Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 06.12.2002
Aktenzeichen: 13 A 2472/01
Rechtsgebiete: GG, PsychThG, SGB V, VwGO, SGG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art.12 Abs. 1
GG Art.100
PsychThG § 12 Abs. 3
PsychThG § 12 Abs. 4
SGB V § 13 Abs. 3
VwGO § 40
VwGO § 130a
SGG § 51
Gegen die Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer bestandenen Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie nach § 12 Absätze 3,4 PsychThG und die Nichteinbeziehung weiterer Psychotherapeutengruppen in die Übergangsvorschriften.
Tatbestand:

Die Klägerin, die berechtigt ist, den akademischen Diplomgrad "Dipl.-Sozialpädagogin" zu führen und die im Besitz einer Erlaubnis zur Ausübung heilkundlich-psychotherapeutischer Tätigkeit ist, hat als selbstständige Psychotherapeutin am sog. Kostenerstattungsverfahren teilgenommen. Sie beantragte bei der Beklagten die Erteilung der Approbation als Psychologische Psychotherapeutin und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin wurde ihr erteilt. Die Approbation als Psychologische Psychotherapeutin versagte die Beklagte mit der Begründung, Voraussetzung für die Erteilung dieser Approbation sei ein Abschlusszeugnis einer Universität im Studiengang Psychologie und diesen Nachweis habe die Klägerin mit dem Studiengang Diplom-Sozialpädagogik nicht erbracht.

Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin hatten keinen Erfolg.

Gründe:

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Approbation als Psychologische Psychotherapeutin.

Da die Erteilung der Approbation als "Psychologische Psychotherapeutin" eine entsprechende Ausbildung voraussetzt (§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 und § 5 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Psychotherapeutengesetz, - PsychThG - vom 16.6.1998 (BGBl. I S. 1311)) und die Klägerin eine solche Ausbildung nicht vorweisen kann und sie auch nicht den Ausnahmetatbeständen des § 2 Absätze 2,3 PsychThG unterfällt, kommen als Anspruchsgrundlage für ihr Begehren auf Erteilung einer Approbation als Psychologische Psychotherapeutin nur die Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG in Betracht. Konkret steht bei der Klägerin, weil sie während der Zeit ihrer selbstständigen Tätigkeit als Psychotherapeutin am Kostenerstattungsverfahren (§ 13 Abs. 3 SGB V) teilgenommen hat und diese Psychotherapeutengruppe von § 12 Abs. 3 PsychThG erfasst wird, ein Anspruch nach dieser Bestimmung in Frage. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation nach dieser Bestimmung sind aber nicht gegeben. Neben anderen Tätigkeitsmerkmalen bezüglich Art, Dauer und Umfang der bisherigen beruflichen Tätigkeit setzt diese Vorschrift nämlich eine "bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie an einer Universität oder einer gleichstehenden Hochschule" voraus. Einen derartigen Studienabschluss hat die Klägerin mit einer sozialpädagogischen Fachhochschul-Ausbildung und mit der Berechtigung zum Führen des akademischen Grades "Diplom-Sozialpädagogin" unstreitig nicht aufzuweisen.

Im Hinblick auf § 12 PsychThG geht der Senat nicht von einer Verfassungswidrigkeit aus, so dass kein Anlass besteht, gemäß Art. 100 GG das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Dabei ist generell darauf zu verweisen, dass eine Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichtsbarkeit ohnehin nur besteht im Rahmen der gesetzlichen Zuweisung nach § 40 VwGO. Dementsprechend ergibt sich eine verwaltungsgerichtliche Entscheidungsbefugnis in Zusammenhang mit der Tätigkeit von Psychotherapeuten nur im Hinblick auf den das Psychotherapeutengesetz enthaltenden Art. 1 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998 (BGBl. I S. 1311), nicht aber hinsichtlich dessen Art. 2 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), weil es sich insoweit um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt und dafür nach § 51 SGG eine Entscheidungszuständigkeit der Sozialgerichte gegeben ist.

Die Übergangsbestimmungen des § 12 PsychThG erfassen vier unterschiedliche Gruppen von Psychotherapeuten, nämlich diejenigen, die als Diplom-Psychologen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes im sog. Delegationsverfahren nach den Psychotherapie-Richtlinien an der psychotherapeutischen Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten mitgewirkt oder die Qualifikation für eine solche Mitwirkung erfüllt haben oder in einem bestimmten Zeitraum erfüllen (§ 12 Abs. 1 PsychThG), diejenigen, die eine Weiterbildung zum "Fachpsychologen der Medizin" in der ehemaligen DDR erworben haben (§ 12 Abs. 2 PsychThG), diejenigen, die über eine längere Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes an der Versorgung von Versicherten einer Krankenkasse mitgewirkt haben oder deren Leistungen während dieser Zeit von einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung vergütet oder von der Beihilfe als beihilfefähig anerkannt worden sind (sog. Kostenerstattungspsychotherapeuten, § 12 Abs. 3 PsychThG) oder diejenigen, die als Angestellte oder Beamte vorwiegend oder hauptberuflich in einer psychiatrischen, psychotherapeutischen, psychosomatischen oder neurologischen Einrichtung psychotherapeutisch tätig gewesen sind (§ 12 Abs. 4 PsychThG). Sowohl § 12 Abs. 3 PsychThG als auch § 12 Abs. 4 PsychThG setzen dabei für die Erteilung der Approbation als Psychologische Psychotherapeutin ausdrücklich eine bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie voraus.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den nach den Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG erforderlichen Abschluss eines Psychologiestudiums bzw. gegen die Nichtausdehnung der Übergangsbestimmungen auf weitere vor dem Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes psychotherapeutisch tätig gewesene Personen bestehen weder im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG noch hinsichtlich dieses Grundrechts in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG.

Das BVerfG hat in seinem - den Beteiligten bekannten - Beschluss vom 16.3.2000 - 1 BvR 1453/99 -, NJW 2000, 1779, ausgeführt, dass die in den Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG vorgesehene Zugangsvoraussetzung des abgeschlossenen Psychologie-Studiums als subjektive Berufswahlregelung, die dem Schutz eines besonders wichtigen Gemeinwohlbelangs in Gestalt der Gesundheit der Bevölkerung zu dienen bestimmt ist, vor Art. 12 Abs. 1 GG Bestand hat. Der Senat, der bereits in den der Verfassungsbeschwerde in jenem Verfahren vorangegangenen Beschlüssen vom 12.7.1999 - 13 B 1168/99 - und 15.11.1999 - 13 B 1851/99 - sowie in weiteren gleich gelagerten Verfahren von der Vereinbarkeit der Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG mit Art. 12 Abs. 1 GG ausgegangen ist, schließt sich dieser Beurteilung des BVerfG auch für diese Hauptsacheentscheidung an und nimmt zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die entsprechenden Ausführungen im Beschluss des BVerfG (II.1. der Gründe).

Eine andere Wertung am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG ist auch nicht angesichts des Vorbringens der Klägerin geboten, der übergangslose Ausschluss der Nicht-Psychologen von der Teilnahme an der gesetzlichen Versorgung Krankenversicherter sei nicht gerechtfertigt und zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz, der die Berufsausübung dienen solle, sei die Zulassung zum kassenärztlichen Versorgungssystem notwendig, weil andernfalls ausreichende Einkünfte nicht zu erzielen seien. Auch vor diesem Hintergrund stellt die in § 12 PsychThG enthaltene berufsrechtliche Begrenzung des Berufsbildes Psychologischer Psychotherapeut auf Diplom-Psychologen eine subjektive Berufswahlregelung dar, die nach den Ausführungen des BVerfG in dem o.a. Beschluss gerechtfertigt ist. Als "objektive Zulassungsvoraussetzung" im Sinne der so genannten Stufentheorie, vgl. BVerfG, Urteil vom 11.6.1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377, bei der der Gesetzgeber strengeren Bindungen unterliegt, sind die an persönliche Qualifikationsmerkmale anknüpfenden Berufsbildeingrenzungen hingegen nicht anzusehen. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der Klägerin angeführte sog. "Dentisten-Entscheidung" des BVerfG, Beschluss vom 25.2.1969 - 1 BvR 224/67 - BVerfGE 25, 236.

Die "Dentisten-Entscheidung" nimmt ihrerseits Bezug auf das sog. "Kassenarzt-Urteil" des BVerfG, Urteil vom 23.3.1960 - 1 BvR 216/51 -, BVerfGE 11, 30.

In dem Kassenarzt-Urteil hat das BVerfG eine Regelung, die die Zulassung von Ärzten zu den gesetzlichen Kassen von einer schematischen Verhältniszahl abhängig machte, auf die der Bewerber keinen Einfluss hatte, von ihrer Wirkung her als einer "objektiven Zulassungsvoraussetzung" in Gestalt einer Bedürfnisklausel nahekommend gewertet. Im Unterschied dazu hat es in der "Dentisten-Entscheidung" den Nachweis bestimmter persönlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten als "subjektive Zulassungsvoraussetzung" und als mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar angesehen. Nichts anderes gilt auch im vorliegenden Verfahren, weil auch hier mit dem in den Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG vorgesehenen Abschluss eines Psychologiestudiums an ein persönliches Leistungsmerkmal angeknüpft wird, also - ebenso wie in der "Dentisten-Entscheidung" - eine subjektive Zulassungsvoraussetzung in Frage steht.

Der Klägerin wird durch das Psychotherapeutengesetz auch kein bisher ihr zustehendes Recht genommen. Sie hatte zuvor den Status einer psychotherapeutisch tätigen Behandlerin mit einer Heilpraktikererlaubnis. Die Betätigung als Heilpraktikerin ist ihr weiterhin erlaubt. Demgegenüber hat sie den Beruf einer Psychologischen Psychotherapeutin bisher nicht ausgeübt. Diesen Beruf gab es zuvor nicht, weil er erst mit dem Psychotherapeutengesetz eingeführt wurde. Insoweit handelt es sich um einen neuen Beruf mit neuem vom Gesetzgeber normativ festgelegten Berufsbild, eben um eine heilkundliche Tätigkeit auf einem speziellen Sektor des Gesundheitswesens mit besonderer Qualifikation. Soweit die Klägerin von den Kassen im Rahmen der GKV-Versorgung nicht mehr eingeschaltet werden sollte, ist das keine Regelungsfolge des Psychotherapeutengesetzes.

Die Klägerin zieht die Verfassungsmäßigkeit der Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG insbesondere deshalb in Zweifel, weil dieser - wie oben dargelegt - (nur) vier Psychotherapeutengruppen erfasst, andere vor dem Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes psychotherapeutisch tätig gewesene Personen - auch mit akademischer Ausbildung - aber nicht von den Übergangsbestimmungen profitieren. Eine mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarende Verfahrensweise des Gesetzgebers liegt darin hingegen nicht, wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 16.3.2000 - 1 BvR 1453/99 - ebenfalls ausgeführt hat; auch insoweit schliesst sich der Senat für dieses Hauptsacheverfahren den Ausführungen des BVerfG an. Das BVerfG hat dabei insbesondere auch die im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit bestehende Berechtigung dargelegt, zur Erreichung eines hohen Qualifikationsniveaus in der psychotherapeutischen Versorgung gerade an ein Psychologiestudium anzuknüpfen und andere Studiengänge mit für psychotherapeutische Behandlungen ebenfalls relevanten Inhalten nicht zwingend berücksichtigen zu müssen. Im Rahmen des Regelungsspielraumes des Gesetzgebers hält sich auch die im Psychotherapeutengesetz enthaltene Differenzierung zwischen den akademischen Studiengängen der Sozialpädagogik/Pädagogik einerseits und der Psychologie andererseits bezogen auf die Approbation zu den unterschiedlichen Berufsbildern des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.

BVerfG, Beschluss vom 28.7.1999 - 1 BvR 1006/99 -, a.a.O.

Das Vorbringen der Klägerin zur Nichtausdehnung des § 12 PsychThG auf weitere Gruppen von Psychotherapeuten verkennt den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum bzw. dessen Grenzen. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln und verpflichtet dazu, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln. Er ist u.a. verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt, d.h., wenn die Maßnahme als willkürlich bezeichnet werden muss. Im Hinblick auf eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung verschiedener Personengruppen verlangt der Gleichheitssatz, dass sich diese - sachbereichsbezogen - auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt demnach dann vor, wenn der Gesetzgeber Übereinstimmungen der zu ordnenden Lebensverhältnisse nicht berücksichtigt, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen, oder wenn zwischen Gruppen von Normadressaten, die vom Gesetzgeber nicht gleich behandelt werden, keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will, wobei er allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen muss. Was in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich ist, lässt sich zudem nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll. Der Gesetzgeber ist zudem auch befugt, zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren. Eine zulässige Typisierung setzt dabei unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes voraus, dass mit ihr verbundene Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar waren, dass sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Zwar kann der Gesetzgeber grundsätzlich frei entscheiden, welche Merkmale er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Eine Grenze ist jedoch dann erreicht, wenn sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist im Übrigen bei bevorzugender Typisierung weiter gespannt als bei benachteiligender Typisierung.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4.4.2001 - 2 BvL 7/98 -, BVerfGE 103, 310, vom 20.3.2001 - 1 BvR 491/96 -, BVerfGE 103, 172, vom 15.3.2000 - 1 BvL 16/96 u.a. -, BVerfGE 102, 68, und vom 28.11.1967 - 1 BvR 515/63 -, BVerfGE 22, 349; BSG, Urteil vom 19.6.2001 - B 1 KR 23/00 R - , MedR 2002,533, jeweils m.w.N.

Angesichts dieser Kriterien erscheinen die Regelungen des § 12 PsychThG mit ihren Begrenzungen auf vier Psychotherapeutengruppen, denen die Übergangsvorschriften zu Gute kommen, nicht als sachwidrig und willkürlich und dementsprechend nicht als verfassungswidrig. Der Gesetzgeber hat beim Erlass des Psychotherapeutengesetzes nicht gänzlich von Übergangsvorschriften abgesehen, sondern mit § 12 PsychThG einen großen Teil der früher im Berufsfeld Psychotherapie tätig gewesenen Gruppen erfasst, insoweit also eine positive, d.h. bevorzugende Typisierung getroffen. Er hat auch nicht "übersehen", dass im Bereich der Psychotherapie weitere Gruppen tätig waren, die bei den Übergangsvorschriften ebenfalls in Erwägung gezogen wurden. So ist im Gesetzgebungsverfahren auch geprüft worden, ob das Gesetz auch Regelungen z.B. für Musiktherapeuten, Kunsttherapeuten etc. umfassen sollte. Dies wurde letztlich verneint mit der - als sachgerecht anzusehenden - Erwägung, bei Psychologischen Psychotherapeuten und bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten könne wegen ihrer Mitwirkung an der psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter auf langjährige Erfahrungen zurückgegriffen werden und es habe sich in diesem Rahmen für beide Berufe ein gefestigtes Berufsbild mit weitgehend einheitlichen Ausbildungsstrukturen entwickelt, was bei den genannten anderen Berufen nicht in gleichem Maße der Fall sei (vgl. BT-Drucks. 13/8035, S. 15 Nr.16).

Mit dem Erfordernis eines abgeschlossenen Psychologiestudiums in § 12 PsychThG hat der Gesetzgeber sachgerecht an die frühere Mitwirkung von Nichtärzten bzw. die Qualifikation für eine solche Mitwirkung bei der psychotherapeutischen Behandlung gesetzlich Krankenversicherter und damit an ein Qualifikationsmerkmal angeknüpft, das schon bisher relevant war. Für die Zulassung nichtärztlicher Psychotherapeuten zum Delegationsverfahren nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung der Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Richtlinien) wurde nämlich seit 1976 eine abgeschlossene akademische Ausbildung als Diplom-Psychologe an einer deutschen Universität oder Hochschule gefordert. Das Erfordernis einer Abschlussprüfung in Psychologie nach § 12 Abs. 3 PsychThG orientiert sich somit an dem entsprechenden Erfordernis, das auch nach § 12 Abs. 1 PsychThG bei der Fallgruppe der sog. "Richtlinien- oder Delegations-Therapeuten" relevant ist. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Übergangsregelungen des § 12 PsychThG, dass nur Personen Zugang zum Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten haben sollten, die eine hohe Oualifikation für die Berufsausübung besitzen, liegt eine sachfremde Erwägung des Gesetzgebers deshalb insoweit nicht vor.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16.3.2000, - 1 BvR 1453/99 -, a.a.O., und vom 28.7.1999 - 1 BvR 1006/99 -, zum Teil abgedruckt in NJW 1999, 2729

Neben den vom BVerfG, Beschluss vom 16.3.2000 - 1 BvR 1453/99 -, a.a.O., angeführten Gründen der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung für die Übergangsvorschriften nach § 12 PsychThG kann eine sachliche Rechtfertigung für die Regelungen in der ergangenen Fassung auch in dem Bestreben des Gesetzgebers gesehen werden, im Gesundheitswesen den Bereich der Psychotherapie - auch - unter Kostengesichtspunkten neu zu ordnen. Nach den Erkenntnissen im Gesetzgebungsverfahren war in diesem Bereich ein "grauer Markt" psychotherapeutischer Leistungserbringung durch nicht am Delegationsverfahren beteiligte Psychotherapeuten entstanden und hatte das Ausgabevolumen für die Vergütung der Therapeuten im Wege der Kostenerstattung faktisch dieselbe Höhe wie die Ausgaben für das Delegationsverfahren erreicht.

Vgl. BT-Drucks. 13/1206, S. 1, 12, und 13/733, S. 1, 11; BVerfG, Beschlüsse vom 16.3.2000 - 1 BvR 1453/99 -, a.a.O., und vom 28.7.1999 - 1 BvR 1006/99 -.

Vor diesem Hintergrund und angesichts dessen, dass gerade im Gesundheitswesen der Kostenaspekt für gesetzgeberische Entscheidungen erhebliches Gewicht hat, BVerfG, Beschluss vom 20.3.2001 - 1 BvR 491/96 -, a.a.O., kann deshalb eine sachliche Rechtfertigung für den im Rahmen der Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG geforderten Abschluss eines Psychologiestudiums auch darin gesehen werden, den Kreis und die Zahl der Behandler auch unter kostenrechtlichen Aspekten zu begrenzen und übersichtlich zu gestalten.

Von dem Ausschluss der weiteren Berufstätigkeit als Psychologischer Psychotherapeut auf Grund der Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG ist zudem nur eine relativ kleine Gruppe betroffen. Dieser Umstand ist im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes ebenfalls von Bedeutung und bei gesetzgeberischen Entscheidungen berücksichtigungsfähig. Nach dem durch entsprechende Fundstellen untermauerten Vorbringen der Klägerin handelt es sich bei den akademischen Psychotherapeuten, d.h. denjenigen, die einen Abschluss in Psychologie nicht aufzuweisen haben, bundesweit um eine etwa 500 Personen zählende Gruppe, denen etwa 27.000 approbierte Psychologische Psychotherapeuten gegenüberstehen. Auch in diesen Zahlenangaben wird deshalb deutlich, dass von dem Ausschluss der weiteren Berufstätigkeit als Psychologischer Psychotherapeut wegen der fehlenden, gesetzlich vorgesehenen Qualifikation als Diplom-Psychologe eine relativ kleine Gruppe betroffen ist. Auch insoweit ist deshalb eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht gegeben.

Anders als die Klägerin sieht der Senat die Ausführungen des BVerfG zur Notwendigkeit "der fachgerichtlichen Vorklärung" vor einem Verfassungsbeschwerdeverfahren auch nicht als entsprechende Aufforderung an die Verwaltungsgerichte zur Klärung sozialrechtlicher Regelungen und Anspruchsbegehren an. Zwar hat das BVerfG im Beschluss vom 16.3.2000 - 1 BvR 1453/99 - nicht ausdrücklich ausgeführt, ob die fachgerichtliche Vorklärung den Verwaltungsgerichten oder den Sozialgerichten zukommt. Aus der o.a. grundsätzlichen Aufgabenverteilung nach § 40 VwGO bzw. § 51 SGG und im Übrigen aus der Systematik und der Reihenfolge der Abhandlung in den maßgebenden Beschlüssen des BVerfG folgt jedoch nach Auffassung des Senats, dass diese Aufklärungspflicht sich (nur) an die Sozialgerichtsbarkeit richten kann. Im Beschluss des BVerfG vom 16.3.2000 wird, nachdem die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die berufsrechtliche Stellung der Psychotherapeuten ohne Psychologiestudium abgehandelt worden ist (II.1. und 2. der Gründe), die Frage etwaiger Vertrauens- oder Bestandsschutzgründe ausschließlich in Zusammenhang mit der möglichen Zulassung zur "vertragsärztlichen Versorgung" und mit der Frage, ob ein mögliches schützenswertes Vertrauen durch das Psychotherapeutengesetz in Verbindung mit den Änderungen des SGB V enttäuscht wurde, gestellt. Diesen Überlegungen kommt daher lediglich Relevanz zu im Rahmen des Art. 2 des o.a. Gesetzes vom 16.6.1998, der Ergänzungen und Änderungen des § 95 SGB V im Hinblick auf die Zulassung oder die Ermächtigung von Psychotherapeuten zur vertragsärztlichen Versorgung enthält. Auch die Formulierung des BVerfG im Beschluss vom 16.3.2000, die Rüge des Beschwerdeführers betreffe "letztlich die Versagung der Approbation, die von den Verwaltungsgerichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen ist", zwingt nicht zu einer anderen Auslegung und zur Annahme der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für die vom BVerfG geforderte "fachgerichtliche Vorklärung". Diese Ausführungen finden sich im Rahmen der Überlegungen zum Grundsatz der Subsidarität einer Verfassungsbeschwerde und zur vorrangigen Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache und sind im Kontext mit den dem angeführten Zitat vorausgehenden Sätzen zu sehen, wonach der Beschwerdeführer ausschließlich Grundrechtsverletzungen rüge, die sich nicht auf die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes als solche, sondern auf die Hauptsache bezögen. Die Ausführungen zu der im Hauptsacheverfahren von den Verwaltungsgerichten zu prüfenden Versagung der Approbation sind deshalb nur als Abgrenzung dazu anzusehen, dass der Beschwerdeführer keine Grundrechtsverletzungen geltend gemacht hat, die aus der Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes als solchem folgen, sondern solche gegen die materiell-rechtliche Entscheidung der Versagung der Approbation als Psychologischer Psychotherapeut. Eine Veränderung der gesetzlich bestimmten Entscheidungskompetenzen zwischen Verwaltungs- und Sozialgerichten (§§ 40 VwGO, 51 SGG) und eine Zuweisung der gerichtlichen Vorklärungspflicht sozialrechtlicher Regelungen und Anspruchsbegehren an die Verwaltungsgerichtsbarkeit kann darin deshalb nicht gesehen werden. Dass mit der "gerichtlichen Vorklärung" die Sozialgerichte gemeint sind, ergibt sich zudem eindeutig aus dem Beschluss des BVerfG vom 23.6.2000 - 1 BvR 30/00 -, der denselben Beschwerdeführer wie im Verfahren 1 BvR 1453/99 betrifft und sich auf die von diesem begehrte Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung bezieht. Unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Erschöpfung des Rechtswegs vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde wird darin ausgeführt, dass sich in der Hauptsache "die Sozialgerichte auch mit der Frage beschäftigen müssen, ob Kostenerstattungstherapeuten ohne abgeschlossenes Psychologiestudium, die bisher in erheblichem Umfang auf Grundlage von § 13 Abs. 3 SGB V an der Versorgung der gesetzlich Versicherten teilgenommen haben, aus Vertrauens- oder Bestandsschutzgründen als Leistungserbringer zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen sind."

Ende der Entscheidung

Zurück