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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 09.10.2003
Aktenzeichen: 10a D 76/01.NE
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 6
BauNVO § 1 Abs. 9
BauNVO § 1 Abs. 10
1. Ein Einzelhandelsbetrieb mit einem "innenstadtbedeutsamen Sortiment" stellt keine typisierbare Unterart der Branche Einzelhandel dar; auf der Grundlage dieses Begriffs ist daher eine Abgrenzung zulässiger und unzulässiger Anlagentypen nicht möglich.

2. Die im Einzelhandelserlass enthaltene Auflistung der "zentren-" beziehungsweise "nahversorgungsrelevanten" Sortimentsgruppen ist nicht abschließend gewollt und ausdrücklich zur Fortschreibung zu gegebener Zeit vorgesehen, sodass sie eine von den örtlichen Gegebenheiten unabhängige Definition von "nicht zentren- und nahversorgungsrelevanten Warensortimenten", die einer rechtssatzförmigen Anwendung fähig wäre, nicht erlaubt.

3. Wenn in einem Baugebiet Einzelhandel mit ausgewählten Warensortimenten nur im Hinblick auf seine "Zentrenschädlichkeit" ausgeschlossen werden soll, bedarf es konkreter Angaben dazu, weshalb jegliche Form von Einzelhandel der besagten Art - würde er im betroffenen Baugebiet angesiedelt - die gewachsenen Einzelhandelsstrukturen in den Zentren der Gemeinde unabhängig von der Art und dem Umfang des jeweiligen Warenangebots schädigen würde.


Tatbestand:

Die Antragstellerin wandte sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan, der ihr Grundstück, auf dem sie einen Lebensmittelmarkt mit 699 qm Verkaufsfläche zu errichten beabsichtigt, als Gewerbegebiet festsetzte. Verschiedene Nutzungen, die nach der Baunutzungsverordnung in Gewerbegebieten allgemein zulässig sind, waren in dem fraglichen Baugebiet ausgeschlossen. Zu den ausgeschlossenen Nutzungen zählten auch Einzelhandelsbetriebe mit "innenstadtbedeutsamen Sortimenten". Der Normenkontrollantrag hatte Erfolg.

Gründe:

Fehlerhaft sind einige der getroffenen textlichen Festsetzungen.

So ist die textliche Festsetzung Nr. 2 a insoweit unbestimmt, als danach in den festgesetzten Gewerbe- und Industriegebieten Einzelhandelsbetriebe mit "innenstadtbedeutsamen Sortimenten" gemäß Einzelhandelserlass vom 20.6.1996 (MBl. NW 1996 S. 922), Teil A und B, ausgeschlossen sind. Daran ändert die nachfolgend versuchte Konkretisierung des Begriffs der "innenstadtbedeutsamen Sortimente" nichts.

Zwar können textliche Festsetzungen in einem Bebauungsplan auch mit unbestimmten Rechtsbegriffen getroffen werden, wenn sich ihr näherer Inhalt unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des erkennbaren Willens des Normgebers erschließen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.1.1995 - 4 NB 3.95 -, BRS 57 Nr. 26 = BauR 1995, S. 662), doch fehlt es hier gerade an der Bestimmbarkeit des Festsetzungsinhalts.

Eine Abgrenzung zulässiger und unzulässiger Anlagentypen ist allein auf der Grundlage des verwendeten Begriffs der "innenstadtbedeutsamen Sortimente" nicht möglich, denn ein Einzelhandelsbetrieb mit einem "innenstadtbedeutsamen Sortiment" stellt keine typisierbare Unterart der Branche Einzelhandel dar.

Eine Legaldefinition für "innenstadtbedeutsame Sortimente" gibt es nicht. Auch der gemeinsame Runderlass vom 7.5.1996 zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßbetrieben, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - Einzelhandelserlass - (MBl. NRW. S. 922), der zwischen "zentrenrelevanten" und "nahversorgungsrelevanten" Warensortimenten unterscheidet, welche der Plangeber offensichtlich mit dem Begriff "innenstadtbedeutsame Sortimente" zusammenfassen wollte, lässt es nicht zu, den Regelungsgehalt des letztgenannten Begriffs hinreichend zu konkretisieren.

Zwar ist bei Festsetzungen zur Steuerung des Einzelhandels der Rückgriff auf Listen in Einzelhandelserlassen oder sonstigen Orientierungshilfen grundsätzlich unbedenklich, soweit dadurch bestimmte Arten von Anlagen im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO zutreffend gekennzeichnet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4.10.2001 - 4 BN 45.01 -, JURIS), doch nimmt der oben erwähnte Einzelhandelserlass nicht für sich in Anspruch, die "Zentren-" und "Nahversorgungsrelevanz" bestimmter Warengruppen abschließend festlegen zu wollen.

Nach Nr. 2.2.5 des Einzelhandelserlasses zeichnen sich "zentrenrelevante Sortimente" von Handelsbetrieben dadurch aus, dass sie zum Beispiel viele Innenstadtbesucher anziehen, einen geringen Flächenbedarf haben, häufig im Zusammenhang mit anderen Innenstadtnutzungen nachgefragt werden und überwiegend ohne Pkw transportiert werden können. Bei zentrenrelevanten Sortimenten seien negative Auswirkungen auf die Zentrenstruktur, insbesondere auf die Innenstadtentwicklung zu erwarten, wenn sie überdimensioniert an nicht integrierten Standorten angesiedelt würden. "Nahversorgungsrelevante Sortimente" sind nach Nr. 2.2.5 des Einzelhandelserlasses vor allem die Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere für die Grundversorgung mit Lebensmitteln.

In der Anlage 1 zum Einzelhandelserlass Teil A und B sind Sortimentsgruppen aufgeführt, die stets beziehungsweise dann als "zentren-" oder "nahversorgungsrelevant" gelten, wenn die Gemeinde nichts anderes festlegt. Bei der Festlegung von Sortimenten als nicht "zentren-" oder "nahversorgungsrelevant" sollen insbesondere die Größe der Gemeinde und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen sein. Auch können die Gemeinden bei Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe andere als die aufgelisteten Sortimente als "zentren-" oder "nahversorgungsrelevant" festlegen.

Die Auflistung der "zentren-" beziehungsweise "nahversorgungsrelevanten" Sortimentsgruppen ist mithin nicht abschließend gewollt und ausdrücklich zur Fortschreibung zu gegebener Zeit vorgesehen, sodass sie eine von den örtlichen Gegebenheiten unabhängige Definition von "nicht zentren- und nahversorgungsrelevanten Warensortimenten", die einer rechtssatzförmigen Anwendung fähig wäre, nicht erlaubt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 3.6.2002 - 7a D 92/99.NE -).

Auch die - mit Ausnahme der Sortimentsgruppe "Teppiche (ohne Teppichboden) " - vollständige Übernahme der in der Anlage 1 zum Einzelhandelserlass in Teil A und B angeführten Sortimentsgruppen lässt es nicht zu, den in der Festsetzung verwandten Begriff des "innenstadtbedeutsamen Sortiments" inhaltlich zu bestimmen. Die übernommene Auflistung ist nämlich ebenfalls nicht abschließend gewollt, denn ausgeschlossen sein sollen auch "vergleichbare Warengruppen, die vornehmlich in Innenstädten angeboten werden". Welche Warengruppen damit gemeint sein können, erschließt sich weder aus der Begründung des Bebauungsplans noch aus den Aufstellungsvorgängen oder sonstigen Erkenntnisquellen.

Der vorstehend beschriebene Mangel erfasst die gesamte textliche Festsetzung Nr. 2 a. Eine isolierte Aufhebung des Teils der Festsetzung, wonach "vergleichbare Warengruppen, die vornehmlich in Innenstädten angeboten werden" ausgeschlossen sein sollen, kommt - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - nicht in Betracht. Nach den zur Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen entwickelten Grundsätzen führt die Nichtigkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit des Plans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im Planverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.3.1993 - 4 NB 10.91 -, BRS 55 Nr. 30).

Ob sich diese Grundsätze auf die Fälle, bei denen es um die Unwirksamkeit einer einzelnen Festsetzung geht, ohne weiteres übertragen lassen, ist fraglich. Dies gilt namentlich für Bestimmtheitsmängel, denn die fehlende Bestimmtheit einer Festsetzung lässt nicht selten auch den hinter dieser Festsetzung stehenden Willen des Plangebers im Unklaren. Das Normenkontrollgericht würde sich unzulässigerweise an die Stelle des Rates setzen, wenn es einen im Hinblick auf eine Festsetzung festgestellten Bestimmtheitsmangel dadurch beseitigen würde, dass es die Festsetzung teilweise aufhebt und ihr damit einen anderen Inhalt gibt. Aber selbst wenn hier die zur Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen entwickelten Grundsätze anwendbar wären, schiede eine isolierte Aufhebung des besagten Teils der textlichen Festsetzung Nr. 2 a aus, weil nicht anzunehmen ist, dass der Rat, wäre ihm die Unwirksamkeit dieses Teils der Festsetzung bewusst gewesen, die textliche Festsetzung 2 a ohne diesen Teil und im Übrigen unverändert getroffen hätte. Durch die Formulierung "oder vergleichbare Warengruppen, die vornehmlich in Innenstädten angeboten werden" hat der Rat deutlich gemacht, dass er über die in der textlichen Festsetzung Nr. 2 a konkret aufgelisteten Warengruppen hinaus weitere Warengruppen im Auge hatte, die er im Plangebiet hat ausschließen wollen. Wäre ihm die Unwirksamkeit der für diese weiteren Warengruppen gewählten Umschreibung bewusst gewesen, hätte er wohl eine andere - wirksame - Umschreibung gesucht oder zusätzliche Warengruppen konkret benannt.

Angesichts dessen, dass die textliche Festsetzung Nr. 2 a bereits aus den vorstehenden Gründen unwirksam ist, kann offen bleiben, ob für den alle Teilbaugebiete erfassenden grundsätzlichen Ausschluss von Einzelhandelsnutzungen mit ausgewählten Warensortimenten hinreichende städtebauliche Gründe vorliegen. Der Senat weist jedoch im Hinblick auf mögliche spätere Planungsentscheidungen auf Folgendes hin: Wenn - wie hier - Einzelhandel mit ausgewählten Warensortimenten nur im Hinblick auf seine "Zentrenschädlichkeit" ausgeschlossen werden soll, bedarf es konkreter Angaben dazu, weshalb jegliche Form von Einzelhandel der besagten Art - würde er im betroffenen Baugebiet angesiedelt - die gewachsenen Einzelhandelsstrukturen in den Zentren der Gemeinde unabhängig von der Art und dem Umfang des jeweiligen Warenangebots schädigen würde. Auch der Einzelhandelserlass 1996 geht davon aus, dass das Anbieten der darin als zentrenrelevant bezeichneten Warensortimente regelmäßig nur dann negative Auswirkungen auf die Zentrenstruktur einer Gemeinde erwarten lässt, wenn es überdimensioniert an nicht integrierten Standorten erfolgt. In der Begründung des Bebauungsplans heißt es in diesem Zusammenhang lediglich, der Ausschluss diene dazu, "eine Dezentralisierung der Einzelhandelseinrichtungen der Stadt R. zu verhindern und die Funktionsfähigkeit des Stadtkernes der Stadt R. zu sichern." Inwieweit es zur Erreichung dieser Ziele der in der textlichen Festsetzung Nr. 2 a getroffenen Regelungen im Einzelnen bedarf, geht aus dieser pauschalen Formulierung, die bloß eine Zielsetzung beschreibt, nicht hervor. Auch das Gutachten der B.-GmbH von Februar 1989 "über die Entwicklungschancen und -voraussetzungen zur Verbesserung der Einzelhandels- und Dienstleistungsstruktur der Stadt R. unter besonderer Berücksichtigung der Nahversorgung und der Steigerung der Kaufkraftbindung" gibt für die städtebauliche Erforderlichkeit der konkreten Einzelhandelsbeschränkung wohl nichts her.

Für die textliche Festsetzung Nr. 2 b fehlt es an hinreichenden städtebaulichen Gründen, soweit sie die Verkaufsfläche, auf der "innenstadtbedeutsame Warengruppen" im Rahmen eines Randsortimentes von Einzelhandelsbetrieben ausnahmsweise angeboten werden dürfen, auf 25 qm beschränkt. Auch die einzelnen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung müssen - für sich betrachtet - dem Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit gemäß § 1 Abs. 3 BauGB genügen. Das ist hinsichtlich der angesprochenen Verkaufsflächenbegrenzung nicht der Fall. Die Kriterien, die für die Bestimmung der Obergrenze auf 25 qm maßgeblich sein sollen, lassen sich weder der Begründung des Bebauungsplans noch aus anderen Quellen entnehmen. Die in der Begründung für den generellen Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit "innenstadtbedeutsamen Sortimenten" angeführten Erwägungen geben für die Erforderlichkeit einer derartig engen Begrenzung der Verkaufsflächen für die nur ausnahmsweise zulässigen Randsortimente nichts her, sodass die konkret gewählte Begrenzung willkürlich erscheint. Die im gerichtlichen Verfahren gelieferte Begründung, wonach der Umfang der zugelassenen Randsortimente in Bezug auf die Einzelhandelsstruktur in der Innenstadt bestimmt worden sei und sich im Übrigen am Bestand im Plangebiet orientiert habe, ändert daran nichts. Abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, inwieweit der Rat diese Gesichtspunkte der Festsetzung überhaupt zu Grunde gelegt hat, handelt es sich um Behauptungen, die durch nichts belegt und im Hinblick auf die Orientierung am Bestand äußerst fragwürdig sind. So hat die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen, dass ihr eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Ausstellungs- und Verkaufshalle zum Vertrieb von Beleuchtungskörpern und einem Randsortiment von 15 % erteilt worden sei. Nach dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Einzel- und Großhandelsnachweis sollte die Aus-tellungs- und Verkaufsfläche bei ca. 1.500 qm liegen, von denen das Randsortiment eine Fläche von 225 qm beanspruchen könnte. Auch der im Plangebiet ansässige Möbeleinzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von rund 7.400 qm vertreibt nach dem vorgelegten Einzel- und Großhandelsnachweis "entsprechende Randsortimente". Das die Verkaufsfläche für diese Randsortimente bei nur 25 qm liegt, ist angesichts der gesamten Verkaufsfläche mehr als unwahrscheinlich.

Ist die textliche Festsetzung Nr. 2 b mithin schon wegen der fehlenden städtebaulichen Erforderlichkeit der Verkaufsflächenbegrenzung unwirksam, kann offen bleiben, ob sie auch unbestimmt ist, weil sich nicht feststellen lässt, was der Rat mit einem "dem Hauptsortiment deutlich untergeordneten Randsortiment" gemeint hat. Was die "Unterordnung" angeht, sind beispielsweise mit der Verkaufsfläche, dem Warenvolumen oder dem Umsatz sehr unterschiedliche Bemessungskriterien denkbar. Auch das Maß der Unterordnung, das der Rat hat vorgeben wollen, ist allein durch die Verwendung des Wortes "deutlich" in keiner Weise eindeutig bestimmt.

Die textliche Festsetzung Nr. 2 c regelt, dass im Plangebiet ansässige Produktions- oder Handwerksbetriebe auf einer Verkaufsfläche von maximal 50 qm ausnahmsweise "innenstadtbedeutsame Sortimente" vertreiben dürfen, wenn die angebotenen Sortimente aus eigener Herstellung stammen. Sie ist mangels städtebaulicher Erforderlichkeit der Verkaufsflächenbegrenzung - insoweit gilt das vorstehend zur textlichen Festsetzung Nr. 2 b Ausgeführte entsprechend - ebenfalls unwirksam. Das im gerichtlichen Verfahren angeführte Argument, die Festsetzung betreffe nur zwei Betriebe im Plangebiet, deren Verkaufsflächen weit unterhalb der festgesetzten 50 qm lägen, verkennt die Möglichkeit künftiger Entwicklungen.

Die textliche Festsetzung Nr. 4 a ist jedenfalls unbestimmt, soweit sie Änderungen der in den besonders gekennzeichneten Planbereichen genehmigten Einzelhandelsbetriebe nur "im Rahmen der genehmigten Sortimente und Verkaufsflächen" zulässt. Ein ständig wechselndes Angebot innerhalb eines Sortiments gehört zur Natur des Einzelhandels und stellt keine planungsrelevante Änderung dar. Diese Art der Änderung kann mithin nicht gemeint sein. Ob der Rat mit dem angesprochenen Teil der Festsetzung Änderungen hinsichtlich des Anteils der genehmigten Sortimente am Gesamtangebot der betroffenen Einzelhandelsbetriebe regeln wollte, darf bezweifelt werden. Die Festsetzung würde es bei einem solchen Verständnis nämlich gestatten - jedenfalls dann, wenn die Baugenehmigung für das einzelne Sortiment keine bestimmte Verkaufsfläche vorsieht - ein bisheriges Randsortiment zu einem Kernsortiment auszuweiten, mit dem bis zu 100 % des Umsatzes erwirtschaftet werden könnte. Da die textliche Festsetzung Nr. 4 a nach dem Gesamtzusammenhang nur auf Einzelhandelssortimente abzielt, die in allen Teilbaugebieten grundsätzlich ausgeschlossen sein sollen, würde die Festsetzung - verstünde man sie im vorgenannten Sinne - der Intention des Rates, den Einzelhandel mit "innenstadtbedeutsamen Sortimenten" stark einzuschränken, zuwiderlaufen. Welche andere Art von Änderungen "im Rahmen der genehmigten Sortimente" der Rat im Blick gehabt haben könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen.

Der Bebauungsplan weist auch Mängel in der Abwägung auf.

Der weitgehende Ausschluss von Einzelhandelsnutzungen durch die textliche Festsetzung Nr. 2 a beeinträchtigt in erheblicher Weise die Nutzungsinteressen der Grundeigentümer, ohne dass - wie oben bereits ausgeführt - für diese umfassende Nutzungseinschränkung eine tragfähige Begründung geliefert wird. Soweit die textliche Festsetzung Nr. 2 b es ausnahmsweise zulässt, "innenstadtbedeutsame Sortimente" als ein dem Hauptsortiment deutlich untergeordnetes Randsortiment bis zu 25 qm Verkaufsfläche zu vertreiben, wird damit den Nutzungsinteressen der Grundeigentümer nicht hinreichend Rechnung getragen. So sind auf den als Gewerbegebiet festgesetzten Teilbauflächen beispielsweise Einzelhandelsbetriebe für Bau- und Heimwerkerbedarf, Gartenartikel und Möbel jedenfalls bis zu einer Geschossfläche von 1.200 qm (§ 11 Abs. 3 BauNVO) zulässig. Diese Branchen müssen aus Konkurrenzgründen bestimmte Warengruppen als Randsortiment im Angebot haben, die zu den Warengruppen gehören, die der Rat als "innenstadtbedeutsame Sortimente" weitgehend ausgeschlossen hat. Dem Bedarf dieser Branchen wird die Zulassung "innenstadtbedeutsamer Sortimente" als Randsortiment mit einer willkürlich und unabhängig von der jeweiligen Betriebsgröße gewählten Verkaufsflächenbeschränkung auf 25 qm erkennbar nicht gerecht. Um die Verkaufsflächenbeschränkung unter Berücksichtigung der marktüblichen Gegebenheiten abwägungsgerecht gestalten zu können, hätte der Rat - was nicht geschehen ist - konkrete Untersuchungen anstellen müssen, um zu ermitteln, bei welchen im Plangebiet zulässigen Einzelhandelsbranchen üblicherweise "innenstadtbedeutsame Sortimente" im Rahmen von Randsortimenten angeboten werden und in welchem Umfang sie angeboten werden. Nur auf der Grundlage solcher Erkenntnisse kann die Abwägung, ob die Zulassung "innenstadtbedeutsamer" Randsortimente in marktüblichem Umfang mit den städtebaulichen Zielsetzungen zu vereinbaren ist, zu einem gerechten Ergebnis führen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.3.2002 - 10a D 48/99.NE -).

Die textliche Festsetzung Nr. 2 b ist auch insoweit abwägungsfehlerhaft, als sie den ausnahmsweisen Vertrieb "innenstadtbedeutsamer Sortimente" ausschließlich im Rahmen eines flächenmäßig begrenzten Randsortimentes zulässt. Einzelhandel, der "innenstadtbedeutsame" Warengruppen im Kernsortiment führt, ist danach auch dann nicht ausnahmsweise zulässig, wenn er insgesamt über weniger als 25 qm Verkaufsfläche verfügt. Das bedeutet, dass beispielsweise ein Kiosk, der den im Gewerbe- oder Industriegebiet Tätigen in geringem Umfang Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Zeitschriften usw. für die Versorgung in den Arbeitspausen anbietet, unzulässig ist. Für diese unterschiedliche Behandlung von "innenstadtbedeutsamen" Kern- und Randsortimenten ohne Berücksichtigung des konkreten Umfangs gibt es keine nachvollziehbaren Gründe.

Nach der textlichen Festsetzung Nr. 3 a sind in den entsprechend gekennzeichneten GE- und GI-Gebieten Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter nicht zulässig. Die Beschränkung, die sich für die betroffenen Gewerbetreibenden im Einzelfall - auch in betrieblicher Hinsicht - als ausgesprochen hinderlich erweisen kann, genügt ebenfalls nicht den Anforderungen, die an eine gerechte Abwägung zu stellen sind. Sie beruht auf der Annahme des Rates, dass die mit der Festsetzung belegten Flächen möglicherweise durch Geruchsimmissionen betroffen sein könnten, die von der südlich des Plangebiets gelegenen landwirtschaftlichen Hofstelle ausgehen. Der Rat hat jedoch die Grundlagen für diese Annahme nicht ermittelt. Es steht keineswegs fest, dass durch den landwirtschaftlichen Betrieb Geruchsimmissionen verursacht werden, die die einschlägigen Grenzwerte für Gewerbe- und Industriegebiete im angrenzenden Plangebiet überschreiten. Es steht nicht einmal fest, ob überhaupt nennenswerte Geruchsimmissionen im Plangebiet auftreten. Der Rat hat gleichwohl keine Geruchsimmissionsprognose erstellen lassen, sondern hat, um - aus seiner Sicht - allen denkbaren Konflikten vorzubeugen, jegliche Wohnnutzung in den unmittelbar angrenzenden Bereichen ausgeschlossen. Diese Vorgehensweise wahrt weder das Interesse der Grundeigentümer an einer möglichst umfassenden Nutzung ihrer Grundstücke noch ist sie im Hinblick darauf, dass bei der Planung gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB auch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen sind, akzeptabel. Sollten nämlich Geruchsimmissionen im Plangebiet auftreten, die die zulässigen Grenzwerte für Gewerbe- und Industriegebiete überschreiten, müsste auch die gewerbliche Bebauung unter Umständen einen größeren Abstand zu der Hofstelle südlich des Plangebiets einhalten.

Als abwägungsfehlerhaft erweisen sich auch die in der textlichen Festsetzung Nr. 5 enthaltenen Höhenbegrenzungen, die die Höhe baulicher Anlagen in den GE- und GI-Gebieten - ausgehend von der Oberkante der zugeordneten Erschließungsstraße - ganz überwiegend auf 12 m beschränken. Diese nach § 9 Abs. 2 BauGB und § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO grundsätzlich zulässige Höhenbeschränkung kann in Gewerbe- und Industriegebieten problematisch sein, weil bei den dort üblichen baulichen Anlagen untergeordnete Bauteile wie Schornsteine, Masten, technische Aufbauten für Aufzüge usw. nicht selten erheblich höher sein müssen als 12 m und nach § 18 Abs. 2 BauNVO im Baugenehmigungsverfahren nur geringfügige Abweichungen von der zwingend festgesetzten Höhe zugelassen werden dürfen. Der Rat hat diesen möglichen Konflikt zwischen Nutzungsart und Höhenbegrenzung gesehen und dementsprechend in Nr. 2.2.2 der Bebauungsplanbegründung ausgeführt, dass eine Überschreitung der zulässigen Baukörperhöhen für technisch erforderliche, untergeordnete Bauteile ausnahmsweise gemäß § 16 Abs. 6 BauNVO zulässig sei. Er hat es jedoch unterlassen, diese Ausnahme in die Festsetzungen aufzunehmen.

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