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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 13 A 2470/06
Rechtsgebiete: TierSG, SchweinepestVO
Vorschriften:
TierSG § 69 Abs. 1 | |
SchweinepestVO § 14b Abs. 2 Satz 1 |
Von einem Mäster ist die Kenntnis der maßgeblichen Rechtsvorschriften zu erwarten.
Zu der dem Mäster obliegenden Verpflichtung, sich über die Herkunft seiner Schweine zu informieren.
Tatbestand:
Der Kläger wendete sich gegen die Versagung einer Entschädigung für die Tötung seiner Schweine. Die Entschädigung hatte die Tierseuchenkasse u. a. mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe schuldhaft gegen Vorschriften der Schweinepestverordnung verstoßen, weil er die aus einem gefährdeten Bezirk stammenden und in den Bestimmungsbetrieb verbrachten Nutzschweine vor Ablauf von 30 Tagen in einen weiteren Betrieb verbracht habe. Die hiergegen gerichtete Klage wies das VG ab. Der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb erfolglos.
Gründe:
Das Vorbringen des Klägers, der Entschädigungsanspruch sei nicht gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) TierSG entfallen, weil er nicht schuldhaft gegen § 14b Abs. 2 SchweinepestVO verstoßen habe, rechtfertigt keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
Gemäß § 14b Abs. 2 SchweinepestVO müssen die aus einem gefährdeten Bezirk oder einem Überwachungsgebiet verbrachten Nutzschweine im Bestimmungsbetrieb für die Dauer von mindestens 30 Tagen gehalten und nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde klinisch untersucht werden. Während dieser 30 Tage dürfen Schweine aus höchstens zwei weiteren Beständen eingestellt und Schweine aus diesem Betrieb nur unmittelbar zur Schlachtung gebracht werden.
Das VG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger schuldhaft gegen diese Verpflichtung verstoßen hat, als er die am 29.10.1999 in X. erworbenen Tiere vor Ablauf der 30-Tages-Frist zu seiner Betriebsstätte verbringen ließ und dort eingestallt hat. Das VG hat offen gelassen, ob der Kläger vorsätzlich gehandelt hat, da jedenfalls ein fahrlässiger Verstoß anzunehmen war.
Entgegen der Annahme des Klägers steht einem Sorgfaltspflichtverstoß das Fehlen einer vollziehbaren behördlichen Anordnung nicht entgegen. Einer solchen behördlichen Anordnung bedurfte es hinsichtlich der Verpflichtung, die Nutzschweine im Bestimmungsbetrieb für 30 Tage zu halten, nicht. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 14b Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SchweinepestVO, dem diese Verpflichtung unmittelbar zu entnehmen ist, und der anders als § 14b Abs. 1 SchweinepestVO nicht voraussetzt, dass die Behörde den Betrieb, in den die Schweine verbracht werden, bestimmt. Dass § 14b Abs. 2 1. Halbsatz SchweinepestVO eine unmittelbare Regelungswirkung entfaltet, zeigt überdies der unmittelbare Zusammenhang des Verbringungsverbots mit der Regelung in § 14b Abs. 2 Satz 2 SchweinepestVO, wonach während dieser 30 Tage nur Schweine aus höchstens zwei weiteren Beständen eingestellt und Schweine aus diesem Betrieb nur unmittelbar zur Schlachtung verbracht werden dürfen. Von dieser Regelung kann die zuständige Behörde im Einzelfall Ausnahmen nach § 14d Nr. 1 SchweinepestVO zulassen. Eine solche Ausnahmeregelung wäre entbehrlich, wenn dieser Regelung keine unmittelbare Wirkung zukäme. Dass in § 14b Abs. 2 SchweinepestVO anders als etwa in § 14a Abs. 2 Nr. 2 oder 4 SchweinepestVO nicht der "Besitzer" benannt wird, rechtfertigt keine abweichende Bewertung, weil die fehlende Benennung des Verpflichteten seine Ursache darin findet, dass § 14b Abs. 2 SchweinepestVO nicht nur dem Besitzer, sondern auch anderen Personen die weitere Verbringung der Schweine verbietet.
Ein im Einzelfall von der Behörde anzuordnendes, anfechtbares Verbringungsverbot stünde überdies nicht im Einklang mit dem Gebot einer effektiven Seuchenbekämpfung. Eine behördliche Umsetzung wäre letztlich auch nicht erforderlich, da die in der gesetzlichen Regelung enthaltene 30-tägige Mindestquarantänezeit nicht zur Disposition der Behörde steht. Der Kläger kann ferner zu seinen Gunsten nichts daraus herleiten, dass eine nach § 14b Abs. 2 Satz 1 SchweinepestVO erforderliche behördliche Untersuchungsanordnung nicht ergangen ist. Das Fehlen einer solchen Anordnung lässt dessen Verpflichtung, die Schweine 30 Tage in Quarantäne zu halten, unberührt.
Soweit der Kläger - sinngemäß - vorträgt, ihn treffe kein Verschulden, weil die am 31.5.1999 bekannt gegebene Verordnung erst ein halbes Jahr in Kraft gewesen sei, ist dies ohne Relevanz. Die Kenntnis der maßgeblichen Rechtsvorschriften ist von jedem Gewerbetreibenden für seinen Tätigkeitsbereich zu verlangen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.3.1990 - 3 C 21.89 -, Buchholz 418.6 TierSG Nr. 13; OVG NRW, Beschluss vom 27.5.2002 - 13 A 4225/00 -, RdL 2002, 274.
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, er habe keine Kenntnis über die Herkunft der Tiere gehabt, denn in einem solchen Fall hätte er die ihm obliegende Sorgfalt außer Acht gelassen, sich über deren Herkunft zu informieren und den vorhandenen Hinweisen auf Tierseuchen im Herkunftsgebiet Beachtung zu schenken. Eine solche Informationspflicht bestand vorliegend schon deshalb, weil der Kläger bzw. die Viehhandelsgesellschaft dessen alleiniger Geschäftsführer der Kläger war, große Mengen an Schweinen aus unterschiedlichen Regionen bezog. Angesichts des erheblichen Umschlags und der damit verbundenen nicht unerheblichen Gefahr einer Ausbreitung der Seuchen, musste sich eine ohne weiteres mögliche genaue Prüfung der Herkunft der Schweine sogar aufdrängen. Als Großmäster musste dem Kläger überdies klar sein, dass bei einer Missachtung der ihm nach der Schweinepestverordnung obliegenden Verpflichtungen eine existentielle Gefährdung seiner Betriebe nicht auszuschließen war.
Abgesehen davon spricht, wie das VG zutreffend ausgeführt hat, einiges dafür, dass zumindest der in die Verkaufsabwicklung eingebundene Herr C. Kenntnis über die Herkunft der Schweine hatte und der Kläger sich dessen Kenntnis zurechnen lassen muss. Der Umstand, dass dem für den Kläger tätigen Lohnmastunternehmer das der Lieferfirma übergebene Begleitschreiben nach § 14a SchweinepestVO nicht ausgehändigt wurde, vermag die Annahme des VG schon deshalb nicht zu entkräften, weil dieser nicht in das Kaufgeschehen eingebunden war.
Ende der Entscheidung
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