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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 21.12.2007
Aktenzeichen: 11 A 1194/02 (1)
Rechtsgebiete: GG, BBergG, EnWG, Richtlinie 92/43 EWG, Richtlinie 79/409/EWG, LPlG NRW 1994


Vorschriften:

GG Art. 2
GG Art. 11
GG Art. 14
GG Art. 20a
BBergG § 1
BBergG § 48
BBergG § 55
EnWG § 1
Richtlinie 92/43 EWG (Habitatrichtlinie) Art. 6
Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutzrichtlinie) Art. 4
LPlG NRW 1994 § 34
LPlG NRW 1994 § 35
1. § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG entfaltet zugunsten der Eigentümer, deren Grundstücke für einen Tagebau in Anspruch genommen werden sollen, drittschützende Wirkung.

2. Die bei der Zulassung eines Rahmenbetriebsplans nach § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG zu prüfende energiepolitische Erforderlichkeit eines Braunkohlentagebauvorhabens setzt in Anlehnung an das Fachplanungsrecht eine Planrechtfertigung voraus. Diese Voraussetzung ist im Hinblick auf den Beitrag der Braunkohle aus dem Tagebauvorhaben Garzweiler I/II für die Stromerzeugung in der Bundesrepublik Deutschland aus der Perspektive des hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts Februar 2000 erfüllt.

3. Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans für den Braunkohlentagebau Garzweiler I/II, der mit der Umsiedlung zahlreicher Menschen verbunden ist, greift grundsätzlich nicht in den Schutzbereich des Art. 11 GG oder des Art. 2 Abs. 2 GG ein; die Umsiedlung ist im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG mit öffentlichen Interessen vereinbar.

4. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG sind durch ein Bergbauvorhaben bedingte Beeinträchtigungen gemeinschaftsrechtlich geschützter Gebiete außerhalb des Bereichs des Rahmenbetriebsplans grundsätzlich zu berücksichtigen.

5. Die Vorgaben der Habitatrichtlinie gelten nicht für Projekte, deren Genehmigung vor dem Datum beantragt worden ist, an dem die Frist für die Umsetzung der Richtlinie ablief.


Tatbestand:

Der Kläger wandte sich gegen die Zulassung des Rahmenbetriebsplans für den Braunkohlentagebau Garzweiler I/II, Zeitraum 2001 - 2045. Er ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, das 2017 für den Braunkohlentagebau in Anspruch genommen werden soll. Das VG wies seine Klage ab. Die zugelassene Berufung wies das OVG NRW 2005 zurück. Auf die Revision des Klägers verwies das BVerwG die Sache unter Änderung seiner Rechtsprechung zurück. Die Berufung blieb vor dem OVG NRW erneut ohne Erfolg.

Gründe:

1. Ausgangspunkt für die Prüfung ist nach der zurückverweisenden Entscheidung des BVerwG die Vorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG, die zugunsten der Eigentümer, deren Grundstücke für den Tagebau unmittelbar in Anspruch genommen werden sollen, drittschützende Wirkung entfaltet. Muss die Bergbehörde nach § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG eine beabsichtigte Gewinnung untersagen oder beschränken, weil die für sie erforderliche Inanspruchnahme von Grundstücken öffentlichen Interessen widerspricht, diente diese Untersagung oder Beschränkung der Zulassung gleichzeitig den Interessen des einzelnen Eigentümers, auf dessen Eigentum sonst zugegriffen werden müsste. Die öffentlichen Interessen i. S. d. § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG sind zugleich die Interessen, aus denen sein Grundstück nicht für das Vorhaben in Anspruch genommen werden darf.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.6.2006 - 7 C 11.05 -, BVerwGE 126, 205 (211ž Rn. 22).

Für die so verstandene Zulassungsfähigkeit des Vorhabens kommt es auch darauf an, ob das Abbauvorhaben durch die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, den dort anstehenden Bodenschatz zur Sicherung der Rohstoffversorgung abzubauen, und ob deshalb die großflächige Inanspruchnahme von Grundstücken mit der Umsiedlung zahlreicher Menschen und das völlige Umgestalten der Landschaft mit öffentlichen Interessen vereinbar ist. Ein Tagebauvorhaben widerspricht dem öffentlichen Interesse im Sinne des § 48 Abs. 2 BBergG, wenn bereits bei der Zulassung des Rahmenbetriebsplans erkennbar ist, dass die Verwirklichung des Vorhabens daran scheitern muss, dass die dafür erforderliche Inanspruchnahme des Eigentums privater Dritter nicht durch Belange des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist.

BVerwG, Urteil vom 29.6.2006 - 7 C 11.05 -, BVerwGE 126, 205 (209 f., Rn. 19).

Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das angegriffene Vorhaben nicht dem so verstandenen öffentlichen Interesse widerspricht.

Bei der Prüfung geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass dieser durch die Zulassung des Rahmenbetriebsplans in einer Weise betroffen ist, die einer enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses etwa im Fernstraßenrecht nahe kommt und dass deshalb auch eine Prüfung objektiv-rechtlicher Belange geboten ist. Dafür spricht, dass die öffentlichen Interessen im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG zugleich die Interessen sind, aus denen das Grundstück eines Eigentümers nicht in Anspruch genommen werden darf.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.6.2006 - 7 C 11.05 -, BVerwGE 126, 205 (211, Rn. 22).

Nach den für den Bereich des Planfeststellungsrechts von der Rechtsprechung für den Rechtsschutz eigentumsbetroffener Kläger entwickelten Grundsätzen sind - jedenfalls grundsätzlich - auch öffentliche Belange zu prüfen und zu berücksichtigen, die die Vereinbarkeit des Zulassungsvorhabens mit einschlägigen objektivrechtlichen Rechtsvorschriften betreffen.

Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 16.3.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116 (297 f.), vom 18.3.1983 - 4 C 80.79 -, BVerwGE 67, 74 (78) und vom 21.3.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370 (382) sowie Kühling/Herrmann, Fachplanungsrecht, 2. Aufl. 2000, S. 197 ff., m. w. N.

a) Das Vorhaben ist durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Braunkohle im Bereich des Rahmenbetriebsplans zur Sicherung der Rohstoffversorgung für die Stromerzeugung abzubauen ("energiepolitische Erforderlichkeit").

Die Sicherstellung der Energieversorgung eines Staates ist eine öffentliche Aufgabe von größter Bedeutung, weil die Energieversorgung als Bestandteil der Daseinsvorsorge eine Leistung ist, derer der Einzelne zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.2002 - 4 C 7.01 - , BVerwGE 117, 138 (140); OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 5.7.2007 - 2 S 25.07 -, juris, Rn. 41 des Langtextes; OVG Bbg., Beschluss vom 28.9.2000 - 4 B 130/00 -, ZfB 2000, 297 (305 f.), m. w. N.

aa) "Erforderlichkeit" für die Energieversorgung ist im vorliegenden energiepolitischen Zusammenhang entgegen der Auffassung des Klägers nicht als "Unabdingbarkeit" zu verstehen. Dies ergibt sich aus den Sachgesetzlichkeiten des seit 1998 liberalisierten Energiemarkts. Würde etwa der Nachweis gefordert, dass gerade ein jeweils in Frage stehendes Vorhaben zur Deckung eines auf Grund allgemeiner wirtschaftlicher Daten prognostizierten erhöhten Energiebedarfs erforderlich ist, dass also Braunkohle aus einem bestimmten Tagebau unabdingbar ist und dass der prognostizierte Bedarf nicht auch anderweitig gedeckt werden kann, so könnte die Berechtigung jedes Vorhabens bestritten werden. Denn in einem liberalisierten Strommarkt, in dem es nicht mehr bestimmten Energieversorgern ausschließlich zugewiesene Versorgungsgebiete gibt, wird so gut wie immer dargelegt werden können, dass ein Bedarf anderweitig gedeckt werden kann.

Vgl. dazu: Degenhart, Wirtschafts-, Energie- und Strukturpolitik durch Raumordnungsziele im Recht der Braunkohlenplanung, in: Degenhart u. a. (Hrsg.), Bergrecht in der Entwicklung, 2003, S. 21 ff. (23).

Deshalb ist hier ein Verständnis des Begriffs der energiepolitischen Erforderlichkeit dahingehend geboten, dass für das Bergbauvorhaben, ebenso wie nach der vom BVerwG geprägten Rechtsprechung für den Bereich des Fachplanungsrechts eine Planrechtfertigung zu fordern ist.

Vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 16.3.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116 (177), m. w. N.; Kühling/Herrmann, Fachplanungsrecht 2. Aufl. 2000, Rn. 270 ff. (278).

Die Erforderlichkeit eines Vorhabens, das planfestgestellt werden soll, ist nicht erst bei Unausweichlichkeit der Planung gegeben, sondern schon dann, wenn für das Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht. Das ist der Fall, wenn es "vernünftigerweise geboten" ist.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16.3.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116 (177, Rn. 182), m. w. N.

Dieses Begriffsverständnis von "Erforderlichkeit" in Anlehnung an die Anforderungen an die Planrechtfertigung im Fachplanungsrecht resultiert daraus, dass sich diese Anforderungen nach der vorzitierten Rechtsprechung des BVerwG gerade aus den Vorgaben des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG ergeben, denen genügt werden soll, wenn eine Planung zur Betroffenheit von Eigentumsgrundrechten führt.

Vgl. hierzu auch Nds. OVG, Urteil vom 8.3.2006 - 7 KS 128/02 -, DVBl. 2006, 1044 (1047 f.).

Dem entspricht die vorliegende Konstellation, in der auf der Grundlage der Entscheidung des BVerwG vom 29.6.2006 ebenfalls von einer Betroffenheit in Eigentumsgrundrechten auszugehen ist.

Maßgeblich ist danach, ob es "vernünftigerweise geboten" ist, den hier anstehenden Bodenschatz, die Braunkohlenvorkommen in dem vom Rahmenbetriebsplan erfassten Bereich, zur Sicherung der Rohstoffversorgung bzw. Energieversorgung abzubauen. Hierbei ist auf den vom Rahmenbetriebsplan erfassten Zeitraum von 2001 bis 2045 abzustellen und die Rohstoffversorgung bzw. Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland in den Blick zu nehmen. Dies ergibt sich aus der Zielsetzung des für die Rahmenbetriebsplanzulassung maßgeblichen § 1 Nr. 1 BBergG, zur Sicherung der Rohstoffversorgung das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen unter Berücksichtigung ihrer Standortgebundenheit und des Lagerstättenschutzes zu ordnen und zu fördern; diese Zielsetzung bezieht sich darauf, die deutsche Rohstoffversorgung zu sichern.

Vgl. Boldt/Weller, BBergG, Kommentar, 1984, § 1 Rn. 1.

Nach diesem Prüfungsansatz kommt es für die Beurteilung der energiepolitischen Erforderlichkeit des Tagebaus Garzweiler für die Energieversorgung in Deutschland von vornherein nicht darauf an, ob ohne das Vorhaben in der gesamten Bundesrepublik Deutschland oder in einem nicht unerheblichen Teilgebiet sozusagen "die Lichter ausgehen".

Vgl. auch VerfG Brandenburg, Urteil vom 18.6.1998 - 27/97 -, EuGRZ 1998, 698 (704), unter Hinweis auf VerfGH NRW, Urteil vom 9.6.1997 - VerfGH 20/95 u. a. -, OVGE 46, 295 ff.

Im Hinblick auf diese rechtlichen Zusammenhänge war die mit dem Beweisantrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2007 unter Beweis gestellte sinngemäße Tatsachenbehauptung nicht entscheidungserheblich.

Die Rechtsprechung des BVerwG zu den Maßstäben für die Prüfung der energiewirtschaftlichen Erforderlichkeit von Leitungsvorhaben im Rahmen der Überprüfung von Entscheidungen nach dem Energiewirtschaftsgesetz i. d. F. vom 24.4.1998 (BGBl. I S. 730), auf deren Grundlage für Vorhaben der Energieversorgung Enteignungen stattfinden, gibt keinen Anlass, einen strengeren Prüfungsmaßstab zugrundezulegen. Danach kommt es darauf an, ob ein konkretes Leitungsvorhaben eine Versorgungslücke schließen soll oder der Versorgungssicherheit dient.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2002 - 4 C 9.00 -, BVerwGE 116, 365 (376).

Der Versorgungssicherheit "dient" das Bergbauvorhaben auch dann, wenn es zwar nicht unabdingbar, d. h. nicht zwingend erforderlich ist, um eine sichere Versorgung mit Energie zu gewährleisten, aber im Hinblick auf die Versorgung mit Rohstoffen zur Energieerzeugung auch geeignet und mithin "vernünftigerweise geboten" ist.

Ein strengerer Prüfungsmaßstab ist ebensowenig deshalb anzulegen, weil es um ein Vorhaben eines privaten Trägers geht und mit der Rahmenbetriebsplanzulassung Eingriffswirkungen für Eigentümer verbunden sind, deren Grundstücke für das Tagebauvorhaben in Anspruch genommen werden sollen. In der vorzitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.7.2002 wird nämlich zugleich klargestellt, dass auch eine Enteignung zugunsten eines Energieversorgungsunternehmens nicht etwa ausgeschlossen ist, wenn es sich um eine juristische Person des Privatrechts handelt. Maßgeblich ist insoweit vielmehr, inwieweit eine solche Enteignung dem öffentlichen Interesse dient. Dies gilt auch unter den Bedingungen des nach dem EnWG 1998 liberalisierten Strommarkts.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2002 - 4 C 9.00 -, BVerwGE 116, 365 (372 f.).

bb) Die energiepolitische Erforderlichkeit ist nach dem genannten Maßstab vorliegend gegeben. Der Abbau von Braunkohle nach Maßgabe des zugelassenen Rahmenbetriebsplans Garzweiler I/II ist zur Sicherung der Energieversorgung notwendig. Er ist bei einer Beurteilung auf der Grundlage im Februar 2000 verfügbarer Erkenntnisse "vernünftigerweise geboten".

Die Zulassungsentscheidung beruht auf der Annahme der energiepolitischen Erforderlichkeit des Vorhabens für den Zulassungszeitraum, wie sie im Braunkohlenplan Garzweiler II (S. 262) sowie in den Erläuterungen zu der darauf bezogenen Genehmigungsentscheidung vom 31.3.1995 (S. 6 f. und 10-13) zugrundegelegt worden ist. Dies ergibt sich der Sache nach aus der Nebenbestimmung 1.2 (vgl. S. 2 und 44) des Zulassungsbescheids. Diese Annahme ist nicht zu beanstanden.

Aus den vorliegenden Unterlagen, insbesondere auch den Quellen, die in der zu der Zulassung des Rahmenbetriebsplans erlassenen Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 28.3.2001 in Bezug genommen sind, ergibt sich, dass im Februar des Jahres 2000 von einem erheblichen Beitrag der Verstromung der Braunkohlemengen aus dem Tagebau Garzweiler I/II im Hinblick auf die Energieversorgung in der Bundesrepublik Deutschland auszugehen war. Nach dem dort in Bezug genommenen Energiereport III des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln (EWI) und der Prognos AG beruhte seit dem Jahr 1997 etwa ein Viertel der Bruttostromerzeugung in der Bundesrepublik Deutschland auf Braunkohle.

Vgl. S. 370/373 des Energiereports III sowie S. XXIX der Kurzfassung.

Bundesweit wurden - im wesentlichen zu Verstromungszwecken - ca. 167 Mio. Tonnen Braunkohle gefördert.

Vgl. Statistisches Jahrbuch 2001 für die Bundesrepublik Deutschland, S. 214, sowie auch den Bericht über die Tätigkeit der Bergbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2000, hrsg. v. Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes NRW, S. 5.

Ca. 26 Mio. Tonnen, d. h. knapp ein Sechstel der bundesweit geförderten Braunkohle, kam im Jahr 2000 aus dem Tagebau Garzweiler.

Vgl. dazu den erstinstanzlich vorgelegten Bericht der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom 23.1.2001, S. 8, sowie auch den Bericht über die Tätigkeit der Bergbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2000, S. 5.

Danach geht der Energiereport III bei einem Verzicht auf einen Aufschluss des Tagebaus Garzweiler II von einer um 27 TWh jährlich verminderten Grundlaststromproduktion ab 2005 bis 2010 aus; dies entspricht knapp 5 % der im Energiereport III für 2005 auf 567,4 TWh prognostizierten Bruttostromerzeugung im Bundesgebiet.

Vgl. S. 478 und 370 ff. bzw. S. LVIII der Kurzfassung des Energiereports III.

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass bei Prognoseentscheidungen entsprechend der Rechtsprechung des BVerwG zum Energiewirtschaftsrecht ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Prognose-, Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum besteht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.1.1986 - 4 C 6.84 und 7.84 -, BVerwGE 72, 365 (367).

Der Annahme der energiepolitischen Erforderlichkeit konnte auch die energiepolitische Grundentscheidung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen zugrundegelegt werden, vgl. die Leitentscheidungen der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen von 1987 und 1991 zum Tagebau Garzweiler II und die Erläuterungen zur Genehmigungsentscheidung des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31.3.1995 in Bezug auf den Braunkohlenplan Garzweiler II, den Braunkohleverbrauch nicht durch weitergehende Steuerungsmaßnahmen - etwa durch zusätzliche Anreize zur Energieeinsparung oder durch eine Änderung des "Energiemixes" zu Gunsten der Nutzung der Kernenergie oder von Gas, Kraft-Wärme-Koppelung bzw. "erneuerbarer Energieträger" wie z. B. Windkraft - zu verringern. Derartige energiepolitische Grundentscheidungen, von denen die Zulassungsbehörde auszugehen hatte, können bei Überprüfung daran anknüpfender Prognoseentscheidungen auch vom Gericht aus Rechtsgründen grundsätzlich nicht beanstandet werden.

Vgl. hierzu allg. etwa OVG Bbg., Beschluss vom 28.9.2000 - 4 B 130/00 -, ZfB 2000, 297 (309 f.); Sächs. VerfGH, Urteil vom 25.11.2005 - Vf. 119 - VIII - 04, ZfB 2006, 139 (144).

In ihrer Leitentscheidung aus dem Jahre 1991 hat die Landesregierung unter Bezugnahme auf die grundsätzlichen energiepolitischen Aussagen der Leitentscheidungen zur künftigen Braunkohlepolitik vom September 1987 festgestellt, sie sei überzeugt, dass der Einsatz von Braunkohle trotz der geänderten Rahmenbedingungen als sicherer, kostengünstiger und verfügbarer Rohstoff energiewirtschaftlich und energiepolitisch notwendig ist (II. 9 der Leitentscheidungen). Diese Einschätzung war auch Grundlage der Genehmigung des Braunkohlenplans Garzweiler II vom 31. März 1995. Die vorgenannte Leitentscheidung bzw. die entsprechende Prognose wurde unter verfassungsrechtlichen Aspekten im Rahmen der Überprüfung des Braunkohlenplans Garzweiler II vom Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen nicht beanstandet.

Vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 9.6.1997 - VerfGH 20/95 u. a. -, OVGE 46, 295 (311 ff.).

Dass von anderen energiepolitischen Grundentscheidungen ausgegangen werden müsste, weil sich die genannte energiepolitische Grundausrichtung im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt grundlegend geändert oder gegen zwingende rechtliche Vorgaben verstoßen hätte, ist nicht ersichtlich. Deshalb kommt es auf die umfangreichen energiepolitischen Anregungen und "Szenarien" des Klägers dazu, dass vorrangig der Energieverbrauch gesenkt werden müsse, insbesondere durch Verbesserung der Effizienz der Energienutzung und durch Energiesparmaßnahmen bzw. die Inanspruchnahme anderer Energieträger, insbesondere sog. "erneuerbarer" Energieträger, nicht an.

Die Zielvorgaben des § 1 EnWG 1998 lassen für eine Energiepolitik im Sinne der der Prognose zugrundeliegenden energiepolitischen Grundausrichtung Raum. Zweck des Gesetzes ist danach eine möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche Versorgung mit Elektrizität (und Gas) im Interesse der Allgemeinheit. Diese energiepolitische Zieltrias lässt eine energiepolitische Ausrichtung zu, bei der neben "umweltfreundlichen" Energieträgern auch anderweitige Energieträger im Interesse der Sicherheit und Preisgünstigkeit der Energieversorgung weiterhin ihren Platz im "Energiemix" behalten. Ebensowenig lässt sich dieser Zieltrias eine strikte rechtliche Verpflichtung entnehmen, eine Energiepolitik zu betreiben, die auf erhebliche Verringerungen des Energieverbrauchs oder des Energieträgereinsatzes (Effizienzsteigerung) zielt. Für die in § 1 EnWG 1998 aufgeführten gesetzlichen Ziele ist eine Rangfolge nicht festgelegt.

Vgl. OLG München, Urteil vom 3.8.2006 - U (K) 5768/05 -, ZNER 2006, 264 (268), und Salje, Energiewirtschaftsgesetz, Kommentar, 2006, § 1 Rn. 58.

Anderweitige zwingende Vorgaben für die Energiepolitik resultieren ferner nicht aus Art. 20a GG, der Staatszielbestimmung zum Umweltschutz. Hiernach schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Die Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Grundlagen ist als Staatsziel ausgestaltet, das heißt, die staatliche Gewalt ist verfassungsrechtlich verpflichtet, das Gemeinschaftsgut "natürliche Lebensgrundlagen" im Sinne eines Optimierungsgebots zu schützen. Der Umweltschutz wird damit zu einer fundamentalen Staatsaufgabe. Art. 20a GG wendet sich in erster Linie an den Gesetzgeber, den die Verpflichtung trifft, den in dieser Norm enthaltenen Gestaltungsauftrag umzusetzen. Art. 20a GG bezieht auch die Exekutive und die Rechtsprechung in den Schutzauftrag mit ein. Bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei der Betätigung von Ermessen ist das Schutzgebot des Art. 20a GG Auslegungs- und Abwägungshilfe.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.2006 - 8 C 13.05 -, juris, Rn. 19 des Langtextes (insoweit in BVerwGE 125, 68, 73, nicht abgedruckt).

Im Bereich der Umweltvorsorge kommt dem Gesetzgeber aber eine Einschätzungsprärogative zu, wie dem Umweltschutz Rechnung zu tragen ist. Die gerichtliche Prüfung beschränkt sich demgemäß darauf, ob die getroffenen Schutzvorkehrungen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das Ziel zu erreichen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.2006 - 8 C 13.05 -, BVerwGE 125, 68 (75 f., Rn. 29).

Diese Regelung belässt dem Gesetzgeber mithin einen breiten Gestaltungsspielraum.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.3.2007 - 1 BvF 1/05 -, EuGRZ 2007, 340 (349), sowie Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2006, Art. 20a GG Rn. 71.

Dass dieser Gestaltungsspielraum hier nicht eingehalten ist, ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die internationalen Vereinbarungen zum Klimaschutz im "Kyoto-Protokoll" vom Dezember 1997, auf das sich der Kläger bezieht, enthalten - ungeachtet ihrer rechtlichen Qualität - ebensowenig zwingende rechtliche Vorgaben für Energieeinsparung oder einen nationalen Energiemix, sondern lediglich allgemeine Zielvorgaben für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen, die zudem erst seit Anfang 2005, also noch nicht im hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, rechtlich maßgebend sind.

Vgl. die Bekanntmachung zum Protokoll von Kyoto (Gesetz vom 27.4.2002, BGBl. II S. 966) vom 11.1.2005 (BGBl. II S. 150).

Nichts anderes gilt für die mit der Entscheidung des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 25.4.2002 begründete Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, im Hinblick auf das Kyoto-Protokoll Emissionen gemäß Anlage B des Protokolls bis 2012 auf 79 v. H. des Basisjahres (bzgl. Kohlendioxid 1990) zu reduzieren.

Vgl. Entscheidung des Rates vom 25.4.2002 2002/358/EG (ABl. EG L 130 S. 1, 19).

Die an die genannte energiepolitische Grundausrichtung anknüpfende Prognose, dass es nicht zu anderweitigen Entwicklungen kommt, die den Braunkohlebedarf relevant verringern, ist hinreichend belastbar und mithin vom Gericht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Nach den im Februar 2000 vorliegenden Erkenntnissen war - entgegen dem Klägervortrag - keineswegs wahrscheinlich, dass sich der Braunkohlebedarf in Bezug auf den Zeitraum bis 2045 erheblich verringern würde. Die Belastbarkeit der vorgenannten Annahmen wird durch die Ergebnisse des Energiereports III bestätigt. Die Kernaussage dieser seit Ende 1999 vorliegenden Studie der Prognos AG und des EWI lässt sich dahin zusammenfassen, dass zur Deckung des Energiebedarfs in Deutschland weiterhin eine Braunkohleverstromung in dem oben genannten Umfang erfolgen wird, wenn der Prognose überwiegend wahrscheinliche energiepolitische Vorgaben zugrundegelegt werden ("konservative status quo Prognose").

Vgl. S. 1 und 370 ff. des Energiereports III. Hierbei wurde davon ausgegangen, dass eine verstärkte Inanspruchnahme von Strom aus Kernenergienutzung politisch nicht gewollt war und dass ein weitergehender Rückgriff auf andere Energieträger - wie etwa Importkohle oder Windkraft etc. - nicht ohne Kostensteigerung stattfinden könne.

Gegen diese Prognose wendet der Kläger ohne Erfolg ein, durch die Liberalisierung des Strommarkts habe sich eine entscheidende Veränderung ergeben. Auch nach der Liberalisierung der Strommärkte mit der 1998 erfolgten Änderung des Energiewirtschaftsrechts, durch die die geschlossenen Versorgungsgebiete der Energiewirtschaftsunternehmen weggefallen sind, verbleibt grundsätzlich das Bedürfnis nach einer Energiesicherung gerade auch durch heimische Rohstoffe.

Vgl. hierzu OVG Bdg., Beschluss vom 28.9.2000 - 4 B 130/00 -, ZfB 2000, 297 (308 f.); Sächs. VerfGH, Urteil vom 25.11.2005 - Vf 119-V III-04 -, ZfB 2006, 139 (143 f.).

Gegen die genannte Prognose zur energiewirtschaftlichen Erforderlichkeit sprechen ferner nicht die umfangreichen Erwägungen des Klägers zum Emissionszertifikatshandelssystem und den hierzu erlassenen Regelungen, die dem Schutz des Klimas dienen sollen, insbesondere mit Blick auf Kohlendioxidemissionen, und aus denen sich eine Verschlechterung der Wettbewerbschancen der Braunkohle auf dem Energiemarkt ergeben könnte. Dieser Einwand ist angesichts des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts vorliegend schon nicht berücksichtigungsfähig, soweit es um die Auswirkungen der Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. EG L 275 S. 32) geht, die der Umsetzung der 2002 beschlossenen Verpflichtung zu einer Treibhausgasreduzierung dient. Vgl. dazu die Entscheidung 2002/358/EG des Rates vom 25. April 2002 (ABl. EG L 130 S. 1).

Eine andere Beurteilung ergibt sich deshalb ebensowenig im Hinblick auf die Umsetzung der Beschlüsse des "Energiegipfels" vom Juli 2007 im Rahmen des am 5.12.2007 von der Bundesregierung beschlossenen "Klimaschutzpakets".

Vgl. hierzu die Informationen im Rahmen des Internetauftritts der Bundesregierung - bundesregierung.de - sowie den Endbericht der Prognos AG und des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln für den Energiegipfel 2007 vom 3.7.2007.

Soweit für den Fall der Umsetzung der energiepolitischen Ziele der Regierungskoalition - "Szenario KV" - im Endbericht prognostiziert wird, dass sich zwischen 2005 und 2020 die Bruttostromerzeugung von 620 TWh auf 542 TWh verringert, der Anteil der Braunkohle an der so verringerten Bruttostromerzeugung auf 22,1 % gegenüber 24,8 % in 2005 (vgl. S. 3, 110 des Endberichts) zurückgeht und sich entsprechend unter Berücksichtigung von Steigerungen bei der Effizienz des Braunkohleeinsatzes die Menge der zu verstromenden Braunkohle reduziert (vgl. S. 114, 102 des Endberichts), müsste auch die Berücksichtigung solcher Entwicklungen einem etwaigen Änderungsverfahren vorbehalten bleiben, das zunächst den zugrundeliegenden Braunkohlenplan beträfe. Nach § 48 Satz 1 LPlG NRW in der Fassung vom 3.5.2005, GV. NRW. S. 430 (früher: § 35 Satz 1 LPlG NRW in der Fassung vom 29.6.1994, GV. NRW. S. 474) muss ein Braunkohlenplan überprüft und erforderlichenfalls geändert werden, wenn die Grundannahmen für den Braunkohlenplan sich wesentlich ändern.

Vgl. zu dieser Regelung auch VerfGH NRW, Urteil vom 9.6.1997 - VerfGH 20/95 u. a. -, juris, Rn. 76, 92 des Langtextes (insoweit in OVGE 46, 295, 305, 310, nicht abgedruckt).

Unter Berücksichtigung des § 47 Abs. 4 Satz 2 LPlG NRW 2005 (früher § 34 Abs. 5 Satz 2 LPlG NRW 1994) und des entsprechenden Zusatzes zu I. 1.2 im Zulassungsbescheid wäre danach bei einer solchen wesentlichen Änderung auf der Grundlage von §§ 48 Abs. 2, 56 BBergG, vgl. BVerwG, Urteil vom 29.6.2006 - 7 C 11.05 -, BVerwGE 126, 205 (209, Rn. 17 zweiter Satz, mit Hinweis auf die ursprüngliche Funktion des § 48 Abs. 2 BBergG als Befugnisnorm für der Zulassung nachfolgende Anordnungen), oder § 5 BBergG i.V.m. § 1 VwVfG, § 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW, vgl. Kühne, Braunkohlenplanung und bergrechtliches Zulassungsverfahren, 1999, S. 61 ff., auch eine Überprüfung der Regelungen der Zulassung des Rahmenbetriebsplans in Betracht zu ziehen.

Deshalb rechtfertigt auch der in dem Gutachten des Öko-Instituts vom Februar 2004 näher ausgeführte Einwand des Klägers, für die Zeit nach 2020 fehle es an einer hinreichenden prognostischen Feststellung, keine andere Beurteilung. Zwar bezieht sich die "konservative status quo Prognose" des Energiereports III, auf die die Beklagte im gerichtlichen Verfahren verweist, tatsächlich ausdrücklich nur auf den Zeitraum bis 2020. Die Zulassungsentscheidung musste indes nicht zwingend auf den Zeitraum bis 2020 beschränkt werden. Sie konnte vielmehr in Anknüpfung an die dem Braunkohlenplan Garzweiler II (vgl. S. 262 ff. und 61 ff.) zugrundeliegende energiepolitische Einschätzung und die Leitentscheidungen der Landesregierung auch den nachfolgenden Zeitraum bis Ende 2045 erfassen, der Gegenstand des Antrags der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen auf Zulassung des Rahmenbetriebsplans war, um ihr die mit Blick auf die Sachgesetzlichkeiten des großflächigen Tagebauvorhabens erforderliche langfristige Planungssicherheit zu vermitteln. Der verbleibenden Ungewissheit in Bezug auf die Belastbarkeit der Prognose eines fortbestehenden Braunkohlebedarfs für das Ende des Prognosezeitraums wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass - wie vorstehend aufgezeigt - die Möglichkeit einer nachträglichen Änderung der Entscheidung bei wesentlichen Änderungen der Prognose besteht, auf der die Beurteilung der energiepolitischen Erforderlichkeit beruht.

b) Soweit der Kläger einwendet, dass der Gesichtspunkt der Bedeutung des Vorhabens für die Arbeitsplätze im Bergbau bzw. in der Region nicht für die Annahme eines öffentlichen Interesses streite, kommt es darauf nicht entscheidungserheblich an, da das Vorhaben - wie vorstehend dargelegt - schon mit Blick auf seine energiepolitische Erforderlichkeit gerechtfertigt ist. Allerdings liegt es für den Senat auf der Hand, dass die Zulassung des Vorhabens zur Sicherung von Arbeitsplätzen im Bergbau und in der Region in nennenswertem Umfang beiträgt.

Vgl. dazu etwa das Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) Liberalisierung der Strommärkte und die Bedeutung der rheinischen Braunkohle für den Arbeitsmarkt.

Dass ein Verzicht auf den Braunkohlentagebau als Folge einer Aufhebung der Zulassung bei einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung per saldo zu mehr Arbeitsplätzen in Deutschland führte, ist demgegenüber schon in tatsächlicher Hinsicht - ungeachtet der Frage der Erheblichkeit dieses Einwands - von Klägerseite nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt worden.

c) Die mit dem Braunkohleabbau verbundene großflächige Inanspruchnahme von Grundstücken ist auch angesichts der dadurch bedingten Umsiedlung zahlreicher Menschen mit öffentlichen Interessen vereinbar.

In diesem Zusammenhang wird durch Art. 11 GG das Gewicht der genannten Belange nicht verstärkt. Die behördliche Zulassung des Rahmenbetriebsplans ist nämlich nicht als Eingriff in den Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 GG zu werten.

Vgl. dazu ausführlich Durner, in: Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, Art. 11 GG (Stand Juni 2007), Rn. 121 ff. m. w. N.; a. A. Baer, NVwZ 2003, 27 ff.

Freizügigkeit im Sinne von Art. 11 Abs. 1 GG erfasst als negative Freizügigkeit zwar auch das Verbleiben am gewählten Aufenthaltsort.

Vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 7.6.2005 im vorliegenden Verfahren (S. 23 des Abdrucks) und Gusy, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Kommentar, 4. Aufl. 1999, Bd. 1, Art. 11 Rn. 34.

Zudem können staatliche Maßnahmen grundsätzlich auch dann Grundrechte beeinträchtigen, wenn sie eine mittelbare oder faktische Wirkung entfalten. Wie ein Grundrechtseingriff sind solche Beeinträchtigungen allerdings nur zu behandeln, wenn sie einem direkten und normativen Eingriff in Zielsetzung und Wirkung gleichkommen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00 -, BVerfGE 110, 177 (191).

Allgemeine Regelungen, welche sich nicht final oder unmittelbar auf die Freizügigkeit beziehen, wohl aber Rückwirkungen auf deren Ausübung erlangen können, betreffen nicht den Grundrechtsschutz selbst, sondern nur dessen Voraussetzungen.

Vgl. Gusy, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Kommentar, 4. Aufl. 1999, Bd. 1, Art. 11 Rn. 49.

Danach kann die Zulassung des Rahmenbetriebsplans hier nicht als (finaler) Grundrechtseingriff angesehen werden.

Vgl. auch VerfG Bbg., Beschluss vom 28.6.2001 - 44/00 -, ZfB 2002, 45 (50 f.), und Durner, in: Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, Art. 11 GG (Stand Juni 2007) Rn. 121 ff. m. w. N.

Sie kommt in ihrer Zielsetzung (Finalität) einem direkten Eingriff in das Recht der Freizügigkeit nicht gleich, sondern betrifft lediglich die nicht durch Art. 11 GG geschützten rechtlichen Voraussetzungen für die künftige Nutzung des durch das Bergbauvorhaben betroffenen Bereichs.

Selbst wenn dies anders zu beurteilen und ein Eingriff anzunehmen wäre, wäre er jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Eingriffe in die negative Freizügigkeit können auch mit Blick auf verfassungsimmanente Schranken des Grundrechts gerechtfertigt werden.

Vgl. etwa Durner, in: Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar (Stand Juni 2007), Art. 11 GG Rn. 160 und Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Kommentar, 7. Aufl. 2004, Art. 11 Rn. 13.

Eine solche Schranke ergäbe sich hier wegen der Bedeutung des zugelassenen Vorhabens für das überragend wichtige Gut einer gesicherten Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland. Zudem wäre als verfassungsimmanente Schranke eine durch Art. 14 GG verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen aus den im Bereich des Rahmenbetriebsplans bestehenden bergrechtlichen Gewinnungsberechtigungen zu berücksichtigen.

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt auch dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für die Beurteilung der Umsiedlung im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen keine durchgreifende Bedeutung zu. Die in diesem Zusammenhang geschilderten Auswirkungen betreffen teilweise lediglich das von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG von vornherein nicht geschützte soziale Wohlbefinden.

Vgl. dazu etwa di Fabio, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 2 Abs. 2 (Stand Juni 2004) Rn. 56.

Soweit darüberhinaus - auch für die Person des Klägers - psychische bzw. psychosomatische Beeinträchtigungen, insbesondere Depressionen und Schlafstörungen behauptet werden, kommt es auf eine einzelfallbezogene Betrachtung hier nicht an. Eine detaillierte Würdigung von Einzelschicksalen ist im Rahmen der Zulassungsentscheidung nicht geboten, es ist lediglich eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2006 - 7 C 6.06 -, BVerwGE 127, 272 (277, Rn. 25).

Zudem fehlt es ohnehin an einem konkreten und nachvollziehbaren Vortrag eines ursächlichen Zusammenhangs mit der Zulassung des Vorhabens. Dieser Zusammenhang ist auch nicht sonst ersichtlich. Das vom Kläger in Bezug genommene Gutachten von Prof. Zlonicky zur Sozialverträglichkeit von Umsiedlungen im Rheinischen Braunkohlerevier aus dem Jahr 1990 enthält zwar die Schilderung von mit der Umsiedlung verbundenen Belastungen und dadurch ausgelösten psychischen und physischen Beschwerden. Dabei sind indes noch nicht die weitergehenden begleitenden Beratungs- und Betreuungsangebote für die Umsiedler sowie die erhöhten wirtschaftlichen Kompensationsleistungen der Beigeladenen berücksichtigt. Nach den die Umsiedlung betreffenden Festlegungen der Braunkohlenplanung (vgl. insb. S. 184 ff., 419 ff. des Braunkohlenplans Garzweiler II sowie S. 20 f. der Erläuterungen zur Genehmigung des Plans) wird die Umsiedlung durch umfangreiche Begleit- und Betreuungsmaßnahmen sozialverträglich gestaltet. Durch Maßnahmen begleitender Betreuung und Beratung - unter der Verantwortung der jeweiligen Kommunen (vgl. S. 191 des Braunkohlenplans Garzweiler II) - im Rahmen des Konzepts gemeinsamer Umsiedlung werden auch die "immateriellen" Auswirkungen der Umsiedlung berücksichtigt. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus den entsprechenden Ausführungen der Braunkohlenpläne Umsiedlung Immerath-Pesch-Lützerath und Umsiedlung Borschemich. Danach ist davon auszugehen, dass solche Folgen der Umsiedlung, die im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG als Schutzbereichsbeeinträchtigung gewertet werden könnten, weitgehend vermieden werden können. Dieses Ergebnis wird durch das weitere Gutachten von Prof. Zlonicky zur Evaluierung von Umsiedlungen im Rheinischen Braunkohlenrevier im Hinblick auf ihre Sozialverträglichkeit aus dem Jahr 1999 bestätigt, nach dem es bei Verwirklichung des Vorhabens möglich ist, die Umsiedlung sozialverträglich zu gestalten.

Sollte es danach gleichwohl in nennenswertem Umfang zu durch das Vorhaben bedingten, mittelbaren Beeinträchtigungen des Schutzbereichs des in Rede stehenden Grundrechts kommen, die das Maß einer als sozialadäquat eingestuften Beeinträchtigung überstiegen und bei einer normativen Betrachtung unter Berücksichtigung des Schutzguts von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG als adäquate Folge der staatlichen Tätigkeit dieser normativ zurechenbar wären - also weder aus einer selbständig zu verantwortenden Tätigkeit Dritter resultierten noch auf einer schicksalhaften Fügung beruhten - und deshalb als staatlicher Eingriff zu werten wären, vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 11.8.1999 - 1 BvR 2181/98 u. a. -, NJW 1999, 3399 (3401); ferner auch VerfG Bbg., Beschluss vom 28.6.2001 - 44/00 -, ZfB 2002, 45 (50), wären diese Eingriffe in den Schutzbereich des Grundrechts durch die gesetzliche Eingriffsermächtigung in Gestalt der Regelungen über die Betriebsplanzulassung verfassungsrechtlich gerechtfertigt (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG).

Stehen die vom Kläger angeführten verfassungsrechtlichen Regelungen mithin dem Vorhaben nicht entgegen, kann die Unvereinbarkeit der Umsiedlung mit öffentlichen Interessen auch sonst nicht festgestellt werden. Sind die Feststellungen des Braunkohlenplans Garzweiler II zur Sozialverträglichkeit der Umsiedlung, wie sich aus dem vorgenannten Evaluierungsgutachten aus dem Jahr 1999 ergibt, nicht durchgreifend erschüttert, muss das rechtlich nicht umfassend geschützte Interesse am Erhalt der individuellen Heimat letztlich gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer gesicherten Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland zurücktreten.

d) Die Zulassungsentscheidung ist auch unter Berücksichtigung der mit dem Vorhaben verbundenen Umgestaltung der Landschaft nicht zu beanstanden. Das Vorhaben ist auch insoweit mit öffentlichen Interessen vereinbar. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Prüfung geht der Senat im Hinblick auf den oben erläuterten Prüfungsansatz davon aus, dass sämtliche Bestimmungen in den Blick zu nehmen sind, die dem Schutz der Belange der Landschaft im vom Tagebau unmittelbar oder mittelbar betroffenen Bereich dienen.

aa) Danach kann eine Rechtswidrigkeit der Rahmenbetriebsplanzulassung zunächst nicht im Hinblick auf die im Berufungsverfahren behaupteten Beeinträchtigungen der Gebiete "Naturpark Schwalm-Maas-Nette" sowie "Krickenbecker Seen" und "Meinweg" (Niederlande) mit Blick auf die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tiere und Pflanzen - Habitatrichtlinie - (ABl. EG Nr. L 206 S. 7), geändert durch Richtlinie 97/62/EG vom 27.10.1997 (ABl. EG Nr. L 305 S. 42), oder die Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten - Vogelschutzrichtlinie - (ABl. EG Nr. L 103 S. 1), geändert durch Richtlinie 97/49/EWG vom 29.7.1997 (ABl. EG Nr. L 223 S. 9), bzw. (soweit anwendbar) die hierzu ergangenen Umsetzungsbestimmungen der §§ 4, 19a ff. BNatSchG in der Neufassung vom 21.9.1998, BGBl. I S. 2994, festgestellt werden.

Das Gebiet "Krickenbecker Seen" ist durch die Entscheidung der Kommission vom 7.12.2004 (vgl. ABl. EG L 387 S. 1, 21) als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bekanntgemacht worden. Nach den Ausführungen auf S. 40 f. des Zulassungsbescheids und dem Klägervortrag handelt es sich zudem um ein ausgewiesenes Europäisches Vogelschutzgebiet. Zwar können gemeinschaftsrechtlich im Rahmen der Anwendung der genannten Richtlinien auch indirekte Einwirkungen, wie eine Beeinflussung des Grundwasserstands durch ein außerhalb des Schutzgebiets durchgeführtes Vorhaben, relevant sein.

Vgl. zu einer ähnlichen Problematik BVerwG, Urteil vom 19.5.1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1 (17).

Ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht liegt indes nicht vor, weil die Habitatrichtlinie nicht anwendbar ist und die Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie eingehalten sind.

Auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH, vgl. EuGH, Urteil vom 23.3.2006 - C-209/04 -, Slg. 2006 I-2781 (2799 f., Rn. 56 f.), ist davon auszugehen, dass die Habitatrichtlinie vorliegend keine Schutzwirkung entfaltet, weil das Projekt, das Gegenstand der streitigen Zulassungsentscheidung ist, vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie (Juni 1994) beantragt worden ist.

Vgl. zu diesem Aspekt bereits Apfelbacher/Iven, NuR 1999, S. 63 ff. (70), und Cosack, NuR 2000, 311 (317).

Dass das Verfahren bereits mit dem Antrag aus dem Jahr 1987, mithin lange vor Juni 1994, eingeleitet worden ist, ergibt sich aus den ausführlichen Erwägungen des Senats in dem - dem Bevollmächtigten des Klägers bekannten - rechtskräftigen Urteil vom 7.6.2005 - 11 A 1193/02 - (vgl. S. 27-30 des Urteilsabdrucks), auf das der Senat im Urteil vom gleichen Tag im vorliegenden Verfahren Bezug genommen hat (vgl. S. 34 des Urteilsabdrucks).

Mangels Anwendbarkeit der Habitatrichtlinie ergäbe sich auch kein Erfordernis einer Verträglichkeitsprüfung, soweit das Gebiet bereits als Europäisches Vogelschutzgebiet ausgewiesen und deshalb mit Inkrafttreten der Habitatrichtlinie gemäß Art. 7 die Regelung des Art. 6 Abs. 3 Satz 1 grundsätzlich einschlägig war.

Weitergehende Maßstäbe ergeben sich auch nicht aus den nationalen Regelungen in §§ 19a ff., 19c, 39 BNatSchG 1998. Diese waren in erster Linie darauf gerichtet, die genannten gemeinschaftsrechtlichen Regelungen umzusetzen. Sie sind deshalb im Sinne des vorstehend erläuterten Regelungsgehalts der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dahin auszulegen, dass sie nicht auf die Prüfung der Zulassung solcher Vorhaben anzuwenden sind, die - wie hier - vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist beantragt worden sind. Vgl. Apfelbacher/Iven, NuR 1999, S. 63 ff. (70), und Cosack, NuR 2000, 311 ff. (317); a. A.: Louis, BNatSchG Kommentar, 2. Aufl. 2000, § 19c BNatSchG Rn. 2.

Sind mithin gemeinschaftsrechtlich für das genannte Gebiet allein die Vorgaben der Vogelschutzrichtlinie in Betracht zu ziehen, führen auch deren Anforderungen aus Art. 4 Abs. 4 zu keinem Zulassungshindernis. Nach dieser Regelung treffen die Mitgliedsstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen des Art. 4 erheblich auswirken, in den in Art. 4 Abs. 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Die Mitgliedsstaaten bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.

Für die Vereinbarkeit der Zulassungsentscheidung mit den Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie kommt es nicht darauf an, ob es sich um ein förmlich ausgewiesenes oder nur um ein "faktisches" Vogelschutzgebiet handelte.

Vgl. zu dem insoweit maßgeblichen Schutzniveau in unmittelbarer Anwendung des Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie: EuGH, Urteil vom 7.12.2000 - C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 ff. (10856); BVerwG, Urteil vom 1.4.2004 - 4 C 2.03 -, BVerwGE 120, 276 (288 ff.).

Es muss deshalb nicht abschließend beurteilt werden, ob es sich tatsächlich um ein Gebiet handelte, das die Merkmale eines Europäischen Vogelschutzgebiets im Sinne der Richtlinie erfüllt.

Beeinträchtigungen im Sinne des Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie wären jedenfalls nicht zu befürchten. Wegen der großen Entfernung zum Abbaubereich sind, wie im Zulassungsbescheid und Widerspruchsbescheid ausgeführt und vom Kläger nicht substantiiert angegriffen wird, Beeinträchtigungen ausgeschlossen. Dies wird durch das Ergebnis der in den nachfolgenden wasserrechtlichen Verfahren durchgeführten Verträglichkeitsprüfung (vgl. etwa BA 72 zu 11 A 3051/06, Bl. 148 ff.) bestätigt.

Eine rechtlich relevante Beeinträchtigung des Vogelschutzgebiets "Schwalm-Nette-Platte mit Grenzwald und Meinweg", bei dem es sich um ein 2005 bekanntgemachtes Europäisches Vogelschutzgebiet handelt (vgl. MBl. NRW. 2005 S. 66, Nr. 17), die zur Unzulässigkeit des Vorhabens führen könnte, ist ebenfalls nicht festzustellen. Hierbei kann unterstellt werden, dass die Schutzwirkungen des Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie bereits im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu berücksichtigen waren.

Die behaupteten Beeinträchtigungen liegen aber nicht vor. Wie im angefochtenen Zulassungsbescheid sowie im Erlaubnisbescheid des Landesoberbergamts vom 30.10.1998 für die Sümpfungsmaßnahmen näher ausgeführt ist, wird durch umfangreiche Beobachtungen des Grundwasserstands in den genannten Bereichen in Verbindung mit Versickerungsmaßnahmen Beeinträchtigungen hinreichend entgegengewirkt. Dass dies zur Verhinderung von Beeinträchtigungen nicht ausreichend ist, ist für den Senat nicht ersichtlich. Danach steht ein Beeinträchtigungsverbot aus Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie der Zulassung nicht entgegen. Die vorliegende Verträglichkeitsprüfung aus den nachfolgenden wasserrechtlichen Verfahren (vgl. BA 73 zu 11 A 3051/06, Bl. 155 ff., 244, 293, 321 ff. bestätigt dieses Ergebnis).

(...)

bb) Ferner kann auch kein Verstoß gegen die allgemeine naturschutzrechtliche Eingriffsregelung festgestellt werden. (wird ausgeführt)

(...)

2. Verstöße gegen Voraussetzungen nach § 55 BBergG sind nicht konkret aufgezeigt und auch sonst nicht ersichtlich. Hierbei geht der Senat davon aus, dass eine Berücksichtigung dieser weitgehend objektivrechtlichen Regelung aus den vorstehend dargestellten Gründen nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

a) Soweit es im Zeitpunkt der Zulassung möglicherweise für Teilbereiche des Abbaugebiets an einer Gewinnungsberechtigung der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBergG fehlte, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Rahmenbetriebsplanzulassung. Durch den Änderungsbescheid vom 1.7.1999, der im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erlassen worden ist, ist die Zulassung dahin eingeschränkt worden, dass vor Zulassung eines Hauptbetriebsplans das vollständige Vorliegen der Gewinnungsberechtigung für den Teilbereich des jeweiligen Hauptbetriebsplans nachzuweisen ist. Damit ist den einschlägigen Anforderungen auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerwG Genüge getan.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.11.1995 - 4 C 14.94 -, BVerwGE 100, 1 (13 f.).

b) Auch die Regelung des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG steht der Zulassung nicht entgegen. Soweit mit Blick auf § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG befürchtete Sachschäden vom Kläger gerügt werden, ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung schon nach ihrem objektiven Regelungsgehalt Sachgüter Dritter außerhalb des Betriebs nicht schützt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.4.2005 - 7 C 26.03 -, BVerwGE 123, 247 (253).

Soweit die Regelung den Schutz von Leben und Gesundheit betrifft, vgl. dazu bereits BVerwG, Urteil vom 13.12.1991 - 7 C 25.90 -, BVerwGE 89, 246 (248 f.), ist den objektiven Anforderungen hier genügt. (wird ausgeführt)

c) Ein Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG, der verlangt, dass durch das Vorhaben gemeinschädliche Einwirkungen nicht zu erwarten sind, kann nicht festgestellt werden. Dieser Begriff setzt voraus, dass der Betrieb eine ganz erhebliche Gefahrenschwelle überschreitet, es muss ein Schaden in solchem Umfang drohen, dass er sich auf das Allgemeinwohl auswirkt.

Vgl. zum Begriff des Gemeinschadens BVerwG, Urteil vom 14.4.2005 - 7 C 26.03 -, BVerwGE 123, 247 (253).

Diese Regelung zielt allerdings nicht darauf, die Sachgüter zu schützen, die zwangsläufig beseitigt werden müssen, damit ein Bodenschatz - hier die Braunkohle - im Tagebau nach Maßgabe des BBergG gewonnen werden kann. Deren Beseitigung widerspricht, soweit - wie hier - die vorstehend abgehandelten Voraussetzungen nach § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG erfüllt sind, von vornherein nicht dem Allgemeinwohl. Darauf hat die Beigeladene bereits im erstinstanzlichen Verfahren zutreffend hingewiesen.

Soweit vom Kläger ferner gemeinschädliche Einwirkungen im Zusammenhang mit der Sümpfung im Hinblick auf außerhalb des Tagebaus liegende Bereiche befürchtet werden, liegt kein Verstoß gegen die Bestimmung des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG vor. Wie im Zulassungsbescheid ausgeführt, ist diese Problematik in erster Linie in den wasserrechtlichen Verfahren zu prüfen. Mit Blick auf § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG genügt die Feststellung, dass diese wasserrechtliche Problematik beherrschbar erscheint und deshalb mit dem Allgemeinwohl unvereinbare Folgen der Sümpfung nicht feststellbar sind. Dies ist hier zu bejahen. Hierzu wird auf die nachstehenden Ausführungen zu § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG verwiesen.

3. Die Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG führt zu keiner anderen Beurteilung der angegriffenen Entscheidung.

Im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG sind zwar nicht die Belange zu prüfen und abzuarbeiten, die in anderen Verfahren geprüft werden, die mangels einer Konzentrationswirkung der Zulassungsentscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlich sind (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG).

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.6.2006 - 7 C 11.05 -, BVerwGE 126, 205 (209, Rn. 18).

Solchen anderweitigen Verfahren kommt aber insoweit Bedeutung für die Rahmenbetriebsplanzulassung zu, als es für die Zulassung eines Vorhabens an einem Sachbescheidungsinteresse fehlt, wenn der Antragsteller an der Verwertung einer beantragten Erlaubnis bzw. Zulassung gehindert wäre; ein anderweitiges rechtliches Hindernis stünde dem Sachbescheidungsinteresse entgegen, wenn es sich schlechthin nicht ausräumen ließe.

Vgl. dazu allg. BVerwG, Urteil vom 17.10.1989 - 1 C 18.87 -, BVerwGE 84, 11 (12 f.).

Von einem solchen unüberwindlichen Hindernis kann indes nicht ausgegangen werden, wenn die in dem anderweitigen Verfahren zu behandelnde Problematik beherrschbar erscheint. Dieser Beurteilungsmaßstab entspricht der Behandlung anderweitiger Belange bei der Prüfung von Planfeststellungen obligatorischer Rahmenbetriebspläne, soweit diese Belange nicht von der Konzentrationswirkung erfasst werden. Vgl. Urteil des Senats vom 27.10.2005 - 11 A 1751/04 -, ZfB 2006, 32 (57 f.), bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 15.12.2006 - 7 C 1.06 -, BVerwGE 127, 259 (270 f., Rn. 45 ff.).

Soweit in diesem rechtlichen Zusammenhang die vom Kläger angesprochene Vereinbarkeit mit wasserrechtlichen Anforderungen im Sinne des § 6 WHG zu erörtern ist, kann keine Rede davon sein, dass wasserwirtschaftliche Belange von vornherein offensichtlich einer Zulassung des Rahmenbetriebsplans entgegengestanden hätten. Die wasserrechtliche Problematik erschien vielmehr im Rahmen nachfolgender wasserrechtlicher Entscheidungen "beherrschbar". Dies ergibt sich aus den zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Zulassungsentscheidung. Die dort erwähnten Verfahren der Erteilung der Sümpfungserlaubnis und von Versickerungserlaubnissen sind im Übrigen zwischenzeitlich abgeschlossen. Dies dokumentieren die von der Beklagten zum Verfahren 11 A 3051/06 eingereichten Beiakten 25-92. Danach ist - wie auch die Beigeladene ausgeführt hat - insbesondere mit Blick auf die Sümpfungserlaubnis von der Bestandskraft der erteilten Erlaubnis auszugehen. So hat der Kläger seinen Widerspruch gegen die Sümpfungserlaubnis zurückgenommen (BA 78 zu 11 A 3051/06), soweit andere Widerspruchsführer ihre Widersprüche aufrechterhalten hatten, sind die Widersprüche abschlägig beschieden worden.

Ende der Entscheidung

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