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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 02.03.2006
Aktenzeichen: 11 A 1752/04
Rechtsgebiete: VwGO, GG, VwVfG, VwVfG NRW, BBergG, Richtlinie 85/337/EWG, Richtlinie 2003/35/EG, Aarhus-Konvention, BNatSchG, WHG


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 1
GG Art. 2
GG Art. 14
VwVfG § 1 Abs. 3
VwVfG NRW § 1 Abs. 1
VwVfG NRW § 45 Abs. 1 Nr. 3
VwVfG NRW § 46
VwVfG NRW § 73 Abs. 2
VwVfG NRW § 73 Abs. 4
VwVfG NRW § 75
VwVfG NRW § 77 Abs. 1
BBergG § 5
BBergG § 48 Abs. 2
BBergG § 52 Abs. 2a
BBergG § 54 Abs. 2 Satz 1
BBergG § 55
BBergG § 55 Abs. 1 Nr. 3
BBergG § 55 Abs. 1 Nr. 9
BBergG § 57a Abs. 4 Satz 2
BBergG § 57b Abs. 3 Satz 3
BBergG §§ 110 ff.
BBergG §§ 114 ff.
Richtlinie 85/337/EWG Art. 10a
Richtlinie 2003/35/EG Art. 6
Aarhus-Konvention Art. 9 Abs. 2 Unterabsatz 1
BNatSchG § 69 Abs. 5
WHG n.F. § 31b
WHG § 31 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3
1. Die "Walsumer Verständigung" begründet für sich gesehen noch keinen Anspruch privater Oberflächeneigentümer auf Teilaufhebung eines bergrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses nach § 77 VwVfG NRW.

2. Die Regelungen des Bundesberggesetzes zum obligatorischen Rahmenbetriebsplan vermitteln dem Oberflächeneigentümer kein wehrfähiges Recht auf eine frühzeitige abschließende Beurteilung seiner individuellen Belange.

3. Wegen der Spezialregelung in § 57b Abs. 3 Satz 3 BBergG ist ein bergrechtlicher Planfeststellungsbeschluss nicht schon rechtswidrig, wenn die Bergbehörde die konkreten Einzelheiten des bergbaubedingten Hochwasserschutzes der Wasserbehörde überlässt und damit entgegen der allgemein im Planfeststellungsrecht geltenden Konzentrationswirkung nicht alle mit dem Vorhaben verbundenen notwendigen Folgemaßnahmen auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans abschließend geklärt hat (wie OVG NRW, Urteil vom 27.10.2005 - 11 A 1751/04 -, n. r.).


Tatbestand:

Die Kläger wendeten sich als Grundstückseigentümer gegen einen Planfeststellungsbeschluss, mit dem die Beklagte den Rahmenbetriebsplan mit Umweltverträglichkeitsprüfung zur Gewinnung von Steinkohle im Bergwerk W. der Beigeladenen für den Zeitraum 2002 bis 2019 zugelassen hatte. Dazu machten sie insbesondere geltend: Ein Aufhebungsanspruch bestehe schon deshalb, weil das Vorhaben wegen der zwischen der Landesregierung NRW und der Beigeladenen geschlossenen "Walsumer Verständigung" jedenfalls teilweise endgültig aufgegeben sei. Der Planfeststellungsbeschluss verletze zudem ihre Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 14 GG, weil die Beklagte die Berücksichtigung ihrer Belange auf nachfolgende Sonderbetriebspläne verlagert habe. Das VG wies die Klage ab. Die Berufung blieb erfolglos.

Gründe:

Der auf Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses für den Rahmenbetriebsplan mit Umweltverträglichkeitsprüfung zur Gewinnung von Steinkohle im Bergwerk W. für den Zeitraum 2002 bis 2019 vom 7.6.2002 gerichtete Hauptantrag hat keinen Erfolg.

Der Senat kann offen lassen, ob die Klage wegen der Regelung in der Nebenbestimmung 1.3.12.3 zum Oberflächeneigentum bereits an der fehlenden Klagebefugnis scheitert, so OVG Saarl., Urteil vom 21.4.2004 - 2 R 26/03 -, ZfB 2005, 188, 199 ff., in einem vergleichbaren Fall, was nach § 42 VwGO voraussetzen würde, dass subjektive Rechte der Kläger durch den Planfeststellungsbeschluss offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93, 95, m. w. N., oder die Klage jedenfalls denjenigen Kläger, die nach der "Walsumer Verständigung" zukünftig nicht mehr von unmittelbaren Abbaueinwirkungen betroffen werden, mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27.10.2005 - 11 A 1751/04 -, n. r., Langtext in juris (S. 33 unter 2. des Urteilsabdrucks).

Die Klage ist jedenfalls unbegründet. Die Rechtsauffassung der Kläger, wegen der zwischen der Landesregierung NRW und der Beigeladenen geschlossenen "Walsumer Verständigung" zur Zukunft des Steinkohleabbaus im Bergwerk W. folge der geltend gemachte Aufhebungsanspruch schon aus § 77 Satz 1 VwVfG NRW, greift nicht durch (I.). Die Kläger werden durch die Zulassung des Rahmenbetriebsplans auch nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt (II.)

I. Nach § 77 Satz 1 VwVfG NRW, der über §§ 5 BBergG, 1 Abs. 3 VwVfG, 1 Abs. 1 VwVfG NRW auch im Bergrecht gilt und nicht durch § 57a Abs. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz BBergG ausgeschlossen wird, dazu Boldt/Weller, BBergG, Ergänzungsband 1992, § 57a Rdnr. 83, hat die Planfeststellungsbehörde den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, wenn ein Vorhaben, mit dessen Durchführung begonnen worden ist, endgültig aufgegeben wird. Unterstellt, ein solcher grundsätzlich auf Verpflichtung gerichteter Anspruch wäre schon im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss unmittelbar durchsetzbar, dafür Nds. OVG, Urteil vom 11.12.2000 - 12 K 3200/99 -, DVBl. 2001, 407 (nur Ls.), Langtext in juris, unter Berufung auf das Urteil des BVerwG vom 11.4.1986 - 4 C 53.82 -, NVwZ 1986, 834, 836, zu § 18d FStrG a. F., die Norm vermittelte trotz der speziellen Regelungen des Bergrechts zur Aufhebung von Planfeststellungsbeschlüssen (vgl. § 57a Abs. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz BBergG) Drittschutz und die Kläger würden durch den Fortbestand der bergrechtlichen Planfeststellung in einer wehrfähigen Rechtsposition betroffen, liegen jedenfalls die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm nicht vor.

Von einer hier allenfalls in Betracht zu ziehenden endgültigen Aufgabe eines räumlich abgrenzbaren Teils des streitgegenständlichen Vorhabens im Sinne der genannten Norm kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausgegangen werden, obwohl die Beigeladene als Vorhabenträgerin in der "Walsumer Verständigung" die Absicht bekundet hat, den Abbaubetrieb schon vor Ablauf der Geltungsdauer des Rahmenbetriebsplans einzustellen. Nach der gebotenen objektiven Betrachtungsweise regelt die von den Parteien ausdrücklich als "Verständigung" und "Vereinbarung zum Interessenausgleich" bezeichnete Absprache das weitere Schicksal des Vorhabens nämlich weder rechtlich bindend noch hinreichend konkret, um schon jetzt vom Gericht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses verlangen zu können. Als öffentlich-rechtlicher Vertrag kann die "Verständigung" während der Laufzeit des Rahmenbetriebsplans abhängig vom Willen und der Interessenlage der Vertragsparteien jederzeit einvernehmlich an veränderte Verhältnisse angepasst, aus anderen Gründen geändert oder gänzlich aufgehoben werden. Zudem sieht sie wechselseitig keine konkreten, gerichtlich durchsetzbaren und anschließend vollstreckbaren Ansprüche oder Sanktionen vor. Inhaltlich bleiben die getroffenen Absprachen vage und ähneln einer bloßen politischen Absichtserklärung. Die für sich gesehen konkrete zeitliche Vorgabe der Einstellung des Bergwerks W. "spätestens am 30.6.2008" wird durch die Formulierung "unter der Voraussetzung eines künftigen planmäßigen Abbaus" wieder relativiert. Der Zeitpunkt der Einstellung des Abbaus ist damit aus heutiger Sicht nicht bestimmbar, weil die Vertragsparteien das Abbauende von den Ungewissheiten eines reibungslosen betrieblichen Ablaufs abhängig gemacht haben. In räumlicher Hinsicht benennen die Vertragsparteien zwar konkrete Bauhöhen, die entweder gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt abgebaut werden sollen, die konkreten Abbaulängen werden indessen nicht festgelegt. Aus der Formulierung "bis zum Ufer" lässt sich eine solche Längenbegrenzung jedenfalls nicht mit der notwendigen Genauigkeit ableiten. Wie die Beigeladene sowohl in ihrem Schriftsatz vom 30.1.2006 als auch in der mündlichen Verhandlung hat erkennen lassen, hat sie bislang zur Umsetzung der "Walsumer Verständigung" auch noch keinen Antrag auf Änderung oder Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gestellt, mit dessen Hilfe sich der Wille der Vertragsparteien konkretisieren ließe. Sie hat vielmehr hinsichtlich möglicher nachteiliger Wirkungen wegen der nur teilweisen Ausnutzung des bergrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses auf ein ggfs. noch durchzuführendes Abschlussbetriebsplanverfahren und die Regelungen zum Bergschadensersatz verwiesen.

Unbeschadet der Frage der Teilbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses kann der Senat auch nicht von sich aus einen Teil aus dem gesetzten Rahmen herausnehmen. Angesichts der Komplexität des Vorhabens bedarf es zunächst der behördlichen Bestandsaufnahme der mit dem Absehen vom Abbau bestimmter Bauhöhen verbundenen tatsächlichen Folgen und der Prüfung, wie sich die "Walsumer Verständigung" insgesamt hinsichtlich der Ansprüche Dritter auswirkt. Denn der Rahmenbetriebsplan ist nur die Grundlage für viele Einzelmaßnahmen, zu deren Umsetzung es weiterer Betriebspläne bedarf.

Überdies machen die Kläger den auf § 77 VwVfG gestützten etwaigen Anspruch auf Teilaufhebung aber auch deshalb verfrüht geltend, weil die Beklagte - wie in der mündlichen Verhandlung unter Berufung auf ihr an die Beigeladene gerichtetes Schreiben vom 15.9.2005 ausdrücklich betont - als zuständige Behörde derzeit noch prüft, wie sie auf die unter dem 28.8.2005 geschlossene - mithin erst wenige Monate alte - "Walsumer Verständigung" reagieren soll. Angesichts des Rahmencharakters des Planfeststellungsbeschlusses und der Komplexität des bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens ist der Behörde, die ein Bergbauvorhaben wegen dessen dynamischen Charakters ständig unter Kontrolle zu halten hat, ein angemessener Prüfungszeitraum zuzubilligen.

Der Rechtsschutz wird durch die Verneinung eines Anspruchs auf Teilaufhebung zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht unzumutbar verkürzt, denn wegen der schriftsätzlichen Ausführungen der Beigeladenen unter dem 30.1.2006 und den Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung anhand des vorgelegten Kartenmaterials ist für die Kläger hinreichend deutlich, inwieweit ihre Grundstücke zukünftig noch im Einwirkungsbereich des Bergbaus liegen werden. Überdies werden die Grundstücke der Kläger durch den Planfeststellungsbeschluss nicht unmittelbar betroffen, weil er keine Gestattungswirkung entfaltet. Die Ausnutzung des durch den Beschluss gesetzten Rahmens wird erst durch nachfolgende Sonderbetriebspläne konkretisiert. Deshalb ist den Klägern für eine Übergangszeit zuzumuten, die notwendige und der Beklagten im Zusammenwirken mit der Beigeladenen obliegende Anpassung abzuwarten.

II. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss, der seine Rechtsgrundlage in den §§ 52 Abs. 2a, 48 Abs. 2, 55 und 56 BBergG findet, verletzt die Kläger nicht in ihren subjektiven Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Zulassungsentscheidung verstößt weder gegen den Schutz der Kläger bezweckende öffentlichrechtliche Vorschriften des Verfahrensrechts (1.) noch des materiellen Rechts (2.)

1. Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans ist nicht in einer Weise verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, dass dadurch Rechte der Kläger verletzt werden, die zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung führen. Der Vortrag der Kläger, die Beklagte habe mangels ausreichender Prüfungstiefe das hohe Schadenspotential im Hinterland der Deiche auf Rahmenbetriebsplanebene nicht betrachtet, darin liege ein zur Aufhebung führender Verstoß gegen das auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruhende Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG vermitteln Verfahrensvorschriften grundsätzlich keine selbständig durchsetzbaren Rechtspositionen, selbst wenn das Verfahrensrecht - wie z.B. die Umweltverträglichkeitsprüfung - auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruht. Somit bleibt ein Verfahrensfehler prozessual folgenlos, wenn er nicht zugleich kausal für eine Verletzung materieller Rechtspositionen ist, so dass die Nichteinhaltung von Verfahrensbestimmungen für sich genommen nicht zur Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses führen kann.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.11.2002 - 9 VR 14.02 -, NVwZ 2003, 207, 209, m. w. N.; zum Bergrecht siehe OVG NRW, Beschluss vom 28. 7.1995 - 21 B 985/95 -, ZfB 1995, 315, 318 ff.

Vielmehr kann ein Verfahrensfehler nur dann rechtlich relevant werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass sich der gerügte Fehler auf Abwehrrechte der Kläger ausgewirkt hat. Das ist - wie noch auszuführen sein wird - schon aus materiell-rechtlichen Gründen nicht der Fall, weil der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss subjektiv-öffentliche Rechte der Kläger nicht beeinträchtigt und die Beklagte die Frage der Machbarkeit wasserrechtlicher Folgemaßnahmen zum Hochwasserschutz zutreffend beantwortet hat.

Es kommt hinzu, dass es sich bei der bergrechtlichen Betriebsplanzulassung, auf die nach §§ 55, 48 Abs. 2 BBergG ein Rechtsanspruch besteht, um eine gebundene, nicht aber um eine fachplanerische Entscheidung mit Gestaltungsspielraum handelt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 14.4.2005 - 7 C 26.03 - NVwZ 2005, 954, 955, vom 14.12.1990 - 7 C 18.90 -, Buchholz 406.27 § 55 BBergG Nr. 3, und vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 -, BVerwGE 74, 315, 322; kritisch: Durner, Konflikte räumlicher Planungen, 2004, S. 376.

Deshalb wäre - unbeschadet einer möglichen Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW - ein etwaiger Verfahrensfehler für sich gesehen mangels Kausalität nach § 46 VwVfG NRW, der über § 5 BBergG anwendbar ist, unbeachtlich.

Vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 18.5.1998 - 1 S 766/97 -, ZfB 1998, 202, und Urteil vom 18.9.1997 - 1 S 354/96 -, ZfB 1997, 314, 325.

Davon abgesehen ist eine fehlerhafte Beteiligung der Kläger im Planfeststellungsverfahren aber auch nicht erkennbar. Die Planauslegung ist in einer Weise erfolgt, die geeignet war, den Klägern ihr Interesse an Information und Beteiligung durch Anregungen und Bedenken bewusst zu machen und dadurch ihrer sog. Anstoßfunktion hinreichend gerecht zu werden. Die Kläger haben entsprechende Einwendungen auch erhoben. Es besteht kein Anhalt dafür, dass die Beklagte konkrete Stellungnahmen der Kläger im Planfeststellungsverfahren nicht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat. Die in diesem Zusammenhang erhobene weitere Rüge, bereits auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans hätten wesentlich detailliertere Informationen über das Vorhaben hinsichtlich Zerrungen, Pressungen und Schieflagen vorgelegt werden können und müssen, betrifft nicht die Frage verfahrensrechtlich ordnungsgemäßer Beteiligung, sondern wirft das materiellrechtliche Problem auf, ob und ggfs. auf welcher Planebene des gestuften bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens Einzelheiten und konkrete Auswirkungen des Vorhabens zu prüfen sind.

b) Aus den schon unter a) genannten Erwägungen scheidet auch ein auf das UVP-Recht gestützter Aufhebungsantrag aus. Die Kläger haben nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG keinen Anspruch auf Überprüfung, ob die im Rahmen des Verfahrens durchgeführte UVP mit der erforderlichen Prüfungstiefe vorgenommen wurde, weil es sich auch bei den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben um Verfahrensvorschriften handelt, deren Einhaltung grundsätzlich nicht unabhängig von der Verletzung materieller Rechte erzwungen werden kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.3.2003 - 9 A 33.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 173, m.w.N.

Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich Abweichendes auch nicht aus der Rechtsprechung des EuGH. Die von ihr in diesem Zusammenhang angeführte sog. Wells-Entscheidung, EuGH, Urteil vom 7.1.2004 - C-201/02 -, DVBl. 2004, 370, betrifft einen nicht vergleichbaren Fall. Denn dort war eine UVP völlig unterblieben. Davon kann selbst vor dem Hintergrund der von den Klägern behaupteten Unzulänglichkeiten der Prüfung hier keine Rede sein.

Der Senat sieht derzeit auch (noch) keine Veranlassung, die Rechtsprechung des BVerwG zum Drittschutz des UVP-Rechts (s.o.) angesichts der Aufnahme des Art. 10a in die Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.6.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.5.2003 (ABl. L 156/17) in Frage zu stellen. Zur näheren Begründung wird auf die den Beteiligten bekannte Entscheidung des Senats vom 27.10.2005 im Verfahren 11 A 1751/04 verwiesen (dort S. 42 bis 45 des Urteilsabdrucks; Langtext in juris).

2. Aus den maßgeblichen materiell-rechtlichen Vorschriften des Bergrechts - hier den §§ 55 und 48 Abs. 2 - ergibt sich ebenfalls keine Rechtsverletzung der Kläger durch die angefochtene Zulassungsentscheidung. Dies gilt sowohl hinsichtlich der von ihnen geltend gemachten unmittelbaren Einwirkungen des Abbaus auf ihr Oberflächeneigentum und die damit womöglich verbundenen Einwirkungen auf ihre körperliche Unversehrtheit (a) als auch der mittelbaren Gefahren für die genannten Rechtsgüter wegen eines bergbaubedingt angeblich mangelhaften Hochwasserschutzes (b). Das folgt aus Regelungsgegenstand und -wirkung der Zulassung des Rahmenbetriebsplans.

Durch die Verlagerungsentscheidung als solche werden - unbeschadet ihrer objektiv-rechtlichen Zulässigkeit - Rechte der Kläger ebenfalls nicht verletzt (bb).

aa) Die Beklagte hat nicht schon auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans über die Einwirkungen auf das private Oberflächeneigentum entschieden, sondern die Belange der Oberflächeneigentümer erst in nachfolgenden Sonderbetriebsplanverfahren regeln wollen. (...)

bb) Selbst wenn - was zwischen den Beteiligten umstritten ist - trotz des dynamischen Charakters des Bergbaus schon im Zeitpunkt der Zulassung eines Rahmenbetriebsplans eine parzellenscharfe Ermittlung der bergbaubedingten Folgen für das Oberflächeneigentum technisch möglich sein sollte, dazu neigend VG Saarl., Beschluss vom 25.1.2002 - 2 F 82/01 -, ZfB 2003, 124; s.a. Ludwig, Auswirkungen der FFH-RL auf Vorhaben zum Abbau von Bodenschätzen nach dem BBergG, Leipzig 2004, S. 64 ff., und wenn zudem - etwa wegen der Vorgaben des UVP-Rechts - die Verlagerungsentscheidung den Planfeststellungsbeschluss rechtwidrig machte, fehlte es jedenfalls an einer Rechtsverletzung der Kläger. Die Regelungen des Bundesberggesetzes zum obligatorischen Rahmenbetriebsplan verschaffen den Klägern keine wehrfähige Rechtsposition, soweit der Planfeststellungsbeschluss keine belastenden rechtsverbindlichen Entscheidungen trifft (1). Die Verlagerung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (2). Sie widerspricht auch nicht der Rechtsprechung des BVerwG zum Grundsatz der Problembewältigung (3).

(1) Das Bergrecht vermittelt dem Oberflächeneigentümer kein wehrfähiges Recht auf eine frühzeitige abschließende Beurteilung seiner individuellen Belange. Die Einführung der Planfeststellung für die Zulassung bestimmter Rahmenbetriebspläne hat an der grundsätzlichen Ausrichtung des durch Betriebspläne gekennzeichneten bergrechtlichen Verfahrens nichts geändert. Die Planfeststellungspflicht hat das Rahmenbetriebsplanverfahren zu einem Trägerverfahren für die erforderliche UVP umgestaltet. Durch die Novellierung des Bundesberggesetzes im Jahre 1990 hat der Gesetzgeber die Zulassung von Rahmenbetriebsplänen für bestimmte umweltrelevante Bergbauvorhaben verändert und den notwendigen Inhalt eines Rahmenbetriebsplans auf die Einhaltung aller umweltrechtlich einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erstreckt. Der Plan muss mithin in umweltrechtlicher Hinsicht nunmehr so ausführlich sein, dass eine UVP vorgenommen werden kann. Trotz dieser Änderung und der zusätzlich mit der Gesetzesnovellierung verbundenen Vorstellung bei Einführung des obligatorischen Rahmenbetriebsplans, es sollten gemäß § 57a Abs. 5 erster Halbsatz BBergG Einwendungen, die gegen ein Vorhaben geltend gemacht werden oder geltend gemacht werden können, nur einmal - und zwar im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens - geprüft und abschließend behandelt werden, vgl. Amtliche Begründung BT-Drs. 11/4015 S. 12; vgl. auch Gaentzsch, Die bergrechtliche Planfeststellung, in: Festschrift für Horst Sendler, München 1991, S. 403, 416 f., ist der Gesetzgeber von der wegen der Prognoseunsicherheit des Bergbaus grundsätzlich erforderlichen Konzeption der zeitlichen Abfolge von Betriebsplänen nicht abgerückt. Ungeachtet seiner Zielvorstellungen hat er es nämlich auch nach Einführung des Planfeststellungsverfahrens auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans bei der (bisherigen) Konzeption mit Rahmen-, Haupt-, Sonder- und Abschlussbetriebsplänen belassen (vgl. §§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 2a, 53, 57a Abs. 5 BBergG) und mit dem Gesetz zur Änderung des BBergG vom 12.1.1990 (BGBl. I S. 215) die Sätze 2 bis 5 in § 48 Abs. 2 und die Regelung in § 57a Abs. 5 zweiter Halbsatz BBergG aufgenommen. Mit dem Zusatz im zweiten Halbsatz "außer in den in § 48 Abs. 2 Satz 2 genannten Fällen des Schutzes Dritter" wird die ursprünglich im Gesetzentwurf noch verfolgte durchgängige Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nämlich durchbrochen, so dass für den Fall einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des Oberflächeneigentums § 48 Abs. 2 BBergG weiterhin anwendbar bleibt und dieser Gesichtspunkt auch bei nachfolgenden Betriebsplänen geprüft werden kann. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte dadurch die Dynamik der sich - mangels Gestattungswirkung - an den Rahmenbetriebsplan grundsätzlich anschließenden einzelnen Betriebsplänen erhalten bleiben, um die bergbaulichen Vorhaben entsprechend den Erfordernissen der Lagerstätten und sonstigen bergbaulichen Gegebenheiten entwickeln zu können.

Vgl. Amtliche Begründung BT-Drs. 11/4015, S. 11.

Entgegen der Auffassung der Kläger steht auch die Rechtsprechung des BVerwG, nach der den Vorschriften über die Zulassung eines Rahmenbetriebsplans (§§ 48 Abs. 2 und 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG) im Hinblick auf Art. 14 GG in gewissem Umfang drittschützender Charakter beizumessen ist, der Konzeption der zeitlichen Abfolge von Betriebsplänen nicht entgegen. So können Oberflächeneigentümer zwar geltend machen, ihr grundrechtlich geschütztes Eigentum sei durch zu erwartende Bergschäden in seinem sachlichen Substrat bedroht. Bergbauliche Einwirkungen auf das Grundeigentum Dritter können auch Abwehrmaßnahmen rechtfertigen, wenn sie über die Schädigung einzelner hinaus als gemeinschädlich zu qualifizieren sind.

Grundlegend BVerwG, Urteile vom 16.3.1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329, 339 ff. (Moers-Kapellen-Urteil), vom 13.12.1991 - 7 C 25.90 -, BVerwGE 89, 246, 248 ff. (Gasspeicher-Urteil), und vom 9.11.1995 - 4 C 25.94 -, BVerwGE 100, 31, 35 (Rammelsberg-Urteil).

Das BVerwG hat aber mit Blick auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des Berggesetzes nur verlangt, dass die Belange der Oberflächeneigentümer zu berücksichtigen sind, wenn mit Eigentumsbeeinträchtigungen von einigem Gewicht zu rechnen ist, bisher aber nicht festgelegt, an welcher Stelle des Verfahrens diese Belange abschließend zu behandeln sind, vgl. OVG Saarl., Urteile vom 21.4.2004 - 2 R 22/03 -, ZfB 2005, 207, 220, und 2 R 26/03 -, a.a.O., S. 203.

Etwas anderes mag in diesem Zusammenhang gelten, wenn schon auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans zweifelsfrei zu erkennen wäre, dass der Durchführung des Vorhabens mit Blick auf das Oberflächeneigentum im Sinne der Machbarkeit unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen, weil schwerwiegende - über das "normale" Bild von Bergschäden hinausgehende - Folgen des Bergbaus unvermeidbar sind. Für die Gefahr einer solchen Entwicklung hat der Senat nach dem derzeitigen Erkenntnisstand allerdings keinerlei Anhaltspunkte, soweit Eigentümerinteressen der Kläger betroffen sind. Das BVerwG hat nach den sog. Moers-Kapellen-Entscheidungen eine Berücksichtigungspflicht des grundgesetzlich über Art. 14 GG geschützten Privateigentums nur für den Fall verlangt, dass die Schäden insgesamt das Ausmaß eines Gemeinschadens erreichen. Bei kleinen oder mittleren Bergschäden verbleibt es hingegen beim Vorrang des Bergrechts, das die Betroffenen auf den späteren Ersatz von Bergschäden über §§ 110 ff. und §§ 114 ff. BBergG verweist.

BVerwG, Urteile vom 16.3.1989 - 4 C 36.85 -, a.a.O., 344 ff., und - 4 C 25.86 -, Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr. 3, Beschluss vom 17.12.1998 - 4 B 125.98 -, ZfB 1999, 21, 22.

Das gilt auch insoweit, als die Kläger eine Gesundheitsgefährdung wegen abbaubedingter Erschütterungen geltend machen. Die Beklagte hat dieses Problem gesehen und dazu ausgeführt, bislang seien bis auf wenige Ausnahmen Schwingungswerte gemessen worden, die mit 5 mm/s deutlich unter den Werten der DIN 4150, Teil 2 gelegen hätten; bei einem solchen Wert sei bereits eine Belästigung auszuschließen. Anhaltspunkte dafür, dass wegen erschütterungsbedingter Einwirkungen auf die Kläger der Durchführung des Vorhabens unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen, gibt es nicht.

(2) Verfassungsrecht steht der bergrechtlichen Verfahrensstufung ebenfalls nicht entgegen. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GG können auch durch ein Zusammenwirken mehrerer aufeinander folgender Verfahrensstufen erfüllt werden. Es steht dem Gesetzgeber ungeachtet der verfahrensrechtlichen Garantiefunktion des Eigentumsgrundrechts frei, zur planerischen Bewältigung komplexer raumgreifender und konfliktträchtiger Infrastrukturvorhaben "Systeme vorausliegender Planungsstufen und mehrstufiger Entscheidungsverfahren" einzuführen und die Beteiligungs- sowie Klagerechte betroffener Dritter (insbesondere der Grundeigentümer) auf eine nachgeordnete zur außenverbindlichen Entscheidung führende Verfahrensstufe zu begrenzen, soweit von den vorausliegenden Ebenen keine irreversiblen nachteiligen Rechtswirkungen ausgehen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11.7.2002 - 4 C 9.00 - BVerwGE 116, 365, 373 ff. (zum Energierecht), und vom 24.10.2002 - 4 C 7.01 -, BVerwGE 117, 138 ff. (Transitpipeline MERO).

Hiervon ausgehend ist die vorgesehene Verfahrensstufung verfassungsrechtlich unbedenklich, denn für die Kläger nachteilige, irreversible Rechtswirkungen enthält der Planfeststellungsbeschluss nicht. Insbesondere werden mit der Beschränkung seiner Bindungswirkung durch den Verweis auf die Sonderbetriebspläne die betroffenen Oberflächeneigentümer mit ihren Einwendungen auf den nachfolgenden Verfahrensstufen nicht ausgeschlossen (vgl. § 57a Abs. 5, zweiter Halbsatz BBergG).

(3) Auch auf den "allgemeinen Grundsatz der Problembewältigung" können sich die Kläger nicht stützen. Denn dieser Grundsatz, nach dem in die Planung eines Vorhabens in umfassender Weise alle planerischen Gesichtspunkte einzubeziehen sind, die zur möglichst optimalen Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe, aber auch zur Lösung der vom Vorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 1.7.1999 - 4 A 27.98 -, BVerwGE 109, 192, 201 (Straßenplanung), und vom 27.10.1998 - 11 A 1.97 -, BVerwGE 107, 313 (Flughafenplanung), gilt allein für planerische Entscheidungen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass eine Fülle widerstreitender Belange untereinander und gegeneinander abgewogen werden müssen. Hiermit ist die bergrechtliche Zulassungsentscheidung nicht vergleichbar, weil keine planerische, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen ist. Nach § 55 Abs. 1 BBergG ist die Zulassung eines Betriebsplans zu erteilen, wenn die dort im einzelnen genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der zuständigen Behörde steht nicht einmal ein Versagungsermessen zu.

BVerwG, Urteil vom 2.11.1995 - 4 C 14.94 -, BVerwGE 100, 1, 10, m. w. N. (Salzstock Gorleben).

b) Nichts anderes gilt für hochwasserbedingte Gefahren für das private Oberflächeneigentum und die körperliche Unversehrtheit, d. h. den konkreten Hochwasserschutz. Die von den Klägern behauptete bergbaubedingte Unsicherheit der Hochwasserschutzanlagen vermag eine wehrfähige Rechtsposition nicht zu begründen, obwohl nicht auszuschließen ist, dass der von den Klägern befürchtete Bruch der Rheindeiche bei den im Rahmenbetriebsplanverfahren ermittelten Überflutungsflächen und -höhen auch deren Oberflächeneigentum und ihre körperliche Unversehrtheit beeinträchtigen würde. Insoweit kann der Senat für seine weiteren Überlegungen offen lassen, ob den von den Klägern aufgeworfenen deichrechtlichen Fragen Drittschutz zukommt, wenngleich die Kläger bei den in Rede stehenden, lediglich mittelbar hervorgerufenen Gefahren - wie generell in Katastrophenfällen - wohl eher als Teil der Allgemeinheit betroffen werden. Der Rahmenbetriebsplan ist in diesem Punkt jedenfalls nicht rechtswidrig, obwohl die Beklagte die konkreten Einzelheiten des bergbaubedingten Hochwasserschutzes unstreitig nicht geregelt hat, sondern unter 1.4.2 auf die Einzelheiten im Planfeststellungsverfahren zur Errichtung und Sanierung von Deichen hinweist. (Wird unter Wiedergabe der Gründe des Urteils vom 27.10.2005 - 11 A 1751/04 -, Langtext in juris, ausgeführt)

An dieser Beurteilung des Verhältnisses zwischen Bergrecht und Wasserrecht in Bezug auf den Hochwasserschutz hält der Senat fest.

Ende der Entscheidung

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