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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 15.11.2007
Aktenzeichen: 12 A 1468/06
Rechtsgebiete: PflegeVG, BSHG


Vorschriften:

PflegeVG Art. 51
BSHG § 69
Eine längerfristige Bezugsunterbrechung wegen zeitweiligen Wegfalls der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit führt auch in analoger Anwendung des Art. 51 Abs. 5 Satz 2 PflegeVG nicht zum endgültigen Erlöschen des Anspruchs auf Besitzstandspflegegeld aus Art. 51 Abs. 1 PflegeVG.
Tatbestand:

Die Klägerin begehrte vom Beklagten Besitzstandspflegegeld nach Art. 51 Abs. 1 PflegeVG. Der Beklagte lehnt eine Wiederaufnahme entsprechender Leistungen u.a. deshalb ab, weil eine vorausgegangene - ca. 3 Jahre währende - Leistungsunterbrechnung wegen mangelnder Sozialhilfebedürftigkeit den Ausgleichsanspruch endgültig zum Erlöschen gebracht habe. Das VG hat die Auffassung des Beklagten bestätigt. Die Berufung führt zur Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Gründe:

Die Klage ist mit ihrem Antrag zu 1. zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 21.11.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.9.2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin für den Zeitraum vom 3.2.2003 bis zum Jahresende die Bewilligung eines Pflegegeldes abgelehnt worden ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), denn der Klägerin steht für den Leistungszeitraum vom 3.2.2003 bis zum Jahresende ein Besitzstandspflegegeld in gesetzlicher Höhe, die hier mit monatlich 220,36 EUR anzunehmen ist, zu.

Nach Art. 51 Abs. 1 PflegeVG in der Fassung des rückwirkend zum 1.4.1995 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom 15.12.1995 (BGBl. I S. 1724) erhalten Personen, die am 31.3.1995 Pflegegeld nach § 69 BSHG in der bis zum 31.3.1995 geltenden Fassung bezogen haben, dieses Pflegegeld und zusätzlich das bis zum 31.3.1995 nach § 57 SGB V gezahlte Pflegegeld vom Träger der Sozialhilfe nach Maßgabe der Abs. 3 bis 5. Voraussetzung für die Leistungen nach Abs. 1 ist gemäß Art. 51 Abs. 2 Nr. 1 PflegeVG nicht, dass bezogen auf den Stichtag Pflegebedürftigkeit oder mindestens erhebliche Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI oder des BSHG in der aktuellen Fassung vorliegt. Maßgebend für eine etwaige Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Gewährung von Pflegegeld ist vielmehr der frühere Pflegebedürftigkeitsbegriff des Bundessozialhilfegesetzes in der bis zum 31.3.1995 geltenden Fassung.

Vgl. eingehend BayVGH, Beschluss vom 11.10.1995 - 12 CE 95.2731 -, FEVS 46, 148.

Dass die Klägerin am Stichtag im Sinne der §§ 68, 69, 76 Abs. 2 a Nr. 3 Buchst. b) BSHG a.F. in Verbindung mit § 35 Abs. 1 Satz 2 BVG pflegebedürftig und in die seinerzeit geltende Fallgruppe IV einzuordnen war, vgl. zur Fiktionswirkung nach der DVO zu § 76 Abs. 3: Krahmer, in: LPK-BSHG, 4. Aufl., § 69 Rdn. 39 m. w. N., und damit voraussetzungsgemäß nach § 69 BSHG a. F. - unter Anrechnung von 200,00 DM der von der AOK gleichzeitig als Pflegegeld nach § 57 SGB V gezahlten 400,00 DM - ein Höchstpflegegeld von 1.031,00 DM, also insgesamt 1.231,00 DM gewährt bekommen hat, steht zwischen den Beteiligten außer Streit und ist auch sonst nicht zweifelhaft.

Da das anrechenbare Elterneinkommen zum Stichtag 31.3.1995 auch unter Berücksichtigung des erst nachträglich bekannt gewordenen zusätzlichen Einkommens der Mutter der Klägerin aus einer Nebentätigkeit die seinerzeit gültige Einkommensgrenze nicht überstiegen hat und deshalb auch keine rückwirkende Aufhebung des maßgeblichen Bewilligungsbescheides erfolgt ist, stellt sich hier nicht die Frage nach der Behandlung von Pflegegeldzahlungen, für die objektiv bereits am 31.3.1995 die Voraussetzungen nicht (mehr) vorgelegen haben.

Vgl. hierzu etwa Nds. OVG, Urteil vom 27.5.1998 - 12 L 702/98 -, FEVS 49, 505; Lachwitz, in: Fichtner, BSHG, 2. Aufl., Anh. § 69a Rdnr. 21; Krahmer, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., Anh. § 69a Rdnr. 2; Holtbrügge, in: LPK-SGB XI, 2. Aufl., Art. 51 PflegeVG, Rdnrn. 4 und 10, jeweils m. w. N.

Von den vorgenannten Leistungen ist nach Art. 51 Abs. 4 Nr. 1 PflegeVG der Betrag des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI abzuziehen. Dabei kann es sich - nach dem Sinn und Zweck der Besitzstandswahrungsregel - nur um das im jeweiligen Zeitpunkt, für den die Besitzstandswahrungsleistung zu berechnen ist, tatsächlich gewährte Pflegegeld nach § 37 SGB XI handeln.

Vgl. VG Augsburg, Urteil vom 20.6.2000 - Au 3 K 98.1116 -, VwRR BY 2001, 28 = Juris, m.w.N.

Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich, dass die Klägerin von der AOK Pflegekasse im Jahre 2003 monatliche Pflegegeldleistungen in Höhe von 410,00 Euro bezogen hat. Vor diesem Hintergrund ist der Klägerin unter Zugrundelegung des früheren DM-Betrages im Ansatz ein Besitzstand von 220,36 EUR zuzugestehen.

Die Besitzstandsregelung greift allerdings nur insoweit, als Sozialhilfebedürftigkeit vorliegt (Art. 51 Abs. 3 PflegeVG). Diese bemisst sich einerseits nach den Einkommensgrenzen (§§ 79, 81 BSHG) und Barbetragsgrenzen (§ 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG i.V.m. mit der dazu erlassenen Verordnung), die am 31.3.1995 gegolten haben, andererseits nach den jeweiligen aktuellen Einkommens- bzw. Vermögensverhältnissen und Familienverhältnissen einschließlich der aktuellen Kosten der Unterkunft.

Vgl. etwa Schellhorn, BSHG, 16. Aufl., § 69 a Rdnr. 29; Lachwitz, in: Fichtner, a.a.O. Anh. zu § 69 a Rdnrn. 9 bis 11; Krahmer, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., Anh. zu § 69 a Rdnrn. 5 bis 7; Holtbrüg-ge, in: LPK-SGB XI, a.a.O., § 51 PflegeVG, Rdn. 6.

Die Einkommensgrenze beträgt demgemäss unter Zugrundelegung des Grundbetrages nach § 81 Abs. 2 BSHG a.F. und der Familienzuschläge nach § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BSHG i.V.m. den für das Jahr 2003 maßgeblichen Regelsatzverordnungen bis zum 30.6.2003 2.299,10 Euro und ab dem 1.7.2003 2.303,10 Euro. Dem stand nach den Berechnungen des Beklagten, die von Klägerseite nicht beanstandet worden sind und auch ansonsten keine Fehler erkennen lassen, im Zeitraum vom 3.2.2003 bis zum Jahresende ein zu berücksichtigendes monatliches Einkommen von 1.692,59 Euro gegenüber. Dieses Einkommen überschreitet die für den gleichen Zeitraum anzusetzende Einkommensgrenze nicht, so dass der Klägerin das vom Beklagten errechnete Besitzstandspflegegeld von 220,36 EUR in voller Höhe zusteht.

Entgegen der Annahme des Beklagten ist bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens nicht der niedrigere Grundbetrag nach § 81 Abs. 1 Nr. 5 BSHG anzusetzen. Für die streitbefangene Bemessung des Besitzstandspflegegeldes der Klägerin kommt es auf eine bloß graduelle Änderung in ihrer Pflegebedürftigkeit, die nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 5.2.2003 unter Berücksichtigung des Bewertungssystems nach den "Empfehlungen zum Sozialhilferecht", herausgegeben von den Landschaftsverbänden, der Fallgruppe IV (außergewöhnlich schwere Pflegebedürftigkeit) nunmehr mit der Fallgruppe III (erhöhte Pflegebedürftigkeit) zu bewerten sein soll, nicht an. Vielmehr kommt der Klägerin auch im Anspruchszeitraum ihre Einstufung als Pflegegeldbezieherin nach § 69 Abs. 4 Satz 2 BSHG a.F. zum Stichtag 31.3.1995 zugute.

Denn die Frage, ob bei der Berechnung der konkreten Besitzstandsleistungen von den Leistungen auszugehen ist, auf die der Hilfeempfänger im streitbefangenen Zeitraum auf der Grundlage seiner aktuellen Pflegebedürftigkeit unter Anwendung der Regelungen vor Inkrafttreten der sozialen Pflegeversicherung einen Anspruch gehabt hätte, so allerdings missverständlich ohne nähere Begründung: VG Augsburg, Urteil vom 20.6.2000 - Au 3 K 98.1116 -, a.a.O., das auch die Pflegegeldberechtigung nach § 57 SGB V einer erneuten medizinischen Bewertung unter Zugrundlegung der aktuellen Gesundheitsverhältnisse unterziehen will, ist zu verneinen. Dafür bietet Art. 51 PflegeVG keinerlei Grundlage. Art. 51 Abs. 2 Nr. 1 PflegeVG bestimmt vielmehr ausdrücklich, dass Voraussetzung für die Leistung von Besitzstandspflegegeld nach Abs. 1 nicht ist, dass weiterhin Pflegebedürftigkeit oder mindestens erhebliche Pflegebedürftigkeit im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder des Bundessozialhilfegesetzes in der aktuellen Fassung vorliegt. Ist nicht Voraussetzung für das Besitzstandspflegegeld, dass derzeit Pflegebedürftigkeit oder zumindest erhebliche Pflegebedürftigkeit im Sinne der Sozialen Pflegeversicherung oder des Bundessozialhilfegesetzes vorliegen, so auch schon BayVGH, Beschluss vom 11.10.1995 - 12 CE 95.2731 -, FEVS 46, 148; VG Augsburg, Urteil vom 14.11.2000 - Au 9 K 00.689 -, Juris, bedeutet dies eine Entkopplung des Anspruchs vom aktuellen Grad der Pflegebedürftigkeit. Aus Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 PflegeVG ergibt sich, dass der Gesetzgeber nur darauf abstellt, ob nach dem jetzigen Gesundheitszustand überhaupt noch die Leistungsvoraussetzungen für ein Pflegegeld nach § 69 BSHG a.F. vorliegen; an eine gesundheitsbedingte nachträgliche Änderung der Pflegebedürftigkeit innerhalb der Bandbreite des § 69 BSHG a.F. knüpft das Gesetz hingegen keine Rechtsfolgen. Aus dem Wortlaut des Art. 51 PflegeVG und dem Zweck der Vorschrift ergibt sich vielmehr, dass es für den Anspruch nach Art. 51 PflegeVG insoweit allein auf die im Rahmen des Pflegegeldes nach dem Bundessozialhilfegesetz am 31.3.1995 vom Sozialhilfeträger erbrachte Leistung ankommt und der Anspruch auf Besitzstandsleistung nach dem Zweck der Regelung, den Bezieher von BSHG-Pflegegeld vor einer Verschlechterung seiner Rechtsstellung infolge des Inkrafttretens des Pflegeversicherungsgesetzes zu schützen, nur entfällt, wenn die Grundlage für die Bewilligung nachträglich weggefallen ist, d.h. der gesundheitliche Zustand des Begünstigten sich so verbessert hat, dass der frühere Bedarf gar nicht mehr besteht.

Ähnlich wohl VG Karlsruhe, Urteil vom 19.10.2001 - 8 K 543/99 -, Juris.

Weder Art. 51 Abs. 3 Halbsatz 2 PflegeVG noch Art. 51 Abs. 4 PflegeVG bieten einen Ansatz dafür, den Ausgangsbetrag des Besitzstandspflegegeldes nach der aktuellen Pflegebedürftigkeit zu bestimmen. Für die Höhe des Pflegegeldzahlbetrages ist die Sachlage auf den Stand 31.3.1995 insoweit fixiert, als Veränderungen des Grades der Pflegebedürftigkeit - Verbesserungen wie Verschlechterungen des Gesundheitszustandes - mit Ausnahme des Falles nach Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 PflegeVG nicht zu berücksichtigen sind.

Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12.8.1996 - 12 L 2460/96 -, OVGE MüLü 46, 405.

Entscheidend für das Besitzstandspflegegeld ist nach Maßgabe von Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 PflegeVG allein die Berechtigung zum Pflegegeldbezug als solche, so dass die Besitzstandswahrung auch für diejenigen in Betracht kommt, die pfle-gebedürftig nur noch i. S. v. § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG a. F. sind.

Vgl. Krahmer, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., Anh. zu § 69a Rdn. 3; Lachwitz, in: Fichtner, a.a.O., Anh. zu § 69a Rdn. 8; Holtbrügge, in: LPK-SGV XI, a.a.O., Art. 51 PflegeVG, Rdn. 3.

Dass die Klägerin in dem hier in Rede stehenden Leistungszeitraum pflegebedürftig i. S. d. § 69 BSHG a. F. gewesen ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Der Anspruch der Klägerin auf ein Besitzstandspflegegeld im hier interessierenden Leistungszeitraum ist auch nicht durch die Bezugsunterbrechung vom 2.9.1996 bis zum 2.8.1999 entfallen.

Nach Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 PflegeVG entfällt der Anspruch nach Art. 51 Abs. 1 PflegeVG, wenn die Dauer der Unterbringung in der (vollstationären) Einrichtung 12 Monate übersteigt. Ein solcher Fall ist hier unzweifelhaft nicht gegeben.

Nach Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 PflegeVG entfällt der Anspruch ferner, wenn die Leistungsvoraussetzungen nach § 69 BSHG in der bis zum 31.3.1995 geltenden Fassung nicht mehr vorliegen. Unter Leistungsvoraussetzungen sind insoweit aber nur die in den §§ 68 ff. BSHG genannten Tatbestandsvoraussetzungen für die Erbringung der Hilfe zur Pflege zu verstehen, namentlich die Pflegebedürftigkeit.

Vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs des Bundesrates, BT-Drucks. 13/2207, S. 5, zu Art. 1 a. E.

Nach Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 PflegeVG entfallen die Besitzstandsleistungen nach Art. 51 Abs. 1 PflegeVG demnach kraft Gesetzes nur dann, wenn sich nach dem 31.3.1995 der Gesundheitszustand des Pflegebedürftigen soweit verbessert hat, dass die Voraussetzungen des § 69 BSHG a. F. "nicht mehr" vorliegen.

Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 27.5.1998 - 12 L 702/98 -, FEVS 49, 505; VG Augsburg, Urteil vom 20.6.2000 - Au 3 K 98.1116 -, a.a.O.

Dies ist hier ebenfalls nicht gegeben.

Der Fall der Bezugsunterbrechung wegen zeitweiligen Wegfalls der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit wird von Art. 51 Abs. 5 Satz 2 PflegeVG vom insoweit eindeutigen Wortlaut her nicht erfasst. Eine gleichwohl erfolgende Anwendung würde auf eine wortlautüberschreitende Analogie hinauslaufen.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998 - 12 L 107/98 -, Juris.

Für eine demnach allenfalls in Betracht zu ziehende analoge Anwendung fehlt es indes schon an der dies rechtfertigenden planwidrigen Regelungslücke. Denn der Fall sich verändernder Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist bereits von Art. 51 Abs. 3 PflegeVG umfasst.

So auch Nds. OVG, Beschluss vom 12.8.1996 - 12 L 2460/96 -, a.a.O.; VG München, Urteil vom 16.1.2003 - M 15 K 99.5476 -, Juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 19.10.2001 - 8 K 543/99 -, Juris.

Diese Vorschrift erfasst und regelt umfassend sämtliche Folgen von Veränderungen der finanziellen Verhältnisse des Begünstigten sowohl in inhaltlicher Hinsicht als auch der gesetzessystematischen Stellung nach außerhalb der Anordnung des endgültigen Erlöschens des Ausgleichsanspruches in Art. 51 Abs. 5 Satz 2 PflegeVG. Die Regelung trägt mit der Berücksichtigung der aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der typischerweise dynamischen, gerade - wie hier - im Familienverbund vielfältigen Veränderungen unterworfenen Einkommens- und Vermögensentwicklung dadurch Rechnung, dass sie den Anspruch auf Besitzstandspflegegeld versagt, sobald der Pflegebedürftige über berücksichtigungsfähiges Einkommen oder Vermögen verfügt und deshalb nicht mehr wirtschaftlich hilfsbedürftig ist; der Anspruch lebt jedoch dementsprechend wieder auf, sobald der Pflegebedürftige wieder wirtschaftlich hilfsbedürftig wird.

Vgl. VG München, Urteil vom 16.1.2003 - M 15 K 99.5476 -, a.a.O.; VG Karlsruhe, Urteil vom 19.10.2001 - 8 K 543/99 -, a.a.O.; zustimmend wohl: Holtbrügge, in: LPK-SGB XI, a.a.O., § 51 PflegeVG, Rdn. 6 a. E.

Eine Differenzierung nach der Länge der Unterbrechung lässt sich Art. 51 Abs. 3 PflegeVG auch nicht ansatzweise entnehmen.

So aber offenbar: Schellhorn, a.a.O., § 69a Rdnr. 29.

Abgesehen davon ist die Regelung in Art. 51 Abs. 5 Satz 2 PflegeVG über das Entfallen des Anspruchs abschließend.

So auch Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998 - 12 L 107/98 -, a.a.O.; VG Karlsruhe, Urteil vom 19.10.2001 - 8 K 543/99 -, a.a.O.

Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut der Regelung. Denn der Gesetzgeber hat auf Worte wie "insbesondere" oder "etwa" verzichtet und damit den endgültigen Wegfall des Anspruchs auf die von Nr. 1 (Wegfall der Pflegebedürftigkeit) bzw. Nr. 2 (Unterbringung in einer vollstationären Einrichtung über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten) des Satzes 2 erfassten Fallgestaltungen beschränkt. In Art. 51 Abs. 5 Satz 1 PflegeVG zeigt sich in der Gesamtschau mit Art. 51 Abs. 5 Satz 2 PflegeVG, dass der Gesetzgeber in diesem Absatz sowohl den zeitweiligen als auch den endgültigen Wegfall des Anspruchs einer Regelung hat zuführen wollen.

Vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil vom 19.10.2001 - 8 K 543/99 -, a.a.O.

Eine analoge Anwendung des Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 PflegeVG auf Fälle der längerfristigen Bezugsunterbrechung wegen Überschreitung der Einkommensgrenzen kommt auch aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, etwa zur Vermeidung einer ansonsten gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung, nicht in Betracht. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung liegt nicht vor. Der Gesetzgeber ist, wie sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfs des Bundesrates, vgl. Ausschussbericht, BT-Drucks. 13/2940, S. 8 zu Art. 1 Nr. 1, ableiten lässt, von der Überlegung ausgegangen, dass bei der Fallvariante einer Unterbringung in einer vollstationären Einrichtung die Pflege des Betroffenen nicht zu Hause erfolgt, sondern durch die Einrichtung sichergestellt ist und deshalb der Bedarf für das Pflegegeld im Rahmen der Besitzstandsleistung vorübergehend (Satz 1, "ruht") oder auf Dauer (Satz 2, "entfällt") nicht besteht. Der Gesetzgeber hat sich insofern davon leiten lassen, dass - prognostisch gesehen - die in Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 PflegeVG zum Anlass für einen Wegfall des Ausgleichsanspruchs genommene vollstationäre Unterbringung über 12 Monaten hinaus eine gesundheitsbedingte Unterbringung auf Dauer bedeutet.

Vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs des Bundesrates, BT-Drucks. 13/2207, S. 5, zu Art. 1 a.E., die insoweit anlässlich der vom Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung vorgenommenen Änderungen keine Modifikation erfahren hat (BT-Drucks. 13/2940, S. 7 f.).

Der Fall, dass infolge einer mehr als 12monatigen Unterbringung des Berechtigten in einer vollstationären Einrichtung davon auszugehen ist, dass der an sich durch die Besitzstandsleistung zu deckende Bedarf voraussichtlich endgültig nicht mehr entstehen wird, ist aber nicht i. S. v. Art. 3 Abs. 1 GG mit dem Fall gleichzusetzen, dass der Bedarf des Berechtigten, der nach wie vor die Leistungsvoraussetzungen des § 69 BSHG a. F. erfüllt, vorübergehend durch den Einsatz eigener Mittel gedeckt werden kann. Anders als der Gesundheitszustand Pflegebedürftiger sind deren wirtschaftliche Verhältnisse und die ggfs. mit zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Verhältnisse der Familienmitglieder von vornherein einer gesteigerten Möglichkeit einer jederzeitigen - zur erneuten Bedürftigkeit führenden - Änderung ausgesetzt. Hierfür reichen schon relativ geringfügige Schwankungen über oder unter die maßgebenden Grundbeträge der Einkommensgrenzen aus. Der durch keinerlei Tatsachen gestützten - lebensfremden - Behauptung der Vertreterin des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung, bei langfristiger Leistungsunterbrechung wegen Überschreitens der Einkommensgrenzen sei entsprechend Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 PflegeVG von einem endgültigen Wegfall des Anspruchs auf das Besitzstandspflegegeld auszugehen, weil in diesen Fällen ebenfalls von einer dauerhaften Verfestigung der Einkommenssituation ausgegangen werden müsse, kann danach nicht gefolgt werden.

Hat aber der Gesetzgeber, dem Unkenntnis hinsichtlich der wechselnden Einkommensverhältnisse gerade auch mit Blick auf die von ihm in Art. 51 Abs. 3 PflegeVG getroffene Regelung nicht unterstellt werden kann, diesen völlig verschiedenen Grundkonstellationen Rechnung getragen und - zu Recht - den zeitweiligen Wegfall der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit nicht mit den Fällen des voraussichtlich dauerhaften Wegfalls des Pflegegeldbedarfs aus medizinischen Gründen, nämlich bei Wegfall der Pflegebedürftigkeit (Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 PflegeVG) und bei längerfristiger vollstationärer Unterbringung (Art. 51 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 PflegeVG), gleichgestellt, sondern nur in den Fällen des voraussichtlich dauerhaften Wegfalles des Pflegegeldbedarfs aus medizinischen Gründen den Wegfall des Anspruchs auf Besitzstandspflegegeld angeordnet, dann kann diese sachliche Differenzierung nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung in Form der Analogie nivelliert werden.

Darüber hinaus spricht auch die allgemeine Zielrichtung des Art. 51 PflegeVG für den abschließenden Charakter der Regelung. Zwar trifft es zu, dass Sozialhilfe grundsätzlich nur der Behebung einer vorübergehenden Notlage dient und keine rentengleiche Leistung auf Lebenszeit darstellt. Dies gilt aber nicht für den Anspruch nach Art. 51 PflegeVG. Zweck bereits der ursprünglichen Fassung des Art. 51 PflegeVG (Gesetz vom 26.5.1994, BGBl. I S. 1014) war es, sicherzustellen, dass Pflegegeldempfänger nach dem Bundessozialgesetz durch die Einführung der Pflegeversicherung keine finanziellen Nachteile erleiden.

Vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 12/5262, S. 174, zu Art. 34.

Auch die auf einen Entwurf des Bundesrates zurückgehende jetzige Fassung des Art. 51 PflegeVG ist durch das Bemühen des Gesetzgebers geprägt, eine Schlechterstellung von Personen, die bis zum Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes Pflegegeld nach dem Bundessozialhilfegesetz erhalten hatten, durch das Inkrafttreten jenes Gesetzes zum 1.4.1995 auszuschließen.

Vgl. den Gesetzesentwurf des Bundesrates, BT-Drucks. 13/2207, S. 1, zu "A. Zielsetzung"; Aus-schussbericht, BT-Drucks. 13/2940, S. 7, A. III.

Die Reichweite dieses Schutzzweckes spiegelt sich darin, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf Weitergewährung des am 31.3.1995 bezogenen Pflegegeldes zeitlich grundsätzlich nicht begrenzt hat, vgl. VG München, Urteil vom 16.1.2003 - M 15 K 99.5476 -, a.a.O.; VG Karlsruhe, Urteil vom 19.10.2001 - 8 K 543/99 -, a.a.O., VG Augsburg, Urteil vom 20.6.2000 - Au 3 K 98.1116 -, a.a.O., jeweils m. w. N.; Schellhorn, BSHG, 16. Aufl., § 69a Rdnr. 28, und den bereits im Vorfeld der Gesetzesverabschiedung vorgebrachten Bedenken gegen die zeitlich unbegrenzte Geltungsdauer des Art. 51 PflegeVG und der damit verbundenen dauerhaften Besserstellung der Pflegegeldbezieher nach § 69 BSHG a. F. nicht gefolgt ist.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998 - 12 L 107/98 - unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/2940; s. a. die Stellungnahme der Bundesregierung zum Entwurf des Änderungsgesetzes, BT-Drucks. 13/2207, S. 6.

Da der Gesetzgeber im Bereich des gewährenden Leistungsrechts in seiner Entscheidung darüber, ob und inwieweit er bisherigen Leistungsempfängern das bisherige Leistungsniveau erhält, frei ist, vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.12.1999 - 5 B 132.98 -, FEVS 51, 345, blieb es ihm unbenommen, sich in Art. 51 Abs. 5 Satz 2 PflegeVG auf die Normierung lediglich einzelner Ausnahmetatbestände zu beschränken.

Vgl. VG München, Urteil vom 16.1.2003 - M 15 K 99.5476 -, a.a.O.

Geht es danach um die Rechtsstellung von Personen, die infolge ihrer Pflegebedürftigkeit Leistungen nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes erhalten hatten und sieht der Gesetzgeber diese Personengruppe in einem solchen Umfang als schutzwürdig an, dass er eine umfassende - nur durch Ausnahmevorschriften durchbrochene - und dem Sozial(hilfe)recht an sich fremde Regelung über den Schutz des Besitzstandes, vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998 - 12 L 107/98 -, a.a.O., m. w. N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 30.5.2001 - 17 K 1990/99 -, als angemessen erachtet, so ist der Gesetzgeber gehalten, diejenigen Fälle, in denen der zeitlich grundsätzlich nicht befristete Anspruch für die Zukunft (ausnahmsweise) ausgeschlossen sein soll, möglichst genau und unmissverständlich zu regeln.

Ähnlich VG Karlsruhe, Urteil vom 19.10.2001 - 8 K 543/99 -, a.a.O.

Dementsprechend sind die Ausnahmetatbestände in Art. 51 Abs. 5 Satz 2 PflegeVG innerhalb der vom Gesetzgeber gewählten Konstruktion eng auszulegen und ist ihr Anwendungsbereich auf die sich aus ihrem Wortlaut ergebenden Grenzen zu beschränken. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass das Besitzstandspflegegeld über die in Art. 51 Abs. 5 Satz 2 PflegeVG geregelten Fälle hinaus auch entfällt, wenn die sozialhilferechtliche Hilfebedürftigkeit für einen bestimmten Zeitraum wegfällt, hätte er den Katalog des Art. 51 Abs. 5 Satz 2 PflegeVG entsprechend erweitern können.

So auch VG München, Urteil vom 16.1.2003 - M 15 K 99.5476 -, a.a.O.

Knüpft der Gesetzgeber den Vertrauensschutz an den Bezug von Pflegegeld zum Stichtag 1.4.1995, kann deshalb auch - entgegen der Auffassung des VG - kein Vergleich mit der Situation eines Neuantragstellers erfolgen, der sich von vornherein auf die (geringeren) Leistungen der Pflegekasse verweisen lassen muss.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998 - 12 L 107/98 -, a.a.O., m. w. N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 30.5.2001 - 17 K 1990/99 -.

Nach alledem finden die vom Verwaltungsgericht angestellten Billigkeitserwägungen, ähnlich auch: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 30.5.2001 - 17 K 1990/99 -, sowie die in der Literatur vertretene Ansicht, dass die Leistungspflicht bei Unterbrechung der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit entfalle und nicht wieder auflebe, so Zeitler, in: NDV 1996, 6 (10) und Schellhorn, a.a.o., § 69 a Rdnr. 29 (für Unterbrechungen von mehr als 2 Monaten), keine rechtliche Grundlage; sie laufen letztlich auf eine Abänderung des Gesetzes hinaus, die allein dem Gesetzgeber vorbehalten ist.

Ende der Entscheidung

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