Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 21.09.2005
Aktenzeichen: 10 B 9/05.NE
Rechtsgebiete: BauGB, BImSchG


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 6 Nr. 1
BauGB § 3 Abs. 3 Satz 1
BImSchG § 3 Abs. 1
1.) Ein Bebauungsplan ist wegen Unzumutbarkeit von Immissionen regelmäßig dann vorläufig außer Vollzug zu setzen, wenn der Grad der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG erreicht wird. Bei der Beurteilung im Einzelfall können die Werte der DIN 18005 eine Orientierungshilfe bieten. Gesunde Wohnverhältnisse im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB sind im Regelfall gewahrt, wenn die Orientierungswerte für Dorf- oder Mischgebiete von 60 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts unterschritten werden.

2.) Wird im Bebauungsplan bei der Festsetzung der maximal zulässigen Traufhöhen für den unteren Bezugspunkt auf die gemittelte Höhe der fertig ausgebauten Verkehrsfläche Bezug genommen, so ist diese Festsetzung auch bei erheblich geneigtem Geländeverlauf hinreichend bestimmt, wenn die öffentlichen Verkehrsflächen im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zwar noch nicht hergestellt sind, aber der Höhenverlauf an Hand eines Achsenplans sowie an Hand von Längs- und Querschnitten umfassend festgelegt ist.


Tatbestand:

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines mit einem Einfamilienwohnhaus bebauten Grundstücks, das unmittelbar östlich bzw. südlich an den Planbereich des streitgegenständlichen Bebauungsplans angrenzt. Im Plangebiet werden auf dem Gelände eines ehemaligen Kinderheims Flächen zur Bebauung freigegeben, die insgesamt die Errichtung von 15 Einzel- oder Doppelhäusern sowie vier Einzelhäusern mit jeweils höchstens zwei Wohnungen ermöglichen. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung setzt der Bebauungsplan ausschließlich reine Wohngebiete fest. Das Plangebiet soll sowohl von Süden als auch von Norden erschlossen werden. Der südliche Abschnitt der Erschließungsstraße verläuft in einer Entfernung von 13 m bis 20 m zur westlichen und nördlichen Grenze des Grundstücks der Antragstellerin. Ihren Antrag, den Vollzug des Bebauungsplans vorläufig auszusetzen, lehnte das OVG ab.

Gründe:

Der Antrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag stellen, wer geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Diese Anforderungen gelten gleichermaßen für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 47 Abs. 6 VwGO.

Nach dem tatsächlichen Vorbringen der Antragstellerin erscheint es zumindest als möglich, dass sie durch die Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans in ihrem Recht auf gerechte Abwägung ihrer privaten Interessen verletzt wird. Ein "Recht" im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das in § 1 Abs. 6 BauGB a. F. verankerte Abwägungsgebot sein, weil ihm drittschützender Charakter hinsichtlich solcher privater Belange zukommt, die für die Abwägung erheblich sind. Das Interesse der Antragstellerin, dass ihr Grundstück von unzumutbaren Lärmimmissionen durch den Kraftfahrzeugverkehr auf der westlich bzw. nördlich ihres Grundstücks vorgesehenen Erschließungsstraße für das geplante Wohngebiet verschont bleibt, war in die Abwägung der durch die Planung berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen. Denn das Grundstück der Antragstellerin grenzt unmittelbar östlich bzw. südlich an den Planbereich an. Der Bebauungsplan ermöglicht die Errichtung von bis zu 68 Wohneinheiten, die sowohl von Süden über die I.-Straße und die westlich bzw. nördlich des Grundstücks der Antragstellerin vorgesehene Erschließungsstraße als auch von Norden vom G.-Weg aus erschlossen werden sollen. Die Erschließungsstraße verläuft in einer Entfernung von 13 m auf einer Länge von etwa 45 m parallel zur westlichen Grundstücksgrenze der Antragstellerin. Im Norden ist sie zwischen 13 m und 20 m von ihrem Grundstück entfernt.

Der Antrag ist aber nicht begründet.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Die Entscheidung über den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO setzt eine Gewichtung der widerstreitenden Interessen voraus, bei der insbesondere auf die Folgen für den Antragsteller abzustellen ist, die einträten, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag in der Hauptsache jedoch Erfolg hätte.

Die mögliche Verwirklichung eines angefochtenen Bebauungsplans vor dem rechtskräftigen Abschluss des Normenkontrollhauptsacheverfahrens stellt nur dann einen die Aussetzung seiner Vollziehung rechtfertigenden schweren Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO dar, wenn sie - was hier zu verneinen ist - in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine schwerwiegende Beeinträchtigung rechtlich geschützter Positionen des jeweiligen Antragstellers konkret erwarten lässt.

Eine solche Beeinträchtigung droht der Antragstellerin hier nicht. Die von ihr geltend gemachte zu erwartende Steigerung der Lärmimmissionen auf Grund der Zunahme des Kraftfahrzeugverkehrs durch den Ausbau der ehemaligen Zufahrt zum Kinderheim zur Erschließungsstraße für das Plangebiet lässt keine schweren Nachteile befürchten.

Die vorläufige Außervollzugsetzung auf Grund schwerer Nachteile wäre dann geboten, wenn die Antragstellerin anderenfalls nicht zumutbaren Immissionen ausgesetzt wäre. Als unzumutbar sind Immissionen regelmäßig dann einzustufen, wenn sie den Grad der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG erreichen. Für die Beantwortung der Frage, wann Immissionen nach Art, Ausmaß oder Dauer als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen sind, bieten beispielsweise die Werte der DIN 18005 eine Orientierungshilfe. Die dort genannten Werte sind allerdings nicht absolut bindend, sondern lassen Abweichungen zu. Ihre schematische Anwendung in Form von "Grenzwerten" ist unzulässig.

Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 N 6.88 -, BRS 50 Nr. 25; OVG NRW, Urteil vom 7.10.2004 - 7a D 140/02.NE -.

Die konkrete Grenze des Zumutbaren ist vielmehr stets an Hand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Maßgeblich sind insoweit die Besonderheiten des jeweiligen Plangebiets und seiner Umgebung; daneben kann es auf vorhandene Vorbelastungen und ihre rechtliche Bewertung ankommen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 N 6.88 -, a.a.O.

Nicht mehr hinzunehmen sind Immissionen jedenfalls dann, wenn sie mit gesunden Wohnverhältnissen im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB nicht in Einklang zu bringen sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.1999 - 4 C 6.98 -, DVBl. 2000, 192 und Beschluss vom 29.10.1990 - 4 B 60.02 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165.

Eine exakte Grenze im Sinne eines eindeutigen Grenzwertes lässt sich allerdings auch insoweit nicht fixieren. Die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse sind jedoch im Regelfall gewahrt, wenn die Orientierungswerte für Dorf- oder Mischgebiete von 60 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts unterschritten werden, da die genannten Baugebiete neben der Unterbringung von (nicht wesentlich) störenden Gewerbebetrieben auch dem Wohnen dienen und die Orientierungswerte hierauf zugeschnitten sind.

Entsprechend zur 18. BImSchV: BVerwG, Urteil vom 23.9.1999 - 4 C 6.98 -, DVBl. 2000, 192; zur Schwelle von 70 dB(A) im Hinblick auf in Industriegebieten zulässige Betriebsleiterwohnungen: OVG NRW, Beschluss vom 29.10.1992 - 10 B 3803/92 -.

In Anwendung dieser Maßgaben stellen sich die bei der Verwirklichung des hier in Rede stehenden Bebauungsplans zu erwartenden Immissionen für die Antragstellerin nicht als unzumutbar dar. Über die Erschließungsstraße werden bis zu 68 neue Vorhaben erschlossen. Im Plangebiet werden Flächen zur Bebauung freigegeben, die insgesamt die Errichtung von 15 Einzel- oder Doppelhäusern - vier davon werden unmittelbar vom G.-Weg erschlossen - sowie vier Einzelhäusern mit jeweils höchstens zwei Wohnungen ermöglichen. Im Plangebiet werden ausschließlich reine Wohngebiete i. S. d. § 3 BauNVO (WR1 bis WR4) festgesetzt. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist nach der Immissionsabschätzung des Amtes 61 der Antragsgegnerin vom 4.5.2004 mit einem Kraftfahrzeugverkehr auf der Erschließungsstraße von etwa 240 Fahrten pro Tag und unter Einbeziehung der seitens der Antragstellerin befürchteten Schleichverkehre von etwa 300 Fahrten pro Tag zu rechnen. Die I.-Straße ist ausweislich einer Verkehrszählung vom 17.5.2000 (00.00 Uhr) bis zum 18.5.2000 (00.00 Uhr) bereits jetzt mit etwa 3050 Kfz pro Tag belastet. Nach der Abschätzung der Lärmsteigerung vom 4.5.2004 sind auf Grund der planbedingten Verkehrszunahme für das Grundstück der Antragstellerin unter Berücksichtigung der von ihr befürchteten Schleichverkehre Lärmwerte von 41,0 dB(A) (Garten, nachts), 46,6 dB(A) (Haus EG, nachts), 49,6 dB(A) (Haus OG, nachts) und 41,6 dB(A) (Terrasse, nachts) sowie 51,1 dB(A) (Garten, tags), 56,6 dB(A) (Haus EG, tags), 59,7 dB(A) (Haus OG, tags) und 51,1 dB(A) (Terrasse, tags) zu erwarten. Gegenüber der bisherigen Situation bedeutet dies bei Verwirklichung des Bebauungsplans eine Erhöhung der Lärmpegel um maximal 2,4 dB(A) (nachts im Gartenbereich). Am Wohnhaus der Antragstellerin (Vorderfront) liegt die Zunahme zwischen 0,3 dB(A) (OG, nachts), 0,4 dB(A) (OG, tags) und 0,5 dB(A) (EG, tags und nachts).

Obwohl damit die prognostizierten Immissionswerte erkennbar oberhalb dessen liegen, was die DIN 18005 als Orientierungswerte für reine Wohngebiete mit 40 dB(A) (nachts) und 50 dB(A) (tags) vorgibt, erreichen sie kein Maß, das unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die vorläufige Außervollzugsetzung rechtfertigen würde. Die Überschreitung der Orientierungswerte ist in erster Linie auf die Vorbelastung durch den Kraftfahrzeugverkehr auf der I.-Straße zurückzuführen. Diese Vorbelastung wirkt sich für das Grundstück der Antragstellerin schutzmindernd aus, da sie ihrerseits nicht unzumutbar ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 N 6.88 -, a.a.O.

Die planbedingte Steigerung der Immissionswerte liegt (teilweise deutlich) unterhalb 3 dB(A). Eine solche Pegeländerung ist vom menschlichen Gehör kaum wahrnehmbar. Allein die fehlende Wahrnehmbarkeit vermag zwar die Zumutbarkeit von Lärmsteigerungen nicht zu begründen, doch ist hier zu berücksichtigen, dass sich die ermittelten absoluten Werte mit nachts maximal 49,6 dB(A) (Haus OG) und tags höchstens 59,7 dB(A) (Haus OG) im Rahmen dessen bewegen, was in Dorf- und Mischgebieten zulässig ist und damit eindeutig unterhalb der Schwelle zur Gesundheitsgefährdung liegen.

Hinzu kommt, dass die Anlage ausschließlich der Erschließung eines reinen Wohngebiets dienen soll. Derartiger Erschließungsverkehr ist vom Grundsatz her unvermeidbar und stellt eine normale Belastung in Wohngebieten dar. Von der umgebenden - ebenfalls im reinen Wohngebiet liegenden - Bebauung ist dieser Verkehr regelmäßig hinzunehmen.

OVG NRW, Urteil vom 11.1.2001 - 7a D 33/99.NE -.

Dies gilt hier auch vor dem Hintergrund, dass das Grundstück der Antragstellerin nicht im Plangebiet liegt und sie in Folge dessen nicht an den erweiterten Nutzungsmöglichkeiten durch die Festsetzung überbaubarer Flächen partizipiert, sondern vielmehr einseitig durch den zusätzlich hervorgerufenen Verkehr belastet wird. Denn die Überplanung des hier streitgegenständlichen Gebiets stellt eine im Interesse des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden erwünschte Nachverdichtung des innerstädtischen Siedlungsbereichs dar.

OVG NRW, Urteile vom 11.1.2001 - 7a D 33/99.NE - und vom 5.6.2001 - 10a D 213/98.NE -, BRS 64 Nr. 38.

Das Plangebiet war bereits zuvor mit den Gebäuden des ehemaligen Kinderheims bebaut und vollständig von Wohnbebauung umgeben. Die gewählte Form der Erschließung dieses nachverdichteten Bereichs ist angesichts der vom Plangeber vorgefundenen baulichen Situation letztlich nicht zu beanstanden.

Auch mit der konkreten Ausgestaltung der südlichen Zufahrt zum Plangebiet trägt die Planung dem Interesse der Antragstellerin, zusätzliche Immissionen möglichst gering zu halten, in verschiedener Hinsicht Rechnung. Die Anlage zur inneren Erschließung des Baugebiets verläuft nicht unmittelbar entlang ihres Grundstücks, sondern folgt im Wesentlichen - neben der Verbreiterung von 3 m auf 5,50 m zu der dem Grundstück abgewandten Seite sind lediglich im Kurvenverlauf leichte Veränderungen geplant - der bereits vorhandenen ehemaligen Zufahrt zum Kinderheim. Zwischen den Grundstücksgrenzen und der Erschließungsstraße ist ein deutlicher Abstand von mindestens 13 m bis 20 m vorgesehen. Der dazwischen gelegene Grünstreifen ist im Bebauungsplan als Parkanlage festgesetzt. Darüber hinaus ist die neue Erschließungsstraße im Bebauungsplan als verkehrsberuhigter Bereich vorgesehen. Entsprechend der dort vorgeschriebenen Schrittgeschwindigkeit (vgl. § 42 Abs. 4a Nr. 2 StVO) - bei der Immissionsabschätzung vom 4.5.2004 hatte die Antragsgegnerin noch eine Geschwindigkeit von 30 km/h zu Grunde gelegt - ist nur mit geringen Immissionen zu rechnen. Die Lärmsteigerungen zu Lasten des Grundstücks der Antragstellerin, die sich aus der Lärmabschätzung der Verwaltung ergeben, beruhen auf der Annahme des ungünstigsten Falls und sind nach Einschätzung des Senats theoretischer Natur. Es wird nicht der gesamte Erschließungsverkehr über den in der Nähe des Grundstücks der Antragstellerin verlaufenden Teil der Erschließungsanlage stattfinden, da die den Planbereich von Südwesten nach Nordosten durchziehende Erschließungsstraße von zwei Seiten angefahren werden kann. Zum einen im Südwesten von der südlich des Antragstellergrundstücks verlaufenden I.-Straße und zum anderen vom G.-Weg, nördlich des Plangebiets.

Zudem dürfte - anders als bei der Immissionsabschätzung vom 4.5.2004 angenommen - nicht mit nennenswerten Schleichverkehren zu rechnen sein. Die Antragsgegnerin hat insoweit plausibel dargelegt, dass für Fahrbeziehungen zwischen der Stadt W. und der Innenstadt der Antragsgegnerin insbesondere auf Grund der begrenzten Geschwindigkeiten eine "Abkürzung" durch das Plangebiet zeitaufwändiger und damit unattraktiver ist als z. B. die Strecke über K.-Allee und J.-Straße.

Gegen die Zumutbarkeit der zu erwartenden zusätzlichen Immissionen spricht schließlich nicht, dass das Grundstück der Antragstellerin von mehreren Seiten Immissionen ausgesetzt ist; unmittelbar südlich verläuft die mit etwa 3050 Kraftfahrzeugen pro Tag befahrene I.-Straße, westlich und nördlich die neue Erschließungsstraße. Die Erschließungsstraße hält - wie bereits dargestellt - mit 13 m bis 20 m erhebliche Abstände zum Grundstück der Antragstellerin ein und wird zudem durch die festgesetzte Parkanlage abgeschirmt. Zudem folgt die Erschließungsstraße dem Verlauf der vorhandenen Zufahrt zum Kinderheim, so dass das Grundstück der Antragstellerin nicht erstmals Kraftfahrzeugverkehr von diesen Seiten ausgesetzt ist.

Bedenken, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit die Abschätzung der Lärmwerte durch das Amt 61 der Antragsgegnerin vom 4.5.2004 heranzuziehen, bestehen nicht (wird ausgeführt).

Auch durch die Festsetzung einer öffentlichen Parkplatzfläche westlich des Grundstücks der Antragstellerin sind keine einen schweren Nachteil begründenden Beeinträchtigungen zu befürchten. Die Gesamtbreite der ausgewiesenen Fläche von 20 m lässt lediglich ein Abstellen von maximal acht Personenwagen zu. Vom Grundstück der Antragstellerin ist die Fläche zudem durch einen als Parkanlage festgesetzten, 8 m breiten Grünstreifen getrennt. Ferner ist im Hinblick auf die Parkplatzfläche eine Vorbelastung zu verzeichnen, da sich bereits in der Vergangenheit in diesem Bereich zum Kinderheim gehörende Stellplätze befanden.

Unabhängig von einer möglichen Außervollzugsetzung wegen drohender schwerer Nachteile für die Antragstellerin, könnten Gesichtspunkte, die für die Unwirksamkeit des Bebauungsplans vorgebracht werden, nach der Rechtsprechung der mit Normenkontrollverfahren befassten Senate des beschließenden Gerichts allenfalls dann eine einstweilige Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO rechtfertigen, wenn der Normenkontrollantrag auf Grund dieser Gesichtspunkte im Hauptsacheverfahren offensichtlich Erfolg haben wird. Die Gründe, die die Antragstellerin selbst für die Unwirksamkeit der angegriffenen Norm anführt, lassen eine solche Annahme nicht zu.

Es ist bei summarischer Prüfung nicht offensichtlich, dass der hier in Rede stehende Bebauungsplan städtebaulich nicht erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB a. F.). Die Planrechtfertigung ist dann gegeben, wenn der Bebauungsplan nach seinem Inhalt auf die städtebauliche Ordnung ausgerichtet und nach der planerischen Konzeption der zur Planung berufenen Gemeinde als Mittel hierfür erforderlich ist. Welche städtebaulichen Ziele sich die Gemeinde setzt, liegt in ihrem Ermessen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301, 305, und vom 5.7.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309, 312, sowie Beschluss vom 11.5.1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999, 1338.

Nicht erforderlich ist der Bebauungsplan in aller Regel erst bei groben und einigermaßen offensichtlichen, von keiner nachvollziehbaren Konzeption getragenen planerischen Missgriffen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.1971 - IV C 64.70 -, BRS 24 Nr. 1.

Daran gemessen spricht nichts dafür, dass der streitige Bebauungsplan dem Erforderlichkeitsgebot widerspricht. Grund für die Planung war ausweislich der Begründung des Bebauungsplans, die durch die Aufgabe des Kinderheims nicht mehr genutzte Fläche durch Überplanung einer qualitativ hochwertigen Wohnbebauung in Form von individuell gestaltbaren Einfamilienhäusern auf großzügigen Grundstücken zuzuführen. Die Planrechtfertigung ist nicht etwa zu verneinen, weil - wie die Antragstellerin vorträgt - auf Grund des Bevölkerungsrückgangs im Stadtgebiet der Antragsgegnerin keine Wohnbebauung erforderlich gewesen sei. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin in Untersuchungen zur Bevölkerungsermittlung eine Wohnraumnachfrage u. a. nach Einfamilienhäusern festgestellt hatte, ist eine Bedarfsanalyse im Rahmen der städtebaulichen Rechtfertigung nicht erforderlich.

BVerwG, Beschluss vom 14.8.1995 - 4 NB 21.95 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86.

Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der Festsetzungen des Bebauungsplans bestehen nicht. Insbesondere lassen sich die maximal zulässigen Traufhöhen hinreichend genau ermitteln. Der obere Bezugspunkt ist mit der Traufe zweifelsfrei bestimmt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass ein Haus mehrere Traufseiten hat, da das Maß der Traufhöhe als Höchstgrenze anzusehen ist. Außerdem sind die Satteldächer nach der Gestaltungsfestsetzung nur "symmetrisch gleichhüftig" zulässig, so dass sich je Gebäude ohnehin stets einheitliche Traufhöhen ergeben. Die Festsetzung des Bebauungsplans zum unteren Bezugspunkt ist ebenfalls hinreichend bestimmt. Die textliche Festsetzung Nr. I.2.1 nimmt auf die gemittelte Höhe der fertig ausgebauten Verkehrsfläche bzw. mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belastenden Fläche (Belastungsfläche) an der der Traufseite des Gebäudes zugewandten Straßenbegrenzungslinie (bzw. Flächenbegrenzungslinie der Belastungsfläche) zwischen den Schnittpunkten der Verlängerung der äußeren Seitenwände des Gebäudes mit der Straßenbegrenzungslinie (bzw. Flächenbegrenzungslinie der Belastungsfläche) Bezug. Sämtliche Gebäude im Plangebiet sind durch Festlegung der Firstrichtung mit der Traufseite nur einer Verkehrsfläche oder Belastungsfläche (über die das Grundstück erschlossen wird) zugeordnet. Da die gemittelte Höhe maßgeblich ist, lässt sich der Bezugspunkt auch bei - wie hier - erheblich geneigten Verkehrsflächen ohne weiteres bestimmen. Schließlich ist auch die Höhe, mit der die Straßenbegrenzungslinie bzw. Flächenbegrenzungslinie zu Grunde zu legen ist, ausreichend bestimmt. Die öffentlichen Verkehrsflächen und die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belastenden Flächen sind zwar nicht bzw. noch nicht in dem Zustand vorhanden, den sie nach dem Ausbau erhalten sollen. Die Antragsgegnerin hat jedoch den Höhenverlauf der künftigen Verkehrsflächen in den mit Zugehörigkeitsvermerk zum Bebauungsplan versehenen Plänen des Tiefbauamtes mittels eines Achsenplans sowie vier Längsschnitten und fünf Querschnitten umfassend festgelegt. Das hat zur Folge, dass auch schon vor der endgültigen Herstellung der Verkehrsflächen - der Tiefbauverwaltung verbleibt insoweit kein Spielraum - die im Bebauungsplan festgesetzten Bezugspunkte bestimmt werden können.

Im Rahmen der Abwägung sind der Antragsgegnerin ebenfalls keine offensichtlichen Mängel unterlaufen, die zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen könnten.

Dies gilt zunächst hinsichtlich der Verkehrsimmissionen. Die Antragsgegnerin hat Ermittlungen zur künftigen Verkehrssituation (u. a.) in Bezug auf das Grundstück der Antragstellerin vorgenommen. Neben einer Verkehrszählung auf der I.-Straße im Mai 2000, bei der eine Belastung mit 3046 Kraftfahrzeugen pro Tag ermittelt worden ist, hat sie durch das Amt 61 eine Abschätzung der Lärmsteigerung vornehmen lassen. Dabei wurde eine Zunahme von etwa 220 bis 240 Kfz (bzw. maximal 300 Kfz bei Berücksichtigung zusätzlicher Schleichverkehre) errechnet. Die prognostizierten Steigerungen der Lärmwerte lagen zwischen 0,3 dB(A) an der Vorderfront des Wohnhauses zu Nachtzeit und 2,4 dB(A) nachts im Gartenbereich. Dass sich der Rat der Antragsgegnerin dabei nicht zusätzlich auf ein externes Gutachten gestützt hat, begründet kein offensichtliches Ermittlungsdefizit, da sich die hinzukommenden Fahrten pro Tag im Rahmen der normalen Belastung von Erschließungsverkehr in Wohnbereichen bewegen.

Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 11.1.2001 - 7a D 33/99.NE -.

Die Konflikte zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Berücksichtigung der Wohnraumbedürfnisse und der Eigentumsbildung weiter Teile der Bevölkerung (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB) und dem Interesse der Antragstellerin, von einer Immissionszunahme möglichst verschont zu bleiben, hat der Rat der Antragsgegnerin gesehen und in vertretbarer Weise gelöst (wird ausgeführt).

Von einer nicht hinreichenden Berücksichtigung der Eigentumsrechte der Antragstellerin gem. Art. 14 GG im Rahmen der Abwägung ist ebenfalls nicht auszugehen. Die Antragsgegnerin meint, sie habe auf den Fortbestand der parkähnlichen und von Einblicken unbelasteten Ruhelage wegen der Festsetzungen des Bebauungsplans C.-Allee vertrauen dürfen, in dessen Geltungsbereich sich sowohl ihr Grundstück als auch die Flächen des ehemaligen Kinderheims befunden hätten. Es ist bereits nicht ersichtlich, wodurch ein solches Vertrauen geschaffen worden sein sollte, da in diesem Bebauungsplan keine Parkflächen ausgewiesen waren; vielmehr war der gesamte Bereich ausweislich der Planbegründung als Fläche für den Gemeinbedarf "Kinderheim" festgesetzt. Jedenfalls aber hat die Antragsgegnerin mit der teilweisen Aufhebung dieses Bebauungsplans den mit der hier streitgegenständlichen Planung verfolgten Interessen beanstandungsfrei den Vorrang eingeräumt. Im Rahmen der Abwägung führt die Antragsgegnerin insoweit aus, dass das Vertrauen am Erhalt des Baumbestandes und der parkähnlichen Landschaft gegenüber den öffentlichen Interessen zurücktreten müsse. Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen seien die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung zu berücksichtigen. Es bestehe ein Bedarf an Flächen für anspruchsvolle Wohnbebauung; aus gesamtstädtischer und stadtentwicklungspolitischer Sicht eigne sich die Fläche gut als Standort für eine Wohnungsbauentwicklung.

Kein Abwägungsfehler ist ferner darin zu erblicken, dass die Antragsgegnerin keine weiteren, über den landschaftspflegerischen Begleitplan hinausgehenden Ermittlungen angestellt hat, welche Tierarten im Plangebiet angesiedelt sind und wie sich die geplante Bebauung auf deren Lebensraum auswirken wird. Dem steht nicht entgegen, dass der landschaftspflegerische Begleitplan für Teilflächen des Plangebiets im Hinblick auf die Lebensraumfunktion von einer hohen bioökologischen Wertigkeit ausgeht. Denn Anhaltspunkte dafür, dass im Plangebiet besonders seltene oder schützenswerte Tiere ihren Lebensraum hatten, die weitere Untersuchungen hätten erforderlich machen können, hat die Bestandsaufnahme nicht ergeben.

Für die weiter gerügte nicht hinreichende Sicherung oder Konkretisierung der Kompensationsmaßnahmen ist ebenfalls nichts ersichtlich. Der Senat lässt in diesem Zusammenhang offen, ob es überhaupt der festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen bedurft hätte, weil gem. § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB ein Ausgleich nicht erforderlich ist, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren; für das hier in Rede stehende Plangebiet war ausweislich der Planbegründung bereits in dem Bebauungsplan "C.-Allee" die Festsetzung als Baugrundstück für den Gemeinbedarf "Kinderheim" getroffen worden. Jedenfalls ist nach dem Umweltbericht vorgesehen, den Eingriff, der nicht durch entsprechende Maßnahmen vor Ort gemindert werden kann, auf einer Fläche aus dem städtischen Ersatzflächenpool von ca. 6,83 ha am "O.-Weg" auszugleichen. In Anbetracht dessen, dass die Antragsgegnerin Eigentümerin der Flächen ist und anderweitige tatsächliche Hindernisse nicht erkennbar sind, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Realisierung der Ausgleichsmaßnahmen noch völlig offen ist.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.9.2002 - 4 CN 1.02 -, BRS 65 Nr. 20; Nds. OVG, Urteile vom 14.9.2000 - 1 K 5414/98 -, BRS 63 Nr. 66, und vom 22.3.2001 - 1 K 2294/99 -, BRS 64 Nr. 9.

Ein Abwägungsmangel liegt schließlich nicht im Hinblick auf die Ausweisung eines Spielplatzes Typ C in der Parkanlage etwa 30 m nördlich des Grundstücks der Antragstellerin vor. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass rund 200 m nördlich des Plangebiets ein mehr als 3.000 m²großer Spielbereich Typ B hergestellt worden ist. Der geplante Spielplatz Typ C soll Kleinkinder und jüngere Kinder bedienen. Die Antragsgegnerin beabsichtigt damit, ein kinder- und familiengerechtes Wohnangebot zu schaffen Die Lage des Spielplatzes im Plangebiet ermöglicht eine (weitgehend) gefahrlose Erreichbarkeit der Spielflächen. Beim Aufsuchen des nördlich des Plangebiets gelegenen Spielplatzes wären hingegen weitere Straßen zu queren. Sicherheitsaspekte waren nach dem Inhalt der Planbegründung neben der Aufenthaltsqualität und Kontrollmöglichkeiten bei der Wahl des Standortes ausschlaggebend.

Ende der Entscheidung

Zurück