in die Beihilfe- und Versorgungsregelungen für Minister, Abgeordnete und Beamte" zu übertragen.

Vgl. Nr. IV der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 24.9.2003, BT-Drucks. 15/1584, S. 10, angenommen vom Deutschen Bundestag mit Beschluss vom 26.9.2003, Stenografischer Bericht der 64. Sitzung, Plenarprotokoll 15/64, S. 5475.

Die vorliegend gebotene Prüfung konnte mithin nicht vorgenommen werden, weil die vorgegebene wirkungsgleiche Übertragung der Be- und Entlastungen von gesetzlich Krankenversicherten auf die Beihilfe- und Versorgungsberechtigten sich ansonsten kaum hätte durchsetzen lassen. Darin liegt zwar ein nachvollziehbarer und nicht aus sich heraus und von vornherein zu verwerfender Grund für die vorgenommenen Belastungen. Es sind jedoch keine Ermittlungen oder Erwägungen angestellt worden, um zu klären, ob sich das vorgegebene Ziel ohne unzumutbare Rückwirkungen auf die Alimentationssituation möglicher Betroffener verwirklichen ließ. Das Ergebnis solcher Ermittlungen oder Erwägungen kann schließlich auch nicht darin gesehen werden, dass § 12 Abs. 2 BhV eine Belastungsgrenze von 2 v. H. - bzw. 1 v. H. für chronisch Kranke - des jährlichen Einkommens vorsieht, bei deren Überschreiten Beträge nach § 12 Abs. 1 BhV auf Antrag des Beihilfeberechtigten nicht mehr abzuziehen sind. Diese Bestimmung ist selbst lediglich der im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden (allgemeinen) Härtefallregelung des § 62 SGB V nachempfunden und nimmt daher insoweit die (besondere) Alimentationssituation der Beamten erkennbar nicht in den Blick. Dessen ungeachtet erfasst die Belastungsgrenze nach § 12 Abs. 2 BhV mit den Eigenbehalten nach Absatz 1 auch nur einen Teil der im hier zu betrachtenden Zusammenhang maßgeblichen Belastungen und betrifft etwa den Ausschluss verschreibungs- bzw. nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und b BhV schon im Ansatz nicht.

Nach alledem ist der Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV insgesamt die Wirksamkeit abzusprechen. Dass die hierdurch bewirkte Beihilfeminderung nicht einkommensneutral bleibt, liegt auf der Hand. Die "Praxisgebühr" ist zudem auch nicht versicherbar (wird ausgeführt).

Ende der Entscheidung

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