Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 17.02.2003
Aktenzeichen: 1 B 2544/02.PVL
Rechtsgebiete: LPVG NRW, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

LPVG NRW § 79 Abs. 2 Satz 1
LPVG NRW § 66 Abs. 3 Satz 4
ArbGG § 85 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 935
ZPO § 940
Der Charakter des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens als eines objektiven Verfahrens hindert nicht den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit einem Ausspruch verfahrensrechtlichen Inhalts in dem Sinne, dass er sich auf Verfahrenshandlungen bezieht, wie hier die Verpflichtung, dem Mitbestimmungsverfahren einstweilen Fortgang zu geben (Abkehr von der Rechtsprechung des OVG NRW, Beschlüsse vom 14.10.1991 - 1 B 1690/91.PVL -, PersR 1992, 68, und vom 6.9.1994 - 1 B 1548/94 PVB -, PersR 1994, 571.)

Zum Erlass einer einstweiligen Verfügung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren, die auf die Verpflichtung des Dienststellenleiters zielt, einem - offensichtlich zu Unrecht - unter Hinweis auf eine - vermeintlich - nach § 66 Abs. 3 Satz 4 LPVG NRW unbeachtliche Zustimmungsverweigerung abgebrochenen Mitbestimmungsverfahren einstweilen Fortgang zu geben.


Tatbestand:

Der antragstellende Personalrat verweigerte seine Zustimmung zu einer vom Beteiligten beabsichtigten und zur Mitbestimmung gestellten Umsetzung eines Beschäftigten u.a. mit der Begründung: Mit Blick auf die fehlenden Vorkenntnisse und die notwendige Einarbeitung des Beschäftigten sei eine übergebührliche Belastung für die bereits eingesetzten Beschäftigten zu erwarten. Es werde nicht verkannt, dass die Mehrbelastungen zur Einarbeitung von Mitarbeitern in vielen Fällen unvermeidbar seien. Indes stellten sie in diesem speziellen Fall eine unbillige Härte und damit einen Verstoß gegen das Gebot von Recht und Billigkeit zum Nachteil der im fraglichen Bereich bereits tätigen Kollegen/innen dar. Dies gerade deshalb, weil sie vermeidbar seien und eine Dienststelle beträfen, die diese Belastung aufgrund des geringen Personalbestands bei gleichzeitig großem und vor allem unplanbarem Arbeitsaufkommen besonders hart treffe. Aufgrund der aktuellen Funktionsausschreibung sei bekannt, dass eine andere Lösung realsierbar sei, nämlich die Umsetzung eines anderen Kollegen mit einer sechsjährigen Vorverwendungszeit. Der Beteiligte erachtete die Zustimmungsverweigerung u.a. mit der Begründung als unbeachtlich, dass eine rechtserhebliche Position der Mitarbeiter nicht erkennbar sei. Dagegen wendete sich der Antragsteller und ersuchte um vorläufigen Rechtsschutz im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Fachkammer für Landespersonalvertretungssache des VG lehnte den Antrag ab. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat der Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen des OVG NRW den Beteiligten im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, dem Mitbestimmungsverfahren in Bezug auf die streitige Umsetzung einstweilen Fortgang zu geben und die Beschwerde im Übrigen abgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde, über die der Fachsenat gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW, §§ 87 Abs. 3 Satz 1, 85 Abs. 2 ArbGG, § 937 Abs. 2 ZPO sowie in entsprechender Anwendung von § 944 ZPO, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3.3.1998 - 1 B 53/98.PVL -, ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter entscheidet, hat in der Sache in dem sich aus der Beschlussformel ergebenden Umfang Erfolg.

Die im Beschwerdeverfahren weiter verfolgten Anträge sind begründet, soweit sie sinngemäß zugleich hilfsweise auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet sind, den Beteiligten zu verpflichten, das abgebrochene Mitbestimmungsverfahren einstweilen fortzuführen.

Nach den gemäß § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG entsprechend anwendbaren Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts eines Beteiligten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), oder wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Die Gefährdung des Rechts bzw. die Notwendigkeit einer Regelung, d. h. der Verfügungsgrund, und der Verfügungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Darüber hinaus darf die einstweilige Verfügung grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist, und die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Allerdings kann es die Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erfordern, durch eine einstweilige Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreichbar ist und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn die Versagung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zu einem endgültigen Rechtsverlust oder sonstigen irreparablen Zustand führt. Dabei sind die Belange des Antragstellers und des Beteiligten sorgfältig abzuwägen und strenge Anforderungen an die materiellen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung zu stellen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28.1.2003 - 1 B 1681/02.PVL - und vom 14.1.2003 - 1 B 1907/02.PVL -, jeweils m.w.N.

Diese Anforderungen sind für das Begehren des Antragstellers einschlägig. Denn der Antragsteller erstrebt mit dem Erlass der einstweiligen Verfügung, den (einstweiligen) Fortgang des abgebrochenen Mitbestimmungsverfahrens zu erreichen, und damit (jedenfalls zeitweilig) die (faktische) Vorwegnahme des Ergebnisses einer Entscheidung zur Hauptsache.

Die genannten Anforderungen sind vorliegend erfüllt.

Ein Verfügungsgrund ist i.S.d. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht, da die in Streit stehende Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zu der vom Beteiligten beabsichtigten Maßnahme offensichtlich beachtlich ist. Die nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 - 2. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW als Umsetzung mitbestimmungspflichtige Personalmaßnahme gilt nicht als vom Antragsteller nach § 66 Abs. 3 Satz 4 LPVG NRW gebilligt.

Im Rahmen der Zustimmungsverweigerung ist jede Begründung beachtlich, die hinreichend erkennen lässt, dass die Zustimmungsverweigerung auf die Wahrnehmung der durch den in Rede stehenden Mitbestimmungstatbestand geschützten Interessen zielt. Nur wenn die angegebenen Gründe offensichtlich außerhalb der eingeräumten Mitbestimmung liegen, entfällt ihre Beachtlichkeit, so etwa, wenn der Personalrat die Zustimmung allein deshalb versagt, um seine Beteiligung an einer anderen Maßnahme zu erreichen, die aber seiner Mitbestimmung entzogen ist.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30.10.2002 - 1 A 142/00 - und vom 21.6.2001 - 1 A 5600/99.PVL -, ZfPR 2001, 304 = PersR 2001, 527 = PersV 2002, 216, jeweils m.w.N.

Davon ausgehend genügte der Antragsteller den Anforderungen an eine beachtliche Zustimmungsverweigerung, als er zu ihrer Begründung im Schreiben vom 10.10.2002 vor dem Hintergrund des bisherigen dienstlichen Werdegangs des X., der im Erörterungsgespräch von dem Beteiligten auch als "Orchideenlaufbahn" bezeichnet worden ist, u. a. ausführte: Mit Blick auf die fehlenden Vorkenntnisse und die notwendige Einarbeitung des X. sei eine übergebührliche Belastung für die in der Wache bereits eingesetzten Beschäftigten zu erwarten. Es werde nicht verkannt, dass die Mehrbelastungen zur Einarbeitung von Mitarbeitern in vielen Fällen unvermeidbar seien, indes in diesem speziellen Fall eine unbillige Härte und damit einen Verstoß gegen das Gebot von Recht und Billigkeit zum Nachteil der Kollegen/innen auf der Kriminalwache darstellten. Dies gerade deshalb, weil sie vermeidbar seien und eine Dienststelle beträfen, die diese Belastung aufgrund des geringen Personalbestands bei gleichzeitig großem und vor allem unplanbarem Arbeitsaufkommen besonders hart treffe. Aufgrund der aktuellen Funktionsausschreibung sei bekannt, dass eine andere Lösung realisierbar sei, nämlich die Umsetzung eines anderen Kollegen mit einer sechsjährigen Vorverwendungszeit auf einer Kriminalwache.

Diese Begründung weist einen hinreichenden Bezug zu den durch den in Rede stehenden Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 - 2. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW geschützten Interessen auf. Die Mitbestimmungsbefugnis nach dieser Vorschrift dient neben dem Schutz des von der Umsetzung unmittelbar betroffenen Beschäftigten gerade auch den (kollektiven) Interessen der weiteren von der Umsetzung betroffenen Beschäftigten, namentlich des aufnehmenden Arbeitsumfelds. Dabei kann der Antragsteller - wie bei Einstellungen - sonstige nicht in Rechtsansprüche zu fassende Belange der bereits in dem fraglichen Bereich beschäftigten Betroffenen geltend machen, ohne dass es darauf ankäme, ob die Berücksichtigung dieser Belange - wenn wie vorliegend der Umsetzung ein an der Bestenauslese ausgerichtetes Auswahlverfahren vorausgegangen ist - im Ergebnis zu einer anderen Auswahlentscheidung in Bezug auf die Person, die umgesetzt werden soll, zwingen kann.

Der Antragsteller ist dabei auch nicht darauf beschränkt, allein rechtliche Positionen der bereits im fraglichen Arbeitsumfeld beschäftigten Mitarbeiter "mit gesteigerter Qualität" geltend zu machen. Dies verkennt der Beteiligte offensichtlich, wenn er ausführt, dass das im Hinblick auf die Beachtlichkeit der geltend gemachten Rechtsnachteile des Konkurrenten Gesagte entsprechend für die Begründung des Antragstellers gelte, aufgrund der Vorerfahrungen des Mitbewerbers sei der Grundsatz von Recht und Billigkeit verletzt, weil die Maßnahme eine besondere Härte für die Mitarbeiter darstelle; auch hier sei eine rechtserhebliche Position der Mitarbeiter nicht erkennbar. Der Fachsenat hat in seinem Beschluss vom 29.1.1997 - 1 A 3150/93.PVL -, ZTR 1997, 335 = NWVBl. 1997, 351= Schütz/Maiwald, BeamtR ES/D IV 1 Nr. 90 = PersR 1998, 72, die Anforderung, dass der Personalrat eine "Position mit rechtlich gesteigerter Qualität" - im Sinne des Verlustes eines Rechts, einer Anwartschaft innerhalb des Dienstverhältnisses oder anderer rechtlich erheblicher Positionen der vermeintlich benachteiligten Beschäftigten - in Anspruch nehmen muss, allein in Bezug auf eine im Rahmen eines die Einstellung betreffenden Mitbestimmungsverfahrens gerügte Übergehung/Nichtberücksichtigung behördeninterner Bewerber gegenüber externen entwickelt. Eine Übertragung auf Fälle vorliegender Art, in denen nicht die Benachteiligung eines übergangenen Bewerbers um einen Dienstposten geltend gemacht wird, sondern unzumutbare Auswirkungen einer Umsetzung auf die Arbeitsbelastung der bereits in der aufnehmenden Wache Beschäftigten, verbietet sich. Schließlich sind es gerade auch die (kollektiven) Auswirkungen einer Umsetzung auf die im neuen Arbeitsumfeld Beschäftigten, die im Rahmen der Mitbestimmung nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 - 2. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW zur Erörterung gelangen sollen.

Zu den kollektiven Belangen, die in diesem Zusammenhang vom Antragsteller geltend gemacht werden können, gehören insbesondere auch fürsorgerische Belange von nicht unerheblichem Gewicht. Dazu zählt auch das Interesse der Beschäftigten, keinen unzumutbaren Arbeitsanforderungen ausgesetzt zu werden.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21.6.2001 - 1 A 5600/99.PVL -, a.a.O., und vom 29.1.1997 - 1 A 3151/93.PVL -, ZfPR 1997, 117 = PersR 1997, 368.

Freilich ist für die Beachtlichkeit einer Zustimmungsverweigerung erforderlich, dass die Einwendungen eine ausreichende Anknüpfung im konkreten Sachverhalt haben und hinreichend substantiiert sind. Dem genügten die Ausführungen des Antragstellers zu den befürchteten zusätzlichen Arbeitsbelastungen in der Kriminalwache ebenfalls. Insbesondere hat der Antragsteller weitergehende Aspekte angeführt, die auf eine zu erwartende Belastung der Beschäftigten deuten, die über die Mehrarbeit weit hinausgeht, die regelmäßig bei der Einarbeitung eines neuen Kollegen entsteht.

Der Antragsteller hat auch einen Verfügungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht. Ihm drohen wegen der zu erwartenden Verfahrensdauer in der Hauptsache für den Fall, dass die Frage der Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung nicht schon jetzt einer materiellen Prüfung zugeführt wird, unzumutbare Nachteile. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller die Feststellung, dass die streitige Umsetzungsmaßnahme nicht als nach § 66 Abs. 3 Satz 4 LPVG NRW gebilligt gilt, unbeschadet der Dauer des Verfahrens im Hauptsacheverfahren doch noch erreichen kann. Schließlich wird das diesbezügliche an den konkreten Streitfall anknüpfende Feststellungsbegehren der Hauptsache auch nach erfolgter Umsetzung zulässig bleiben, soweit diese fortwirkt. Denn solange kann das konkrete Mitbestimmungsverfahren fortgesetzt werden.

Vorliegend gilt es indes zu beachten, dass ohne den Erlass der sich aus der Beschlussformel ergebenden einstweiligen Verfügung eine unzumutbare Beinträchtigung sowohl der Belange der vom Antragsteller vertretenen Beschäftigten als auch des Interesses des Antragstellers an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Aufgaben zu befürchten ist.

So liegt es auf der Hand, dass die Beschäftigten der durch die Umsetzung des X. in erheblichem Umfang belastet werden. Diese Belastung geht angesichts des bisherigen beruflichen Werdegangs des X. weit über das hinaus, was im Regelfall bei einer Umsetzung anfällt. Sollte das Mitbestimmungsverfahrens angesichts der möglicherweise mehrjährigen Dauer des Hauptsacheverfahrens erst in Jahren durchgeführt werden, könnte den vom Antragsteller befürchteten Belastungen der Beschäftigten nicht mehr effektiv begegnet werden.

Zugleich hat der Beteiligte bei seiner Argumentation zur Unbeachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung - insoweit von Bedeutung über den Einzelfall hinaus - offensichtlich die Reichweite der personalvertretungsrechtlichen Kompetenzen des Antragstellers bei Umsetzungsmaßnahmen allgemein verkannt. Letzteres lässt befürchten, der Beteiligte werde ohne Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung bis zur Klärung in der Hauptsache in entsprechender Weise die Beachtlichkeit von Zustimmungsverweigerungen in Bezug auf andere Umsetzungsmaßnahmen, mit denen der Antragsteller Belange der von einer Umsetzung mittelbar betroffenen Beschäftigten anführt, zu Unrecht davon abhängig machen, dass der Antragsteller eine besondere Position mit rechtlich gesteigerter Qualität im Sinne der genannten Rechtsprechung des Fachsenats, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.1.1997 - 1 A 3150/93.PVL - , a.a.O., geltend macht.

Angesichts der mit der Vorgehensweise des Beteiligten verbundenen Einbußen in der effektiven Interessenwahrnehmung ist deshalb dem Antragsteller gerade auch, weil sich die Rechtswidrigkeit des Abbruchs des Mitbestimmungsverfahrens - wie es sich aus vorstehenden Erwägungen ergibt - geradezu aufdrängt, ein Abwarten des Hauptsacheverfahren nicht zuzumuten. Zur Wahrung der genannten Interessen des Antragstellers ist es aufgrund dessen erforderlich, zugleich aber auch ausreichend, den Beteiligten im Wege des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zu verpflichten, einstweilen dem Mitbestimmungsverfahren in der streitigen Angelegenheit der Umsetzung des X. Fortgang zu geben.

Der Erlass einer auf die vorläufige Vornahme einer Verfahrenshandlung gerichteten einstweiligen Verfügung ist im Rahmen eines auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zielenden personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens grundsätzlich zulässig. Der Charakter des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens als eines objektiven Verfahrens steht zwar der Annahme eines materiell-rechtlichen gerichtlich durchsetzbaren Verpflichtungsanspruchs des Personalrats auf Vornahme bestimmter Verfahrenshandlungen durch den Dienststellenleiter ebenso wie eines Unterlassungsanspruchs entgegen. Dies hindert indes nicht den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit einem Ausspruch verfahrensrechtlichen Inhalts in dem Sinne, dass er sich auf Verfahrenshandlungen bezieht, wie hier die Verpflichtung, dem Mitbestimmungsverfahren einstweilen Fortgang zu geben. Das Mitbestimmungsverfahren ist dann vorläufig - quasi auf Vorrat - durchzuführen; die gewonnenen Ergebnisse können, je nach Ausgang des Hauptsacheverfahrens, ggf. später abgewickelt werden.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.7.1990 - 6 PB 12.89 -, Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 53 = PersR 1990, 297 = PersV 1991, 29 = ZBR 1990, 354 = ZTR 1991,81; Anm. Albers, ZBR 1990, 356; ders., PersV 1993, 487.

Der Fachsenat schließt sich damit der Rechtsprechung des BVerwG an und löst sich von der in seinen Beschlüssen vom 14.10.1991 - 1 B 1690/91.PVL - (PersR 1992, 68) und vom 6.9.1994 - 1 B 1548/94.PVB - (PersR 1994, 571) aufgezeigten gegenteiligen Rechtsauffassung. Unüberwindbare dogmatische Bedenken und unbefriedigende praktische Konsequenzen werden nicht (mehr) gesehen.

Mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung verfahrensrechtlichen Inhalts wird die Rechtslage, dass dem Personalrat regelmäßig kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch darauf zusteht, dass ein Mitbestimmungsverfahren eingeleitet oder fortgeführt wird, nicht etwa umgangen. Es wird gerade kein einklagbarer materiell-rechtlicher Anspruch auf Vornahme oder Unterlassen bestimmter Verfahrenshandlungen begründet oder vorausgesetzt. Vielmehr wird - unter bestimmten engen Voraussetzungen - eine Regelung zur Verhinderung unzumutbarer Nachteile des Personalrats getroffen. Dabei knüpft der Ausspruch mit seinem verfahrensrechtlichen Inhalt an die nach objektiven Recht bestehende Verpflichtung des Dienststellenleiters an, bei gegebener Sachlage - hier der Beachtlichkeit einer Zustimmungsverweigerung - dem Mitbestimmungsverfahren Fortgang zu geben. Ein individueller Anspruch des Personalrats auf Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens dient demgegenüber nicht als Anknüpfung.

Durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung verfahrensrechtlichen Inhalts wird zugleich dem Umstand Rechnung getragen, dass es um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes geht. Der Personalrat soll allenfalls einstweilen so gestellt werden, als bestünde das geltend gemachte Recht, d.h. als entspräche die objektive Rechtslage derjenigen, die im Hauptsacheverfahren festgestellt werden soll. Demgegenüber würde durch eine entsprechende Feststellung der Rechtslage selbst im einstweiligen Verfügungsverfahren - da es eine "vorläufige" Feststellung zur Rechtslage nicht geben kann - die Hauptsache endgültig vorweggenommen.

Wird aber der Personalrat in Konsequenz dessen im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzverfahrens nur so gestellt, als entspräche die Rechtslage seinem in der Hauptsache verfolgten Feststellungsbegehren, erschließt sich zugleich, dass die ausgesprochene Verpflichtung des Dienststellenleiters, dem Mitbestimmungsverfahren einstweilen Fortgang zu geben, insoweit auch nicht über das hinausgeht, was im Hauptsacheverfahren zugesprochen werden kann.

Der Erlass einer einstweilige Verfügung verfahrensrechtlichen Inhalts in Fällen vorliegender Art führt namentlich auch nicht etwa zu unpraktikablen Lösungen. Die Gefahr eines weiteren Hauptverfahrens zur Beseitigung der Ergebnisse eines vorläufig durchgeführten Beteiligungsverfahrens erscheint - auch in den hier nicht in Rede stehenden Fällen, in denen die Einigungsstelle endgültig entscheidet - spekulativ. Selbst wenn in diesen Fällen der Dienststellenleiter im Hauptsacheverfahren obsiegen sollte, wird sich dann zugleich auch ein Beschluss der Einigungsstelle als unwirksam erweisen, der die fragliche Maßnahme mit bindender Wirkung untersagt hat.

Vgl. Albers, a.a.O, 491.

Das über den Erlass einer einstweiligen Verfügung verfahrensrechtlichen Inhalts hinausgehende Begehren des Antragstellers ist hingegen unbegründet.

Die mit dem Hauptantrag weitergehend beantragte Feststellung der Verletzung eines Mitbestimmungsrechts im Wege einstweiliger Verfügung scheidet schon deshalb aus, weil selbst im Hauptsacheverfahren der Antragsteller zulässigerweise allein die Feststellung verfolgen kann, dass die zur Mitbestimmung gestellte Maßnahme nicht als gebilligt i.S.d. § 66 Abs. 3 Satz 4 LPVG NRW gilt.

Anlass im Wege einstweiliger Verfügung im Sinne des vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren hilfsweise weitergehend geltend gemachten Antrags, die entsprechende Feststellung des Hauptsacheverfahrens zu treffen und damit die Hauptsache endgültig vorwegzunehmen, besteht unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus den dargestellten Gründen ebenfalls nicht.

Ende der Entscheidung

Zurück