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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 07.03.2005
Aktenzeichen: 10 A 2994/02
Rechtsgebiete: GebG NRW, ÖbVermIngBO NRW, KAG NRW


Vorschriften:

GebG NRW § 11 Abs. 1
GebG NRW § 13
GebG NRW § 13 Abs. 1 Nr. 1
GebG NRW § 13 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt.
GebG NRW § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt.
GebG NRW § 13 Abs. 1 Nr. 2
GebG NRW § 13 Abs. 1 Nr. 3
GebG NRW § 14
GebG NRW § 14 Abs. 1 Satz 3
GebG NRW § 14 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6
ÖbVermIngBO NRW § 13 Abs. 1 Satz 2
KAG NRW § 5 Abs. 1
1. Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur darf nur solche Leistungen mit Gebührenbescheid abrechnen, die seinem hoheitlichen Wirkungskreis (im An-schluss an OVG NRW, Urteil vom 16.10.2003 - 9 A 249/91 -).

2. Der Gebührenbescheid muss die Mindestanforderungen des § 14 Abs 1 S. 3 GebG NRW beachten. Die Kostenentscheidung muss hinreichend bestimmt sein; der Kostenschuldner muss anhand der Angaben im Bescheid den Rechenweg, der zu dem festgesetzten Betrag führt, nachvollziehen können.

3. Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur darf Gebühren nur gegenüber demjenigen geltend machen, der Kostenschuldner im Sinne von § 13 GebG NRW ist. Die Kostenpflicht entsteht bei antragsgebundenen Tätigkeiten mit dem Antrag, ansonsten mit Beendigung der Amtshandlung. Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur ist nicht befugt, Kosten aus vorher abgeschlossenen Ver-messungstätigkeiten von Voreigentümern auf solche Betroffene "umzubuchen", die ein von den vermessungstechnischen Daten erfasstes Grundstück erst nach Abschluss dieser Vermessungsarbeiten erworben haben.


Tatbestand:

Der Kläger, ein Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur, wendete sich mit seiner Klage gegen die teilweise Aufhebung seines Gebührenbescheides durch die Beklagte. Mit dem Gebührenbescheid hatte er gegenüber den Beigeladenen solche Kosten abgerechnet, die im Rahmen von Vermessungstätigkeiten angefallen sind. Die Beigeladenen hatten den Kläger Ende des Jahres 1995 im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung eines Einfamilienhauses beauftragt. In der schriftlichen Antragsbestätigung führte der Kläger aus, die "vermessungstechnische Baubetreuung umfasse die Erstellung des Amtlichen Lageplans zum Baugesuch sowie die erforderlichen Absteckungs- und Einmessungsarbeiten". Die nach Ansicht des Klägers gebotenen Arbeiten waren im November 1996 abgeschlossen. Mit Gebührenbescheid vom 21.2.1998 zog der Kläger die Beigeladenen für im Einzelnen stichwortartig aufgeführte "Leistungen", unter anderem für die Erstellung eines von ihm so benannten Lageplans zu Planungszwecken, in einer Höhe von 3.772,-- DM heran. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch der Beigeladenen half die Beklagte ab, soweit der Kläger einen Zeitaufwand von 8 Stunden für Vorleistungen zu dem amtlichen Lageplan (Innendienststunden für die Erstellung des " Lageplans zu Planungszwecken"), die im Rahmen eines Bodenordnungs- und Bebauungsplanverfahrens im Jahre 1991 erbracht worden waren, berechnet hatte. Die hiergegen erhobene Klage wies das VG ab. Die zugelassene Berufung hatte keinen Erfolg.

Gründe:

§ 14 GebG NRW, hier in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 19.3.1985, GV. NRW. S. 256, ermächtigt die Behörde, Gebühren und Auslagen für die Vornahme einer Amtshandlung durch Gebührenbescheid geltend zu machen. Die Vorschrift ist auf die Tätigkeit der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Bereich ihrer Bestellung gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 ÖbVermIngBO NRW vom 15.12.1992, GV. NRW. S. 524 i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 22.11.1994, GV. NRW. S. 1058, entsprechend anwendbar.

Eine Gebührenerhebung durch den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur muss dabei folgende Voraussetzungen berücksichtigen:

(1.) Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur darf nur solche Leistungen im Gebührenbescheid abrechnen, die dem hoheitlichen Bereich seines Wirkungskreises unterfallen. Wegen der Abgrenzung der hoheitlichen von den privatrechtlichen Tätigkeiten folgt der Senat der Grundsatzentscheidung des 9. Senats vom 16.10. 2003 (9 A 249/01) auf die insoweit Bezug genommen wird.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.10.2003 - 9 A 249/01 -, wonach es sich bei den Leistungen für die Erstellung eines Lageplans nur insoweit um hoheitliche Tätigkeiten handelt, als es um die Erstellung eines amtlichen Lageplans geht und Tatbestände mit öffentlichem Glauben beurkundet werden, die durch vermessungstechnische Ermittlungen an Grund und Boden festgestellt werden; die Nichtzulassungsbeschwerde hat das BVerwG mit Beschluss vom 22.1.2004 - 9 B 3.04 - zurückgewiesen.

(2.) Der Bescheid muss die Mindestanforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 3 GebG NRW berücksichtigen, die Ausdruck des Gebots der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sind. Sinn dieser Mindestanforderungen ist es, die notwendige Bestimmtheit der Kostenentscheidung zu wahren und diese in sich ausreichend verständlich und für den Kostenschuldner überschaubar zu machen; der Kostenschuldner muss anhand der Angaben im Bescheid den Rechenweg, der zu dem festgesetzten Betrag führt, nachvollziehen können.

(3.) Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur darf Gebühren nur gegenüber demjenigen geltend machen, der Kostenschuldner ist.

Im vorliegenden Fall ist der Gebührenbescheid des Klägers im Hinblick auf den durch die Widerspruchsbehörde reduzierten Kostenbetrag schon deswegen rechtswidrig, weil die Beigeladenen nicht Kostenschuldner sind. Die Frage, ob die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, kann deshalb letztlich offen bleiben. Allerdings besteht Anlass zu dem Hinweis, dass die streitbefangenen Leistungen nicht den hoheitlichen Tätigkeiten zuzuordnen sind und dass der Gebührenbescheid vom 21.2.1998 offenkundig die Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 3 GebG NRW, hier insbesondere die Anforderungen an eine nachvollziehbare Berechnung gem. § 14 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 GebG NRW, verfehlt.

Die Kostenschuldnerschaft für Kosten, die aus Anlass von Amtshandlungen des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs entstehen, richtet sich nach § 13 GebG NRW, der hier gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 ÖbVermIngBO NRW anwendbar ist. Nach dieser Vorschrift ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst (§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. GebG NRW) oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW), wer die Kosten durch eine von der zuständigen Behörde abgegebene oder ihr mitgeteilte Erklärung übernommen hat (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 GebG NRW) oder wer für die Kostenschuld eines anderen kraft Gesetzes haftet (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 GebG NRW). Die aufgeführten Tatbestände zur Begründung einer Kostenpflicht greifen hier nicht ein.

Die Beigeladenen sind nach keiner der beiden Alternativen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW Kostenschuldner.

Die Beigeladenen haben die den abgerechneten acht (und nicht wie der Kläger behauptet 5,1) Zeitstunden zugrundeliegenden Teilleistungen nicht gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. GebG NRW veranlasst. Bei den vom Kläger abgerechneten Zeitstunden handelt es sich um den Zeitaufwand für solche Teilleistungen, die der Kläger im Rahmen eines Bodenordnungs- und Bebauungsplanverfahrens im Jahre 1991 erbracht hat. Hintergrund war eine zwischen den damaligen Eigentümern im Bereich S. und dem Kläger geschlossene Vereinbarung. Danach war der Kläger mit der sogenannten blockweisen Vermessung im zukünftigen Bebauungsplangebiet beauftragt worden. Die Beigeladenen, die das Grundstück im Jahre 1995 erworben haben, haben den Kläger dagegen erst Ende des Jahres 1995 im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung eines Einfamilienhauses auf ihrem Grundstück in der Gemarkung S. mit Vermessungsarbeiten beauftragt. Die zuvor vom Kläger abgewickelten Tätigkeiten sind folglich nicht von ihnen, sondern von den ehemaligen Grundstückseigentümern und Vertragspartnern der mit dem Kläger abgeschlossenen Vereinbarung veranlasst worden.

Die hier streitige Tätigkeit ist auch nicht zugunsten der Beigeladenen vorgenommen worden (§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW). Von einer Begünstigung in diesem Sinne kann nur die Rede sein, wenn dem Kostenschuldner durch eine Amtshandlung ein - wie auch immer gearteter - Vorteil zugute kommt. Die Vorschrift zielt allerdings ausschließlich auf eine unmittelbare Begünstigung in dem Sinne, dass spätestens im Zeitpunkt der Vornahme der Amtshandlung durch diese selbst eine vorteilhafte Lage für den Betroffenen eintritt, die ihm bei objektiver Betrachtung von Nutzen ist.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 7. 4.1978 - II A 552/76 - und vom 25.2.1981 - 2 A 2708/79 - sowie Beschluss vom 6.5.2002 - 9 A 251/99 - m.w.N.

Zwar sagt die Bestimmung - anders als § 5 Abs. 1 KAG NRW - nicht ausdrücklich, dass nur eine unmittelbare Begünstigung zur Entstehung der persönlichen Gebührenpflicht führt. Nach dem im Abgabenrecht geltenden, den Erfordernissen der Abgrenzbarkeit dienenden Grundsatz der Klarheit und Eindeutigkeit belastender Bestimmungen muss aber davon ausgegangen werden, dass lediglich mittelbare Begünstigungen, wie sie vielleicht die Beigeladenen als spätere Erwerber des Grundstücks genießen, mangels einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung nicht gemeint sind.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7.4.1978 - II A 552/76 -, m.w.N.; Susenberger, Kommentar zum Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand: 2003, Anm. 7.

Die Beigeladenen scheiden als unmittelbare Begünstigte schon deswegen aus, weil sie nicht Adressaten der hier streitbefangenen Leistungen sind. Adressat einer Tätigkeit, die sich auf ein Grundstück als Objekt des Rechtsverkehrs bezieht, ist nur der Eigentümer. Diesem ist das Grundstück im Rechtsverkehr als Verfügungsberechtigtem zugeordnet; Handlungen, die sich auf das Grundstück (als Gegenstand des Rechtsverkehrs) beziehen, wirken sich damit unmittelbar zu seinen Gunsten (oder zu seinem Nachteil) aus. Die Blockvermessung und die Erstellung des vom Kläger so benannten Lageplans zu Planungszwecken waren Bestandteil der bereits dargestellten Vereinbarung zwischen dem Kläger und den früheren Grundstückseigentümern. Danach war der Kläger mit der blockweisen Vermessung unter anderem der bereinigten Bau- und Umlegungsparzellen beauftragt worden und sollten die dabei gewonnenen Erkenntnisse in einem zu erstellenden Lageplan zu Planungszwecken umgesetzt werden. Ziel der blockweisen Vermessung der bereinigten Bau- und Umlegungsparzellen war es, die Voraussetzungen für die Bildung von Grundstücksparzellen im katasterrechtlichen und grundbuchrechtlichen Sinne zu schaffen und damit die betroffenen Eigentümer letztlich in die Lage zu versetzen, die Möglichkeiten des Grundstücksverkehrs durch Übertragung des Eigentums an den neu geschaffenen Parzellen zu nutzen. Folglich waren allein die im Jahre 1991 an den Grundstücken berechtigten Eigentümer begünstigt und nicht die Beigeladenen, die das Grundstück erst im Jahre 1995 erworben haben. Soweit der Kläger geltend macht, dass die Erstellung des Lageplans zu Planungszwecken für die Vermessungstätigkeiten im Zusammenhang mit dem Bebauungsplanverfahren nicht erforderlich gewesen sei und ausschließlich der Vorbereitung für die zu erwartenden Bauanträge der Grundstückserwerber gedient habe mit der Folge, dass allein die späteren Erwerber, so auch die Beigeladenen, von der Leistung profitiert hätten, ändert sich an der bisherigen Bewertung nichts. Sollte der Lageplan zu Planungszwecken für die früheren Eigentümer tatsächlich nicht von Nutzen gewesen sein, ergibt sich daraus nicht zwangsläufig eine Kostenschuldnerschaft derjenigen, die einige Jahre nach Abschluss der Tätigkeiten ein von den vermessungstechnischen Daten erfasstes Grundstück im Bereich des Bebauungsplangebietes erwerben. Die Frage der Begünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW lässt sich nicht losgelöst von der Entstehung der Gebührenpflicht gemäß § 11 Abs. 1 GebG NRW beantworten. Insoweit ist § 13 GebG NRW die systematische Ergänzung des § 11 Abs. 1 GebG NRW. Die Entstehung der Gebührenpflicht gem. § 11 Abs. 1 GebG NRW knüpft bei antragsgebundenen Tätigkeiten an den Antrag und ansonsten an den Zeitpunkt der Beendigung der Amtshandlung an. Für eine Kostenschuldnerschaft gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW bedeutet dies, dass - wie eingangs dargestellt - die vorteilhafte Lage für den Betroffenen in einem zeitlichen Zusammenhang mit der vorgenommenen Amtshandlung und spätetens mit Beendigung der Amtshandlung eingetreten sein muss. Für eine Begünstigung im Sinne der 2. Alternative des § 13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW reichen sie als lediglich mittelbarer Vorteil nicht aus. Der Kläger hat folglich auf eigenes Risiko gearbeitet, soweit die Vereinbarung, wie er behauptet, so zu verstehen sein sollte, dass der Lageplan zu Planungszwecken nicht zugunsten der Vertragspartner der Vereinbarung, sondern zugunsten der späteren Grundstückserwerber erstellt worden ist.

Eine Kostenschuldnerschaft der Beigeladenen ergibt sich auch nicht aus § 13 Abs. 1 Nr. 2 GebG NRW. Nach dieser Vorschrift ist zur Kostentragung derjenige verpflichtet, wer die Kosten durch eine vor der zuständigen Behörde abgegebene oder ihr mitgeteilte Erklärung übernommen hat. Eine solche Übernahmeverpflichtung der hier streitigen Kosten ergibt sich insbesondere nicht im Hinblick auf die Vereinbarung, die der Kläger mit den früheren Eigentümern der in der Gemarkung S. gelegenen Grundstücke geschlossen hat. Unabhängig von der Frage, ob die Vertragsparteien die zukünftigen Erwerber der Grundstücke in § 3 der Vereinbarung überhaupt zu einer Übernahme der Kosten verpflichten konnten, setzt § 13 Abs. 1 Nr. 2 GebG NRW eine ausdrückliche Erklärung des die Kosten Übernehmenden voraus. Da die Beigeladenen bei der Beauftragung des Klägers im Jahre 1995 von der Vereinbarung zwischen dem Kläger und den früheren Grundstückseigentümern keine Kenntnis hatten und außerdem über die vom Kläger zu ihren Lasten beabsichtigte "Umbuchung" der angefallenen Kosten nicht aufgeklärt worden sind, scheidet eine Kostenschuldnerschaft nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 GebG NRW von vornherein aus.

Die Beigeladenen sind auch nicht gem. § 13 Abs. 1 Nr. 3 GebG NRW Kostenschuldner. Danach ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer für die Kostenschuld eines anderen kraft Gesetzes haftet. Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte.

Da auch kein sonstiger Anhalt für eine Zahlungsverpflichtung der Beigeladenen - etwa nach Treu und Glauben - besteht, können sie als Schuldner für die hier streitigen Kosten nicht in Anspruch genommen werden und ist der Gebührenbescheid des Klägers insoweit rechtswidrig. ....

Ende der Entscheidung

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