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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 07.06.2005
Aktenzeichen: 11 A 1193/02
Rechtsgebiete: BBergG


Vorschriften:

BBergG § 52 Abs. 2 a
BBergG a.F. § 52 Abs. 2
UVP-Richtlinie 85/337/EWG
1. Zur Klagebefugnis eines anerkannten Naturschutzverbandes, der sich dagegen wendet, dass anstelle des von ihm geforderten Planfeststellungsverfahrens i.S.v. § 52 Abs. 2 a BBergG tatsächlich nur ein Verfahren auf Zulassung eines fakultativen Rahmenbetriebsplans i.S.v. § 52 Abs. 2 BBergG a.F. durchgeführt wurde.

2. Ein Rahmenbetriebsplanverfahren, das durch Einreichung des Antrags auf Zulassung vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist für die UVP-Richtlinie (85/337/EWG) am 3. 7.1988 eingeleitet worden ist, bedurfte auch dann keiner (förmlichen) Umweltverträglichkeitsprüfung nach der UVP-Richtlinie oder dem UVP-Gesetz, wenn nach Ablauf der Frist die Planunterlagen unter Wahrung der Identität des Vorhabens geändert und zwei Anträge auf Teilzulassung gestellt worden sind (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 21.3.1996 - 4 C 1.95 -, BVerwGE 100, 370 ).

3. Zur Frage des Rechtsmissbrauchs bei der Berufung auf eine Überleitungsvorschrift.


Tatbestand:

Der Kläger ist ein anerkannter Naturschutzverband. Er wendet sich in dieser Eigenschaft und zugleich als Eigentümer zweier Grundstücke, auf die sich das von der Beigeladenen geplante Abbaugebiet Garzweiler II erstreckt, gegen die Zulassung des Rahmenbetriebsplans für den Tagebau Garzweiler I/II aus dem Jahre 1997. Beide Grundstücke sind mit Obstbäumen bestanden. Das eine Grundstück wird in Kürze (ab 2006) für den Braunkohlenabbau benötigt; das insoweit im Jahre 2003 eingeleitete Grundabtretungsverfahren steht kurz vor dem Abschluss. Das andere Grundstück wird erst deutlich später benötigt.

Ausweislich des Braunkohlenplans Garzweiler II (vgl. GV. NRW. 1995 S. 202/338) soll sich der Abbaubereich des Tagebaus Garzweiler II nach den derzeitigen Planungen auf ein Gebiet von etwa 48 km2 Größe erstrecken; der Tagebau soll im Jahre 2006 beginnen und 2045 abgeschlossen sein.

Der angegriffenen Zulassung des Rahmenbetriebsplans ging folgendes Verfahren voraus: Nachdem die Beigeladene im August 1987 einen Antrag auf Aufstellung eines Braunkohlenplans Garzweiler II gestellt hatte, legte sie dem vormals zuständigen Bergamt Köln im November 1987 einen Rahmenbetriebsplan vom 5.10.1987 für den Tagebau Garzweiler I/II für das sich an den seinerzeit zugelassenen Plan (Planstand 1997) anschließende Abbaugebiet von Garzweiler I sowie das seinerzeit in den Blick genommene (größere) Abbaugebiet Garzweiler II zur Zulassung vor. Im Folgenden kam es zu Verzögerungen bei der Aufstellung des Braunkohlenplans Garzweiler II, weil der Braunkohlenausschuss im Jahre 1989 eine Entkoppelung von Garzweiler I und II gefordert hatte. Deshalb reichte die Beigeladene im Mai 1992 beim Bergamt Köln einen "Rahmenbetriebsplan für den Tagebau Garzweiler I vom 5.10.1987, Antrag auf Teilzulassung für den Zeitraum 1996 - 2001" zur Zulassung ein. Diese (Teil-)Zulassung erfolgte am 29.7.1994. Unter dem 31.8.1995 legte die Beigeladene dem Beklagten einen zweiten Antrag auf Teilzulassung, nämlich den "Rahmenbetriebsplan für den Tagebau Garzweiler I/II vom 05.10.1987 mit Änderungen und Ergänzungen vom 31.8.1995 für den Zeitraum 2001 - 2045" zur Zulassung vor. Hierin sind unter anderem Änderungen hinsichtlich der im Braunkohlenplanverfahren vorgenommenen Verkleinerung des Abbaufeldes Garzweiler II im Norden und Westen berücksichtigt.

Der Beklagte ließ durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 22.12.1997 den o.g. Rahmenbetriebsplan bis zum 31.12.2045 befristet zu. Diese Zulassung erfasst neben dem (verkleinerten) Abbaugebiet Garzweiler II eine trapezförmige Fläche, die noch zum Abbaubereich von Garzweiler I gehört. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Gründe:

I. Der auf Aufhebung der Zulassung des Rahmenbetriebsplans für den Tagebau Garzweiler I/II vom 5.10.1987 mit Änderungen und Ergänzungen vom 31.8.1995 für den Zeitraum 2001 - 2045 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesoberbergamts NRW vom 6.12.2000 gerichtete Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Kläger verfügt über die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, soweit er sich als anerkannter Naturschutzverband dagegen wendet, dass nur ein Verfahren auf Zulassung eines fakultativen Rahmenbetriebsplans i.S.v. § 52 Abs. 2 BBergG vom 13.8.1980 (BGBl. I S. 1310) anstelle des von ihm geforderten Planfeststellungsverfahrens i.S.v. § 52 Abs. 2 a BBergG i.d.F. der Änderung durch das Gesetz zur Änderung des Bundesberggesetzes (BBergGÄndG) vom 12.2.1990 (BGBl. I S. 215) - BBergG n.F. - durchgeführt wurde.

Damit macht der Kläger eine Verletzung seines Mitwirkungsrechts aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Bundesnaturschutzgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 21.9.1998 (BGBl. I S. 2994) - BNatSchG 1998 - geltend. (...)

Vgl. hierzu im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 17.12.2004 - 21 A 102/00 -, ZUR 2005, 249, u.A. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 14.5.1997 - 11 A 43.96 -, BVerwGE 104, 367, 3. Leitsatz.

2. Demgegenüber scheidet eine Klagebefugnis aus § 12 b Abs. 1 Landschaftsgesetz - LG NRW - i.d.F. der Bekanntmachung vom 21.7.2000 (GV. NRW. S. 568) aus. (...)

Nach der Übergangsvorschrift des § 76 Abs. 2 Satz 1 LG NRW findet § 12 b LG NRW (...) grundsätzlich nur auf Verwaltungsakte Anwendung, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erlassen worden sind. Diese Voraussetzung erfüllt die streitgegenständliche Zulassung offensichtlich nicht, denn die streitige Rahmenbetriebsplanzulassung datiert vom 22.12.1997 und ist damit vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes (15.6.2000) erfolgt. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Widerspruchsbescheid erst am 6.12.2000 - und damit nach Inkrafttreten des Änderungsgesetzes - erging. Der Senat nimmt hierzu zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des VG Bezug.

Darüber hinaus kommt nach § 76 Abs. 2 Satz 2 LG NRW die Möglichkeit der Verbandsklage auch gegen solche Verwaltungsakte in Betracht, die bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes nicht bestandskräftig waren und für die im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren eine Mitwirkung der anerkannten Verbände gesetzlich vorgeschrieben war. Diese Voraussetzungen sind hier ebenfalls nicht erfüllt. Zwar war die Zulassung des Rahmenbetriebsplans infolge der vom Kläger erhobenen Klage bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes noch nicht bestandskräftig; im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren war aber eine Mitwirkung der anerkannten Verbände nicht gesetzlich vorgeschrieben. Das Verwaltungsverfahren begann hier im November 1987 mit dem Antrag auf Zulassung des Rahmenbetriebsplans und endete mit der streitgegenständlichen Zulassung am 22.12.1997. Für diesen Zeitraum galt das Bundesnaturschutzgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 12.3.1987 (BGBl. S. 889) - BNatSchG 1987 -. Diese Bestimmung wurde in die Neufassung des BNatSchG 1998 unverändert übernommen; sie galt nach § 4 Satz 3 BNatSchG 1987 ebenfalls unmittelbar in den Ländern. Die Bestimmung des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG 1987 kam für die angefochtene Zulassung nicht zur Anwendung, da diese nicht im Wege eines Planfeststellungsverfahrens erfolgt ist und - wie im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung des Mitwirkungsrechts aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG 1998 im Einzelnen darzulegen sein wird - auch nicht hätte erfolgen müssen (s. hierzu unter II 2.). Eine andere Bestimmung, aus der sich eine Pflicht zur Beteiligung der anerkannten Verbände ergeben könnte, ist nicht ersichtlich.

3. Ebenso vermag § 61 Abs. 1 BNatSchG vom 25.3.2002 (BGBl. I S. 1193) - BNatSchG 2002 - ein Verbandsklagerecht des Klägers nicht zu begründen. Denn nach der maßgeblichen Übergangsvorschrift des § 69 Abs. 5 BNatSchG 2002 kommt diese Bestimmung schon in zeitlicher Hinsicht nicht zur Anwendung, da die Zulassung des Rahmenbetriebsplans weder nach dem 3.4.2002 beantragt noch nach dem 1.7.2000 erlassen worden ist.

4. Aus Grundrechten Dritter (Art. 11, Art. 14 GG) kann der Kläger von vorneherein keine eigene Klagebefugnis herleiten.

5. Soweit der Kläger die Klagebefugnis aus seinem Oberflächeneigentum ableiten will, lässt der Senat mit der Vorinstanz zunächst offen, ob gegen die Klage bereits der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung greift, weil der Erwerb der sog. Sperrgrundstücke einzig und allein zum Führen eines erwarteten Rechtsstreits dienen sollte.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27.10.2000 - 4 A 10.99 -, NVwZ 2001, 427 (428).

Der Senat lässt ebenfalls offen, ob die Klage auch ansonsten bereits an der fehlenden Klagebefugnis scheitert, wie das VG in Übereinstimmung mit weiterer Rechtsprechung,

vgl. etwa OVG Bbg., Beschluss vom 17. 7.2000 - 4 A 94/99 -; bestätigt durch Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 28.6.2001 - VfGBbg 44/00 -, ZfB 2002, 45 (49),

angenommen hat, was nach § 42 VwGO voraussetzen würde, dass subjektive Rechte des Klägers durch den Zulassungsbescheid offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können.

Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93 (95), m.w.N.

Die Klage ist insoweit jedenfalls unbegründet, weil der Kläger durch die hier angegriffene Zulassung des Rahmenbetriebsplans nicht in seinen Grundrechten oder in sonstigen subjektiven Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das folgt aus Regelungsgegenstand und -wirkung der Zulassung des Rahmenbetriebsplans. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf das den Verfahrensbeteiligten bekannte Urteil in der Parallelsache 11 A 1194/02 vom heutigen Tage Bezug, in dem der Senat ausgeführt hat, dass das für den großflächigen Braunkohlentagebau geltende Recht durch ein komplexes, teilweise gestuftes Regelungssystem gekennzeichnet ist, das von planerischen Festlegungen im Landesplanungsgesetz NRW (LPlG), konkretisiert im Braunkohlenplan (vgl. §§ 24, 33 ff. LPlG), über verschiedene bergrechtliche Betriebspläne (§§ 51 ff. BBergG) bis hin zum bergrechtlichen Grundabtretungsverfahren (§§ 77 ff. BBergG) reicht. In diesem System der "gestuften Betroffenheit" kommt es erst im Grundabtretungsverfahren zu einem Eingriff in das Eigentumsrecht eines vom Abbau betroffenen Oberflächeneigentümers, denn erst hier wird endgültig und mit Außenwirkung über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme seines Grundeigentums entschieden. Der Oberflächeneigentümer kann die Rechtmäßigkeit der bergbaulichen Maßnahme, für die sein Grundstück in Anspruch genommen werden soll, im Grundabtretungsverfahren uneingeschränkt überprüfen lassen. Demgegenüber kommt der hier angegriffenen Zulassung des (fakultativen) Rahmenbetriebsplans weder Gestattungswirkung noch eine enteignende Vorwirkung in bezug auf das Oberflächeneigentum zu; auch ein Eingriff in sonstige Grundrechte ist nicht gegeben. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) zwingt nicht zu einer anderen Bewertung. Vielmehr hält die vom Gesetzgeber vorgesehene Verfahrensstufung, die mangels enteignender Vorwirkung auf den vorangegangenen Stufen den Rechtsschutz des Oberflächeneigentümers hinsichtlich des Zugriffs auf sein Grundstück auf die Grundabtretungsentscheidung verlagert - trotz der vom Kläger nachvollziehbar geltend gemachten faktischen Beeinträchtigungen - einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand.

Ergänzend ist hierzu anzumerken, dass sich die Problematik eines etwaigen Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) im vorliegenden Verfahren nicht in derselben Schärfe stellt. Denn die hier betroffenen Grundstücke sind allein mit Obstwiesen bestanden; Wohnhäuser sind nicht vorhanden. Der in der Parallelsache ausführlich erörterte "Umsiedlungsdruck" kommt hier demgemäß nicht zum Tragen.

II. Der Hauptantrag ist unbegründet, denn der angegriffene Bescheid des Beklagten verletzt den Kläger nicht in seinem Mitwirkungsrecht aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG 1998.

1. Eine Verletzung des Mitwirkungsrechts entfällt nicht schon deshalb, weil der Kläger in dem tatsächlich durchgeführten Verfahren faktisch beteiligt worden ist. (...)

Ebenso OVG NRW, Urteil vom 17.12.2004, a.a.O., m.w.N.

2. Das Mitwirkungsrecht des Klägers aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG 1998 ist nicht dadurch verletzt, dass die Zulassung des Rahmenbetriebsplans nicht auf der Grundlage eines Planfeststellungsverfahrens nach Maßgabe der §§ 57 a und 57 b BBergG n.F. erfolgte.

a) Eine Planfeststellungspflicht ergibt sich nicht aus 52 Abs. 2 a Satz 1 BBergG n.F. Denn diese Bestimmung findet nach der Überleitungsvorschrift des Art. 2 Satz 2 BBergGÄndG keine Anwendung.

Nach 52 Abs. 2 a Satz 1 BBergG n.F. ist die Aufstellung eines Rahmenbetriebsplans zu verlangen und für dessen Zulassung ein Planfeststellungsverfahren nach Maßgabe der §§ 57 a und 57 b BBergG n.F. durchzuführen, wenn ein Vorhaben nach § 57 c BBergG n.F. einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf. Einer solchen Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf nach § 57 c BBergG n.F. i.V.m. § 1 Nr. 1 Buchst. b UVP-V Bergbau vom 13.7.1990 (BGBl. I S. 1420) u.a. ein betriebsplanpflichtiges bergbauliches Vorhaben zur Gewinnung von Braunkohle im Tagebau mit einer Größe der beanspruchten Gesamtfläche einschließlich Betriebsanlagen und Betriebseinrichtungen von 10 ha oder mehr, mit einer Förderkapazität von 3.000 Tonnen oder mehr je Tag oder mit der Notwendigkeit einer großräumigen Grundwasserabsenkung.

Das von der Beigeladenen mit ihrem Antrag vom 5.10.1987 zum Gegenstand des Rahmenbetriebsplans Garzweiler II gemachte Vorhaben erfüllt zwar jede dieser in § 1 Nr. 1 Buchst. b UVP-V Bergbau genannten Voraussetzungen. Die Vorschrift des § 52 Abs. 2 a BBergG n.F. findet hier aber schon keine Anwendung. Die genannte Bestimmung ist erst durch Art. 2 BBergGÄndG - insoweit in Kraft getreten am 1.8.1990 (vgl. Art. 4 Satz 2 BBergGÄndG) - eingeführt worden. Diese Bestimmung mit der Überschrift "Überleitung" lautet:

"Bei Vorhaben, über deren Zulässigkeit nach geltendem Recht auch unter Einbeziehung der Öffentlichkeit entschieden wird, ist ein nach dem Bundesberggesetz bereits begonnenes Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen, wenn das Vorhaben bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht öffentlich bekanntgemacht worden ist. Im übrigen sind die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits begonnenen Verfahren nach den bisher geltenden Vorschriften zu Ende zu führen."

Während die ursprüngliche Fassung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung lediglich eine dem heutigen Satz 2 des Art. 2 BBergÄndG entsprechende Regelung enthielt (BT-Drucks. 11/4015, S. 6), ergänzte man die Bestimmung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in Anlehnung an § 21 des Entwurfs eines UVPG. Dabei sollte der neue Satz 1 auf öffentlich-rechtliche Genehmigungsvorbehalte außerhalb des Bergrechts (z.B. nach BImschG) Bezug nehmen.

Vgl. BT-Drucks. 11/4015, 14 sowie BT-Drucks. 11/5601, S. 12 und 15; zur Umsetzung der UVP-Richtlinie vgl. genauer Haneklaus, in: Hoppe, UVPG, Kommentar, 1995, Vorbem., Rdnrn. 16 ff., und § 18 Rdnrn. 2 ff.; zur Auslegung des Art. 2 BBergGÄndG vgl. auch BVerwG, Urteil vom 2. 11.1995 - 4 C 14.94 -, BVerwGE 100, 1 (7 ff.) - (Salzstock Gorleben).

Da das Bundesberggesetz bei der Zulassung eines Betriebsplans bislang keine Einbeziehung der Öffentlichkeit vorsah (vgl. § 54 Abs. 2 BBergG), kommt für den hier vorliegenden Fall einer Rahmenbetriebsplanzulassung allein Satz 2 der o.g. Überleitungsbestimmung zur Anwendung.

Boldt/Weller, BBergG, Ergänzungsband 1992, § 57 a Rdnr. 92.

Ein "begonnenes Verfahren" lag hier zum maßgeblichen Stichtag (1.8.1990) durch den von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen dem vormals zuständigen Bergamt Köln im November 1987 zur Zulassung vorgelegten Rahmenbetriebsplan vom 5.10.1987 für den Tagebau Garzweiler I/II vor.

Ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG vom 25.5.1976 (BGBl. I S. 1253, geändert am 2.7.1976, BGBl. I S. 1749) - das hier über § 5 BBergG zur Anwendung kommt - beginnt unmittelbar mit der Antragstellung; nach allgemeiner Auffassung ist hierfür nicht einmal eine Mitteilung an den Betroffenen - anders als bei der behördlichen Einleitung eines Verfahrens - erforderlich.

Kopp, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 9 Rdnr. 29 sowie § 22 Rdnr. 19.

Dass durch den Antrag vom 5.10.1987 zunächst ein Verwaltungsverfahren im vorgenannten Sinne eingeleitet wurde, unterliegt keinem Zweifel.

Trotz des Wortlautes des § 52 BBergG, der nur davon spricht, dass die zuständige Behörde die Aufstellung eines Rahmenbetriebsplans verlangen kann, steht einem Bergbautreibenden das Recht zu, von sich aus die ihm für sein Vorhaben zweckmäßig erscheinenden Betriebspläne im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Plantypen aufzustellen und dafür die Zulassung zu beantragen.

BVerwG, Urteil vom 2.11.1995 - 4 C 14.94 -, a.a.O., 11.

Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich eindeutig, dass das am 19.11.1987 eingegangene Schreiben - auch ohne die Verwendung des Begriffs "Antrag" - entsprechend dem üblichen Verfahren geprüft und als "Antrag auf Zulassung eines Betriebsplans" verstanden und bearbeitet wurde. Hierüber wurde der Antragsteller auch mit Schreiben vom 23.11.1987 unterrichtet. Auch der nachfolgende Schriftverkehr belegt, dass ein "Verfahren begonnen" wurde.

Zwar blieb dieser - eindeutig vor dem o.g. Stichtag eingereichte - Antrag in der Folgezeit nicht unverändert. Vielmehr wurde der ursprünglich ein größeres Abbaugebiet erfassende Antrag - in Anpassung an das parallel laufende Braunkohlenplanverfahren - modifiziert. Hierdurch sollte den Vorgaben des § 34 Abs. 5 Satz 2 LPlG Rechnung getragen werden, wonach die Betriebspläne der im Braunkohlenplangebiet gelegenen bergbaulichen Betriebe mit den Braunkohlenplänen in Einklang zu bringen sind. Schließlich wurde der ursprüngliche Antrag auch nicht - wie zunächst beantragt - einheitlich, sondern durch zwei Teilzulassungen (am 29.7.1994 sowie am 22.12.1997) beschieden. Der Senat teilt aber die Auffassung des VG, dass sich hierdurch an dem Vorliegen eines "begonnenen Verfahrens" i.S.d. oben genannten Überleitungsvorschrift nichts geändert hat. Der Verfahrensgegenstand und das Ziel eines Verfahrens werden durch den Antrag bestimmt. Aus der Verfügungsbefugnis des Antragstellers folgt grundsätzlich dessen Befugnis zur Änderung eines Antrags bis zum Ergehen der Entscheidung. Diese bedarf - selbst wenn sie erst in einem späten Verfahrensstadium erklärt wird - weder der Zustimmung der übrigen Beteiligten noch der Behörde.

Kopp, a.a.O., § 22 Rdnrn. 69 und 61.

Hiervon ausgehend beruht der angegriffene Rahmenbetriebsplan vom 22.12.1997 ungeachtet zwischenzeitlicher Änderungen letztlich auf dem Antrag vom 5.10.1987. Dieser Antrag betraf den "Rahmenbetriebsplan für den Tagebau GarzweilerI/II". Dieser Verfahrensgegenstand wurde in der Folge durch die beiden Anträge auf Teilzulassung im Kern nicht geändert. Dies ergibt die Zusammenschau der den Rahmenbetriebsplänen vom 5.10.1987, 18.5.1992 und 31.8.1995 beigefügten Karten und zeichnerischen Darstellungen der jeweiligen Begrenzungen der Abbauflächen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die detaillierte Prüfung der Vorinstanz, die auch der Frage der Einbeziehung neuer Flächen im Abbaugebiet Garzweiler I nachgegangen ist, Bezug genommen. Die Identität des Gesamtvorhabens zeigt sich nicht zuletzt dadurch, dass abschließende Regelungen für die Kippenführung (Unterbringung des Abraums) und Wiedernutzbarmachung für den gesamten Abbau in der Zeit zwischen 1996 und 2045 abschließend erst in der streitgegenständlichen Rahmenbetriebsplanzulassung geregelt werden. Selbst wenn man wegen der Verkleinerung des Abbaugebietes eine (konkludente) Teil-Rücknahme des ursprünglichen Antrags annehmen würde, änderte dies nichts an dem Vorliegen eines "begonnenen Verfahrens", denn insoweit ist von einem in dem ursprünglichen Antrag mitenthaltenen "minus", nicht aber von einem zum Vorliegen eines neuen Antrags führenden "aliud" auszugehen.

Zu keiner anderen Bewertung führt der Umstand, dass die Beigeladene unter dem 18.5.1992 bzw. unter dem 31.8.1995 beim Beklagten jeweils Anträge auf Teilzulassung gestellt und diesen beiden Anträgen jeweils eine vollständige Neufassung des zuzulassenden (Teil-)Betriebsplans beigefügt hat. Sowohl die Formulierung des Betreffs (...) als auch die begleitenden Anschreiben nehmen eindeutig auf den früheren Antrag Bezug und geben nichts dafür her, dass dieser zurückgenommen und an seiner Stelle ein neuer Antrag gestellt werden sollte. Was die äußere Form der Antragstellung angeht, haben der Beklagte und die Beigeladene nachvollziehbar dargelegt, dass und warum es bei Großverfahren üblich sei, Änderungen und Aktualisierungen nicht isoliert - etwa als Anlage - darzustellen, sondern in Form einer in sich geschlossenen Neufassung zu präsentieren, um auf diese Weise die Verständlichkeit und Lesbarkeit zu erhöhen. Auf eine völlig neue Antragstellung kann hieraus nicht geschlossen werden.

b) Mangels Anwendbarkeit der durch das BBergGÄndG eingefügten §§ 52 Abs. 2 a ff. BBergG n.F. kann offen bleiben, ob die vom Kläger begehrte Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens mit UVP hier - in bezug auf das Abbaugebiet Garzweiler II - auch deshalb ausscheidet, weil das Braunkohlenplanverfahren nach dem Landesplanungsgesetz, das eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorsieht, als Verfahren i.S.v. § 52 Abs. 2 b Satz 2 i.V.m. § 54 Abs. 2 Satz 3 BBergG n.F. anzusehen ist.

Aus demselben Grund kann offen bleiben, ob ein Planfeststellungsverfahren gemäß § 52 Abs. 2 c BBergG n.F. wegen wesentlicher Änderung eines Vorhabens hätte durchgeführt werden müssen. (...)

c) Die Berufung auf die Überleitungsvorschrift ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Überleitungsvorschriften mit einer Stichtagsregelung, wie sie hier Art. 2 BBergGÄndG vorsieht, verfolgen das Ziel, eine klare Grenze zwischen dem Anwendungszeitpunkt einer alten und einer neuen Regelung zu schaffen. Damit wird jedoch notwendigerweise für den betroffenen Personenkreis zugleich die Möglichkeit eröffnet - falls das Gesetz dies erlaubt -, sich für die alte oder für die neue Regelung zu entscheiden. Eine missbräuchliche Rechtsausübung kann daher allein in der Tatsache der Antragstellung relativ kurz vor dem entscheidenden Stichtag nicht gesehen werden.

Der Senat hat allerdings erwogen, ob von einem Rechtsmissbrauch dann auszugehen ist, wenn ein eine Stichtagsregelung auslösender Antrag erkennbar nur "zum Schein" gestellt wird. Diese Frage muss hier jedoch nicht weiter untersucht werden, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt hat, dass er nicht von einem derartigen "Scheinantrag" ausgehe. (...)

d) Das gefundene Ergebnis - fehlendes Erfordernis eines Planfeststellungsverfahrens wegen Verneinung einer UVP-Pflicht - widerspricht nicht dem Gemeinschaftsrecht. Die hier zur Anwendung kommende Überleitungsvorschrift des Art. 2 BBergGÄndG verstößt - jedenfalls für den hier zu entscheidenden Fall eines vor dem 3.7.1988 eingeleiteten Verfahrens - nicht gegen die Richtlinie des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 27.6.1985 (RL 85/337 EWG, ABl EG Nr. L 175, S. 40) - im Folgenden: UVP-Richtlinie -. Gerade durch das am 1.8.1990 in Kraft getretene BBergGÄndG hat die Bundesrepublik Deutschland die UVP-Richtlinie für den Bereich des Bergbaus in innerstaatliches Recht umgesetzt. Die Einführung eines Planfeststellungsverfahrens für die Zulassung des (obligatorischen) Rahmenbetriebsplans sollte eine geeignete verfahrensrechtliche Grundlage für die Umweltverträglichkeitsprüfung schaffen. Wie bereits erwähnt erfolgte diese fachspezifische Umsetzung zeitgleich mit der allgemeinen Umsetzung durch das UVPG.

BT-Drucks. 11/4015, S. 1 und 14; vgl. Haneklaus, a.a.O., § 18 Rdnr. 17.

Die Überleitungsvorschrift des Art. 2 BBergGÄndG sieht in Satz 1 bei vor dem 1.8.1990 eingeleiteten (Betriebsplan-)Verfahren unter bestimmten - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen die Anwendung des neuen Rechts vor. Im Übrigen sollen begonnene Verfahren nach altem Recht zu Ende geführt werden. Zwar dürfte die gesamte Bestimmung insoweit gegen die UVP-Richtlinie verstoßen, als sie auch nach dem 3.7.1988 - dem Zeitpunkt des Ablaufs der Umsetzungsfrist der UVP-Richtlinie - begonnene Verfahren nicht dem neuen Recht und damit nicht der Umweltverträglichkeitsprüfung unterwirft. Dies ist nach der Rechtsprechung des EuGH nicht zulässig.

EuGH, Urteile vom 9.8.1994 - Rs. C-396/92 -, Slg. 1994, I-3717 (zu der vergleichbaren Übergangsvorschrift des § 22 UVPG a.F.), vom 22. 10.1998 - Rs. C-301/95 -, Slg. 1995 I-6154 (6163), und vom 21.1.1999 - Rs. C-150/97 -, Slg. 1999 I-266 (271); vgl. auch Dienes, in: Hoppe, Kommentar zum UVPG, 1995, § 22 Rdnrn. 6 ff.

Die Frage kann jedoch offen bleiben, denn für den hier maßgeblichen Zeitpunkt - Antragstellung vor dem 3.7.1988 - steht die Überleitungsbestimmung mit der UVP-Richtlinie im Einklang. Dies ergibt sich ebenfalls aus der Rechtsprechung des EuGH zu vergleichbaren Übergangsregelungen. Das Gericht hat betont, dass das formale Kriterium der Antragsstellung dem Grundsatz der Rechtssicherheit entspreche und geeignet sei, die praktische Wirksamkeit der Richtlinie zu erhalten. Bei derartigen Übergangsregelungen gehe es darum, zu vermeiden, dass Verfahren, die bereits auf nationaler Ebene komplex sind und vor dem genannten Zeitpunkt förmlich eingeleitet wurden, durch die spezifischen Anforderungen der Richtlinie noch erschwert und verzögert werden.

EuGH, Urteil vom 18.6.1998 - C-81/96 -, EuGHE I 1998, 3923.

Auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten ergibt sich demnach keine andere Wertung. Konstituierendes Merkmal für das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist nach dem UVP-Gesetz wie auch nach der UVP-Richtlinie der Begriff des Vorhabens (Projekts). Ist das Vorhaben (Projekt) nicht UVP-pflichtig, weil das Verfahren vor dem maßgeblichen Stichtag eingeleitet worden ist, so bleibt es dabei, solange dieses Vorhaben und nicht statt seiner ein anderes im Verfahren weiterverfolgt wird.

BVerwG , Urteil vom 21.3.1996 - 4 C 1.95 -, DVBl. 1996, 915.



Ende der Entscheidung

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