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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 19.08.2009
Aktenzeichen: 13 A 3785/05
Rechtsgebiete: HPG, 1. DVO-HPG


Vorschriften:

HPG § 1 Abs. 1
HPG § 1 Abs. 2
HPG § 2 Abs. 1
1. DVO-HPG § 2 Abs. 1 Buchst. i)
Die Durchführung der schriftlichen Überprüfung für die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis im Antwort-Wahl-Verfahren ("multiple choice") ist zulässig.
Tatbestand:

Der Kläger begehrte die Erteilung der Erlaubnis für eine Tätigkeit als Heilpraktiker. Er unterzog sich mehrfach erfolglos der vorwiegend im Antwort-Wahl-Verfahren ("multiple choice") durchgeführten schriftlichen Überprüfung und wurde jeweils zu den mündlichen Überprüfungen nicht zugelassen. Bei der schriftlichen Überprüfung, die Gegenstand dieses Verfahrens ist, mussten von 60 gestellten Fragen (56 Multiple-choice-Fragen, 4 Zuordnungsfragen) 60 % (= 36) richtig beantwortet werden, um am mündlichen Teil der Überprüfung teilnehmen zu können. Diese Bestehensgrenze erreichte der Kläger nicht. Der Beklagte lehnte die Erteilung der Heilpraktikererlaubnis ab. Eine spätere schriftliche Überprüfung und Ablehnung der Erteilung der Erlaubnis war Gegenstand eines anderen, inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens.

Das VG hob den die Erteilung der Erlaubnis ablehnenden Bescheid des Beklagten wegen fehlerhafter Zugrundelegung einer absoluten Bestehensgrenze bei der schriftlichen Überprüfung auf und wies die Verpflichtungsklage auf Erteilung der Erlaubnis ab, weil der Kläger den erforderlichen mündlichen Teil der Überprüfung noch nicht absolviert und wegen der fehlerhaften Ausgestaltung des schriftlichen Überprüfungsverfahrens nicht den Nachweis ausreichender Kenntnisse und Fähigkeiten erbracht habe. Im Berufungsverfahren wurde zunächst die Berufung des Klägers zurückgewiesen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20.11.2007 - 13 A 3786/05 -, DVBl. 2008, 124). Das BVerwG hob die Entscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Nach Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens wies das OVG die Berufung des Klägers erneut zurück.

Gründe:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung oder - wie hilfsweise beantragt - auf Zulassung zur mündlichen Überprüfung.

Gegenstand des Verfahrens ist im Rahmen der Berufung des Klägers (nur) die Frage, ob das mit dem Antrag geltend gemachte Verpflichtungsbegehren Erfolg hat. Da der Beklagte gegen den dem Klagebegehren stattgebenden Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils keine Berufung eingelegt hat, ist die durch das VG erfolgte Aufhebung des Ablehnungsbescheids des Beklagten und des Widerspruchsbescheids rechtskräftig. Von dieser Konstellation ist offenkundig auch das BVerwG im zurückverweisenden Beschluss ausgegangen.

Eine Entscheidung über das im Berufungsverfahren weiterhin geltend gemachte Verpflichtungsbegehren ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger nach der in diesem Verfahren in Frage stehenden schriftlichen Überprüfung in 2001 erfolglos zwei weitere schriftliche Überprüfungen absolviert hat. Dieser Umstand führt, wie das BVerwG im Zurückverweisungsbeschluss - 3 B 18.08 -, juris, ausgeführt hat, nicht dazu, dass die Frage des Bestehens dieser Überprüfung praktisch gegenstandslos wird und die Klage nicht mehr fortgeführt werden kann.

Wegen der rechtlichen Vorgaben für die Erteilung der Heilpraktikererlaubnis und wegen der generellen Zulässigkeit der schriftlichen Überprüfung im Antwort-Wahl-Verfahren wird Bezug genommen auf den Abdruck der ersten Berufungsentscheidung in DVBl. 2008, 124.

Die - unmittelbar für das Prüfungsrecht geltenden - Vorgaben wurden bei dem angewandten Antwort-Wahl-Verfahren bei der schriftlichen Überprüfung des Klägers in 2001 umgesetzt. Der Beklagte hat dargelegt, dass seinerzeit der Fragenkatalog zwar, anders als bei der späteren Überprüfung des Klägers in 2003, noch nicht zentral beim Landratsamt Ansbach beschafft worden sei (vgl. dazu DVBl. 2008, 124), sondern auf einer Ausarbeitung und Zusammenstellung des eigenen Gesundheitsamtes beruht habe. Es ist davon auszugehen, dass dies unter Berücksichtigung der Besonderheiten heilpraktischer Tätigkeiten und Prüfungen erfolgt ist und dabei auch entsprechende Literatur in Form von Lehrbüchern usw. und sonstige Erkenntnisse wie beispielsweise die auf Bundesebene bestehenden und auch materielle Vorgaben enthaltenden Leitlinien für die Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern von 1992 herangezogen wurden. Der hier zur Bewertung anstehende Fragenkatalog lässt auch nicht erkennen, dass er sich nicht an dem Zweck der Überprüfung nach § 2 Abs. 1 Buchst. i) der 1. DVO-HPG orientiert hat und enthält im Grundsatz dem Überprüfungszweck angemessene Fragestellungen. Dass die für die Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern zuständige Amtsärztin beim Beklagten im Laufe des Berufungsverfahrens in ihrer einem Schriftsatz des Beklagten beigefügten undatierten Stellungnahme - die wegen des Eingehens auf alle vom Kläger angesprochenen Fragen/Antworten als Reaktion auf dessen Vorbringen nach der Zurückverweisung durch das BVerwG zu verstehen ist - einen Teil der Fragen als nicht sachgerecht eingestuft hat, begründet keine durchgreifenden Zweifel an der grundsätzlichen Eignung der Fragen zur Feststellung der Kenntnisse und Fähigkeiten eines Bewerbers bei der schriftlichen Überprüfung. Diese wird vom Kläger auch nicht entscheidend in Frage gestellt.

Der Senat hat keine Bedenken wegen der in Ansatz gebrachten Bestehensgrenze, die in diesem Fall der Überprüfung auf 60 % richtige Antworten festgelegt war. Die Bestehensgrenze von 60 % richtigen Antworten, die deutlich günstiger ist als die für spätere Überprüfungen entscheidende Bestehensgrenze von 75 % richtigen Antworten, erfordert zwar mehr als die Hälfte richtiger Antworten im Fragenkatalog, gesteht dem Bewerber aber auch eine sehr hohe Fehlerquote von etwa 40 % der Antworten zu. Eine derart günstiges Verhältnis begegnet auch unter Verhältnismäßigkeits-Gesichtspunkten sowie unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit keinen Bedenken und gewährleistet eine den Belangen der Kandidaten Rechnung tragende Realisierung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der beruflichen Verwirklichung. Der Kläger hat bei der schriftlichen Überprüfung in 2001 die maßgebende Bestehensgrenze von 60 % nicht erreicht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung seiner im Laufe des Verfahrens vorgetragenen Einwendungen gegen die vom Beklagten als falsch gewerteten Antworten. Dabei werden angesichts dessen, dass nach der Zurückverweisung des Verfahrens durch das BVerwG neues Vorbringen und neue Anträge durch die Beteiligten, das/die vorher noch nicht in das Verfahren eingebracht worden waren, zulässig sind, alle vom Kläger nach der Zurückverweisung geltend gemachten Einwendungen gegen die bei der Überprüfung als falsch bewerteten Antworten in die Bewertung einbezogen und wird diese nicht auf die - zahlenmäßig weniger Antworten betreffenden - Einwendungen des Klägers zu Beginn des gerichtlichen Verfahrens beschränkt. Zu einer weitergehenden Überprüfung, ob auch den vom Beklagten als richtig gewerteten Antworten des Klägers ordnungsgemäße und angemessene Fragestellungen zu Grunde lagen, was der Kläger unter dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Belastung eines Prüflings durch unzulässige oder irreführende Fragen angesprochen hat, besteht hingegen keine Veranlassung. Der Kläger hat alle in dem Überprüfungstermin 2001 gestellten 60 Fragen in der vorgegebenen Zeit beantwortet und nicht geltend gemacht, dass er als Folge unzulässiger oder irreführender Fragen in Zeitdruck geraten und ihm die Beantwortung einzelner Fragen aus Zeitgründen nicht möglich gewesen sei oder dass er durch bestimmte Fragestellungen in erheblichem Maße irritiert worden sei und sich dies auf die gesamte Überprüfung ausgewirkt habe. Zudem gilt, dass es Sache des Bewerbers ist, die zur Verfügung stehende Zeit so einzuteilen, dass er sich jeder Frage ausreichend widmen kann. Ergibt sich bei einzelnen Fragen, dass sie wegen auftauchender Schwierigkeiten nicht innerhalb angemessener Zeit beantwortet werden können, muss er sie zurückstellen und sich zunächst anderen Fragen zuwenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Anteil der Fragen, deren Beantwortung Schwierigkeiten verursachen können, relativ gering ist,

vgl. OVG Bremen, Urteil vom 12.2.2008 - 1 A 234/03 -, MedR 2008, 431; juris,

und gilt auch im Falle des Klägers, der bei der fraglichen Überprüfung lediglich 5 (allenfalls 6) von 60 Fragen und damit etwa 10 % der Fragen als "missverständlich" bezeichnet hatte.

Der Senat sieht sich nach dem vorliegenden Erkenntnisstand zu der im Rahmen des Klagebegehrens anstehenden Entscheidung zur Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Antworten des Klägers und zur Frage, ob eine Heilpraktikertätigkeit des Klägers eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt, in der Lage. Der Erkenntnisstand wird dabei einerseits durch allgemein zugängliche Informationsquellen (Internet; Psychrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl. 2007; Duden, Wörterbuch medizinischer Fachbegriffe, 8. Aufl. 2007; Elvira Bierbach, "Naturheilpraxis heute", Lehrbuch, 3. Aufl. 2006) bestimmt. Dass das Lehrbuch "Naturheilpraxis heute", das offenbar allgemein und auch von den Beteiligten als das Standardwerk für heilpraktische Tätigkeiten angesehen wird, dem Senat in der Auflage von 2006 zur Verfügung stand und nicht in der Erstauflage von 2000, die zum Zeitpunkt der Überprüfung des Klägers auf dem Markt war, mindert den Erkenntniswert aus dem Lehrbuch nicht. Zum Erkenntnisstand des entscheidenden Gerichts gehört auch das auf Grund gerichtlichen Beweisbeschlusses erstellte Gutachten eines Heilpraktikers. Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigen-Gutachtens besteht nicht, zumal der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung des Senats weder einen entsprechenden Beweisantrag gestellt noch irgendwelche Einwendungen und Vorhalte zu den Darlegungen des Sachverständigen geltend gemacht haben.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29.5.2009 - 2 B 3.09 -, juris, und vom 26.2.2008 - 2 B 122.07 -, NVwZ-RR 2008, 477.

Der Senat geht bei der Würdigung der Antworten des Klägers von der Regel aus, dass ein Prüfling beim Verstehen und Beantworten der gestellten Fragen unter Berücksichtigung des Wortlauts der Frage und vom objektiven Empfängerhorizont her vom Normal- bzw. Regelfall des in der Aufgabe dargestellten Sachverhalts ausgehen muss und dass er keine Bedingungen hinzudenken darf, unter denen seine Antwort vertretbar wäre.

Vgl. Hamb. OVG, Urteil vom 20.9.2007 - 3 Bf 239/06 -, MedR 2008, 449, für eine ärztliche Prüfung im Antwort-Wahl-Verfahren.

Des Weiteren gilt die Prämisse, dass es für das Klagebegehren nicht darauf ankommt, ob die Beantwortung jeder einzelnen Frage spezifisch geeignet ist, den Verdacht einer Gefahr für die Volksgesundheit zu begründen, sondern insoweit die Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Überprüfung entscheidend ist,

vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20.11.1996 - 7 B 95.3170 -, a. a. O.,

und dass auch Antworten, die für sich gesehen richtig, aber unvollständig sind und die Frage nicht erschöpfend beantworten, nicht als richtig gewertet werden können.

Nach diesen Kriterien ergibt sich in Bezug auf die Bewertung der Antworten des Klägers bei der schriftlichen Überprüfung folgendes:

Die zuständige Amtsärztin beim Beklagten hat in ihrer o. a. (undatierten) Stellungnahme ausgeführt, dass vier Fragen/Antworten "nicht bewertet werden sollten" bzw. "dem Widerspruch (des Klägers) stattgegeben werden sollte"; hinsichtlich einer Frage besteht dabei Konsens mit dem Sachverständigen, der diese Frage in seinem Gutachten ebenfalls als missverständlich angesehen hat und die Antwort des Klägers nicht in die Bewertung einbezieht. Dass - wie dargelegt - die Formulierungen der Amtsärztin verfahrensmäßig im Stadium des gerichtlichen Berufungsverfahrens und nach dem abgeschlossenen Widerspruchsverfahren von der Bezeichnung her nicht mehr zutreffend waren, steht der Berücksichtigung ihrer Äußerungen im Sinne einer Eliminierung der genannten Fragen/Antworten nicht entgegen. Dem an der Überprüfung eines Heilpraktikeranwärters beteiligten Amtsarzt steht zwar im eigentlichen Sinne keine definitive Entscheidungsbefugnis zu, weil über den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz die untere Verwaltungsbehörde im Benehmen mit dem Gesundheitsamt entscheidet (§ 3 Abs. 1 der 1. DVO-HPG). Der Beklagte hat aber den Wertungen der Amtsärztin zu den genannten Fragen nicht ausdrücklich widersprochen und sich diese praktisch zu eigen gemacht. Das Vorgehen, bestimmte Fragen zu eliminieren, hält sich im Rahmen des dem Beklagten zuzuerkennenden Ermessens für die Ausgestaltung der Überprüfung im Einzelnen (vgl. DVBl. 2008, 124). Dieser Berechtigung des Beklagten, der "Herr des Überprüfungsverfahrens ist" und der als solcher im Rahmen seines bestehenden Ermessens in der Ausgestaltung der Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern die Bestehensanforderungen festlegen kann, kommt auch gegenüber Äußerungen Dritter eine höhere Bedeutung zu mit der Folge, dass den Erwägungen des Sachverständigen, der die (vom Beklagten eleminierten) Fragen nicht beanstandet hat, demgegenüber zurückstehen müssen.

Eine weitere Eliminierung von Fragen über die vier Fragen hinaus ist nicht geboten. Dies gilt auch für die weiteren fünf Fragen, die der Sachverständige - anders als der Beklagte - als missverständlich angesehen hat und die nach seiner Ansicht nicht bewertet werden dürften. Der Senat schließt sich bezüglich dieser Fragen den Erwägungen des Sachverständigen nicht an und hält die Fragen und Antworten für be- und verwertbar. Die Fragestellung bei der einen Frage ist auch in ihrer Negativ-Formulierung gut erfassbar und stellt keine unzumutbaren Anforderungen an den Prüfling. Die letzten vier Fragen des Fragenkatalogs sind nicht in einer solchen Art und Weise missverständlich, dass die Antworten des Klägers bei der Bewertung außer Betracht bleiben müssen; sie sind auch bei Zugrundelegung einer besonderen Stressbelastung der Prüflinge während der Überprüfung durchaus als verständlich und erfassbar einzuschätzen. Bei diesen Fragen handelt es sich um Zuordnungsaufgaben. Nach der Erläuterung für diesen Aufgabentyp ist "jeweils ein Begriff oder eine Aussage der ersten" (Zahlen-)"Gruppe (1.-5.)" "einem Begriff oder einer Aussage der zweiten" (Buchstaben-)"Gruppe (A-E)" zuzuordnen. Daraus und auch aus den jeweiligen Fragestellungen selbst ("Ordnen Sie ... zu") ist erkennbar, dass jeweils einer Untergruppe aus der Zahlengruppe eine Untergruppe aus der Buchstabengruppe zugeordnet werden musste und dass sich dementsprechend mehrere Zahlen-/Buchstabenpaare ergeben. Die nachfolgende Formulierung, es sei jeweils nur eine korrekte Zuordnung möglich, kann - in Verbindung mit den vorhergehenden Sätzen - bei sachgerechtem Verständnis auch in einer Prüfungssituation demgegenüber nicht dahin verstanden werden, dass insgesamt nur eine Antwort richtig sei. Diese Formulierung kann sich vielmehr nur darauf beziehen, dass bei den mehreren möglichen Zuordnungspaaren immer nur eine bestimmte Zuordnung richtig sei. Etwas anderes kann auch nicht aus der Vorbemerkung zu den Prüfungsaufgaben hergeleitet werden. Vor der dort vorhandenen Formulierung ("Es gibt jeweils nur eine richtige Lösung") ist angegeben "Bei den Zuordnungsfragen geben Sie bitte zu jeder Zahl den passenden Buchstaben an". In der Kombination dieser beiden Sätze deutet "jeweils" im zweiten Satz nur als auf mehrere Zahlen-/Buchstabenkombinationen bezogen hin, aber nicht auf insgesamt nur eine richtige Lösung. Die Erläuterung zum Aufgabentyp 3 ist allerdings insoweit missverständlich, als sie von jeweils fünf Aussagen in der Zahlengruppe ("1.-5.") und in der Buchstabengruppe ("A-E") ausgeht, bei den Fragen tatsächlich aber nur drei oder vier Aussagealternativen und -kombinationen bestanden. Diese Diskrepanz hätte aber in dem Überprüfungstermin durch Nachfragen kurzfristig geklärt werden können, stellte aber, da ein solches nicht erfolgt ist, offenbar für die Prüflinge kein Problem dar und ist auch vom Kläger in diesem Zusammenhang nicht als solches geltend gemacht worden. Die unterschiedlichen Angaben für die möglichen Zahlen-/Buchstabenkombinationen begründen deshalb nicht die Annahme, es handele sich um einen gravierenden Fehler, der zur Unverwertbarkeit der Fragen/Antworten führe.

Dass die somit verbleibenden 56 Fragen/Antworten, die unterhalb der Anzahl der in den Leitlinien für die Überprüfung empfohlenen 60 bis 80 Fragen liegen, nicht mehr eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung darstellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Kläger eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde, ist nicht ersichtlich. Mit dem Ausgangspunkt von 56 Fragen und einem zu Grunde gelegten Bestehenswert von 60% richtiger Lösungen errechnet sich demnach eine Bestehensgrenze von 33,6 Punkten. Dieser Zahlen-Bruchteil führt, da eine richtige Antwort einem vollen Punktwert entspricht und Teilpunkte für teilweise richtige Antworten nicht vergeben wurden, dazu, dass die Bestehensgrenze erst mit der nächsthöheren ganzen Zahl zutreffender Antworten erreicht wird,

vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 20.9.2007 - 3 Bf 239/06 -, a. a. O.,

demnach also 34 richtige Antworten des Klägers erforderlich waren. Diesen Wert hat der Kläger bei der schriftlichen Überprüfung in 2001 nicht erreicht. (Wird im Einzelnen ausgeführt)

Wie bereits dargelegt, ist für die Einschätzung, ob die Ausübung der Heilkunde durch eine Person eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeutet (§ 2 Abs. 1 der 1. BVO-HPG), nicht maßgebend, ob die Beantwortung oder Nichtbeantwortung der bei der Überprüfung gestellten Fragen im einzelnen spezifisch geeignet ist, den Verdacht einer solchen Gefahr zu begründen und ist vielmehr die Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Überprüfung entscheidend

Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20.11.1996 - 7 V 95.3170 -, a. a. O.

In Würdigung aller Umstände ist die der Versagung der Heilpraktikererlaubnis zugrunde liegende Einschätzung des Beklagten, die Ausübung der Heilkunde durch den Kläger bedeute eine Gefahr für die Volksgesundheit, gerechtfertigt. Der Kläger hat bei der Überprüfung in 2001 von den anstehenden Fragen mehr als 48 % (wenn von 60 Fragen ausgegangen wird) bzw. von mehr als 44,5 % (wenn von 56 Fragen ausgegangen wird) falsch beantwortet. Schon dieser relativ hohe Wert falscher Antworten deutet für sich gesehen auf erhebliche Kenntnislücken in Bezug auf eine beabsichtigte Tätigkeit als Heilpraktiker hin und begründet Zweifel an seiner Eignung zur Ausübung dieser Tätigkeit. Der Kläger hat bei der Überprüfung Mängel im medizinischen Grundwissen offenbart. Die aus den Antworten des Klägers erkennbare Fehleinschätzung von Notfallsituationen sowie die Nichtkenntnis beispielsweise von Zusammenhängen des Kreislaufsystems und der Atemregulierung rechtfertigen darüber hinaus die Annahme einer Gefahr für die Gesundheit der Patienten, was der Erteilung der Heilpraktikererlaubnis entgegensteht. Das Verpflichtungsbegehren des Klägers, die Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz zu erhalten, bzw. - wie hilfsweise beantragt - zur mündlichen Überprüfung zugelassen zu werden, hat somit keinen Erfolg.



Ende der Entscheidung

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