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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 08.06.2009
Aktenzeichen: 13 A 2651/07
Rechtsgebiete: AMG, VwGO


Vorschriften:

AMG § 22 Abs. 3
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a
AMG § 105 Abs. 4a Satz 1
AMG § 109a Abs. 3
VwGO § 124a Abs. 4 Satz 4
VwGO § 124a Abs. 5 Satz 2
Das im Rahmen eines bibliographischen Zulassungsantrags vorgelegte Erkenntnismaterial im Sinne von § 22 Abs. 3 AMG muss dergestalt beschaffen sein, dass es in etwa den Ergebnissen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AMG entspricht. Dieser Maßstab gilt nicht nur für das nationale Erstzulassungsverfahren, sondern auch für die Verlängerung der (fiktiven) Zulassung von sog. Altarzneimitteln.

Für einen sog. Traditionsnachweis im Sinne von § 109a AMG ist im regulären Nachzulassungsverfahren nach § 105 AMG kein Raum.

Der pharmazeutische Unternehmer muss sich auf der Grundlage von § 109a Abs. 4 AMG entscheiden, ob er das normale Zulassungsverfahren nach § 105 AMG oder das Verfahren nach § 105 i V. m. § 109a Abs. 3 AMG in Anspruch nehmen will. Ein nachträglicher Wechsel ist ausgeschlossen.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verlängerung der (fiktiven) Zulassung des Arzneimittels "T-Paste". Das Präparat soll bei Lymphdrüsenschwellungen des Halses, Mumps, Bronchitis, akuter Angina, Frostbeulen, Nagelbettentzündungen, Entzündungen des Nasenrachenraums, Sport- und Unfallverletzungen, Schwellungen und Blutergüssen sowie bei rheumatischen Gelenk- und Muskelerkrankungen, Arthritis, Arthrose und Kieferentzündungen angewendet werden. Die Beklagte versagte die Nachzulassung. Die dagegen erhobene Klage auf Neubescheidung wies das VG ab. Die therapeutische Wirksamkeit des Präparats sei bis zum Abschluss des Mängelbeseitigungsverfahrens nicht begründet worden. Auch eine hinreichende Kombinationsbegründung sei nicht fristgerecht erfolgt. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung blieb erfolglos.

Gründe:

Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Klägerin zu prüfen sind, liegen nicht vor.

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Bei diesem Zulassungsgrund, der die Einzelfallgerechtigkeit gewährleistet, kommt es nicht darauf an, ob die angefochtene Entscheidung in allen Punkten der Begründung richtig ist, sondern nur darauf, ob ernstliche Zweifel im Hinblick auf das Ergebnis der Entscheidung bestehen. Ernstliche Zweifel sind dabei anzunehmen, wenn gegen die Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, d. h. wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung in der angefochtenen Gerichtsentscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163; BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838.

Diese Zulassungsvoraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das VG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Verlängerung der Zulassung gemäß § 105 Abs. 4f Satz 1 AMG stünden die Versagungsgründe des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 und Nr. 5a AMG entgegen. Die Klägerin habe die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels unzureichend begründet. Mit dem streitigen Präparat seien keine klinischen Prüfungen durchgeführt worden. Das vorgelegte anderweitige wissenschaftliche Erkenntnismaterial lasse nicht darauf schließen, dass das Präparat wirksam sei. Diesen Mangel habe die Klägerin nicht innerhalb der zur Mängelbeseitigung gesetzten Frist von zwölf Monaten beseitigt. Für die Anwendungsgebiete "Lymphdrüsenschwellungen des Halses, Mumps, Bronchitis, akute Angina, Frostbeulen, Nagelbettentzündungen, Entzündungen des Nasenrachenraums, Sport- und Unfallverletzungen wie Verstauchungen und Verrenkungen sowie Schwellungen und Blutergüsse" sei die Wirksamkeit schon deswegen nicht belegt, weil die Klägerin hierzu kein wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt habe. Hinsichtlich der übrigen Anwendungsgebiete (rheumatische Gelenk- und Muskelerkrankungen, Arthritis und Arthrose sowie Entzündungen der Kiefer) seien zwar Unterlagen vorgelegt worden. Diese begründeten aber nicht die Wirksamkeit des Präparats. Die Klägerin habe auch keine hinreichende Kombinationsbegründung vorgelegt. Aus den eingereichten Materialien ergebe sich nicht, dass die arzneilich wirksamen Bestandteile Salicylsäure und Zinkoxid bei topischer Anwendung in den Anwendungsgebieten Rheuma, Arthritis und Kieferentzündungen einen positiven Beitrag leisten. Wissenschaftliches Erkenntnismaterial zur topischen Anwendung von Aluminiumsilikaten in den angegebenen Anwendungsgebieten habe die Klägerin nicht vorgelegt.

Die dagegen erhobenen Einwände zeigen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht auf.

Fehl geht zunächst die Annahme der Klägerin, das VG habe einen unzureichenden Maßstab im Hinblick auf die Beurteilung des vorgelegten anderen wissenschaftlichen Erkenntnismaterials angelegt. Nach § 105 Abs. 4a Satz 1 AMG i. V. m. § 22 Abs. 2 Satz 1 AMG sind im Rahmen des Nachzulassungsantrags unter anderem die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche (Nr. 2) und die Ergebnisse der klinischen Prüfungen oder sonstigen ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Erprobung (Nr. 3) vorzulegen. An Stelle der Ergebnisse nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AMG kann anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, und zwar gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG bei einem Arzneimittel, dessen Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch oder tiermedizinisch verwendet wurden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sind (sog. bibliographischer Zulassungsantrag). Auch Altarzneimitteln können die Erleichterungen des § 22 Abs. 3 AMG zugute kommen (§ 105 Abs. 4a Satz 1 Halbsatz 2 AMG).

Vgl. BVerwG, Urteile vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 und 3 C 24.07 -, jeweils juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 16.12.2008 - 13 A 2085/07 -, vom 20.1.2009 - 13 A 4306/06 -, jeweils juris, und vom 24.2.2009 - 13 A 813/08 -, A & R 2009, 94.

§ 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG ist durch Art. 1 Nr. 15 Buchstabe c des 14. AMG-Änderungsgesetzes neu gefasst worden. Die Zulassungsvorschrift wird nunmehr für Arzneimittel mit bekannten Wirkungen und Nebenwirkungen ("well established use") im Sinne von Art. 10a der Richtlinie 2001/83/EG vom 6.11.2001 i. d. F. der Richtlinie 2004/27/EG vom 31.3.2004 konkretisiert. Der Senat hat zur Auslegung und Anwendung von § 22 Abs. 3 AMG bereits mehrfach entschieden, dass das im Rahmen eines bibliographischen (Nach-)Zulassungsantrages vorgelegte Erkenntnismaterial nach Sinn und Zweck der Vorschrift sowie nach Art. 10a Satz 2 Richtlinie 2001/83/EG dergestalt beschaffen sein muss, dass es in etwa den Ergebnissen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AMG entspricht. Dieser Maßstab gilt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur für das nationale Erstzulassungsverfahren im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG, sondern auch für die Verlängerung der (fiktiven) Zulassung von sog. Altarzneimitteln (vgl. wiederum § 105 Abs. 4a Satz 1 Halbsatz 2 AMG).

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.5.2007 - 13 A 328/04 -, juris, sowie Beschlüsse vom 16.12.2008 - 13 A 2085/07 -, a. a. O., vom 24.2.2009 - 13 A 813/08 -, a. a. O., vom 19.3.2009 - 13 A 1029/08 -, und vom 6.8.2007 - 13 A 598/07 -, jeweils juris; in diesem Sinne auch schon EuGH, Urteil vom 5.10.1995 - Rs. C-440/93 (Scotia) -, Slg. 1995 I - 2851.

Die Annahme einer ausreichenden Begründung der therapeutischen Wirksamkeit muss auch hinreichende Darlegungen zur Zweckmäßigkeit der angegebenen Dosierung enthalten. Dies lässt sich bereits aus § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AMG ableiten, wonach aus dem klinischen Gutachten die Zweckmäßigkeit der vorgesehenen Dosierung hervorgehen muss.

Hierzu OVG NRW, Beschluss vom 20.1.2009 - 13 A 4306/06 -, a. a. O.

Im Hinblick auf die Frage, welchen konkreten Anforderungen das wissenschaftliche Erkenntnismaterial zu genügen hat, hat das VG zu Recht auf die einschlägigen Arzneimittelprüfrichtlinien im Sinne von § 26 AMG und insbesondere auf die Arzneimittelprüfrichtlinie vom 11. Oktober 2004 (BAnz. Nr. 197 vom 16.10.2004) hingewiesen, die im Hinblick auf eine "allgemeine medizinische Verwendung" im Wesentlichen dem Anhang 1 Teil II Nr. 1 der Richtlinie 2001/83/EG i. d. F. der Richtlinie 2003/63/EG vom 25.6.2003 entspricht. Nach Teil II Nr. 1 Buchstabe d des Anhangs 1 dieser Richtlinie muss im Rahmen eines bibliographischen Antrags gezeigt werden, inwiefern vorgelegte Daten, die ein anderes als das in den Verkehr zu bringende Arzneimittel betreffen, für die Beurteilung des zuzulassenden Arzneimittels relevant sind. Schließlich hat das VG als Beurteilungsparameter für das hier fragliche topisch anzuwendende Arzneimittel die "Leitlinie zu den klinischen Anforderungen an lokal anwendbare, lokal wirksame Produkte mit bekannten Bestandteilen" (CPMP/EWP/239/95 final) der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) angeführt. Die Leitlinien ihres Ausschusses für Humanarzneimittel entfalten zwar keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung. Sie sind aber wie die nach § 26 Abs. 1 AMG vom zuständigen Bundesministerium zu erlassenden Arzneimittelprüfrichtlinien wie "antizipierte Sachverständigengutachten" bei der Anwendung arzneimittelrechtlicher Bestimmungen heranzuziehen, die sich auf außerrechtliche Erkenntnisquellen wie etwa den "jeweils gesicherte(n) Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse" (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4, Satz 3 AMG) beziehen, weil sie regelmäßig widerspiegeln, was auf europäischer Ebene dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.2.2009 - 13 A 813/08 -, a. a. O., m. w. N.

Die Klägerin hat ernstliche Zweifel, dass das VG die einschlägigen arzneimittelrechtlichen Bestimmungen und Leitlinien auch zutreffend angewendet hat, nicht aufgezeigt.

Das VG hat sein Urteil - selbständig tragend - damit begründet, dass der Klägerin die bibliographische Wirksamkeitsbegründung für das streitige Arzneimittel nicht gelungen sei, weil sie in Bezug auf die Anwendungsgebiete "Lymphdrüsenschwellungen des Halses, Mumps, Bronchitis, akute Angina, Frostbeulen, Nagelbettentzündungen, Entzündungen des Nasenrachenraums, Sport- und Unfallverletzungen wie Verstauchungen und Verrenkungen sowie Schwellungen und Blutergüsse" keine Unterlagen vorgelegt habe. Mit diesen Feststellungen setzt sich die Klägerin im Berufungszulassungsverfahren nicht auseinander, so dass ihr Vorbringen insoweit schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO, wonach das OVG nur die von der Klägerin dargelegten Gründe prüft, genügt.

Ungeachtet dessen sind Rechtsanwendungsfehler auch nicht ersichtlich. In Bezug auf die vorbezeichneten Anwendungsgebiete sind die bis zum Abschluss des Mängelbeanstandungsverfahrens vorgelegten Unterlagen auch nach Auffassung des Senats unergiebig. Weder aus dem eingereichten wissenschaftlichen Erkenntnismaterial noch aus dem klinischen Sachverständigengutachten ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das streitige Präparat in den genannten Anwendungsgebieten zu Heilerfolgen geführt hat. Die vorgelegten Unterlagen verhalten sich entweder lediglich allgemein und ohne konkreten Bezug zu den vorgenannten Anwendungsgebieten zu den Vorzügen von Kälte- und Wärmetherapien und den Wirkungen der arzneilich wirksamen Bestandteile oder sie beziehen sich auf die Anwendung von E. (in seiner früheren galenischen Zusammensetzung mit Borsäure) bei Kieferentzündungen, rheumatischen Beschwerden und/oder Kniegelenksbeschwerden. Auf dieser Grundlage ist es der Klägerin nicht gelungen, die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels - wie erforderlich - für alle beanspruchten Anwendungsgebiete zu begründen.

Das VG hat ferner - wiederum selbständig tragend - darauf abgestellt, dass der Klägerin die bibliographische Wirksamkeitsbegründung auch deshalb nicht gelungen sei, weil die zu den Anwendungsgebieten "rheumatische Gelenk- und Muskelerkrankungen, Arthritis und Arthrose sowie Entzündungen der Kiefer" vorgelegten Unterlagen nicht hinreichend aussagekräftig seien. Mit diesen - eingehend begründeten - Erwägungen setzt sich die Klägerin ebenfalls nicht auseinander, so dass ihr Berufungszulassungsvorbringen auch insoweit nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügt.

Abgesehen davon dürften auch diese Erwägungen des VG inhaltlich zutreffen. So gibt der Aufsatz von Dittmar über Kataplasmen in der zahnärztlichen Praxis aus dem Jahre 1955, der ohnehin nur die Wirksamkeit im Anwendungsgebiet der Kieferentzündungen begründen könnte, lediglich Erfahrungsberichte mit E. (in seiner früheren galenischen Zusammensetzung mit Borsäure) wieder, ohne genaue statistische Aufzeichnungen über Heilerfolge zu benennen. Entsprechendes gilt für den Aufsatz von Heinl und Simon aus dem Jahre 1956. Dieser schildert im Anwendungsgebiet Periarthritis lediglich Anwendungsbeobachtungen bei 38 Patienten. Diese Patientenzahl ist zu gering, um die Wirksamkeit des Arzneimittels in einer der klinischen Prüfung in etwa gleichgewichtigen Weise zu begründen. Auch im Aufsatz von Dix aus dem Jahre 1958, der sich unter anderem zu seinen Erfahrungen im Bereich der physikalischen Therapie mit Wärme verhält, wird keine - den Ergebnissen einer klinischen Prüfung in etwa gleichgewichtige - arzneiliche Wirkung der streitigen Paste konstatiert. Schließlich genügt auch die von Hieber im Jahre 1967 beschriebene Anwendungsbeobachtung bei 120 Patienten nicht den Anforderungen, die an wissenschaftliches Erkenntnismaterial zu stellen sind. Hierin wird zwar über einen Patientenkreis mit verschiedenen Kniegelenksbeschwerden, darunter auch Arthrose, berichtet. Eine erforderliche Differenzierung der Anwendungsbeobachtung danach, wie viele der Patienten an welchen Kniegelenksbeschwerden litten und wie sich die Paste im Einzelfall auswirkte, enthält der Bericht indessen nicht.

Die Klägerin hat auch die weitere - ebenfalls selbständig tragende - Feststellung des VG nicht in Frage gestellt, wonach keine hinreichende Kombinationsbegründung im Sinne der §§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a, 22 Abs. 3a AMG vorgelegt worden sei. Dies gilt zunächst hinsichtlich der ausführlich begründeten Aussage des VG, die Klägerin habe nicht nachvollziehbar begründen können, dass die arzneilich wirksamen Bestandteile Salicylsäure und Zinkoxid bei topischer Anwendung in den Anwendungsgebieten Rheuma, Arthritis und Kieferentzündungen einen positiven Beitrag zur Beurteilung des Arzneimittels leisten. Ebenso wenig angegriffen wird die erstinstanzliche Feststellung, die Klägerin habe zur topischen Anwendung von Aluminiumsilikaten in den beanspruchten Anwendungsgebieten überhaupt kein wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt. Auch hierauf bezogen genügt das Berufungszulassungsvorbringen der Klägerin deshalb nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO.

Soweit die Klägerin die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels schließlich daraus herzuleiten versucht, dass es sich seit langem unbeanstandet im Verkehr befindet, rechtfertigt auch dies nicht die Zulassung der Berufung. Die Klägerin macht damit der Sache nach einen Traditionsnachweis im Sinne von § 109a AMG geltend, für den im regulären Nachzulassungsverfahren nach § 105 AMG kein Raum ist.

Eingehend hierzu OVG NRW, Beschluss vom 12.3.2009 - 13 A 1573/08 -, juris, m. w. N.

Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich ohne größere Auslegungsaufwendungen aus dem Gesetz und unter Zuhilfenahme der vorgelegten Unterlagen beantworten und übersteigen demnach nicht das Normalmaß vergleichbarer Streitigkeiten. Soweit die Klägerin ausführt, ihr müsse trotz des in der Rechtsprechung angenommenen Ausschließlichkeitsverhältnisses des regulären Nachzulassungsverfahrens nach § 105 AMG einerseits und des Traditionsverfahrens nach § 105 i. V. m. § 109a AMG andererseits weiterhin die Aufnahme in die sog. Traditionsliste nach § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG ermöglicht werden, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Zum einen kommt es auf diese Frage nicht entscheidungserheblich an, weil ein solcher Antrag auf Listenaufnahme und eine sich darauf stützende Traditionszulassung nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Zum anderen muss sich der pharmazeutische Unternehmer nach Einfügung des § 109a Abs. 4 AMG durch das 10. AMG-Änderungsgesetz vom 4.7.2000 (BGBl. I S. 1002) entscheiden, ob er das normale Zulassungsverfahren nach § 105 AMG oder das Verfahren nach § 105 i V. m. § 109a Abs. 3 AMG unter Inkaufnahme der damit verbundenen Nachteile wie der eingeschränkten Anwendungsgebiete in Anspruch nehmen will. Ein nachträglicher Wechsel ist ausgeschlossen.

Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26.4.2007 - 3 C 36.06 -, Pharma Recht 2007, 423 = NVwZ-RR 2007, 774.

Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende, verallgemeinerungsfähige Fragen tatsächlicher oder rechtlicher Art, die der Rechtsfortbildung und/oder -vereinheitlichung dienlich und in der Berufung klärungsbedürftig und klärungsfähig sind, liegen nicht vor. Die grundsätzlichen Anforderungen an die Begründung der therapeutischen Wirksamkeit des Arzneimittels i. S. v. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 AMG und an die Kombinationsbegründung i. S. v. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a AMG sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 14.10.1993 - 3 C 21.91 -, BVerwGE 94, 215, und - 3 C 46.91 -, Pharma Recht 1994, 380 (zu § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG), sowie Urteile vom 16.10.2003 - 3 C 28.02 -, NVwZ-RR 2004, 180, und - 3 C 3.03 -, juris (zu § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a AMG).

Im Übrigen ist das vorliegende Verfahren nicht geeignet, die Anforderungen an die Qualität des wissenschaftlichen Erkenntnismaterials im Sinne von § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG näher zu hinterfragen.

Ende der Entscheidung

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