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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 30.04.2009
Aktenzeichen: 10 D 47/08.NE
Rechtsgebiete: VwGO, BauNVO


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1
VwGO § 82 Abs. 1 Satz 1
BauNVO § 8
Ein Normenkontrollantrag ist unzulässig, wenn der Antragsteller ohne Angabe glaubhafter Gründe seine ladungsfähige Anschrift nicht nennt. Die Anschrift seines Prozessbevollmächtigten reicht nicht aus.

Ein nicht dinglich oder obligatorisch berechtigter Antragsteller ist jedenfalls dann nicht antragsbefugt, wenn er lediglich versichert, Verhandlungen zum Erwerb eines im Plangebiet liegenden Grundstücks seien aussichtsreich, ohne eine Bestätigung des Veräußerers vorzulegen.

Einem solchen Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn das Vorhaben auch bei Nichtigkeit des angegriffenen Bebauungsplans planungsrechtlich unzulässig wäre.


Tatbestand:

Die Antragsteller wandte sich gegen einen Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Der angegriffene Bebauungsplan Nr. 4977/039 erfasst einen Teilbereich des Bebauungsplans 5077/47 von 1964 und setzt für den Bereich beiderseits der X.-straße - wie zuvor - ein Gewerbegebiet fest, in dem Einzelhandelsbetriebe, Vergnügungsstätten und Bordelle unzulässig sind. Vergnügungsstätten und Bordellen würden ausgeschlossen, um "einer nachteiligen Veränderung des Erscheinungsbildes und Images dieses traditionsreichen Altindustriegebietes" vorzubeugen.

Die Antragsteller beabsichtigen, in einer bisher noch nicht geklärten rechtlichen Form ein im Geltungsbereich des Bebauungsplans liegendes Gebäude zu erwerben und anschließend zur Ausübung von Wohnungsprostitution an Dritte zu vermieten. Sie stünden in ernsthaften Verhandlungen mit dem Grundstückseigentümer, deren Abschluss jedoch der streitgegenständliche Bebauungsplan entgegenstehe. Der Antragsteller zu 1) beantragte verschiedene Bauvorbescheide zur Nutzung des Gebäudes in zumindest bordellähnlicher Weise. Der Oberbürgermeister der Stadt E. lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 23. und 26. Juni 2006 ab, da der geltende Bebauungsplan Nr. 5077/47 aus dem Jahre 1964 der beabsichtigten Nutzung entgegen stehe. Die hiergegen erhobene Klage blieb in zwei Instanzen erfolglos.

Die Antragsteller begründeten ihren Normenkontrollantrag im Wesentlichen damit, sie hätten die Absicht, ein im Plangebiet liegendes Gebäude zu erwerben und seien vom Eigentümer als Interessent akzeptiert. Die Nutzung solle entweder gemeinsam erfolgen, oder der Antragsteller zu 2) wolle es nach Ankauf durch den Antragsteller zu 1) pachten und weiter vermieten. Aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplanes erlitten sie einen rechtlichen Nachteil, die geplante Nutzung des Gebäudes könnten nicht ausführen. Der Antrag sei auch nicht deshalb unzulässig, weil der Antragsteller zu 1) keine ladungsfähige Anschrift angeben könne. Er habe innerhalb der Europäischen Union keinen festen Wohnsitz. Eine Wohnnutzung sei unter einer vom Gericht ermittelten Anschrift gar nicht möglich. Der Antrag hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Der Normenkontrollantrag der Antragsteller ist unzulässig.

Der Antrag des Antragstellers zu 1) erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Er hat keine Anschrift angegeben oder Gründe dafür genannt, dass ihm dies unzumutbar sei. Die Angabe einer Anschrift ist Voraussetzung für die hinreichende Identifizierbarkeit des Antragstellers, die u. a. dazu dient, ihm gerichtliche Entscheidungen, Verfügungen und Schreiben zustellen und etwaige gegen ihn gerichtete Kostenforderungen, einschließlich eines Kostenerstattungsanspruchs des im Verfahren Obsiegenden, erfolgreich durchsetzen zu können. Deshalb reicht die Anschrift des Prozessbevollmächtigten grundsätzlich nicht aus.

Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 13.4.1999 - 1 C 24.97 -, DVBl. 1999, 989; OVG NRW, Beschluss vom 30.7.2003 - 17 B 1070/03 -.

Den Vortrag des Klägers, er verfüge über keinen festen Wohnsitz innerhalb des Gebietes der Europäischen Union, hält der Senat weiterhin für unglaubhaft.

Vgl. dazu bereits OVG NRW, Beschluss vom 15.12.2008 - 10 A 1327/07 -, und vorgehend VG Düsseldorf, Urteil vom 22.3.2007 - 4 K 6039/06 -.

Zur Glaubhaftmachung dieser Behauptung hat der Antragsteller zu 1) erneut lediglich eine beglaubigte Ausweiskopie mit dem Wohnorteintrag "C." vorgelegt. Dieses Dokument belegt jedoch nur, dass der Antragsteller zu 1) nirgends gemeldet ist bzw. der zuständigen Behörde gegenüber angegeben hat, er sei wohnungslos, nicht jedoch die Richtigkeit dieser Behauptung. Erst recht ist dieses Dokument kein Indiz dafür, dass er nach Erhalt des Ausweises, der am 14.11.2003 ausgestellt wurden, bis heute keinen Wohnsitz begründet hat. Im Gegenteil ist es gerade angesichts seiner offenbar umfangreichen gewerblichen Aktivitäten, zu denen insbesondere der Immobilienerwerb zählt, mehr als unwahrscheinlich, dass er seit mehr als fünf Jahren obdachlos sein sollte. Grunderwerb wäre ihm ohne die Angabe einer Anschrift auch kaum möglich.

Eine hinreichende Glaubhaftmachung seines Vorbringens kann der Senat angesichts dessen auch seiner Eidesstattlichen Versicherung nicht entnehmen. Der Antragsteller zu 1) versichert lediglich, nicht im Objekt I1. zu wohnen, nicht aber das Fehlen eines festen Wohnsitzes schlechthin. Ob diese Angabe zutrifft, konnte der Senat damit offen lassen. Erhebliche Zweifel bestehen jedoch deshalb, weil der Antragsteller zu 1) einen Telefonanschluss unter dieser Anschrift auf seinen Namen angemeldet hat und diese Adresse für Internetauftritte nutzt. Zudem dürfte die Angabe nicht zutreffen, das fragliche Objekt I2. verfüge über keine Wohnflächen. Es handelt sich dabei nach dem äußeren Eindruck um ein größeres Wohnhaus oder kleines Hotel.

Beide Antragsteller sind zudem nicht antragsbefugt. Es ist nicht ersichtlich, dass sie durch den angegriffenen Bebauungsplan oder dessen Anwendung in eigenen Rechten verletzt sein oder in absehbarer Zeit werden könnten. Sie sind nach eigenem Vortrag weder Eigentümer noch eigentumsähnlich, in sonstiger Weise dinglich oder obligatorisch Berechtigte an einem Grundstück im Plangebiet. Ihren Angaben ist auch nicht zu entnehmen, dass sie zur Bebauung bzw. Nutzung des fraglichen Grundstücks durch den Eigentümer ermächtigt sein könnten. Der Antragsteller zu 1) behauptet lediglich, in aussichtsreichen Kaufverhandlungen mit der Grundstückseigentümerin zu stehen, und hat dies an Eides statt versichert. Die Bestätigung der potentiellen Verkäuferin, auf deren Sicht es im vorliegenden Zusammenhang entscheidend ankäme, liegt dagegen nicht vor. Sie wird durch die Versicherung eines potenziellen Käufers, die Verhandlungen seien erfolgversprechend, nicht ersetzt. Dabei handelt es sich nur um eine einseitige, hier zudem interessengeleitete Einschätzung, der auch Wunschdenken zugrunde liegen mag. Falls es im Übrigen tatsächlich so sein sollte, dass lediglich noch die Frage der Nutzbarkeit des Gebäudes im Sinne des Konzepts des Antragstellers zu 1) einem Eigentumserwerb entgegen stünde, hätte es im Hinblick auf die vom Senat mitgeteilten Bedenken mehr als nahe gelegen, die angeblich beidseitig weitgehend abgeschlossenen Verhandlungen schriftlich zu dokumentieren bzw. einen Vorvertrag abzuschließen. Dies ist nicht geschehen, sodass nicht davon auszugehen ist, dass der Antragsteller zu 1) aufgrund des Standes der Kaufvertragsverhandlungen antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sein könnte. Dem steht nicht zuletzt entgegen, dass das "Nutzungskonzept" spätestens mit der rechtskräftig gewordenen Ablehnung der Bauvorbescheidsanträge obsolet geworden ist, die Bedingung für einen erfolgreichen Abschluss der Kaufverhandlungen also gerade nicht eingetreten ist. Bezeichnenderweise ist seitdem auch kein Hinweis darauf zu verzeichnen, dass die Eigentümerin den Antragsteller zu 1) im Hinblick auf das Grundstück X.straße 37 zu irgendwelchen Handlungen ermächtigt hätte. Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, das die Ermächtigung zur Vorlage von Bauunterlagen nach Abschluss dieses Verfahren keine Indizwirkung mehr hat. Der Antragsteller zu 2) behauptet nicht einmal, in einem entsprechenden Kontakt zur Grundstückseigentümerin zu stehen. Ob und in welcher Form er sich an der Nutzung des Gebäudes beteiligen wird, ist nach seinen eigenen Angaben derzeit noch völlig ungeklärt. Einerseits soll er evtl. gemeinsam mit dem Antragsteller zu 1) - in welcher Rechtsform auch immer - das Grundstück erwerben, andererseits könne er das vom Antragsteller zu 1) gekaufte Gebäude später auch pachten. Seine Nutzungserwartung ist damit in jedem Fall nicht stärker als die des Antragstellers zu 1), sodass für ihn die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden Antragsbefugnis in zumindest gleichem Maße gelten.

Schließlich fehlt den Antragstellern zur Durchführung des Normenkontrollverfahrens auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Sie könnten ihre Rechtsposition durch die begehrte Nichtigkeitsfeststellung nicht verbessern. Entgegen ihrer Annahme hat der Oberbürgermeister der Stadt E. die vom Antragsteller zu 1) gestellten Bauvoranfragen nicht unter Bezugnahme auf diesen Bebauungsplan abgelehnt. Grundlage der Entscheidung war vielmehr der Bebauungsplan Nr. 5077/47 aus dem Jahre 1964, der streitgegenständliche Bebauungsplan ist erst am 15.7.2006 in Kraft getreten. An der durch Beschluss des Senats vom 15.12.2008 rechtskräftig gewordenen Ablehnung der Bauvoranfrage änderte sich durch die begehrte Nichtigkeitsfeststellung damit ebenso wenig etwas wie an der planungsrechtlichen Unzulässigkeit des Nutzungskonzeptes. Die danach vorgesehene Wohnungsprostitution, zur Auslegung des Nutzungskonzeptes in diesem Sinne bereits VG Düsseldorf, Urteil vom 22.3.2007 - 4 K 6039/06 -, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 15.12.2008 - 10 A 1327/07 - , ist in einem Gewerbegebiet, wie es bereits der geänderte Bebauungsplan Nr. 5077/47 festsetzte, auch ohne ausdrückliche Festsetzung weder generell noch ausnahmsweise zulässig.

Vgl. dazu nur Bay.VGH, Beschluss vom 2.5.2006 - 2 BV 05.1739 -; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 8 BauNVO, Randziffer 24 m. w. N.

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