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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 06.02.2003
Aktenzeichen: 10 A 3464/01
Rechtsgebiete: GG, BauO NRW, BauPrüfVO


Vorschriften:

GG Art. 3
BauO NRW § 13 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt.
BauO NRW § 13 Abs. 2 Satz 3
BauO NRW § 69
BauO NRW § 71
BauO NRW § 72 Abs. 1 Satz 2
BauPrüfVO § 14
BauPrüfVO § 16
Auch für baugenehmigungspflichtige Anlagen der Außenwerbung sind mit dem Bauantrag vollständige Bauvorlagen einzureichen. Geschieht dies nicht, so soll die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW zurückweisen.

Die Erteilung eines bauordnungsrechtlichen Vorbescheides für eine Dia-Projektionswerbeanlage unter Ausklammerung der exakten Lage und der exakten Maße der Projektionsfläche scheidet wegen mangelnder Bescheidungs-fähigkeit aus.

Ob eine Dia-Projektionswerbeanlage wegen konkreter Straßenverkehrsgefährdung unzulässig ist, beurteilen die Verwaltungsgerichte nach § 13 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative BauO NRW und nicht nach den "Maßstäben" der - möglicherweise rechtswidrig zugelassenen - "Werbelandschaft" einer Großstadt.

Zur störenden Häufung von Werbeanlagen.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrte ursprünglich vom Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Dia-Projektionswerbeanlage im Stadtgebiet von K.. Der Beklagte lehnte die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ab. Nach erfolglosem Vorverfahren erhob die Klägerin Klage. In der mündlichen Verhandlung vor dem VG beschränkte sie ihren Klageantrag auf die Erteilung eines bauordnungsrechtlichen Vorbescheides für eine derartige Werbeanlage.

Das VG gab der Klage statt, indem es den Beklagten verpflichtete, der Klägerin einen bauordnungsrechtlichen Vorbescheid zur Errichtung einer Dia-Projektions-werbeanlage auf dem Grundstück A. Straße in K. unter Ausklammerung des exakten Anbringungsortes und der exakten Maße der Werbeanlage zu erteilen, aber unter Bezugnahme auf die Skizze im Maßstab 1 : 50 über den ungefähren Anbringungsort und die ungefähre Größe der Projektionsfläche. Die zugelassene Berufung des Beklagten hatte Erfolg.

Gründe:

Das VG hat den Beklagten zu Unrecht unter Aufhebung seines Bescheides und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung verpflichtet, der Klägerin einen bauordnungsrechtlichen Vorbescheid zur Errichtung einer Dia-Projektions-anlage auf dem Grundstück A. Straße in K. unter Ausklammerung des exakten Anbringungsortes und der exakten Maße der Werbeanlage zu erteilen, aber unter Bezugnahme auf die Skizze im Maßstab 1 : 50 über den ungefähren Anbringungsort und die ungefähre Größe der Projektionsfläche.

Die Klage der Klägerin mit dem - auf gerichtliche Veranlassung - im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Klageantrag ist unzulässig und im Übrigen jedenfalls auch unbegründet.

Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist lediglich noch der beschränkte Klageantrag. Dies gilt unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Klageänderung, die der Beklagte in seiner Berufungsbegründung in Zweifel zieht. Durch die Klagerücknahme sind jedenfalls die angefochtenen Bescheide insoweit in Bestandskraft erwachsen, als mit diesen die Erteilung der beantragten Baugenehmigung abgelehnt worden ist. Bereits hieraus folgt, dass das VG zu Unrecht - auch von seinem Rechtsstandpunkt aus - die angefochtenen Bescheide insgesamt aufgehoben hat.

Die Klage der Klägerin ist, soweit sie diese nicht zurückgenommen hat, mit dem gestellten Antrag unzulässig.

Da der Vorbescheid ein vorweggenommener Teil des feststellenden Ausspruchs der Baugenehmigung ist, muss die zur Bescheidung gestellte Frage zum Bauvorhaben so konkret gefasst werden, dass sie von der Baugenehmigungsbehörde mit Bindungswirkung entschieden werden kann. Ein Vorbescheid, der die Frage, die gestellt wird, letztlich offen lässt und dem zu dem Vorhaben, soweit es zur Prüfung gestellt ist, für das Baugenehmigungsverfahren keine abschließende Bindungswirkung zukommt, ist der Bauordnung Nordrhein-Westfalen fremd.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.6.1985 - 7 A 308/81 -, NVwZ 1986, 580; Urteil vom 16.9.1994 - 10 A 2021/90 -.

Eine Voranfrage ist sachlich nicht bescheidbar, mit der Teile eines Vorhabens aus der Fragestellung so ausgeklammert werden, dass eine verbindliche bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Beurteilung nicht möglich ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.5.1995 - 11 A 4066/93 -, BRS 57 Nr. 195; Urteil vom 11.7.2002 - 10 A 5372/99 -, BauR 2003, 232 ff. sowie die weiteren Nachweise bei Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Bauordnung NRW, Loseblatt-Kommentar, Stand: Oktober 2002, § 71 Rn. 6 - 8.

Die Erteilung eines bauordnungsrechtlichen Vorbescheides für eine Dia-Projektionswerbeanlage unter Ausklammerung "des exakten Anbringungsortes und der exakten Maße der Werbeanlage, aber unter Bezugnahme auf die Skizze im Maßstab 1 : 50 über den ungefähren Anbringungsort und die ungefähre Größe der Projektionsfläche" ist mangels hinreichender Bestimmtheit auf der Grundlage der Bauordnung Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen. Nach § 71 Abs. 2 BauO NRW gilt für den Vorbescheid u.a. auch § 69 BauO NRW. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist der Bauantrag mit allen für seine Bearbeitung sowie für die Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen in ausreichender Zahl bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen. Dass somit die erforderlichen Bauvorlagen auch von der Anzahl und dem Inhalt der zum Bauvorhaben gestellten Fragen abhängen, kommt in § 16 BauPrüfVO zum Ausdruck. Dieser bestimmt in seinem Satz 1, dass dem Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides die Bauvorlagen beizufügen sind, die zur Beurteilung der durch den Vorbescheid zu entscheidenden Fragen des Bauvorhabens erforderlich sind. Ist bei einem bauordnungsrechtlichen Vorbescheid zu beurteilen, ob eine Werbeanlage die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs gefährdet, eine bauliche Anlage, das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild verunstaltet oder wegen störender Häufung von Werbeanlagen unzulässig ist, ist eine Prüfung derartiger Auswirkungen nur möglich, wenn der Anbringungsort und die exakten Maße der Werbeanlage einschließlich der Größe der Projektionsfläche bei einer Dia-Werbeanlage genau bestimmt sind. Infolgedessen bedurfte es auch für den später eingeschränkten Antrag der Klägerin solcher Bauvorlagen, die den Anforderungen des § 14 BauPrüfVO genügten. Diesen werden die von der Klägerin eingereichten Bauvorlagen auch in der Form der Nachbesserung nicht gerecht. Auf den mit Schriftsatz vom 22.2.2001 eingereichten Plan 1 : 50, in dem die Maßangaben zum Projektionsgiebel und der Projektionsfläche enthalten sind, hat die Klägerin bei ihrer gerichtlichen Antragstellung nicht Bezug genommen. Dasselbe gilt für den Tenor des angefochtenen Urteils. Abgesehen davon fehlt es u.a. an einem farbigen Lichtbild oder einer farbigen Lichtmontage, auf der u.a. die Darstellung der vorhandenen Werbeanlagen auf dem Grundstück und den angrenzenden Grundstücken enthalten ist (vgl. § 14 Abs. 3 Nr. 2 BauPrüfVO). Trotz Aufforderung hat sich die Klägerin geweigert, derartige, zur Beurteilung ihres Vorhabens unerlässliche, Bauvorlagen einzureichen. Zur Entlastung aller am Verwaltungs- und Gerichtsverfahren Beteiligten wäre es Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde gewesen, den Bauantrag gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW zurückzuweisen, da die Bauvorlagen offensichtlich unvollständig waren.

Im Übrigen ist die Klage der Klägerin - auch in ihrem eingeschränkten Umfang - jedenfalls unbegründet. Das OVG NRW geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass die zu den Prismenwendeanlagen entwickelten Grundsätze bezüglich der Beurteilung der durch sie bewirkten Verkehrsgefährdung, vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.9.1992 - 11 A 149/91 -, BRS 54 Nr. 132 und die weiteren Nachweise bei Boeddinghaus/Hahn/Schulte, a.a.O. § 13 Rn. 45 a, auf Dia-Projektionswerbeanlagen "ohne weiteres zu übertragen" sind. Auch bei den Projektionsanlagen findet nämlich ein Wechsel des Werbemotivs in kurzen Zeitabständen statt, was - je nach den Umständen des Einzelfalles - besondere Aufmerksamkeit erregen und ablenken kann. Dabei ist jedoch nicht schematisch davon auszugehen, dass Dia-Projektionswerbeanlagen ihrer Art nach stets eine Gefährdung des Straßenverkehrs bewirken. Vielmehr ist in jedem Einzelfall eine Entscheidung auf der Grundlage der örtlichen Verhältnisse und unter Berücksichtigung des konkreten Vorhabens zu treffen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.11.2000 - 7 A 5203/00 -, BRS 63 Nr. 169 und Beschluss vom 19.4.2000 - 7 A 963/00 -, ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2000 - 1 L 4588/99 -, BRS 63 Nr. 167.

Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung des Vorsitzenden, das dieser dem Senat anhand von Lichtbildern und Kartenmaterial vermittelt hat, geht diese Entscheidung zu Lasten der Klägerin aus. Von der geplanten Dia-Projektionswerbe-anlage geht eine konkrete Straßenverkehrsgefährdung im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. BauO NRW aus. Diese ist gegeben, wenn aus einer tatsächlich vorhandenen Situation hinreichend wahrscheinlich eine Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter erfolgt. Gerade in dem jeweiligen Einzelfall muss in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt zu rechnen sein. Dabei hängen die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit von der Qualität des möglicherweise eintretenden Schadens ab. Bei Gefährdung von Leben oder Gesundheit sind an die Feststellungen der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6.6.1970 - IV C 99.77 -, NJW 1970, 1890; OVG NRW, Urteil vom 28.8.2001 - 10 A 3015/99 - und Urteil vom 17.4.2002 - 10 A 4188/01 -, BauR 2002, 1231 ff.

Ob die Voraussetzungen einer konkreten Straßenverkehrsgefährdung vorliegen, prüfen die Verwaltungsgerichte. Dabei kommt einer bereits ohne Einwirkung der geplanten Werbeanlage festzustellenden Unfallhäufigkeit eine Indizwirkung dafür zu, dass hier eine besonders schwierige Verkehrssituation besteht. Fehlen derartige Feststellungen - beispielsweise der Polizei -, schließt dies nicht die Annahme einer konkreten Straßenverkehrsgefährdung von vornherein aus. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass praktisch in einer Probephase mit den Einwirkungen der beantragten Werbeanlage ausprobiert wird, ob sich Unfälle mit schwerwiegenden Folgen ereignen. Ein solches Vorgehen verbietet sich angesichts der Gefährdung der hochrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit auch im Rahmen einer Güterabwägung mit den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.4.2002, a.a.O.

Die Annahme einer konkreten Straßenverkehrsgefährdung durch die geplante Dia-Projektionsanlage folgt hier zwingend aus den örtlichen Verhältnissen der Straßenführung und dem daraus resultierenden Anforderungen an die Aufmerksamkeit der Straßenverkehrsteilnehmer. Die mehrspurig geführte stadteinwärts verlaufende A. Straße erreicht ungefähr auf der Höhe der geplanten Dia-Projektionsanlage den Scheitelpunkt einer leichten Rechtskurve um nach dem Passieren einer Fußgängerbedarfsampel leicht S-förmig bei gleichzeitiger Abschüssigkeit unter der Bundesbahnstrecke hindurchgeführt zu werden. Bei Dunkelheit liegt die Möglichkeit einer Ablenkung der Verkehrsteilnehmer durch ca. 80 qm große Projektionsbilder mit werbendem Inhalt und einem Wechsel innerhalb von 7 bis 10 Sekunden auf der Hand. Hieraus erwächst auch eine konkrete Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer selbst, aber auch übriger Verkehrsteilnehmer. Dies gilt zunächst für Fußgänger, die die Ampelanlage benutzen aber auch für Fußgänger, die wenige Meter weiter einen nicht gesicherten Übergang über die Straßenbahnschienen und die A. Straße benutzen. Aus den Unterlagen, die der Beklagte vorgelegt hat, ergibt sich zudem, dass es sich bei der dreispurigen Zufahrt in Richtung auf die Eisenbahnunterführung jedenfalls in den Jahren 1998 und 2000 um einen erheblichen Unfallschwerpunkt gehandelt hat. Auch wenn diese Unfallzahlen durch die Aufbringung eines neuen Straßenbelages sowie eine weitere Beschilderung, die auf den Gefahrenpunkt aufmerksam macht, deutlich reduziert worden sind, führt dies nicht zur Verneinung der konkreten Gefahr. Diese ist unabhängig davon auf Grund der obigen Feststellungen gegeben.

Nicht zu folgen ist den Ausführungen des VG zu der Werbelandschaft in K.. Die Beurteilung der Werbeanlage der Klägerin hat auch in K. auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BauO NRW zu erfolgen. Dadurch, dass der Beklagte - möglicherweise - vergleichbare Werbeanlagen mit Wechselmechanismus an gleich gefährlichen oder möglicherweise an noch gefährlicheren Stellen genehmigt hat, erwächst der Klägerin kein Anspruch darauf, dass der Beklagte seine rechtswidrige Genehmigungspraxis fortsetzt und wider bessere Einsicht weiterhin unrechtmäßige Zustände schafft. Rechtswidrig erteilte Baugenehmigungen verpflichten die Baubehörde nämlich nicht, gemäß Art. 3 GG einem Dritten ebenfalls eine baurechtswidrige Baugenehmigung zu erteilen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.1977 - IV C 29.75 -, BRS 32 Nr. 129, und Urteil vom 27.5.1983 - 4 C 67.78 -, BRS 40 Nr. 56.

Die beantragte Werbeanlage verstößt auch gegen § 13 Abs. 2 Satz 3 BauO NRW. Danach ist die störende Häufung von Werbeanlagen unzulässig.

Das Verbot der störenden Häufung ist ein Unterfall des allgemeinen Verunstaltungsverbots. Das BVerwG hat den Begriff der Verunstaltung definiert als einen hässlichen, das ästhetische Empfinden des Beschauers nicht bloß beeinträchtigenden, sondern verletzenden Zustand. Eine bauliche Anlage stört das Gesamtbild der Umgebung, wenn der Gegensatz zwischen ihr und der Umgebung von dem Betrachter als belastend oder unlusterregend empfunden wird. Bei der Beurteilung ist auf das Empfinden des so genannten gebildeten Durchschnittsmenschen abzustellen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.6.1965 - I C 146.53 -, BVerwGE 2,172.

Maßgeblich ist, ob der Anblick bei einem nicht unbeträchtlichen, in durchschnittlichem Maße für ästhetische Eindrücke aufgeschlossenen Teil der Betrachter nachhaltigen Protest auslöst, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.4.1995 - 4 B 70.95 -, BRS 57 Nr. 109 = NJW 1995, 2648 ff.; vgl. auch Voßkuhle, Bauordnungsrechtliches Verunstaltungsverbot und Bau-Kunst, BayVBl. 1995, Seite 613 ff.

Die Konkretisierung des Begriffs des "Verunstaltens" in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung genügt den rechtsstaatlichen Geboten der Berechenbarkeit des Rechts, der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit; sie genügt der Aufgabe der Rechtsprechung, Grundsätze zu entwickeln, welche die Entscheidung des Einzelfalls normativ zu leiten im Stande sind. Die Tatsache, dass hinsichtlich der Rechtsanwendung im einzelnen Fall ein Rest von Unsicherheit verbleibt, folgt aus der Funktion von Rechtsbegriffen der vorliegenden Art als Einschätzungsermächtigung.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.6.1985 - 1 BvR 588/84 -, NVwZ 1985, 819.

Die störende Häufung von Werbeanlagen gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 BauO NRW setzt ein räumlich dichtes Nebeneinander einer Mehrzahl gleicher oder verschiedener Anlagen der Außenwerbung voraus. Dazu müssen im Regelfall drei Werbeanlagen innerhalb eines eng umgrenzten Wirkungsbereichs vorhanden sein, so dass alle Werbeanlagen stets gleichzeitig wahrgenommen werden und ihre Wirkung gemeinsam ausüben.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6.2.1992 - 11 A 2235/89 - BRS 54 Nr. 129.

Die Häufung führt nur dann zu einer störenden Wirkung, wenn der so genannte Durchschnittsbetracher die Ansammlung von Werbeanlagen als unlusterregend empfindet, insbesondere dann, wenn eine bauliche Anlage so mit Werbeanlagen überladen ist, dass das Auge des Betrachters gleichsam keine Ruhe mehr findet.

Das Verbot der störenden Häufung von Werbeanlagen trifft nachkommende Anlagen der Außenwerbung. Dabei kommt der Grundsatz der Priorität zur Anwendung. Nicht genehmigte Anlagen sind dann zu berücksichtigen, wenn mit ihrer Beseitigung in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.

Vgl. Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Die neue Bauordnung in Nordrhein-Westfalen, Handkommentar, 2. Auflage 2000, § 13 Rn. 17.

Für die Beantwortung der Frage, ob eine Verunstaltung in dem vorgenannten Sinn gegeben ist, ist nicht allein der geplante Aufstellungs- oder Anbringungsort, sondern das Gesamtbild der Umgebung entscheidend. Bei der gebotenen, umgebungsbezogenen Betrachtungsweise ist auf den jeweiligen Aufstellungsort, seine Umgebung und die wechselseitigen Auswirkungen abzustellen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6.2.1992 - 11 A 2235/89 -, a.a.O.

Die Ortsbesichtigung des Berichterstatters und die Auswertung der angefertigen Lichtbilder haben ergeben, dass sich in unmittelbarer Nähe der geplanten Projektionsfläche bereits mehr als drei Werbeanlagen befinden. Diese fallen einem Betrachter, der die A. Straße stadteinwärts in Richtung auf die Bahnüberführung benutzt, gleichzeitig in den Blick. An dem Flachdachgebäude, auf dem die Projektionsanlage angebracht werden soll, befindet sich eine umlaufende "C."-Matratzenwerbung in großen roten und blauen Lettern, daneben steht ein bunt bemaltes Gebäude, das als sog. Ost-Asien-Museum Produkte aus dieser Gegend zum Verkauf anbietet. Daneben schließt sich ein "V."-Reifenhändler an mit gelber Firmen- und Reifenwerbung. Gleichzeitig fällt die Werbung einer Prismenwendeanlage in den Blick. Da alle aufgeführten Werbeanlagen bei Dunkelheit beleuchtet werden, sind sie in der Lage, gleichzeitig mit der Dia-Projektionsanlage auf den Betrachter einzuwirken.

Der Senat verkennt nicht, dass bei der Beurteilung einer störenden Häufung auch der Gebietscharakter zu berücksichtigen ist. Hier handelt es sich zwar um eine Gemengelage von Wohnen und einem hohen Anteil gewerblicher Nutzung.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2.2.1989 - 11 A 2009/87 - und Boeddinghaus/Hahn/ Schulte a.a.O., § 13 Rn. 31 u. 42.

Dennoch wirkt diese Häufung auch an diesem Anbringungsort als störend. Da es keinen Grundsatz gibt, dass ein mit Werbung bereits überlasteter Ort nicht weiter verunstaltet werden kann, scheidet auch aus diesem Grunde eine Genehmigungsfähigkeit der Dia-Projektionsanlage aus.

Ende der Entscheidung

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