Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 01.08.2003
Aktenzeichen: 13 A 1618/01
Rechtsgebiete: VwGO, TKG, NZV, TEntgV


Vorschriften:

VwGO § 113 Abs. 2
TKG § 24
TKG § 25 Abs. 1
TKG § 27
TKG § 28
TKG § 29
NZV § 5 Abs. 2
NZV § 6 Abs. 5
TEntgV § 3 Abs. 2
TEntgV § 3 Abs. 4
Eine Anfechtungsklage gegen einen Entgeltfestsetzungsbescheid, soweit er keinen höheren als den zuerkannten Betrag festsetzt, ist unzulässig.

Die Regulierungsbehörde ist nicht ermächtigt zur Nichtanerkennung eines Anschlussdefizits und eines Mindestverkehrsentgelts durch Feststellungsbescheid.

Ein Anschlussdefizit kann in die Verbindungsentgelte nicht eingestellt werden.


Tatbestand:

Nachdem die ein bundesweites Telekommunikationsnetz betreibende Klägerin und die ein Verbindungsnetz betreibende Beigeladene sich über die Zusammensetzung ihrer Netze nicht einigen konnten, ordnete die Regulierungsbehörde mit dem angefochtenen Bescheid die Netzzusammenschaltung an, setzte die Verbindungsentgelte auf der Grundlage der Vergleichsmarktbetrachtung fest und erkannte ein Anschlussdefizit und Mindestverkehrsentgelt nicht an. Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin die Aufhebung des Bescheids, (1.) soweit er keine höheren Entgelte als die zuerkannten festsetzte sowie (2.) ein Anschlussdefizit und (3.) Mindestentgelte nicht zuerkannte. Das VG wies die Klage ab. Die Berufung hatte teilweise Erfolg.

Gründe:

1. Die Anfechtungsklage mit dem Antrag zu 1. ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.

a) Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer Entgeltentscheidung, soweit diese keine höheren als die festgelegten Entgelte festsetzt. Sie ficht also einen aus ihrer Sicht versagten, den festgesetzten Preis überschießenden Betrag unbekannter Höhe an. Eine Entscheidung der Beklagten über einen solchen überschießenden Betrag ist jedoch nicht ergangen. Der angefochtene Bescheid enthält weder in Tenor-Nr. 1 noch in den Gründen - auch nicht konkludent - die Aussage, dass über die festgesetzten Beträge hinausgehende Entgelte unbegründet seien und versagt würden oder ein Genehmigungsantrag auf höhere Entgelte abgelehnt würde. Die Klägerin hatte nach eigener Darstellung einen Antrag auf Genehmigung bestimmter höherer Entgelte für das Zusammenschaltungsverhältnis zur Beigeladenen nicht gestellt - eine Entgeltvereinbarung war nicht zustande gekommen - und die Beigeladene hat die Ermittlung der jeweiligen Entgelthöhe der Beklagten überlassen. Dementsprechend sind die von der Beklagten festgelegten Entgelte lediglich das Ergebnis ihrer Entgeltberechnung und wollte die Beklagte mit diesem Berechnungsergebnis dem Entgeltfestsetzungsantrag der Beigeladenen entsprechen. Es bestand daher für sie kein Anlass, einen darüber hinaus gehenden Entgeltbetrag in Betracht zu ziehen. Eine weitergehende für die Zusammenschaltungsparteien positive oder negative Preisentscheidung mit Bindungswirkung wollte sie deshalb nicht treffen und hat sie nicht getroffen. Der Bescheid beinhaltet auch kein Verbot der Anwendung abweichender Preise. Ein solches Verbot folgt vielmehr aus dem Gesetz (§ 29 Abs. 1 TKG). Damit ist dieses Anfechtungsbegehren der Klägerin gegenstandslos und geht ins Leere.

b) Der Klägerin fehlt zudem deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Teilanfechtung sie ihrem wahren Ziel, höhere als die festgelegten Entgelte zu erlangen, nicht näher bringt. Mit der Aufhebung eines unbeschiedenen, das festgelegte Entgelt überschießenden, unbestimmten Betrages verfügte sie nicht über ein "genehmigtes" Entgelt, was im Geschäftsverkehr unter Beachtung des § 29 Abs. 1 TKG zur Anwendung kommen könnte. Denn mit der Aufhebung des unbeschiedenen, unbestimmten, überschießenden Betrages stünde fest, dass das zuerkannte Entgelt zu niedrig bemessen und damit nicht maßstabsgerecht wäre sowie die gesetzlich geforderte Genehmigung - nicht Teilgenehmigung - noch ausstünde, so dass nicht einmal der zuerkannte bloße Entgeltsockel verlangt werden dürfte.

Ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ist auch nicht vor dem Hintergrund der Vorbereitung einer - noch zu beantragenden - Genehmigung höherer Entgelte, denen die angefochtene Entgeltanordnung entgegenstehen könnte, zu bejahen. Abgesehen davon, dass die Klägerin bisher keinen Entgeltgenehmigungs- oder Entgeltfestsetzungsantrag gestellt hat, würde die angefochtene Entscheidung auch keine Bindungswirkung entfalten, die einer materiell-rechtlichen Entscheidung über ein zur Genehmigung gestelltes Entgelt entgegenstünde. Die Bindungswirkung eines Verwaltungsakts wird maßgeblich mitbestimmt von dem geregelten Sachverhalt. Die auf Antrag des Zusammenschaltung anstrebenden Unternehmens erfolgte Anordnung eines Zusammenschaltungsentgelts auf der Grundlage des § 37 TKG - deren grundsätzliche Zulässigkeit hier offen bleiben kann - ist rechtlich etwas anderes als die Genehmigung eines vom Zusammenschaltungspflichtigen beantragten Entgelts auf der Grundlage nachgewiesener Kosten. Sowohl die unmittelbaren Entscheidungsadressaten als auch die Rechtsgrundlagen und der Charakter der jeweiligen Entscheidung sowie deren Erkenntnisgrundlagen sind in beiden Fällen unterschiedlich. Wohl bindet das Gesetz die Zusammenschaltungspartner im Falle der Entgeltanordnung wie im Falle der Entgeltgenehmigung an den jeweiligen Preis; eine Bindung der Behörde an eine einmal erfolgte Regelung ein und desselben Sachverhalts tritt damit jedoch noch nicht ein. Dass eine Entgeltanordnung auf der Grundlage des § 37 TKG der Zuerkennung höherer Entgelte auf den Genehmigungsantrag des Zusammenschaltungspflichtigen hin nicht entgegensteht, wird erhellt durch Folgendes: Einigen sich die Zusammenschaltungspartner über die Entgelte und wird deren Maßstabsgerechtigkeit vom Zusammenschaltungspflichtigen den Anforderungen der Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung genügend nachgewiesen, ist die frühere Entgeltanordnung nach § 37 TKG wirkungslos und stehen die Ziele des Telekommunikationsgesetzes einer Genehmigung höherer Zusammenschaltungsentgelte nicht entgegen. Dasselbe muss gelten für den Fall einer nicht zustande gekommenen Entgeltvereinbarung, wenn der Zusammenschaltungspflichtige die Festsetzung der von ihm verlangten Entgelte beantragt und deren Vereinbarkeit - umgekehrt auch die Unvereinbarkeit der früheren Entgeltanordnung - mit dem Maßstab des § 24 TKG der Verordnung entsprechend nachweist.

Das gilt selbst bei Veröffentlichung der auf der Grundlage des § 37 TKG festgelegten Entgelte nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 NZV, die keinen Verwaltungsakt darstellt und schon deshalb keine Bestandskraft sowie davon ausgehende Bindungswirkung entfaltet. Die Veröffentlichung als solche enthält keine Regelung, insbesondere spricht sie keine den zusammenschaltungspflichtigen Unternehmer bindende Verpflichtung zu Zusammenschaltungsvereinbarungen bestimmten Inhalts aus.

c) Die Unzulässigkeit der isolierten Anfechtungsklage folgt schließlich auch daraus, dass die Klägerin keine ihrem wahren Klageziel nach höheren Entgelten unmittelbar dienliche Verpflichtungsklage, diese ggf. kombiniert mit einer deklaratorischen Anfechtung der festgesetzten Entgelte, erhoben hat. Diese Klagart bietet sich auch im vorliegenden Fall an, in welchem sie selbst keinen Antrag auf Genehmigung vereinbarter bzw. Festsetzung verlangter Zusammenschaltungsentgelte bei der Beklagten gestellt hat. Nach § 39 TKG ist auf die Zusammenschaltungsentgelte u.a. § 28 TKG entsprechend anwendbar. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Formulierung des § 28 Abs. 1 Satz 1 TKG für die Entgeltgenehmigung nicht zwingend einen Antrag des entgeltregulierten Unternehmens voraussetzt; zwar spricht Abs. 2 Satz 1 des § 28 TKG von Entgeltanträgen; der diesbezügliche Antragsteller bleibt jedoch offen, so dass als solcher selbst der entgeltpflichtige Wettbewerber denkbar ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.10.2001 - 13 A 5146/00 -.

In einem so eingeleiteten Entgeltverfahren, in dem das - beteiligte - regulierte Unternehmen durch entsprechende Kostenvorstellungen und -nachweise auf ein höheres Entgelt hinwirken kann, muss das regulierte Unternehmen sich so behandeln lassen, als hätte es selbst die Entgeltfestsetzung beantragt. Prozessual befindet sich das höhere Entgelte erstrebende regulierte Unternehmen hinsichtlich der Entgeltentscheidung auf Antrag des Wettbewerbers in der gleichen Situation wie bei einem eigenen Entgeltfestsetzungsantrag und kann deshalb unmittelbar die Verpflichtung der Regulierungsbehörde zur Zuerkennung bestimmter höherer Entgelte kombiniert mit der - deklaratorischen - Aufhebung der entgegenstehenden Entgeltentscheidung verfolgen.

d) Wollte man jedoch entgegen den obigen Ausführungen zu 1.a) mit der Klägerin davon ausgehen, dass die Festlegung der Entgelte in Tenor-Nr. 1 des Bescheids zugleich eine regelnde Ablehnung eines überschießenden Entgeltbetrages beinhaltete, könnte der Klageantrag zu 1. auch dann keinen Erfolg haben.

Denn der - insoweit unterstellte - versagte, das angeordnete Entgelt unbeziffert überschießende Teilbetrag ist nicht isoliert anfechtbar. Eine inhaltliche Teilaufhebung eines Verwaltungsakts ist nach gefestigter Rechtsprechung

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, NVwZ 2001, 429 m.w.N., Redeker/v. Oertzen, VwGO, 13. Aufl., § 113 Rdn. 6, nur möglich, wenn 1. der abtrennbar selbstständige Teil des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, 2. der Verwaltungsakt bei Aufhebung des rechtswidrigen Teils in seinem restlichen Teil als selbstständiger Verwaltungsakts bestehen bleiben kann und 3. die Erlassbehörde erkennbar den Verwaltungsakt auch mit dem unangegriffenen Teil erlassen hätte.

Die Versagung eines überschießenden Entgeltbetrags ist aber bereits kein abtrennbar selbstständiger Teil einer anderweitigen Entgeltentscheidung, ebenso wie der unangefochtene festgesetzte Betrag - Entgeltsockel - keinen selbstständigen Rest-Verwaltungsakt darstellt. Das ergibt sich aus dem Charakter dieser Entgeltentscheidung. Die Entgeltfestsetzung tritt im Falle einer gescheiterten Vereinbarung von Zusammenschaltungsentgelten an die Stelle der - beantragten - Genehmigung vereinbarter Entgelte. Die Genehmigung bzw. Festsetzung eines Entgelts gewährt keine Geldleistung, sondern begründet die Legitimation zu einem bestimmten Verhalten, nämlich zur Erhebung des Entgelts im Geschäftsverkehr. Eine solche Legitimation ist in Teilen nicht denkbar.

Genehmigt oder festgesetzt werden können nach §§ 24, 27, 39 TKG nur maßstabsgerechte Entgelte. Maßstabsgerechtes Entgelt im Sinne des Telekommunikationsgesetzes und der Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung ist jedoch nur der als Ergebnis der gesetzes- und verordnungskonformen Entgeltberechnung sich ergebende bestimmte Betrag, nicht aber ein Bruchteil dessen. So gesehen kann ein von der Behörde zu niedrig ermittelter Entgeltbetrag begrifflich nicht als Teil oder Sockel des maßstabsgerechten höheren Entgeltbetrags seinerseits ein maßstabsgerechtes Entgelt sein; dasselbe gilt für einen versagten überschießenden Teilbetrag und erst recht für einen solchen der Höhe nach unbestimmten Betrag. Ist der unangefochtene von der Behörde zuerkannte Betrag als Teil oder Sockel des unbekannten maßstabsgerechten zutreffenden Entgeltbetrags nicht selbst maßstabsgerecht und daher nicht genehmigungs- oder festsetzungsfähig, kann er isoliert nicht die Rechtsfolge aus § 29 TKG auslösen und kommt ihm rechtliche Bedeutung nicht zu, d.h. ist er als regulatorische Behördenmaßnahme isoliert nicht existenzfähig. Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte auch keine Entgeltentscheidung in Form einer Genehmigung oder Festsetzung als Teilentscheidung über ein der Höhe nach "sicheres" Entgelt getroffen. Ein sicheres "Mindestentgelt" kennt das Telekommunikationsrecht nicht und lässt es auch nicht zu.

Vgl. im Ergebnis ebenso OVG NRW, Beschluss vom 8.5.2002 - 13 B 1636/01 -, zur Anfechtung von Teilen der neuen EBC-Entgeltstruktur.

e) Die Anfechtungsklage ist auch nicht mit Blick auf § 113 Abs. 2 Sätze 1 u. 2 VwGO zulässig. Die Vorschrift ist vorliegend nicht einschlägig. Die angefochtene Entscheidung, eine Entgeltfestsetzung, ist kein einen Geldbetrag festsetzender und kein darauf bezogener Verwaltungsakt. Ebenso wie die Genehmigung beinhaltet die sie ersetzende Festsetzung eine Berechtigung für die Erhebung eines bestimmten Preises im Geschäftsverkehr. Der Verwaltungsakt begründet selbst keinen Anspruch auf einen bestimmten Geldbetrag oder eine Verpflichtung zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages - beides folgt aus dem jeweiligen Liefervertrag -, betrifft daher keine zu erbringende oder zu erlangende Leistung in Geld oder eine darauf bezogene Feststellung.

Vgl. hierzu Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 113 Rdn. 8.

Die Klägerin begehrt auch nicht die Änderung eines Verwaltungsakts im Sinne des § 113 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Aus ihrer Sicht soll die Entgeltfestlegung so wie ausgesprochen als Sockel bestehen bleiben und die aus ihrer Sicht ergangene Versagung eines unbestimmten, überschießenden Teils aufgehoben werden. Es soll also nicht das Gericht einen Betrag in anderer Höhe oder die zu ermittelnde Betragshöhedurch Angabe von tatsächlichen und rechtlichen Umständen bestimmen.

2. Die Anfechtungsklage mit dem Klageantrag zu 2. ist zulässig und begründet.

a) Tenor-Nr. 4 des Bescheids erklärt ein Anschlussdefizit im Rahmen von Zusammenschaltungsentgelten für nicht berücksichtigungsfähig. Hierbei handelt es sich um einen mit der Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakt. Die Beklagte hat den vorliegenden Rechtsstreit zum Anlass genommen, die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit eines Anschlussdefizits - ... hier ... - in Zusammenschaltungsentgelten für alle Fälle einer vereinbarten oder angeordneten Zusammenschaltung grundsätzlich zu beantworten. Dazu hat sie sich nicht darauf beschränkt, in den Gründen des Bescheids (Blatt 25 f) darzulegen, aus welchen Gründen ein von der Klägerin geltend gemachter Ausgleichsbetrag für ungedeckte Anschlusskosten in die konkrete Berechnung der im Tenor - Nr. 1 ausgewiesenen Entgelte nicht eingestellt worden ist bzw. nicht eingestellt werden kann, sondern das Ergebnis ihrer Rechtsprüfung quasi vor die "Klammer" der Entscheidungsgründe gestellt und ihm schon seiner äußeren Gestaltung und Formulierung nach regelnde Wirkung beigegeben. Erkennbare Absicht dessen war es, der Klägerin für die vorliegend streitgegenständlichen und alle künftig beantragten Zusammenschaltungsentgelte mit - die Bestandskraft des Bescheids vorausgesetzt - bindender Wirkung den Ansatz eines Anschlussdefizits aus der Hand zu schlagen. Hierin liegt eine Gestaltung der Rechte der Klägerin für den vorliegenden Einzelfall und alle künftigen gleichartigen Zusammenschaltungsfälle, somit eine Regelung. Die Argumentation der Beklagten ist nicht konsequent, wenn sie einerseits meint - auch - negative Bedingungen des Zusammenschaltungsverhältnisses auf der Grundlage des § 37 Abs. 1 TKG treffen zu können, denen ebenso wie positiven Bedingungen durch ihre privatrechtsgestaltende Wirkung Regelungscharakter zukommen, andererseits aber eine rechtliche Belastung der Klägerin durch die Entscheidungen zum Anschlussdefizit und Mindestverkehrsentgelt verneint. Die von der Beklagten verneinte Bindungswirkung der Entgeltfestsetzung bei einem Antrag der Klägerin auf Genehmigung eines höheren Entgelts schließt eine Bindungswirkung einer unanfechtbaren Entscheidung zur grundsätzlichen Nichtberücksichtigung des Anschlussdefizits und zur Nichtgewährung eines Mindestverkehrsentgelts und deren Geltendmachung bei künftigen Entgeltgenehmigungsanträgen der Klägerin nicht aus.

Das Telekommunikationsrecht bietet der Beklagten für einen solchen belastenden, im Ergebnis feststellenden Verwaltungsakt keine Ermächtigungsgrundlage.

Zwar hat der Senat entschieden, dass die Regulierungsbehörde einen feststellenden Verwaltungsakt des Inhalts erlassen darf, dass eine bestimmte Leistung der Klägerin der Vorab-Entgeltregulierung unterliegt, und sich eine Ermächtigung der Regulierungsbehörde hierzu aus dem Telekommunikationsgesetz erschließt.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 24.8.2000 - 13 B 112/00 -, NVwZ 2001, 696.

Ihre innere Rechtfertigung findet diese Rechtsprechung darin, dass die regelnde Feststellung das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechtsbeziehungen, wie im seinerzeit entschiedenen Falle der notwendigen ex ante-Regulierung der Entgelte für eine bestimmte Leistung als Voraussetzung ihrer Anwendbarkeit, der Rechtsklarheit und der Vorabstreitschlichtung dienlich ist. Eine solche Rechtfertigung liegt aber dann nicht mehr vor, wenn der Streit um das Vorliegen einzelner Umstände oder Tatsachen oder um die Subsumtion einzelner Gegebenheiten unter anspruchsbegründende normative Voraussetzungen geht, die ihrerseits noch keine Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten oder sonstigen Verfahrensbeteiligten darstellen oder begründen. Die Beantwortung von allenfalls als Elemente eines künftigen Rechtsverhältnisses zu charakterisierenden Fragen durch feststellenden Verwaltungsakt provozierte hingegen eine Vielzahl von Einzelstreitigkeiten und bewirkte damit keine Vorabstreitschlichtung, sondern brächte im Gegenteil für Behörde und Gericht eine weitere Belastung und Verzögerung der Endentscheidung. Eine dahingehende Ermächtigung des Gesetzgebers ist dem Telekommunikationsgesetz nicht zu entnehmen.

Selbst wenn man eine Befugnis der Beklagten bejahte, im Rahmen einer Zusammenschaltungsanordnung - ggf. Teilanordnung - nach § 37 TKG die in der Anlage zu § 5 Abs. 2 NZV vorgesehenen Vereinbarungsgegenstände, von denen hier nur die Festlegung der Zusammenschaltungsentgelte in Betracht kommt, und zwar hier die Festlegung der Zusammenschaltungsentgelte, für den Fall einer nicht zustande gekommenen Vereinbarung zu ersetzen, böte diese Rechtsgrundlage keine Ermächtigung für ein Verbot der Berücksichtigung eines Anschlussdefizits im Rahmen derZusammenschaltungsentgelte für Verbindungsleistungen. Denn einen solchen Vereinbarungsgegenstand sieht auch die Anlage zu § 5 Abs. 2 NZV nicht vor. Zwar führt Buchst. j) der Anlage zu § 5 Abs. 2 NZV als Vereinbarungsgegenstand die Festlegung der Entgelte an, doch ist das angeordnete Verbot keine Entgeltfestlegung. Schon die von der Beklagten beanspruchte "Ersetzung" nicht zustande gekommener Zusammenschaltungsentgelte gemäß § 37 Abs. 1 TKG i.V.m. Buchst. j) der Anlage zu § 5 Abs. 2 NZV wie auch die "Genehmigung bzw. Festsetzung" beantragter Entgelte gemäß § 39 TKG i.V.m.§§ 27 Abs. 1 Nr. 1, 28 Abs. 1 u. 2 TKG gehen be-griffsinhaltlich von bezifferten Entgelten aus, die im Rechtsverkehr Anwendung finden sollen. Das Gesetz verpflichtet in § 29 Abs. 1 das entgeltregulierte Unternehmen, nur genehmigte bzw. - entsprechend angewandt - festgesetzte Entgelte, d.h. bestimmte bezifferte Entgelte, zu verlangen. Anders ausgedrückt, gibt damit das Gesetz vor, dass nicht genehmigte bzw. nicht festgesetzte Entgelte und damit auch vom Zusammenschaltungspflichtigen angestrebte, aber nichtgenehmigte bzw. festgesetzte höhere Entgelte im Geschäftsverkehr nicht angewendet werden dürfen, also verboten sind. Dieses im Gesetz enthaltene Verbot schließt ein regelndes Verbot der Geltendmachung bestimmter Kosten in Entgelten und damit eine Entscheidung über ein Erhebendürfen oder Nichterhebendürfen bestimmter Entgelte durch die Regulierungsbehörde aus. Nach der Systematik des Gesetzes genehmigt sie beantragte bezifferte Entgelte bzw. setzt sie fest in der von ihr ermittelten maßstabsgerechten Höhe oder lehnt den Antrag auf Genehmigung oder Festsetzung eines bestimmten Entgelts wegen fehlender Kostennachweise nach Ausübung ihres Ermessens komplett ab. Überdies handelt es sich beim Anschlussdefizit nicht um ein genehmigungsfähiges oder festsetzungsfähiges Entgelt, sondern um eine aus Sicht der Klägerin entgeltrelevante Kostenposition, die in die konkrete Entgeltberechnung eingestellt werden kann oder nicht. Ob die tenormäßige Entscheidung über die Berücksichtigungsfähigkeit des Anschlussdefizits im Sinne des einen Zusammenschaltungspartners liegt, ist unerheblich; seinem Interesse ist genügt durch das Nichteinstellen dieser Kostenposition in die Entgeltermittlung. Im Bescheid des BMPT, der Gegenstand des Verfahrens 13 A 2373/01 ist, hat denn auch die Beklagte die Ablehnung der Berücksichtigung eines Anschlussdefizits in den Verbindungsentgelten DTAG-B.1 und -B.2 lediglich in den Gründen abgehandelt und nicht zum Gegenstand der Entscheidungsformel gemacht. Die generelle Feststellung der Nichtberücksichtigungsfähigkeit eines Anschlussdefizits verletzt die Klägerin in ihren Rechten. (Wird ausgeführt)

b) Vor dem Hintergrund bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob ein Anschlussdefizit bei Anwendung der im maßgeblichen Prüfungszeitpunkt insoweit allein in Betracht kommenden Regelungen der Telekommunikations-Entgeltregulierungs-Verordnung außer in den von der Beklagten eingeräumten Fällen bei der Ermittlung der Entgelte für Verbindungsleistungen im Rahmen des vorliegenden Zusammenschaltungsverhältnisses berücksichtigungsfähig ist. Allerdings neigt der Senat dazu, dass eigentliche Anschlusskosten - soweit nicht regulatorisch bedingt - keine Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung im Sinne des § 3 Abs. 2 TEntGV sind. Kosten der Leistungsbereitstellung können nur solche sein, die mit der bereitgestellten Leistung in ursächlichem Zusammenhang stehen. Die Klägerin stellt den angeschlossenen Netzbetreibern u.a. unstreitig als Leistung die Mitbenutzung - auch - des Teilnehmeranschlusses bereit, ohne die Verbindungsleistungen im Rahmen der Zusammenschaltung nicht erfolgen könnten. Danach stehen nur die Kosten der "Mitbenutzung" des Teilnehmeranschlusses und nicht die Kosten des - als Leistung für den Endkunden der Klägerin erbrachten - Teilnehmeranschlusses im ursächlichen Zusammenhang mit der Zusammenschaltung und den Verbindungsleistungen. Zudem handelte es sich beim Anschlussdefizit auch nicht um "zusätzliche" Kosten, d.h. um Kosten, die ohne Erbringung des zu bepreisenden Dienstes entfallen würden. Denn auch ohne die Zusammenschaltung und die Verbindungsleistungen fielen die Anschlusskosten bei der Klägerin voll an. Ob und in welchem Umfang die Kosten der "Mitbenutzung" des Teilnehmeranschlusses in die Verbindungsentgelte eingehen können und in denjenigen der Tenor- Nr. 1 des angefochtenen Beschlusses eingegangen sind, steht hier nicht in Frage.

Das Anschlussdefizit dürfte nicht unter die nicht notwendigen Aufwendungen fallen. Denn die Defizite sind nicht Kosten der bereitgestellten Mitbenutzung des Teilnehmeranschlusses, damit nicht nach § 2 Satz 2 TEntGV nachzuweisende Kosten und können nicht zu einem Übersteigen dieser Kosten über die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (§ 3 Abs. 2 TEntGV) führen, so dass es auf eine sachliche Rechtfertigung nicht mehr ankommt. Einen berücksichtigungsfähigen neutralen Aufwand im Sinne des § 3 Abs. 4 TEntGV dürfte das Anschlussdefizit ebenfalls nicht darstellen. Unter diesem Begriff versteht der Senat einen Aufwand, der keinem Kosten verursachenden Leistungsprozess zugeordnet werden kann und ansonsten als Verlust hinzunehmen wäre. Anschlusskosten und Defizite hieraus sind aber grundsätzlich dem Anschlussnehmer - Endkunden - zuzuordnen und grundsätzlich nicht als Verlust hinzunehmen.

3. Die Anfechtungsklage mit dem Klageantrag zu 3. ist zulässig und begründet.

Die Beklagte hat mit Tenor-Nr. 4 c) aus Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers erkennbar eine regelnde Entscheidung treffen wollen und damit einen Verwaltungsakt erlassen. Nach der Formulierung des Entscheidungssatzes dürfen Mindestverkehrsentgelte, d.h. jegliche Mindestverkehrsentgelte, im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen als Zusammenschaltungspartner nicht erhoben werden. Hierin liegt ein regelndes Verbot.

Für ein derartiges Verbot bietet das Telekommunikationsgesetz keine Ermächtigungsgrundlage.

Beim Mindestverkehrsentgelt handelt es sich um einen auf eine bestimmte Kostenposition der Klägerin gestützten Teilbetrag einesZusammenschaltungsentgelts nach §§ 39, 25 Abs. 1, 27 TKG, der zu einer erst bei Nichterreichen eines bestimmten Mindestleistungsaufkommens einsetzenden Erhöhung des regulären Entgelts für Verbindungsleistungen DTAG-B.1 und -B.2 führt. Auch hier kann die Frage offen bleiben, ob der vom BMPT herangezogene § 37 TKG Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung von Zusammenschaltungsentgelten sein kann. Selbst wenn das der Fall wäre, erlaubte diese Vorschrift nach den obigen Darlegungen zu 2.a) kein Verbot der Erhebung von Entgelten. Zudem war vorliegend eine Genehmigung bzw. Festsetzung eines Mindestverkehrsentgelts nicht beantragt; vielmehr hat die Beigeladene lediglich begehrt, der Klägerin die Erhebung eines derartigen Entgelts nicht zu ermöglichen. Der regelnden Feststellung der Nichtberücksichtigungsfähigkeit von Mindestverkehrsentgelten bedurfte es zudem nicht. Ob die in einem solchen Entgelt zu sehende Preiserhöhung dem Maßstab des § 24 TKG entspricht, insbesondere die von der Summe der Erhöhungsbeträge abzudeckenden Kosten der Klägerin für Netzausbauten in ursächlichem Zusammenhang mit der zu bepreisenden Leistung stehen und Effizienzgesichtspunkten entsprechen, ist eine Frage der Begründetheit der im Einzelfall geltend gemachten Kostenposition. Auch ein Mindestverkehrsentgelt darf vom regulierten Unternehmen nur dann erhoben werden, wenn es von der Regulierungsbehörde genehmigt oder festgesetzt ist. Auch insoweit gelten die obigen Ausführungen zu 2.a) entsprechend.

Die Regelung in Tenor Nr. 4 c) verletzt die Klägerin in ihren Rechten. (Wird ausgeführt)

Ende der Entscheidung

Zurück