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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 20.05.2009
Aktenzeichen: 13 A 2002/07
Rechtsgebiete: KHGG NRW


Vorschriften:

KHGG NRW § 12 Abs. 2 Satz 2
Der die Aufnahme in den Krankenhausplan feststellende Bescheid enthält mehrere Regelungselemente, die (u. a.) die Gebiete, die Anzahl der Betten und das jeweilige Bezugsobjekt betreffen können.

§ 12 Abs. 2 Satz 2 KHGG NRW kommt drittschützende Wirkung zu.


Tatbestand:

Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses in C. Die Beigeladene ist Trägerin eines in D gelegenen Krankenhauses und war ebenfalls Trägerin eines in E. gelegenen und mittlerweile geschlossenen Krankenhauses.

Die Klägerin hatte für ihr Krankenhaus erstmals im November 2001 die Neuaufnahme einer Abteilung für Frührehabilitation mit 32 stationären und 10 teilstationären Betten beantragt, verbunden mit einer begehrten Kapazitätserhöhung damals zunächst nur für eine Schwerpunktabteilung Neurochirurgie und Ende 2004 auch für einen Schwerpunkt "Kapazitäten für Querschnittsgelähmte". Anfang Juni 2004 hatte das zuständige Ministerium in einem Gespräch mit der Klägerin von deren Strukturplanung bezüglich Betten für Frührehabilitation erfahren. Die Beklagte hatte in Sondierungsgesprächen mit der Klägerin im Jahr 2005 deren Antrag auf Planaufnahme mit Betten für Frührehabilitation zwar zur Kenntnis genommen, sich aber ablehnend geäußert, weil "vom Land ... 50 Frühreha-Betten in E. gefördert werden" sollten.

Durch Feststellungsbescheid der Beklagten vom 18.11.2005, der sie in der Folgezeit mehrfach abgeändert hat, wurde die "Betriebsstelle Krankenhaus E." des "Krankenhauses D." mit Wirkung zum 1.11.2005 in den Krankenhausplan mit 50 Betten für Frührehabilitation, die nicht als Teil eines anderen Fachgebietes, sondern eigenständig ausgewiesen wurden, in den Krankenhausplan aufgenommen. Die Beklagte hielt eine inhaltliche Begründung des Bescheids gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwVfG NRW für entbehrlich. Die Klägerin erhob Drittwiderspruch gegen den erstgenannten Feststellungsbescheid, soweit dieser die Ausweisung von 50 Betten für Frührehabilitation als alleinige Fachabteilung am Krankenhausstandort E. Inhalt hat. Die Beklagte wies den Drittwiderspruch der Klägerin durch Bescheid vom 29.6.2006 als unzulässig zurück: Der Klägerin fehle es am Rechtsschutzbedürfnis, weil sie durch die streitige Entscheidung keinen Nachteil erleide und nicht beschwert werde. Die Klägerin erhob die vorliegende Klage: Es liege ein beachtlicher Konkurrenznachteil mit wirtschaftlichen Auswirkungen vor. Wenn gemäß § 13 Abs. 4 KHG NRW sogar die Versorgungsangebote benachbarter Versorgungsgebiete auch außerhalb Nordrhein-Westfalens zu berücksichtigen seien, gelte dies erst recht für benachbarte Planungsregionen innerhalb eines Versorgungsgebietes wie im vorliegenden Fall.

Das VG hob die angefochtenen Bescheide auf, soweit 50 Planbetten für Frührehabilitation für die "Betriebsstelle" Krankenhaus E. der Beigeladenen festgestellt werden, und ließ die Berufung zu. Die Beklagte und die Beigeladene legten gegen das Urteil erfolglos Berufung ein.

Nach der Schließung des Krankenhauses E. Ablauf des Monats Oktober 2008 erließ die Beklagte Feststellungsbescheide vom 22.12.2008, mit denen sie die streitbefangenen Feststellungsbescheide ersetzte. Sie stellte fest, dass das Krankenhaus E. dem Krankenhausplan ausgeschieden ist und das Krankenhaus D., soweit 50 Betten Frührehabilitation betroffen waren, ab dem 1.11.2008 in den Krankenhausplan aufgenommen wird. Die Frührehabilitation mit 50 Betten wurde dem Krankenhaus D. zugeordnet. Mit Feststellungsbescheid vom 7.1.2009 ersetzte die Beklagte die Feststellungsbescheide vom 22.12.2008 und wies darauf hin, dass es sich um die Schließung einer Betriebstelle und nicht um eine "Übertragung" der Frührehabilitationsbetten handele.

Gründe:

Die Berufung der Beklagten ist unzulässig.

Die Beklagte hat die Berufung nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Zustellung des angefochtenen Urteils begründet (§ 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO). Abgesehen hiervon weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die Berufung der Beklagten unzulässig sei, weil sie in ihrer Begründung ausschließlich auf Ausführungen der Beigeladenen Bezug genommen habe. Mit Rücksicht auf den vor dem OVG geltenden Vertretungszwang (§ 67 Abs. 4 VwGO) hat der Prozessbevollmächtigte oder der Vertreter der Behörde eine eigene Prüfung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs vorzunehmen.

Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124a Rn. 119, 120, m. w. N.

Soweit die Beklagte auf ihre bisherigen Ausführungen im Verwaltungs- und Verwaltungsstreitverfahren Bezug nimmt, genügt dies den Anforderungen an eine hinreichende Berufungsbegründung nicht. Denn die Berufungsgründe müssen sich mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzen und in tatsächlicher sowie rechtlicher Hinsicht ausführen, weshalb das angefochtene Urteil nach der Auffassung des Berufungsführers unrichtig ist und geändert werden muss.

Vgl. Roth, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, § 124a Rn. 44, m. w. N.

Soweit die Beklagte schließlich die Berufung näher begründet hat, ist dies unzweifelhaft nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist geschehen.

Die Berufung der Beigeladenen ist unbegründet. Das VG hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Die Klage ist als Drittanfechtungsklage zulässig; insbesondere ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Konkurrieren mehrere Krankenhäuser um ihre Aufnahme oder - wie hier - um die Aufnahme einer bestimmten Abteilung in den Krankenhausplan eines Landes, so kann eine Anfechtungsklage des einen gegen den ein anderes Krankenhaus begünstigenden Bescheid zulässig sein, wenn der Kläger ebenfalls eine Aufnahme in den Krankenhausplan erstreiten will. Mit dieser Konkurrentenklage begehrt der bei der Verteilung Übergangene nach Erschöpfung des Kontingents, anstelle eines anderen, seiner Meinung nach zu Unrecht Begünstigten, in den Genuss der Begünstigung zu erlangen. Es geht also um eine Auswahlentscheidung bei begrenzten Kapazitäten und wegen der Erschöpfung des Kontingents zunächst um die Verdrängung eines Konkurrenten, ohne die das zusätzliche Begehren der Eigenbegünstigung von der Verwaltung gar nicht erfüllt werden kann.

Vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand: Oktober 2008, § 42 Abs. 2 Rn. 289, m. w. N.

Der - nicht begünstigte - Konkurrent muss daher die Aufnahme seines eigenen Krankenhauses oder einer Abteilung in den Krankenhausplan angestrebt haben. Er muss ein entsprechendes Planaufnahmebegehren bei der Behörde oder zumindest im Verfahren zur Erarbeitung eines regionalen Planungskonzepts geltend gemacht haben.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2005 - 13 B 1626/05 -, NVwZ 2006, 481; vgl. auch Steiner, NVwZ 2009, 486, 487.

Das Begehren der Klägerin ist beachtlich, weil sie einen Anspruch auf Krankenhausplanaufnahme geltend gemacht hat. Seit November 2001 begehrt sie die Neuaufnahme einer Abteilung für Frührehabilitation mit 32 stationären und 10 teilstationären Betten, eine Kapazitätserhöhung für eine Schwerpunktabteilung Neurochirurgie sowie Ende des Jahres 2004 für einen Schwerpunkt "Kapazitäten für Querschnittsgelähmte". Sie setzte, was unstreitig ist, das Ministerium im Juni 2004 von ihrer Strukturplanung hinsichtlich Betten für Frührehabilitation in Kenntnis. Hiermit hat die Klägerin ihr Begehren ausreichend deutlich gemacht, an einer diesbezüglichen Auswahlentscheidung beteiligt sein zu wollen. Hiervon ist auch die Beklagte ausgegangen. Denn sie kannte das Begehren der Klägerin und hatte in Sondierungsgesprächen mit der Klägerin im Juli und Oktober 2005 deren Antrag auf Planaufnahme mit Betten für Frührehabilitation erneut zur Kenntnis genommen. Schließlich hat die Klägerin ihr Begehren mit dem hier vorliegenden Klageverfahren weiter verfolgt.

Ob der Umstand, dass das Krankenhaus der Klägerin nicht in der "Planungsregion Kreis H." liegt, sondern in der benachbarten "Planungsregion Stadt C.", der Notwendigkeit einer Auswahlentscheidung zwischen beiden Krankenhäusern entgegensteht, ist demgegenüber nicht Prüfungsgegenstand bei der Klagebefugnis, sondern der weiteren Prüfung der Begründetheit der Klage.

Liegt damit bereits ein konkretes Konkurrenzverhältnis zwischen der Beigeladenen und der Klägerin vor, kann es letztlich dahinstehen, ob der einfachgesetzlichen Bestimmung des § 13 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 des - mittlerweile außer Kraft getretenen - Krankenhausgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHG NRW), nach der die Angebote benachbarter Versorgungsgebiete auch außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen zu berücksichtigen waren, und der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Satz 2 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW), wonach die Versorgungsangebote benachbarter Länder zu berücksichtigen sind, drittschützende Wirkung zukommt. Zwar ist, weil die Klägerin nicht Adressatin der angefochtenen Bescheide ist, die Klagebefugnis nur gegeben, wenn sie die Verletzung einer Vorschrift behaupten kann, die sie als Dritte zu schützen bestimmt ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 - 3 C 35.07 -, DVBl. 2009, 44.

Die Klägerin kann aber die Verletzung eines subjektiven Rechts durch die Krankenhausplanaufnahme des Krankenhauses der Beigeladenen geltend machen. Es braucht dabei nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG als Schutznorm zurückgegriffen zu werden. Die Klägerin kann sich darauf berufen, in der Versorgungsregion zur Bedienung der klinischen Versorgung der Bevölkerung mit Betten für Frührehabilitation ebenso wie das beigeladene Klinikum bereit gewesen zu sein und deshalb einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahl unter mehreren gleichermaßen qualifizierten Krankenhäusern nach § 8 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) zu haben. Soweit § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG Maßstäbe für die behördliche Auswahlentscheidung aufstellt, was hier beachtlich ist, handelt es sich um eine drittschützende Norm.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 - 3 C 35.07 -, a. a. O.; OVG NRW, Beschluss vom 22.1.2009 - 13 A 2578/08 -, juris.

Die Klage ist auch begründet.

Der an die Beigeladene gerichtete Bescheid vom 18.11.2005, der Widerspruchsbescheid vom 29.6.2006, der Bescheid vom 1.3.2007 sowie die Bescheide vom 22.12.2008 und vom 7.1.2009 sind rechtswidrig, soweit 50 Planbetten für Frührehabilitation zu Gunsten eines Krankenhauses der Beigeladenen festgestellt werden.

Der Senat geht davon aus, dass der Feststellungsbescheid vom 18.11.2005 in der Folgezeit teilweise geändert worden ist, wesentliche Regelungselemente gleichwohl weiterhin wirksam sind. Die Beklagte hat diesen Bescheid daher nicht durch die nachfolgenden Bescheide zur Gänze ersetzt. Die Regelungen in dem Bescheid vom 18.11.2005 betreffen die Teilgebiete (hier: Frührehabilitation), die Anzahl der Betten und das jeweilige Bezugsobjekt. Nach Erlass dieses Bescheids sind die ersten beiden Regelungsteile unangetastet geblieben. Lediglich das Bezugskrankenhaus wurde durch weitere Bescheide geändert. Zuletzt hat die Beklagte mit Bescheid vom 7.1.2009 den vorangegangenen Feststellungsbescheid vom 22.12.2008 im Hinblick auf das Bezugsobjekt (D.) mit Wirkung vom 1.1.2009 ersetzt. Der demnach maßgebliche Feststellungsbescheid vom 18.11.2005 in seiner aktuellen Fassung vom 7. Januar 2009 ist jedoch rechtswidrig, soweit 50 Planbetten für Frührehabilitation zugunsten des Krankenhauses D. festgestellt worden sind.

Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des letzten, die vorangegangenen Bescheide abändernden Bescheids vom 7.1.2009 ist nunmehr u. a. das Krankenhausgestaltungsgesetz NRW und nicht mehr das außer Kraft getretene Krankenhausgesetz NRW maßgeblich. Es war demnach nach dem aktuellen landesrechtlichen Maßstab und gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG eine Auswahlentscheidung zwischen beiden konkurrierenden Krankenhäusern zu treffen, da innerhalb des Versorgungsgebiets 10 für eine Ausweisung von Planbetten für Frührehabilitation neben dem Krankenhaus der Beigeladenen auch dasjenige der Klägerin in Betracht kam. Der Krankenhausplan ist keine Rechtsnorm mit Außenwirkung. Nicht bereits der Krankenhausplan selbst, sondern erst der die Aufnahme in den Plan feststellende Bescheid entfaltet unmittelbar Rechtswirkung nach außen und kann vom betroffenen Krankenhausträger einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung zugeführt werden (§ 8 Abs. 1 Satz 4 KHG).

Vgl. BVerwG, Urteile vom 26.3.1981 - 3 C 134.79 -, BVerwGE 62, 86, und vom 18.12.1986 - 3 C 67.85 -, NJW 1987, 2318; OVG NRW, Beschluss vom 22.1.2009 - 13 A 2578/08 -, a. a. O.

Der Feststellungsbescheid ist daher nicht schon dann rechtmäßig, wenn er die Versorgungsentscheidung des Plans zutreffend wiedergibt. Vielmehr trifft die Behörde ihre Entscheidung nach außen eigenverantwortlich; der Plan bindet sie aber im Sinne einer innerdienstlichen Weisung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 - 3 C 35.07 -, a. a. O.; OVG NRW, Beschluss vom 22.1.2009 - 13 A 2578/08 -, a. a. O.

Daher vollzieht die Bezirksregierung als nachgeordnete Behörde die Entscheidung des zuständigen Ministeriums, ohne einen eigenen Entscheidungsspielraum zu haben.

Vgl. Bracher, DVBl. 2009, 49.

Das der Aufnahme in den Krankenhausplan eines Landes zugrunde liegende Verwaltungsverfahren gliedert sich in zwei Stufen. Auch mit dem Inkrafttreten des Krankenhausgestaltungsgesetzes NRW gilt weiterhin das Zwei-Stufen-Modell und das Feststellungserfordernis nach der planerischen Entscheidung des Ministeriums.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.1.2009 - 13 A 2578/08 -, a. a. O.

Auf der ersten Stufe ist festzustellen, welche vorhandenen Krankenhäuser für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu sozial tragbaren Pflegesätzen in Betracht kommen. Hierfür sind die maßgebenden Kriterien die Leistungsfähigkeit und Kostengünstigkeit eines Krankenhauses. Bei der Beurteilung dieser Kriterien steht der zuständigen Landesbehörde weder ein Planungs- noch ein Beurteilungsspielraum zu.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.3.2004 - 1 BvR 88/00 -, NVwZ 2004, 1648; BVerwG, Urteil vom 18.12.1986 - 3 C 67.85 -, a. a. O.

Auf der zweiten Stufe wird dem einzelnen Krankenhaus gegenüber festgestellt, ob es in den Krankenhausplan aufgenommen wird oder nicht (§ 8 KHG). Die Feststellung ergeht durch Bescheid (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG i. V. m. § 18 Abs. 1 KHG NRW und jetzt § 16 Abs. 1 Satz 1 KHGG NRW). Soweit die Zahl der in diesen Krankenhäusern vorhandenen Betten den Bedarf übersteigt, ergibt sich auf der zweiten Entscheidungsstufe die Notwendigkeit einer Auswahl zwischen den in Betracht kommenden Krankenhäusern. Erst bei der Frage, welches von mehreren in gleicher Weise bedarfsgerecht, leistungsfähig sowie wirtschaftlich betriebenen Krankenhäusern im Rahmen einer Auswahlentscheidung in den Plan aufgenommen wird, besteht ein Ermessensspielraum (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KHG).

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.3.2004 - 1 BvR 88/00 -, a. a. O.

Demnach war hier eine Ermessensentscheidung zwischen dem Krankenhaus der Klägerin, die eine Planaufnahme begehrt, und dem der Beigeladenen zu treffen. Nunmehr ist das Krankenhaus der Beigeladenen in D. und nicht mehr das mittlerweile geschlossene Krankenhaus in E. Zuordnungsobjekt für die Krankenhausplanung. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Schließung des Krankenhauses E. Ende Oktober 2008 nicht lediglich um die Schließung einer Betriebsstelle des Krankenhauses D., sondern um eine "Übertragung" der Soll-Struktur von Frührehabilitationsbetten auf ein anderes Krankenhaus. Die Krankenhäuser E. und D. waren jeweils eigenständige Krankenhäuser und nicht nur unselbständige Betriebsstellen.

Nach § 29 Abs. 2 KHGG NRW bilden mehrere benachbarte Betriebsstellen eines Krankenhausträgers zusammen nur dann ein Krankenhaus i. S. d. Gesetzes, wenn die Betriebsstellen organisatorisch und wirtschaftlich unselbständige und voneinander abhängige Einrichtungen sind (vgl. auch § 33 Abs. 2 KHG NRW). In beiden Krankenhäusern waren Abteilungen (u. a. für Chirurgie) parallel vorgehalten worden. Zwar war die Planung der Beigeladenen dahingegangen, die in E. gelegenen konkurrierenden Abteilungen zu schließen. Hierzu war es aber zu den Zeitpunkten des Ergehens der Feststellungsbescheide im November 2005 und im März 2007 nicht gekommen. Die erfolgte Fusion zweier Krankenhausträger vermag hieran nicht zu ändern.

Einer zu treffenden Auswahlentscheidung steht nicht entgegen, dass das Krankenhaus der Klägerin nicht in der "Planungsregion Kreis H." liegt, sondern in der benachbarten "Planungsregion Stadt C.". Wie bereits das VG ausgeführt hat, sind Planbetten für Frührehabilitation nach Nr. 3.6.2.2 des Krankenhausplans bettenführenden Gebieten für einen überörtlichen Versorgungsbereich zuzuordnen. Hier sind beide Planungsregionen Teil des Versorgungsgebiets 10. Hiermit stimmt die Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 2 KHGG NRW, der dem aufgehobenen § 13 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 KHG NRW entspricht, überein, nach der die Angebote benachbarter Länder zu berücksichtigen sind. Daraus ist ohne Weiteres abzuleiten, dass konkurrierende Versorgungsangebote mehrerer Kliniken innerhalb benachbarter Planregionen desselben Versorgungsgebiets erst recht zu berücksichtigen sind. Dieser Bestimmung kommt auch drittschützende Wirkung zu. Die Berücksichtigung von Krankenhausangeboten benachbarter Versorgungsgebiete außerhalb des Bundeslandes gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 KHGG NRW ist daher nicht allein ein objektiv-rechtliches Gebot. Hierfür spricht bereits der Wortlaut dieser Vorschrift, dem eine ausschließliche Beachtung alleine des öffentlichen Interesses nicht zu entnehmen ist. Bei einer grundrechtsfreundlichen Auslegung am Maßstab der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG dient § 12 Abs. 2 Satz 2 KHGG NRW, der eine berufsregelende Tendenz hat, auch dem Interesse des Wettbewerbers. Auch wenn verfassungsrechtlich ein Schutz vor Konkurrenz und ein Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb sowie auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten nicht bestehen, kann eine Wettbewerbsveränderung durch Einzelakt, die erhebliche Konkurrenznachteile zur Folge hat, die Berufsfreiheit des Konkurrenten beeinträchtigen, wenn sie im Zusammenhang mit staatlicher Planung und Verteilung staatlicher Mittel steht. Entscheidet die Behörde über den Antrag des einen Krankenhauses, so darf sie dies nicht ohne den Vergleich mit gleichzeitig vorliegenden Anträgen anderer Krankenhäuser tun.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.1.2004 - 1 BvR 506/03 -; Steiner, NVwZ 2009, 486, 487.

Die gemäß Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit bliebe sonach unbeachtet, wenn § 12 Abs. 2 Satz 2 KHGG NRW allein die Verwaltung zu einem bestimmten Handeln verpflichten und der Schutz des Anbieters von Leistungen im Krankenhausbereich nicht berücksichtigt würde. Den geäußerten Bedenken, dass der Kreis der Konkurrenten zu weit gezogen würde, wenn auch Krankenhausträger mit einem in einem anderen Bundesland liegenden Krankenhaus sich auf § 12 Abs. 2 Satz 2 KHGG NRW berufen könnten, kann dadurch begegnet werden, dass die Ausweisung von konkurrierenden Krankenhäusern und Abteilungen an die räumliche Nähe des Versorgungsgebiets oder der Versorgungsregion geknüpft wird, mithin letztlich auf die Eignung abgestellt wird, den Bedarf mit einem leistungsfähigen Krankenhaus zu decken.

Bei der danach zu treffenden Auswahlentscheidung zwischen den Krankenhäusern der Klägerin und der Beigeladenen war § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG zu beachten. Die Beklagte musste deshalb von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgehen sowie die rechtlich einschlägigen Maßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt haben. Die maßgebenden Ermessensabwägungen waren zudem darzulegen (§ 39 Abs. 1 VwVfG NRW). Die Ermessensentscheidung hatte sich an dem Umstand der Förderung von Frührehabilitationsmaßnahmen auszurichten.

Im Versorgungsgebiet 10, zu dem sowohl der Kreis H. als auch die kreisfreie Stadt C. gehören, besteht hinsichtlich der krankenhausplanmäßigen Feststellung von Planbetten für Frührehabilitation unstreitig ein Bedarf. Frührehabilitationsmaßnahmen sind in der akutstationären Behandlung die erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen und Bestandteil der Krankenhausbehandlung (§ 39 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 i. V. m. § 107 Abs. 1 SGB V). Der Begriff der Frührehabilitation kennzeichnet die rehabilitativen Maßnahmen, die während der stationär akutmedizinisch-kurativen Behandlung erbracht werden, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 11 Abs. 2 SGB V). Die Frührehabilitation gehört zu den "sonstigen Angebotsstrukturen" i. S. v. Nr. 3.6.2 des Krankenhausplans, die nicht der Schwerpunktplanung unterliegen, die aber wegen ihrer Besonderheiten und der Nachfrage zum Teil an ausgewählten Krankenhäusern vorgehalten werden. Laut Nr. 3.6.2.2 des Krankenhausplans ist die Frührehabilitation nach den Planungsgrundsätzen als sonstiges Versorgungsangebot in bettenführenden Gebieten für einen überörtlichen Versorgungsbereich zuzuordnen. Eine fachliche Anbindung mit "Davon-Betten" kommt insbesondere an die Gebiete Neurologie und Orthopädie in Betracht, wobei auf ein ausreichend großes Leistungsangebot des Hauptgebietes zu achten ist; unter dem Begriff der Frührehabilitation ist auch die fachübergreifende (Früh-)Rehabilitation zu verstehen.

Eine an diesen Anforderungen orientierte und begründete Auswahlentscheidung ist zwischen den Krankenhäusern der Klägerin und der Beigeladenen indessen nicht getroffen worden.

Die Beklagte hat keinem der genannten Feststellungsbescheide eine ausreichende formelle Begründung beigefügt. Vielmehr hält sie eine inhaltliche Begründung seit Ergehen des Bescheids vom 18.11.2005 gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwVfG NRW für entbehrlich. Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW, der den Fall der antragsgemäßen Entscheidung betrifft, scheidet vorliegend indes aus, weil die angefochtenen Bescheide nicht ausschließlich Rechtsfolgen für die Beigeladenen haben, sondern als Verwaltungsakte mit Doppelwirkung auch die rechtlichen Interessen der Klägerin berühren. Die vorliegenden Verwaltungsakten geben außerdem nichts dafür her, dass die Auffassung der Behörde der Klägerin ohne formelle Mitteilung im Feststellungs- oder im Widerspruchsbescheid bereits bekannt oder auch ohne Begründung für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar waren (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW). Den Verwaltungsakten lassen sich zudem keine den Feststellungsbescheid tragenden sachlichen Erwägungen entnehmen. Es bestehen demnach durchgreifende Zweifel, ob die Beklagte materiell ihren Ermessensspielraum überhaupt ausgeübt hat, so dass der Senat auch auf sein vergleichbar liegendes und ebenfalls krankenhausrechtliche Feststellungsbescheide der Beklagten betreffendes Urteil vom 9.12.2008 - 13 A 1570/07 -, juris, das den Beteiligten bekannt ist, verweisen kann.

Der Senat geht mit dem VG daher davon aus, dass weder die Beklagte noch das Ministerium ein Auswahlermessen zwischen den Kliniken der Klägerin und der Beigeladenen getroffen haben. Es spricht alles dafür, dass bei der Entscheidung für die "Planungsregion Kreis H." (fachübergreifende) frührehabilitative Planbetten am Krankenhaus E. auszuweisen, das teilweise konkurrierende Versorgungsangebot der Klägerin gar nicht mit in den Blick genommen worden ist. Dies zeigt bereits die Begründung des Widerspruchsbescheids, der den Widerspruch der Klägerin wegen fehlender eigener Rechtsbetroffenheit als unzulässig zurückgewiesen hat. Ferner geben die für die Ausweisung von Betten für Frührehabilitation maßgeblichen Umstände ausweislich des Akteninhalts keinen Hinweis auf eine Auswahlentscheidung zwischen den betroffenen Krankenhäusern. Diesen bereits vom VG dargelegten Erwägungen ist weder die Beklagte noch die Beigeladene im Berufungsverfahren entgegengetreten. Die nachfolgenden Bescheide der Beklagten enthalten ebenfalls keine Begründung einer Ermessensentscheidung zugunsten der Krankenhäuser in E. und in D.

Die Beklagte hat Ermessenserwägungen schließlich nicht im Berufungsverfahren heilend nachgeschoben. Einer Heilung des Begründungsdefizits hätte im Hinblick auf den Bescheid vom 7.1.2009 allerdings die zeitliche Grenze des § 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 VwVfG NRW nicht entgegengestanden, vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 9.12.2008 - 13 A 1570/07 -, a. a. O., da er nicht Gegenstand einer Überprüfung im Verfahren vor dem VG gewesen ist.

Die Heilung eines Ermessensdefizits ist im gerichtlichen Verfahren allerdings nur in den Grenzen des § 114 Satz 2 VwGO möglich. Das Nachschieben von Gründen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist grundsätzlich im Rahmen des materiellen Rechts und des Verwaltungsprozessrechts zulässig, soweit eine Ergänzung der Ermessensentscheidung in Rede steht. Das Nachschieben von Gründen darf deshalb nicht zu einer Wesensveränderung des Verwaltungsakts führen, vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.2.1993 - 7 B 107.92 -, NVwZ 1993, 976, 977; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 45 Rn. 48, und den Betroffenen nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 - 3 C 22.96 -, BVerwGE 105, 55 = NJW 1998, 2233.

Vorliegend wären aber nicht Ermessenserwägungen zu ergänzen, vgl. BVerwG, Urteil vom 5.5.1998 - 1 C 17.97 -, a. a. O., sondern es müsste das Ermessen erstmals ausgeübt werden, was die Ersetzung des alten durch einen neuen Verwaltungsakt bedeuten würde.

Ob die Ausweisung einer Abteilung für Frührehabilitation bei der Klägerin wegen der möglichen Anbindung an ihr Leistungsspektrum mit Abteilungen für Neurologie (einschließlich Schlaganfallstation - stroke unit -), Neurochirurgie, Unfallchirurgie (mit Endoprothetik) und Innere Medizin schließlich sogar angezeigt ist, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Klärung, da die Beklagte hierüber zu befinden hat und im gerichtlichen Verfahren allein die Überprüfung einer solchen Entscheidung vorgesehen ist. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des der Beklagten zustehenden Ermessens liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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