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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 10.09.2008
Aktenzeichen: 13 A 2288/06
Rechtsgebiete: VwGO, AMG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
AMG § 105 Abs. 5 a Satz 1
AMG § 28 Abs. 2
AMG § 28 Abs. 2 Nr. 3
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) darf im Wege der Auflage Mustertexte der Gebrauchsinformation vorgeben.
Tatbestand:

Die Klägerin ist Inhaberin einer arzneimittelrechtlichen Zulassung für ein freiverkäufliche Fertigarzneimittel. Mit Bescheid vom 7.4.2003 erging die Nachzulassung des Arzneimittels. Dem Bescheid beigefügt war u. a. die Auflage A.11, mit der der Klägerin aufgegeben wurde, den Text gemäß der Textvorlage zu "Baldrianwurzel-Hopfenzapfen" für die Gebrauchsinformation zu dem Arzneimittel im Wortlaut zu übernehmen. Die Klägerin erhob Klage und begehrte erfolglos die Aufhebung der Auflage. Den Antrag auf Zulassung der Berufung wies das OVG zurück.

Gründe:

Die Klägerin macht der Sache nach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Solche Zweifel sind indessen nicht erkennbar. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass BfArM der Klägerin mit der angefochtenen Auflage A.11 im Bescheid vom 7.4.2003 die sprachliche Gestaltung des Vorspanns des Textes für die Gebrauchsinformation und des Wortlauts der Zwischenüberschriften vorgegeben hat.

Gemäß § 105 Abs. 5 a Satz 1 AMG kann die Verlängerung der arzneimittelrechtlichen Zulassung im sog. Nachzulassungsverfahren mit Auflagen verbunden werden. Auflagen können danach auch zur Sicherstellung der in § 28 Abs. 2 AMG genannten Anforderungen ergehen. Vorliegend greift die Auflagenbefugnis des § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG ein. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das VG § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG zutreffend ausgelegt.

§ 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG verfolgt den Zweck sicherzustellen, dass die Angaben nach den §§ 10, 11 und 11 a AMG den für die Zulassung eingereichten Unterlagen entsprechen und dabei einheitliche und allgemein verständliche Begriffe und ein einheitlicher Wortlaut verwendet werden (Halbsatz 1); von der dort beschriebenen Auflagenbefugnis kann das BfArM allgemein aus Gründen der Arzneimittelsicherheit, der Transparenz oder der rationellen Arbeitsweise Gebrauch machen (Halbsatz 2).

Die Auflagenbefugnis will die Übereinstimmung der Angaben nach den §§ 10, 11 und 11 a AMG mit denen der eingereichten Unterlagen erreichen. Damit ist der Regelungsbereich von § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG aber nicht erschöpft, denn es sollen einheitliche und allgemein verständliche Begriffe und ein einheitlicher Wortlaut verwendet werden. Die Verwendung solcher Begriffe, die der Antragsteller nicht vorgegeben hat, kann das BfArM anordnen. Dem BfArM kommt mithin die Befugnis zu, Änderungen an den von dem Antragsteller vorgelegten Texten vorzunehmen. Nach Halbsatz 2 darf eine Änderung aus Gründen der Arzneimittelsicherheit, der Transparenz oder der rationellen Arbeitsweise geschehen. Hieraus lässt sich ableiten, dass - worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hinweist - nicht lediglich einzelne Formulierungen oder Passagen in dem vom Antragsteller vorgelegten Textentwurf im Wege der Auflage geändert, sondern auch umfassendere Textgestaltungen vorgegeben werden dürfen, die auf vorab entwickelten Mustertexten beruhen und der Verwendung für eine Mehrzahl vergleichbarer Präparate dienen sollen.

Bestätigt wird dieses Normverständnis durch das gesetzgeberische Ziel, wie es in der amtlichen Begründung der durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 20.7.1988 (BGBl. I S. 1050) neu gefassten Bestimmung zum Ausdruck gekommen ist (BT-Drucks. 11/2357). Danach galt es, zum Abbau des Staus bei der Zulassung von Arzneimitteln beizutragen (S. 1). Im Zuge der Änderung des Arzneimittelgesetzes wurde die Nummer 3 in § 28 Abs. 2 AMG neu gefasst. Insbesondere sollte die modifizierte Regelung zeitaufwendige Prüfungen ersparen, ob vom Antragsteller durch Anzeige nach § 29 AMG geänderte Formulierungen mit der Zulassungsentscheidung inhaltlich übereinstimmen (S. 7). Die veränderte Auflagenbefugnis zielt daher erkennbar auf eine administrative Erleichterung ab. Ausgehend von dem die Gesetzesänderung prägenden und erkennbaren Grundgedanken gilt das Rationalisierungsziel auch im arzneimittelrechtlichen Nachzulassungsverfahren.

Demnach darf das BfArM im Wege der Auflage Mustertexte der Gebrauchsinformation vorgeben. Wo die Grenzen dieser Ermächtigung insbesondere mit Rücksicht auf die Berufs- und Eigentumsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG) des Zulassungsantragstellers verlaufen, ist nicht auszuloten, weil der vorliegende Fall keinen Anlass zur Vertiefung dieser Frage bietet. Jedenfalls trägt das Rationalisierungsziel im arzneimittelrechtlichen Zulassungs- und Nachzulassungsverfahren nicht so weit, textliche Vorgaben dem Antragsteller - hierauf stellt auch das Verwaltungsgericht zu Recht ab - unabhängig von dem Ziel einer sprachlich verständlichen und inhaltlich nachvollziehbaren Unterrichtung des Verbrauchers zu machen. Ein solcher Ausnahmefall ist aber nicht gegeben.

Ob das BfArM von eigenen Empfehlungen zur Gestaltung von Packungsbeilagen (Bekanntmachung vom 15.3.2002) inhaltlich abgewichen ist, wie es die Klägerin mit ihrer Zulassungsbegründung geltend macht, ist ohne rechtliche Bedeutung, weil eine Selbstbindung des BfArM, hieran in Zukunft festzuhalten, weder von der Klägerin hinreichend dargetan noch erkennbar ist. Das gleiche gilt, soweit das BfArM - bezogen auf die streitige Auflage A.11 - nunmehr keine Empfehlung mehr ausgesprochen hat, sondern eine zu beachtende Regelung.



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