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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 15.10.2002
Aktenzeichen: 12 B 2021/02
Rechtsgebiete: VwGO, SGB I
Vorschriften:
VwGO § 123 | |
SGB I § 65 |
2. Bestreitet der Hilfe Suchende eine Mitwirkungspflicht, hindert seine fehlende Mitwirkung nur dann nicht die Annahme eines Anordnungsgrundes, wenn sein Interesse, die Mitwirkung etwa wegen eines schwebenden Hauptsacheverfahrens zunächst zu unterlassen, das durch die Aufgaben des Sozialhilfeträgers begründete Interesse an der Mitwirkung überwiegt.
Tatbestand:
Die Antragstellerin begehrte vom Antragsgegner die weitere Gewährung von Mehrbedarfsleistungen für die Inanspruchnahme eines Mahlzeitendienstes aus Sozialhilfemitteln. Der Antragsgegner hatte die Leistung eingestellt, nachdem der Betreuer und Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin sein Einverständnis mit der Anforderung eines medizinischen Gutachtens u.a. mit dem Hinweis auf den gegen die Anforderung erhobenen Widerspruch verweigert hatte. Das VG lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Gründe:
Die Antragstellerin hat auch durch das Beschwerdevorbringen den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 VwGO) nicht glaubhaft gemacht. Ein besonderer Grund für eine auf Sozialhilfeleistungen gerichtete Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes setzt auch voraus, dass der Hilfe Suchende seinerseits alles ihm Zumutbare getan hat, um eine Gewährung der begehrten Hilfe durch den zuständigen Sozialhilfeträger zu ermöglichen. Solange es an einer hinreichenden Mitwirkung des Hilfe Suchenden fehlt, bedarf es im Hinblick auf die begehrte Leistung nicht der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Denn der Hilfe Suchende hat es selbst in der Hand, durch die Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten eine für ihn positive Entscheidung der Behörde zu ermöglichen. Bestreitet der Hilfe Suchende eine Mitwirkungspflicht, weil er z.B. ihre in § 65 SGB I geregelten Grenzen als nicht gewahrt ansieht, hindert seine fehlende Mitwirkung nur dann nicht die Annahme eines Anordnungsgrundes, wenn sein Interesse, die Mitwirkung etwa wegen eines schwebenden Hauptsacheverfahrens zunächst zu unterlassen, das durch die Aufgaben des Sozialhilfeträgers begründete Interesse an der Mitwirkung überwiegt. Nach diesem Maßstab steht die fehlende Mitwirkung der Antragstellerin einem Anordnungsgrund entgegen. Die - weitere - Gewährung der begehrten Mehrbedarfsleistungen für die Inanspruchnahme eines Mahlzeitendienstes ist allein deshalb abgelehnt worden, weil der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin sein Einverständnis mit einer Anforderung des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Pflegekasse der Antragstellerin verweigert hat. Daher hat es der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin, der auch ihr Betreuer ist, selbst in der Hand, durch die Erklärung des Einverständnisses den Antragsgegner in die Lage zu versetzen, die materiellen Voraussetzungen für eine (weitere) Gewährung der begehrten Leistungen zu prüfen. Demgegenüber greift sein Einwand nicht durch, eine Zustimmung zur Gutachtenvorlage beseitige die Notlage nicht automatisch. Wenn auch die Erklärung des Einverständnisses mit der Anforderung des Gutachtens nicht ohne Weiteres zur Gewährung der begehrten Mehrbedarfsleistungen führt, so wird damit jedenfalls die Möglichkeit eröffnet, dass der Antragsgegner nach Auswertung des Gutachtens die Hilfeleistung alsbald von sich aus wieder aufnimmt. Das Interesse der Antragstellerin, zunächst von der ihr angesonnenen Mitwirkung verschont zu bleiben, überwiegt darüber hinaus keinesfalls das öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Mitwirkung. Aus §§ 60 ff SGB I folgt, dass es dem Hilfe Suchenden obliegt, dem Leistungsträger die Kenntnis von Umständen zu vermitteln, die er für seine Entscheidung über die Gewährung der begehrten Leistung benötigt (vgl. Giese/ Krahmer, SGB I und X, 2. Aufl., Stand: November 2000, SGB I § 60 Rdnr. 1.2.). Dass es der Antragstellerin nicht möglich oder nicht zumutbar wäre (vgl. § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I), das Gutachten vorzulegen bzw. ihr Einverständnis mit seiner Anforderung zu erklären, hat sie mit der Beschwerdebegründung nicht dargelegt. Auch der Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, er habe gegen die "Vorlagepflicht" Widerspruch erhoben und bitte, dies zu respektieren, führt zu keiner anderen Beurteilung. Da die Aufforderung eines Sozialleistungsträgers zur Erteilung der Zustimmung zur Vorlage von Beweisurkunden nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I mangels dadurch unmittelbar herbeigeführter Rechtswirkungen nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, kommt dem eingelegten Widerspruch nicht nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung zu.
Ende der Entscheidung
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