Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 28.05.2002
Aktenzeichen: 12 A 64/00
Rechtsgebiete: AsylbLG


Vorschriften:

AsylbLG § 6
Sonstige Leistungen nach § 6 AsylbLG zur Deckung eines geltend gemachten Ernährungsmehraufwandes sind nicht schon - der typisierenden sozialhilferechtlichen Regelsatzbemessung entsprechend - auf Grund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe, sondern nur bei konkret-individueller Bedarfsfeststellung zu gewähren.
Tatbestand:

Der noch nicht 36 Monate Grundleistungen nach § 3 AsylbLG beziehende 17jährige Kläger begehrte, ihm nach § 2 AsylbLG Leistungen in entsprechender Anwendung des Bundessozialhilfegesetzes zu gewähren. Das VG wies die Klage ab. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg.

Gründe:

1. Erfolglos beruft der Kläger sich darauf, ihm stehe der geltend gemachte Anspruch auf BSHG-Leistungen zu, weil der Gesetzgeber des Asylbewerberleistungsgesetzes mit den geringer ausfallenden Grundleistungen nach § 3 AsylbLG nicht das verfassungsrechtlich Gebotene gewähre und die Möglichkeiten, zusätzliche Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erhalten, "gleich Null" seien.

Mit § 6 AsylbLG, wonach sonstige Leistungen (als Sachleistungen, bei Vorliegen besonderer Umstände als Geldleistungen) insbesondere gewährt werden können, wenn sie im Einzelfall u.a. zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich oder zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten sind, enthält das Asylbewerberleistungsrecht eine Auffangvorschrift, die den verfassungsrechtlichen Bedenken die Grundlage entzieht sowie die vom Kläger behauptete Gesetzeskollision zwischen den Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes einerseits und den zahlreichen Vorschriften zum Schutz des Kindeswohls andererseits ausschließt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.9.1998 - 5 B 82.97 -, FEVS 49, 97 (98), sowie die Begründung zu § 5 des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P., BT-Drs 12/4451 vom 2.3.1993, S. 10; OVG NRW, Beschluss vom 22.1.1999 - 16 E 1016/98 -; Deibel, Geldleistungen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes, ZfSHG/SGB 1994, 359 (363).

2. Ebenso erfolglos bleibt der Kläger mit seinem Vorbringen, 360,- DM reichten für einen allein in Deutschland Schutz suchenden Minderjährigen angesichts der Lebensmittelpreise schon nicht zur Deckung des Ernährungsbedarfs aus. Es ist zu allgemein, als dass darauf ein Anspruch auf Mehrleistungen gestützt werden könnte.

a) Nicht bereits die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe rechtfertigt sonstige Leistungen nach § 6 AsylbLG. Das ist ein gewollter und verfassungsrechtlich unbedenklicher Unterschied zur sozialhilferechtlichen Rechtslage. Mit § 2 Abs. 3 Nr. 3 der Verordnung zur Durchführung des § 22 BSHG (Regelsatzverordnung) soll einem bei Jugendlichen in einem Alter vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres bei typisierender Betrachtungsweise bestehenden gesteigerten altersbedingten Ernährungsbedarf Rechnung getragen werden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1994 - 5 C 55.92 -, FEVS 45, 401 (404).

Eine nämliche Absicht lässt sich im Asylbewerberleistungsrecht nicht feststellen. Schon nach dem Wortlaut in § 6 AsylbLG kommt es für die Gewährung sonstiger Leistungen auf den begrifflich die typisierende Betrachtungsweise ausschließenden Einzelfall an. Auch die Systematik des Asylbewerberleistungsgesetzes, bei grundsätzlicher Abgrenzung zum Bezug von Sozialhilfeleistungen (§ 9 Abs. 1 AsylbLG) für bestimmte Bereiche auf Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes zu verweisen (siehe §§ 2, 7 Abs. 3 und 9 Abs. 4 AsylbLG), vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.6.2001 - 12 B 795/00 -, FEVS 53, 95, verbietet es, nach § 6 AsylbLG sonstige Leistungen an Asylbewerber allein deshalb zu gewähren, weil sie der in § 2 Abs. 3 Nr. 3 der Regelsatzverordnung aufgeführten Altersgruppe angehören. Es fehlt an einem auf die Regelsatzverordnung zielenden Verweis. Schließlich widerspräche es Sinn und Zweck des Asylbewerberleistungsrechts, das Alter eines Asylbewerbers genügen zu lassen, einen über die Grundleistungen hinausgehenden Bedarf zu bejahen. Das Asylbewerberleistungsgesetz befasst sich mit der Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern; um materielle Anreize für eine illegale Einreise zu beseitigen, gewährt es grundsätzlich nur die Leistung des Existenzminimums, vorrangig in Form von Sachleistungen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.1999 - 5 C 24.98 -, FEVS 51, 152 (158).

Genügte die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe, darüber hinaus Leistungen zu erhalten, bestünde die den materiellen Anreiz zur Einreise steigernde Möglichkeit einer Versorgung über das Existenzminimum hinaus in den Fällen, in denen ein über die Grundleistungen hinaus bestehender Bedarf nicht gegeben wäre.

b) Entscheidend ist vielmehr, ob der Hilfe Suchende, der einen Ernährungsbedarf geltend macht, gerade seiner individuellen körperlichen und gesundheitlichen Verfassung nach einer Ernährung bedarf, die Aufwendungen in einer die Grundleistungen übersteigenden Höhe bedingen. Darauf hindeutende konkrete Umstände sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Ende der Entscheidung

Zurück