Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 13.06.2002
Aktenzeichen: 12 A 693/99
Rechtsgebiete: VwVfG NRW, HGrG, LHO NRW


Vorschriften:

VwVfG NRW § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
HGrG § 6 Abs. 1
LHO NRW § 7 Abs. 1
1. Zu Lasten des Zuwendungsempfängers ist bei Nichterweislichkeit auf Grund von Umständen aus seinem Verantwortungsbereich von einer zum Widerruf des Zuwendungsbescheides nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW ermächtigenden nicht zweckentsprechenden Mittelverwendung auszugehen.

2. Bei Verfehlung des mit der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen verfolgten Zwecks kann im Regelfall das Ermessen nur durch eine Entscheidung für den Widerruf fehlerfrei ausgeübt werden (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 - 3 C 22/96 -).


Tatbestand:

Der Kläger war in sozialen Brennpunkten der Stadt E. zum Zwecke der Jugendpflege und Jugendfürsorge sowie der Familienbildung und der politischen Bildung tätig. Für einen der von ihm unterhaltenen Arbeitslosentreffs beantragte er in den Jahren 1989, 1990, 1991 und 1992 jeweils für das laufende Kalenderjahr Zuwendungen des Landes Nordrhein-Westfalen gemäss den Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Arbeitslosenzentren und Arbeitslosentreffs. Mit Zuwendungsbescheiden vom 15. 11. 1989, 5. 7. 1990, 25. 7. 1991 und 3. 7. 1992 bewilligte das Landesversorgungsamt dem Kläger in Form der Festbetragsfinanzierung für das jeweilige Kalenderjahr einen Zuschuss in Höhe von 6.000,00 DM. Die Prüfung der eingereichten Verwendungsnachweise durch das Landesversorgungsamt erbrachte keine Beanstandungen. Im Januar 1993 leitete die Staatsanwaltschaft E. ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer sowie den Vorsitzenden des Klägers ein. Soweit das Verfahren den Verdacht des Betruges zum Nachteil des Landesversorgungsamtes im Hinblick auf die Vorgänge um den Betrieb der Arbeitslosentreffs betraf, wurde es abgetrennt und nach § 154 StPO eingestellt. Der Landesrechnungshof berichtete nach Prüfung u.a., die meisten der von ihm bei der Staatsanwaltschaft eingesehenen Belege seien nicht zweifelsfrei den Arbeitslosentreffs des Klägers zuzuordnen; vielmehr könne das Gros der Ausgaben (Nahrungsmittel und Getränke in Supermärkten gekauft) auch dem Betrieb von Kindertagesstätten zugerechnet werden. Eine Kostenstelle für die Arbeitslosentreffs sei nicht eingerichtet gewesen. Unter dem 21.7.1994 gab das Landesversorgungsamt dem Kläger auf Grund des Berichts des Landesrechnungshofes Gelegenheit zur Stellungnahme zum beabsichtigten Widerruf und zur etwaigen Rückforderung der Zuwendungen. Mit Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 30.1.1995 widerrief das Landesversorgungsamt die o.g. Zuwendungsbescheide und forderte die Zuwendungen in Höhe von insgesamt 24.000 DM zurück. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Landesversorgungsamt mit Bescheid vom 25.7.1996 zurück. Zur Begründung führte es aus: Trotz seines Entgegenkommens, Fristen außer Acht zu lassen, auf Vorlage aller Belege zu verzichten, nur eine stichprobenartige Überprüfung der Belege durchzuführen sowie auf Originalbelege zu verzichten und kopierte Belege anzuerkennen, sei dem Kläger der Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendung nicht gelungen. Nicht eine einzelne Kontoführung sei zu rekonstruieren. Selbst die zum Schluss als Ersatz für Belege zugelassene Eidesstattliche Versicherung von Seiten der Geschäftsführung des Klägers sei nicht beigebracht worden.

Das VG hob auf die Klage des Klägers den Widerrufsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auf. Die Berufung des an die Stelle des Landesversorgungsamtes getretenen Beklagten führte zur Klageabweisung.

Gründe:

Die Bescheide des Landesversorgungsamtes vom 30.1.1995 und 25.7.1996 sind rechtmäßig. Dies gilt für die darin erklärte Aufhebung der Zuwendungsbescheide (I.) ebenso wie für die zugleich geregelte Rückforderung der gezahlten Zuwendungen in Höhe von insgesamt 24.000 DM (II.)

I. 1. Das Landesversorgungsamt war zum Widerruf der Zuwendungsbescheide berechtigt. Die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW vom 21.12.1976 (GV. NRW. S. 438) in der Fassung des Art. 1 Nr. 7 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen und zur Änderung anderer verwaltungsrechtlicher Vorschriften vom 24.11.1992 - Drittes Änderungsgesetz - (GV. NRW. S. 446) lagen vor.

a. Die Zuwendungsbescheide des Versorgungsamtes sind nicht deshalb einem Widerruf nach § 49 Abs. 3 VwVfG NRW entzogen, weil sie bestandskräftig geworden sind, bevor diese Vorschrift in Kraft getreten ist.

Art. 10 Abs. 2 des Dritten Änderungsgesetzes erklärt § 49 Abs. 3 VwVfG NRW auch auf Bescheide über Zuwendungen für anwendbar, die vor dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes erlassen wurden. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit angesichts dieser Rückwirkung bestehen nicht. Der Zuwendungsempfänger wird durch die Gesetzesänderung nicht schlechter gestellt. Für den Widerruf von Zuwendungsbescheiden galt seit 1989, dem Jahr des Erlasses des ersten Zuwendungsbescheides, § 8 Abs. 4 des jeweiligen Landeshaushaltsgesetzes der Jahre 1989-1992 (vgl. GV. NRW 1988, S. 518, 1989, S. 690, 1991, S. 206, 1991, S. 568), nach dem derartige Bescheide mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden konnten. Auch wenn gegen diese Vorschriften im Hinblick auf das Bepackungsverbot rechtliche Bedenken erhoben wurden, vgl. dazu Sachs, in Stelkens, Bonk, Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Auflage 2001, § 49 Rdnr. 90 m.w.N., konnte der Zuwendungsempfänger auf Grund ihrer Existenz nicht mehr mit einem Behalten-dürfen der in der Vergangenheit empfangenen Zuwendung rechnen. Außerdem hatte das BVerwG, vgl. Urteil vom 11.2.1983 - 7 C 70.80 -, DVBl. 1983, 810, 812, zu § 49 VwVfG in seiner vor dem 12.12.1992 geltenden Fassung bereits im Jahre 1983 entschieden, der Widerruf eines Zuwendungsbescheides schließe die Rückforderung der vor dem Widerruf erbrachten Leistung für die Zukunft nicht aus.

So auch OVG NRW, Urteil vom 4.11.1993 - 4 A 3488/92 -, GemH 1995, 184, 185.

b. Ob die Zuwendungsbescheide rechtmäßig oder rechtswidrig erlassen wurden, braucht nicht entschieden zu werden.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Verwaltungsakte ergeben sich daraus, dass bei Bewilligung der Zuwendungen die Finanzierungspläne des Klägers fehlten. Dadurch konnte die Notwendigkeit einer Landesförderung unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität nach § 23 LHO vom 14.12.1971 (GV. NRW 1971, 397) in der jeweils geltenden Fassung nicht sachgerecht beurteilt werden.

Die Frage der Rechtmäßigkeit der Zuwendungsbescheide kann jedoch offen bleiben, weil nach § 49 Abs. 3 VwVfG NRW auch der Widerruf rechtswidriger Zuwendungsbescheide möglich ist.

Seinem Wortlaut nach verlangt § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW ebenso wie § 49 Abs. 2 VwVfG NRW einen rechtmäßigen Verwaltungsakt. Für den Widerruf nach § 49 Abs. 2 VwVfG NRW ist inzwischen in Rechtsprechung und Literatur jedoch anerkannt, dass davon auch ein von Beginn an rechtswidriger Verwaltungsakt erfasst sein kann.

Vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2000, § 49 Rdnr. 5 mit umfangreichen Nachweisen in Fn. 5.

Nach Systematik sowie Sinn und Zweck kann für § 49 Abs. 3 VwVfG NRW nichts Anderes gelten. Der durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigte darf, auch wenn der Bescheid eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt, nicht besser gestellt sein, als der durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt gleichen Inhalts Begünstigte. Für eine Erstreckung der Widerrufsmöglichkeit auf rechtswidrige Verwaltungsakte spricht auch das praktische Bedürfnis, beim klaren Vorliegen von Widerrufsgründen gegebenenfalls auch ohne aufwändige Prüfung der Rechtmäßigkeit des ursprünglichen Bescheides einen Widerruf aussprechen zu können,

So auch OVG NRW, Urteil vom 7.7.1992 - 14 A 111/89 - zu den vor In-Kraft-Treten des § 49 Abs. 3 VwVfG NRW geltenden, insoweit inhaltsgleichen haushaltsrechtlichen Vorschriften.

c. Die widerrufenen Zuwendungsbescheide gewährten eine einmalige Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks, nämlich der Förderung von Arbeit mit Arbeitslosen im Arbeitslosentreff M.-Straße in E..

Ob die nach § 49 Abs. 3 VwVfG NRW erforderliche Zweckbindung der Leistung in dem Verwaltungsakt selbst bestimmt sein muss oder ob etwa auch ein Hinweis auf die Rechtsgrundlage, Verwaltungsrichtlinien oder Kommentierungen der Titel im Haushaltsplan ausreichen, sofern diese den zu erfüllenden Zweck eindeutig angeben, ist umstritten. Für die erstgenannte Auffassung sprechen der Wortlaut in § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW ("für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck") sowie die Entstehungsgeschichte der bundesrechtlichen Parallelvorschrift. Danach wurde zunächst erwogen, der Zweck müsse "nicht stets in dem Verwaltungsakt - insbesondere bei Leistungen, die nicht Zuwendungen sind - angegeben sein", sondern es genüge "ein Hinweis auf die Rechtsgrundlage, wenn die Rechtsvorschrift den zu erfüllenden Zweck eindeutig angibt". Diese Erwägung ist indes in der Begründung zum Gesetz gewordenen wortgleichen Entwurf nicht mehr enthalten.

Vgl. BT-Drucks. 11/3920, S. 6 und 13/1534, S. 5 sowie zum Meinungsstand allgemein: Sachs, a.a.O., 6. Auflage 2001, § 49 Rdnr. 95 m.w.N.

Diese Frage bedarf hier aber keiner weiteren Klärung. Denn der Zweck der Zuwendung ergibt sich aus den Bescheiden nebst Anlagen selbst. Aus dem in ihnen angegebenen Betreff folgt, dass die gewährte Zuwendung zur Förderung von Arbeitslosenzentren und Arbeitslosentreffs dienen soll. Konkret gewährte das Landesversorgungsamt im Auftrag des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen dem Kläger jeweils zu den bei der Durchführung der förderungswürdigen Maßnahmen im Arbeitslosentreff in der M.-Straße in E. entstehenden Kosten eine Zuwendung für das jeweilige Kalenderjahr in Höhe von 6.000 DM in Form einer Festbetragsfinanzierung als Zuschuss. Damit war Zweck der Leistung die Durchführung eines Arbeitslosentreffs durch den Kläger und die damit einhergehende Verwendung finanzieller Mittel zu den von ihm im Antrag angegebenen Maßnahmearten, wie die Beratung zu Fragen bei Arbeitslosigkeit, die Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten für Arbeitslose untereinander, für Arbeitslose mit Arbeitenden sowie für Arbeitslose mit gesellschaftlichen Institutionen und Organisationen, die Durchführung allgemein- und berufsbildender Maßnahmen und die Freizeitbeschäftigung. In den Jahren 1991 und 1992 kamen Maßnahmen in den Bereichen "Neue Formen der Beschäftigung" und "Öffentlichkeitsarbeit" hinzu. Nach den Nebenbestimmungen zu den Zuwendungsbescheiden war der Verbrauch der finanziellen Mittel für diese Maßnahmen in Verwendungsnachweisen zu belegen und dem Versorgungsamt anzuzeigen, wenn sich die Gesamtausgaben um mehr als 1.000 DM ermäßigen sollten.

d. Die Erfüllung des Leistungszwecks ist mangels Nachweisbarkeit der Verwendung der jährlichen Zuschüsse nicht feststellbar. Der Kläger konnte keine Unterlagen vorlegen, die die Ausgaben für den Arbeitslosentreff M.-Straße für die Jahre 1989-1992 belegen (aa.) Andere Möglichkeiten, die Verwendung der zugewendeten Mittel aufzuklären, gibt es im vorliegenden Fall nicht (bb.).

aa. Nach den Feststellungen des Landesrechnungshofs sowie den eigenen Ermittlungen des Klägers lässt sich nicht belegen, dass die Zuschüsse des Landes dem benannten Zweck der Zuwendungen gemäß verwandt worden sind. Die vom Kläger für jeden Bewilligungszeitraum vorgelegten Verwendungsnachweise erlauben mangels konkreter Angaben keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Verwendung der Mittel. Die in den Sachberichten zu den Verwendungsnachweisen erwähnten Betriebs- und Sachkosten, die die laufenden Kosten für Strom, Heizung, Telefon, Reinigung und Reparaturen umfassten, gab der Kläger mit einem ungefähren Gesamtbetrag an. Er war nicht in der Lage, diesen Gesamtbetrag durch nach Nr. 6.8 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen vor Projektförderung (ANBest-P) für mindestens fünf Jahre aufzubewahrende Belege zu spezifizieren. Solche Belege müssen nach Nr. 6.7 ANBest-P die im Geschäftsverkehr üblichen Angaben und Anlagen enthalten, die Ausgabebelege insbesondere den Zahlungsempfänger, Grund und Tag der Zahlung, den Zahlungsbeweis und bei Gegenständen den Verwendungszweck erkennen lassen. Seinerzeit von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte und vom Landesrechnungshof in Stichproben eingesehene Belege, die überwiegend den Kauf von Nahrungsmitteln und Getränken in Supermärkten betrafen, genügten diesen Anforderungen nicht, waren insbesondere dem Arbeitslosentreff M.-Straße bzw. den von diesem durchgeführten Maßnahmen nicht zweifelsfrei zuzuordnen. Dies hat der Kläger auch eingeräumt. Die von ihm behaupteten Fehlbuchungen von eigentlich bei Durchführung von Maßnahmen der Arbeitslosentreffs entstandenen Kosten auf andere Buchungskonten konnte der Kläger ebenfalls nicht belegen. Eine in Wahrheit dem Arbeitslosentreff in der M.-Straße zuzuordnende Buchung ist nicht feststellbar. Von der ihm eingeräumten Möglichkeit, statt für alle Einrichtungen getrennt nach Jahren Belege und Sachberichte über die geleistete Arbeitslosenarbeit vorzulegen, Eidesstattliche Versicherungen abzugeben, hat der Kläger keinen Gebrauch machen können, weil sich der ehemalige Geschäftsführer des Klägers zu einer solchen Erklärung nicht in der Lage sah. Von diesem wurde lediglich "nach bestem Wissen und Gewissen" erklärt, dass für den Arbeitslosentreff M.-Straße in der Zeit von 1989 bis 1992 Kosten in Höhe von 24.000 DM wirklich entstanden seien, die Betreuung der Arbeitslosentreffs ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und eine Zweckentfremdung der bewilligten und erhaltenen Fördermittel nach seinem heutigen Kenntnisstand zu keinem Zeitpunkt stattgefunden habe.

bb. Andere Möglichkeiten, die Verwendung der zugewendeten Mittel aufzuklären, gibt es im vorliegenden Fall nicht (Wird ausgeführt.)

e. Die Nichterweislichkeit der zweckentsprechenden Mittelverwendung geht zu Lasten des Klägers, weshalb davon auszugehen ist, dass die jährlichen Zuwendungen nicht zu dem in den Bescheiden bestimmten Zweck verwendet wurden.

Sind - wie dargelegt - alle in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft, ohne dass bestimmte entscheidungserhebliche Tatsachen zur Überzeugung der Behörde oder des Gerichts feststehen, so geht die Nichterweislichkeit der Tatsachen zu Lasten dessen, der daraus für sich günstige Rechtsfolgen herleitet, sofern nicht das materielle Recht eine andere Verteilung der Beweislast vorsieht.

St. Rspr. des BVerwG, vgl. Urteil vom 20.4.1994 - 11 C 60.92 -, DVBl. 1994, 1192, 1193 m.w.N.

Beim Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsakts trägt grundsätzlich die Behörde die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen seiner Widerrufbarkeit. Denn wie die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts, vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25.3.1964 - VI C 150.62 -, BVerwGE 18, 168, greift auch der Widerruf eines solchen Verwaltungsakts in eine durch seinen Erlass bewirkte Begünstigung und damit in eine schutzwürdige Rechtsposition - vor allem im Sinne eines Vertrauensschutzes - seines Adressaten ein. In konsequenter Weiterverfolgung dieses Gedankens ist eine Abweichung hiervon allerdings dann geboten, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt mit unlauteren Mitteln sich zu erhalten sucht, d.h. durch vorwerfbares einschließlich leicht fahrlässigen Verhaltens, vgl. BVerwG, Urteil vom 7.7.1966 - III C 219.64 -, BVerwGE 24, 294, 299, die Prüfung vereitelt, ob der begünstigende Verwaltungsakt Bestand haben kann. In einem derartigen Fall beruht die Unerweislichkeit der Widerrufsvoraussetzungen auf einem treuwidrigen Verhalten des Begünstigten oder ist sie Folge von mit der Zuwendungsgewährung nicht zu vereinbarenden Handlungen oder Unterlassungen des Begünstigten, die ausschließlich seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen sind.

So bereits OVG NRW, Urteil vom 2.5.1994 - 8 A 3885/93, NVwZ 1996, 610, 612.

Ob dies stets bei Nichtbeachtung allgemeiner Mitwirkungspflichten gilt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Zuwendungsempfänger treuwidrig ihm im Zuwendungsbescheid auferlegten Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, deren Erfüllung der Behörde gerade eine gesichertere Entscheidungsgrundlage bei der Prüfung, ob der Zuwendungszweck erfüllt wurde, bieten sollte, hat der Zuwendungsempfänger die Folgen der Nichterweislichkeit der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendung zu tragen.

Dabei ist nicht von Belang, ob diese Verpflichtungen rechtmäßig auferlegt wurden. Da sie nicht nichtig waren und der Kläger Einwendungen gegen sie nicht erhoben hatte, musste er sie auf Grund ihrer Bindungswirkung beachten. Er würde sich auch in Widerspruch zu diesem Unterlassen setzen, beriefe er sich nunmehr auf die Unbeachtlichkeit der Verpflichtungen, denn er musste davon ausgehen, dass die Beklagte im Vertrauen auf die Beachtung dieser Pflichten durch ihn auf eigene nachweissichernde Maßnahmen verzichten wird.

Zum Nachweis der Verwendung der dem Kläger gewährten Landesmittel zu dem bereits benannten Zweck sollte die Aufbewahrung von zur Verwendungsprüfung geeigneten Belegen für fünf Jahre dienen (Nrn. 6.7, 6.8, 7.1 und 7.3 ANBest-P). Der entsprechenden Pflicht handelte der Kläger zuwider. Die von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Belege sowie die beim Kläger verbliebenen restlichen Unterlagen ließen nach dessen eigener Einschätzung eine Verwendungsprüfung nicht zu. Er vereitelte dadurch treuwidrig den bei Beachtung der Verpflichtung aus den Bescheiden möglichen Nachweis zweckgerechter Mittelverwendung. Die Unerweislichkeit der zweckgemäßen Mittelverwendung ist damit auch ausschließlich seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen. Der Kläger unterhielt den Arbeitslosentreff ohne eine präsente Kontrolle Dritter in eigener Verantwortung. Nur er konnte daher das Ausgabegeschehen durch Buchführung sowie Sammlung und Zuordnung der Belege dokumentieren.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergeben sich keine Besonderheiten daraus, dass die Bewilligungsbescheide so genannte "einfache Verwendungsnachweise" zuließen und das Landesversorgungsamt die vom Kläger vorgelegten Verwendungsnachweise ausweislich der Prüfungsvermerke nicht beanstandete. Nach Nr. 1 der Nebenbestimmungen zu den Zuwendungsbescheiden, in der die Nrn. 6.1 bis 6.5 der den Bescheiden beigefügten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen vor Projektförderung für nicht anwendbar erklärt werden, in Verbindung mit den Nrn. 6.6 bis 6.8 ANBest-P war ein einfacher Verwendungsnachweis zugelassen. Dieser besteht aus einer summarischen Darstellung der Einnahmen und Ausgaben entsprechend der Gliederung des Finanzierungsplans. Mit der Zulassung solcher einfachen Verwendungsnachweise hat sich das Landesversorgungsamt nicht der Möglichkeit begeben, die Mittelverwendung weiter gehend zu prüfen. Nach Nr. 7.1 ANBest-P steht der Bewilligungsbehörde vielmehr das Recht zu, über die Prüfung der Verwendungsnachweise hinaus die Mittelverwendung anhand der Bücher, Belege oder Geschäftsunterlagen nachzuhalten. Die so - zulässigerweise - gewonnenen Erkenntnisse berechtigen die bewilligende Behörde, von ihren Befugnissen gem. § 49 Abs. 3 VwVfG NRW Gebrauch zu machen (vgl. Nr. 8.3 ANBest-P), gleichgültig, zu welchem Ergebnis eine zuvor vorgenommene Prüfung der "einfachen Verwendungsnachweise" geführt hat.

Die insoweit gem. Nr. 12.2 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO zu erstellenden Prüfvermerke enthalten - soweit sie sich wie vorliegend lediglich auf den Inhalt der "einfachen Verwendungsnachweise" stützen - allein die Feststellung, dass die vorgelegten Verwendungsnachweise die zweck- und auflagengerechte Mittelverwendung schlüssig darlegen; darüber hinaus attestieren sie die Ordnungsgemäßheit der Mittelverwendung nicht. Eine derartige (weiter gehende) Aussage der Prüfungsvermerke hätte - soweit sie denn getroffen wäre - überdies nicht zur Folge, dass der Widerruf der Zuwendungsbescheide nach Prüfung der Bücher, Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen ausgeschlossen, beschränkt oder nur erschwert wäre. Denn diese Prüfungsvermerke werden nach Nr. 12.3 i.V.m. 1.4 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO nur den danach zu beteiligenden Stellen, nicht aber dem Zuwendungsempfänger bekannt gegeben, so dass sie das Außenverhältnis zum Zuwendungsempfänger unberührt lassen. Sie sind ihm gegenüber insbesondere keine Verwaltungsakte, deren Inhalt bestandskräftig werden könnte.

Auch der Umstand, dass das Landesversorgungsamt die vorgelegten Verwendungsnachweise nicht zum Anlass für eine umfassende Prüfung der Mittelverwendung beim Kläger gemacht hat, stellt die Zurechnung der Unerweislichkeit zweckgerechter Mittelverwendung zum Kläger nicht in Frage. Der Kläger hat in den Verwendungsnachweisen ausdrücklich die Beachtung der allgemeinen und besonderen Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides durch ihn bestätigt und in den Sachberichten keinen Anhaltspunkt gegeben, es bedürfte einer unmittelbar bei der Buchführung und der Belegsammlung einsetzenden Kontrolle.

Eine Verschiebung der Verantwortungsbereiche folgt im konkreten Fall auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte bei Beantragung der Zuwendung nicht die Vorlage eines Finanzierungsplans verlangt hat. Denn es ist nicht ersichtlich, wieso dessen Erstellung oder Vorlage den Kläger hätte veranlassen können, die ihm nach Nrn. 6.7 und 6.8 ANBest-P obliegenden Pflichten zu beachten.

2. Das Landesversorgungsamt hat das ihm eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt (§ 114 VwGO). Maßgebend für die Prüfung, ob die Widerrufsentscheidung von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen ist, ist der Bescheid der Beklagten vom 30.1.1995 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 25.7.1996 erhalten hat. Danach erfolgte der Widerruf, weil dem Kläger trotz des Entgegenkommens des Landesversorgungsamtes der Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendung nicht gelungen war.

Für die rechtliche Beurteilung der Ermessensausübung ergeben sich in Fällen der vorliegenden Art Besonderheiten, die aus der Anwendbarkeit der Grundsätze über das gelenkte bzw. intendierte Ermessen folgen. Danach ist eine Ermessen einräumende Vorschrift, die für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht, dahin auszulegen, dass besondere Gründe vorliegen müssen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst, mit der weiteren Konsequenz, dass es einer ansonsten nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW erforderlichen Darlegung der Ermessenserwägungen im Bescheid nicht bedarf.

BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 - 3 C 22/96 -, NJW 1998, 2233, 2234 m.w.N., OVG NRW, Urteil vom 11.7.2001 - 12 A 2727/00 -, ZFSH/SGB 2001, 658.

Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände des Falles bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen und die von der Behörde nicht erwogen worden sind, liegt ein rechtsfehlerhafter Gebrauch des Ermessens vor.

BVerwG, Urteil vom 23.5.1996 - 3 C 13/94 -, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1.

Ermessenslenkende Vorgaben im zuvor dargelegten Sinne sind im vorliegenden Fall dem § 7 Abs. 1 LHO i.V.m. § 6 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz in der Fassung des Gesetzes vom 29.7.1994 (BGBl. I S. 1890) zu entnehmen. Dem darin enthaltenen gesetzlichen Gebot, bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten, ist zu entnehmen, dass bei Verfehlung des mit der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen verfolgten Zwecks im Regelfall das Ermessen nur durch eine Entscheidung für den Widerruf fehlerfrei ausgeübt werden kann. Diese Haushaltsgrundsätze überwiegen im Allgemeinen das Interesse des Begünstigten, den Zuschuss behalten zu dürfen, und verbieten einen großzügigen Verzicht auf den Widerruf von Subventionen.

So zur vergleichbaren Rechtslage in Niedersachsen auch BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 - 3 C 22/96 -, a.a.O.

Im Falle des Klägers lagen im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides die Voraussetzungen vor, die eine solche Verwaltungsentscheidung ohne weitere Abwägung des Für und Wider ermöglichten. Es liegt der Tatbestand der Zweckverfehlung vor.

Die verbleibende Möglichkeit, dass der Zuwendungszweck vom Kläger erfüllt wurde, er dies jedoch (nur) nicht durch Belege nachweisen konnte, stellt keine Besonderheit des einzelnen Falles dar. Sie lässt den Verstoß gegen die Pflicht zum Nachweis der Ausgaben - entgegen der Auffassung des VG - insbesondere nicht als einen solchen "eher formaler Art" erscheinen, der die eigentlich subventionierte Arbeitslosenarbeit nicht betreffe. Zwar hängt das Gewicht des öffentlichen Interesses an dem Widerruf auch davon ab, ob es sich bei dem Verstoß gegen eine Rechtsnorm um einen solchen materieller oder eher formaler Art handelt. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass das Gewicht des Verstoßes formaler Art bei der Berücksichtigung für einen Widerruf abnimmt, je ferner seine Auswirkungen auf das materielle Recht sind. Umgekehrt ist ein Verstoß formaler Art umso wesentlicher, je mehr Bedeutung er für die Durchsetzung oder Berücksichtigung des materiellen Rechts hat. Eine solche ausschlaggebende Bedeutung kommt dem formalen Verstoß gegen die Nachweispflichten im Verhältnis zur materiellen Pflicht der Erfüllung des mit der Zuwendung verfolgten Verwendungszwecks zu. Wie der vorliegende Fall anschaulich zeigt, ist ein Nachweis der Verwendung des Zuschusses zu dem Zweck der Förderung, hier von speziellen Maßnahmen mit Arbeitslosen durch den Zuwendungsempfänger, ohne Verwendungsbelege nahezu unmöglich zu führen. Deshalb kommt ihnen nicht nur eine nachwirkende - formale - Bedeutung bei der Prüfung zu, ob die Zuwendungen zweckentsprechend verwandt wurden. Sie haben vielmehr auch (materielle) Auswirkungen auf das Ausgabeverhalten der Zuwendungsempfänger, die sich auf Grund der Nachweispflicht gehalten sehen, die Zuwendungen zur Vermeidung der Rückforderung zweckentsprechend zu verwenden. Die Beklagte misst demnach der Nachweispflicht der Mittelverwendung zutreffend eine wesentliche Bedeutung bei, die im Rahmen der Ermessensausübung ein Unterlassen des Widerrufs der Zuwendungsbescheide nicht gebietet und ein Eingehen hierauf im Rahmen der Ermessensbegründung nicht erfordert.

Gleiches gilt bezüglich des Einwandes des Klägers, die Behörde habe die existenziellen Folgen des Widerrufs der Zuwendungsbescheide für diesen und die anderen Arbeitslosentreffs als Besonderheit des Einzelfalles bei der Widerrufsentscheidung berücksichtigen müssen. Welche finanziellen Konsequenzen die Rückforderung einer Subvention beim Zuwendungsempfänger hat, lässt sich stets konkret nur im Zeitpunkt der Einforderung des Rückforderungsbetrages und damit nach Bestandskraft des Rückforderungs- und Erstattungsbescheides beantworten. Unter Darlegung seiner finanziellen Verhältnisse kann der Schuldner noch in diesem Stadium des Verfahrens die (teilweise) Niederschlagung oder Stundung der Forderung erreichen, wenn die Beitreibung des Geldes für ihn existenzielle Folgen hat.

Die allgemeinen Beanstandungen des Landesrechnungshofs zu grundsätzlichen und strukturellen Fehlern auf Seiten des Landesversorgungsamtes stellen ebenfalls keinen maßgeblichen Ermessensgesichtspunkt dar. Insoweit ist vielmehr auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen. Solche Fehler sind für die Ermessensausübung im konkreten Fall nur relevant, wenn sie kausal für den Widerruf waren. Es ist weder ersichtlich noch vom Kläger dargetan, wieso er sich bei einer Aufforderung des Landesversorgungsamtes zur Vorlage eines Finanzierungsplanes im Rahmen der jeweiligen Antragstellung nachfolgend veranlasst gesehen hätte, seinen im Rahmen der Verwendung der Zuwendungen bestehenden Nachweispflichten nachzukommen.

Soweit der Kläger geltend machte, er habe auf den Bestand der Zuwendungsbescheide und ein Ausreichen der vorgelegten vereinfachten Verwendungsnachweise vertraut, hat das Landesversorgungsamt im Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass Form und Inhalt der Verwendungsnachweise durch die den Zuwendungsbescheiden beigefügten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen vor Projektförderung näher bestimmt und demnach dem Kläger die vorgegebenen Fristen, die Mitteilungspflichten sowie die Auflagen ausreichend bekannt waren. Auf diesbezügliche Unkenntnis hat sich der Kläger nicht berufen. Jedenfalls hätten ihm diese Pflichten bekannt sein müssen. Der Kläger konnte ferner nicht darauf vertrauen, dass die ordnungsgemäße Verwendung der Fördergelder ausreichend geprüft und bestätigt wurde und er deshalb keine Belege mehr hat aufbewahren müssen. Denn ihm war die Prüfung der Verwendungsnachweise und die Bestätigung, dass sich Beanstandungen nicht ergeben haben, nicht bekannt.

3. Die Beklagte hat innerhalb der Jahresfrist der §§ 49 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW die Zuwendungsbescheide widerrufen. (Wird ausgeführt.)

II. Die Rückforderung der gezahlten Zuwendungen in Höhe von insgesamt 24.000 DM im Bescheid vom 30.1.1995 ist ebenfalls rechtmäßig. (Wird ausgeführt.)

Ende der Entscheidung

Zurück